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Kapitel 6
ОглавлениеConnor
Fest presse ich meine müden Augen zusammen. Wieder einmal ist es halb elf geworden. Ich lockere meine Krawatte und fahre den verdammten Computer hinunter. Irritiert stelle ich fest, dass tatsächlich noch jemand in den Büroräumen ist. Das Licht eines Bildschirms leuchtet hell in der Dunkelheit.
Ich hätte es mir denken können. Schließlich habe ich mir fest vorgenommen, ihr aus dem Weg zu gehen. Natürlich ist es ausgerechnet Cami, die so spätnachts noch arbeitet. Ihre unverkennbare Leidenschaft ist bewundernswert. Zu gut kenne ich dieses Gefühl, wenn man unbedingt etwas schaffen will, wenn man gar nicht anders kann, als all seine Energie darauf zu richten.
„Normalerweise bin ich der Einzige hier um diese Zeit.“
Erschrocken dreht sie sich um und fasst sich an die Brust.
„Müssen Sie mich so erschrecken! Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen … Ich bin noch zu jung dafür“, setzt sie schwer atmend nach. Ihren Sinn für Humor muss man einfach mögen, genauso wie ihre Bemerkungen, die es einem schwer machen, nicht amüsiert zu grinsen. Im Moment sehe ich sie bloß an und hoffe, dass ich es weiterhin schaffe, nicht zu schmunzeln.
„Ich wollte Sie nicht erschrecken. Ihr Arbeitseifer ist jedenfalls bemerkenswert. Ich hoffe, es ist keine Strafarbeit, um für Ihre Bemerkung von heute Buße zu tun“, necke ich sie, weil niemand hier ist und ich mich nicht beherrschen kann. Innerhalb von Sekunden wird sie rot und sieht zurück zum Bildschirm. Irgendwie kann ich es nicht leiden, wenn sie mir den Rücken zudreht.
„Ich wünschte, Sie hätten das nicht gehört“, flüstert sie leise vor sich hin. Ich würde viel lieber ihre glühenden Wangen sehen, wenn sie das sagt. Aber es ist wohl besser, wenn wir uns nicht ansehen.
„Und ich wünschte, Sie würden meinen Charakter nicht mit meinen Angestellten diskutieren. Können Sie Ihre Neugier immer so schlecht zügeln?“ Mir ist wohl bewusst, dass mein Ton anklagend, ja fast schon unfreundlich ist. Es stört mich einfach, dass sie auch nur eine Sekunde lang gedacht hat, ich würde meine Sekretärinnen vögeln, und das sogar reihum.
Cami blickt mich über ihre Schulter hinweg an mit diesem unschuldigen Blick, der in Widerspruch zu ihren ausgeprägten weiblichen Reizen steht.
„Ich versuche, es zu vermeiden, aber versprechen kann ich nichts“, gibt sie zu.
„Fair genug“, sage ich.
Es gelingt mir einfach nicht, aus ihr schlau zu werden. Einerseits wirkt sie selbstbewusst, hat keine Angst, sich mir gegenüber zu behaupten. Gleichzeitig wirkt sie nervös, wenn sie in meiner Nähe ist, manchmal fast schon unsicher. Und dann noch diese natürliche Unschuld, der ich misstraue, weil ich einfach nicht glauben kann, dass sie echt ist. Dennoch will ich diese Frau ergründen, ihren Körper und ihr Wesen. Ich fühle jetzt schon, wie es anfängt, wie alles in mir danach verlangt, sie zu sehen, sie zu berühren, jeden Teil von ihr zu schmecken. Den halben Tag lang denke ich darüber nach, wie sie wohl nackt aussieht. Welche Geräusche sie von sich gibt, wenn ein Liebhaber sie berührt, wenn ich sie berühre. Gefährliche Gedanken, die schlimmer werden, je öfter ich Cami sehe, je länger ich mit ihr spreche. Dabei tut sie kaum etwas, um mich zu ermutigen. Ich meine, ein Funkeln in ihren Augen zu erblicken, und manchmal bemerke ich die Art, wie sie mich ansieht. Aber vielleicht will ich einfach nur, dass es so ist, weil sie mich fasziniert und erregt. Alleine die Gedanken an sie genügen schon.
„Sie sollten endlich nach Hause gehen“, weise ich sie streng zurecht. Kurz kneift sie die Augen über meine Unfreundlichkeit zusammen, steht dann aber auf und schaltet den Computer aus. Die Notbeleuchtung reicht aus, um den Ausgang sehen zu können. Cami geht vor und ich folge ihr mit einem notwendigen Sicherheitsabstand. Denn die Art, wie sich ihre Jeans eng um ihre langen Beine und ihren festen Hintern spannt, macht dies zu einer Notwendigkeit. Es hilft auch nicht, dass sie beim Gehen ihre Hüften wiegt und ihre langen offenen Haare dabei wippen. Das alleine genügt und ich spüre ein Ziehen im Bauch und eine Regung nicht weit darunter.
Herrgott, denk doch an etwas anderes als daran, wie sich ihr Arsch gegen deinen Schwanz gepresst anfühlen würde!
„Sind Sie mit dem Wagen da?“, fragt sie mich, und ich kann hören, dass sie nervös ist, richtig verlegen sogar.
Nur weil sie alleine mit mir ist?
„Ja.“ Frag sie bloß nicht, ob du sie irgendwo hinfahren sollst. Wage es ja nicht!
„Ich nehme die U-Bahn.“ Sie neigt also zum Plappern, wenn sie aufgeregt ist. Interessant.
Cami erreicht das Ende des Flurs und bleibt direkt vor dem Aufzug stehen. Kurz wirft sie mir einen Blick zu, sieht aber sofort wieder weg. Sie macht mir Platz, damit ich den Knopf für das Parkdeck drücken kann. Der Aufzug braucht eine halbe Ewigkeit. Ich sehe sie nicht an, sondern nur geradeaus. Meine Hose fühlt sich schon eng genug an.
Der Aufzug kommt endlich an und öffnet seine Türen. Fast hätte ich vergessen, wie beengt der Platz hier drinnen ist. Ich warte, bis Cami eingestiegen ist, dann folge ich ihr. Seit ich sie vorhin angesprochen habe, errötet sie die ganze Zeit über, und ich hasse es, wie sehr mir das gefällt. Ich hasse es, dass sich meine Kontrolle bei ihr verflüchtigt, gerade wenn ich sie am dringendsten brauche.
Wir stehen nur einen halben Meter voneinander entfernt. Gerade jetzt bin ich froh darüber, dass dieser Aufzug keine Spiegel besitzt, denn ihr Geruch alleine genügt, um mein Blut in Wallung zu bringen und das Problem mit der Hose zu verschlimmern, deshalb raffe ich meine Anzugjacke vor meinem Schoß zusammen. Kurz zuckt ihr Blick von der Seite zu mir und sie lächelt verlegen. Diese grünen Augen sind verdammt schön und von diesem Mund wäre beinahe jeder Mann besessen. Als ich sie direkt ansehe, sieht sie sofort weg und atmet hörbar aus. Die Spannung ist zu groß für diesen Raum.
„Mist! Ich habe vergessen, den Knopf zu drücken.“
Kaum sind ihre Worte ausgesprochen, lehnt sie sich zu mir, um an die Tasten zu kommen. Dabei fallen ein paar ihrer hellen Strähnen nach vorn und ihre Haarspitzen kitzeln meinen Unterarm. Ihr süßer Geruch dringt mir direkt in die Nase und ich bekomme leichte Gänsehaut. Obwohl ich so etwas wie ihr Boss bin und obwohl ich sie erst seit Kurzem kenne, will ich nur eins: sie an mich ziehen und sie an die Wand pressen, bis sie keuchend nach mir verlangt. Ich versuche meine Gedanken in Zaum zu halten und diese erregende Fantasie zu verscheuchen. Als die Schiebetüren sich öffnen, bin ich derjenige, der laut ausatmet.
Cami zögert, ehe sie ihre atemberaubenden Beine in Bewegung setzt. Sie lächelt mich sanft an.
„Gute Nacht, Connor.“
Bitte geh endlich!
Ehe ich noch etwas tue, das ich bereuen werde.
„Gute Nacht, Cami“, sage ich mit erzwungener Ruhe.
Ich schaffe es nicht, ihr Lächeln auch nur ansatzweise zu erwidern. Langsam dreht sie sich um und geht. Ich beiße mir auf die Lippe, bis der Fahrstuhl sich schließt. Verdammt!
Ich will diese Frau mit Haut und Haar, wird mir klar, als ich nach unten fahre. Aber ich kann sie nicht haben, ich darf sie nicht verführen. Wenn sie wüsste, wer ich wirklich bin, was aus mir geworden ist und welche Art von Umgang ich mittlerweile zu Frauen pflege, wäre sie entsetzt. Dann würde sie mich wohl nicht mehr so ansehen. Fast genau so, wie ich sie immer ansehen muss. Aber vielleicht wäre genau das gut so.
Ich habe meinen Weg gewählt. Obwohl es mir seit Jahren nicht mehr so schwergefallen ist, auf ihm zu bleiben. Doch ich kenne die Konsequenzen, wenn man mehr zulässt. Ich kenne die möglichen Folgen, wenn man seiner Begierde folgt. Wenn man dumm genug ist, seinen Gefühlen die Kontrolle zu überlassen. Meine Besessenheit von ihr kann nur in eine Katastrophe führen, sowohl für sie als auch für mich. Deshalb werde ich weiter die Finger von ihr lassen, auch wenn es mich umbringt, sie nicht zu haben.