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Kapitel 5

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Am späten Vormittag erwachte ich mit Kopfschmerzen. Sie waren nicht stark, aber heftig genug, mir gehörig den Morgen zu versauen. Es dröhnte an der linken Schläfe und so sehr ich mich auch dagegen wehrte, am Ende kam ich um eine Schmerztablette nicht herum. Danach frühstückte ich ein wenig und wartete auf Becky. Die Zeit bis dahin vertrieb ich mir damit, Ava zu schreiben, die allerdings nach wie vor offline war. Das hielt mich aber keinesfalls davon ab, ihr lang und breit zu erzählen, was ich in der vergangenen Nacht alles erlebte. Als ich schließlich auch die letzte Nachricht mit allen bis dahin vergessenen Details abschickte fragte ich mich, was Ava über all das denken würde. Ob sie dann immer noch der Meinung war, ich solle mein Glück bei Frauen versuchen oder wäre sie vielleicht sogar eifersüchtig? Insgeheim hoffte ich, dass sie sich über die Tatsache ärgerte, dass gerade eine andere Frau in meiner Wohnung war, besser noch, in meinem Bett schlief.

Um Maria hingegen machte ich mir keine Sorgen. Sie war eine gestandene Frau, die sich bestens zu verteidigen wusste, wenn es nötig war und somit war jegliche Überlegung, ihr sei in der Nacht etwas Schlimmes passiert, verschwendet. Außerdem klingelte wenige Augenblicke später das Handy und sie war am Hörer:

„War das eine Nacht, sage ich dir! Wir waren noch in einer Bar und haben ordentlich getrunken mit ein paar anderen vom Speed – Dating. Du scheinst bei den Frauen ja mächtig Eindruck hinterlassen zu haben! Wusste gar nicht, was für ein Womanizer du bist!”, sprudelte es so aus ihr heraus. Ich grinste verschämt und wusste kaum, was ich darauf antworten sollte.

„Ich habe gehört, du bist mit der Blonden nach Hause verschwunden?”, erkundigte Maria sich. Ich zögerte kurz, bevor ich ihre Frage bejahte. „Und? Wie war’s? Du musst mir alles erzählen!” „Da gibt es nicht viel zu erzählen.”, gestand ich. „Sie war völlig besoffen und konnte am Ende kaum noch stehen. Ich habe sie nur mit nach Hause genommen, damit sie sich richtig ausschlafen konnte. Sie schläft im Bett und ist bis jetzt noch nicht aufgewacht, ich habe auf der Couch übernachtet, alles ganz gesittet.”

Maria lachte: „Du bist einfach zu gut! Ich muss jetzt auflegen, Eric ist noch hier. Aber wir sehen uns ja morgen bei der Arbeit und dann will ich Details hören!” Mit diesen Worten legte sie auf und ich blickte auf die Uhr. Mittlerweile war es halb zwei nachmittags und ich fragte mich langsam, wie lange Becky noch schlafen wollte.

Obwohl es unhöflich war schlich ich mich an die Zimmertür, die einen Spalt offen stand. Ich spinste hindurch und stutzte. Dann betrat ich auf leisen Sohlen den Raum. Das Bett war leer. Sie muss irgendwann am frühen Morgen verschwunden sein, dachte ich, denn ich habe nicht bemerkt, wie sie die Wohnung verließ.

Während ich den Bettbezug wechselte fielen mir ihre Klamotten auf, die teilweise noch auf dem Boden lagen. Ob sie wirklich in der Nacht ohne ihre Schuhe den Heimweg angetreten war? Das war kaum vorstellbar. Aber wo war sie? Den ganzen Vormittag war sie mir noch nicht einmal in der Wohnung begegnet und außer mir hatte an diesem Tag auch noch niemand das Bad benutzt. Becky MUSS irgendwann in den frühen Morgenstunden verschwunden sein, anders konnte ich es mir nicht erklären. Ich setzte mich mit einer Tasse Tee an den Schreibtisch und wartete auf Ava. Was blieb mir auch anderes übrig? Ich hatte überall nachgesehen und weder Becky noch eine Nachricht von ihr erhalten. Was nützte es also, weitere Zeit darauf zu verschwenden, auf ein Lebenszeichen von ihr zu warten?

Dennoch legte ich das Telefon neben mich für den Fall, Becky würde sich melden und sich nach ihren Sachen erkundigen. Um etwas Nützliches zu tun bis Ava von sich hören ließ, schrieb ich in mein Tagebuch. Ja, es klingt albern, aber ich führe seit Jahren Tagebuch. Nicht einfach so aus einer Laune heraus. Mein Schreiben hat einen guten Grund, denn ich habe fürchterliche Angst davor, wichtige Ereignisse meines Lebens zu vergessen wenn ich alt bin. Deshalb schreibe ich alles so originalgetreu wie möglich auf. Zudem ist es ein netter Zeitvertreib, da ich außer Arbeit, Fitnessstudio und Fernsehen nicht viel zu tun habe.

Ich hielt fest, wie anstrengend die Nacht mit Becky war und alles gewiss nicht so ablief, wie ich mir ein erstes Date vorgestellt hatte. Ich mag keine Frauen die sich besaufen, dann halbnackt auf den Tischen tanzen und jedem gierigen Lustmolch ihr Höschen zeigen. Natürlich hätte ich die Situation mit ihr in meinem Bett ausnutzen können. Ich hätte sie besteigen können, alles mit ihr angestellt und sie wüsste es am nächsten Morgen nicht einmal mehr. Aber das wäre gewiss nicht das erste Mal gewesen, wie ich es mir immer erträumt habe. Und erst recht nicht mit einer Frau, die ich nicht liebte, geschweige denn überhaupt richtig kannte. Mal ganz abgesehen davon, wie befriedigend konnte schon eine Nacht mit einer komatösen Frau sein, wenn sie am Folgetag keinerlei Erinnerung an den Sex haben würde? Nur Perverse würden daran Gefallen finden.

Schade, tot

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