Читать книгу Sonnenwarm und Regensanft - Band 2 - Agnes M. Holdborg - Страница 8

Zu­cke­r­brot und Peit­sche

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Er saß in sei­nem gro­ßen Loft an der Kü­chen­the­ke auf ei­nem mit dun­kel­ro­tem Le­der be­zo­ge­nen Ba­r­ho­cker und aß an ei­nem fa­den Mi­kro­wel­len­ge­richt. Nach der Hälf­te schob er es an­ge­wi­dert von sich.

Er war wü­tend, stink­wü­tend. Al­les war bis­lang so glatt ge­lau­fen. Und jetzt das!

Er nahm den Tel­ler und knall­te ihn an den ge­gen­über hän­gen­den dun­kel­ro­ten Kü­chen­schrank. Die Scher­ben klirr­ten zu Bo­den. Das rest­li­che Es­sen lief in di­cken un­ap­pe­tit­li­chen Schlie­ren an dem glän­zen­den Lack hin­un­ter.

Soll­te sich doch sei­ne Haus­häl­te­rin um den Dreck küm­mern! Seit er vor vier Jah­ren ge­schie­den wor­den war, mach­te die den Haus­halt. Fürs Put­zen, Wa­schen, Bü­geln und der­ar­ti­ge Din­ge war er nicht ge­schaf­fen. So et­was ge­hör­te sei­ner Mei­nung nach in die Hän­de ei­ner Frau.

Er wür­de zu­dem mit Frau Tim­ke spre­chen, ob sie nicht auch noch das Ko­chen über­neh­men könn­te. Die­ser Fer­tig­fraß be­lei­dig­te sei­nen Gau­men je­den Tag aufs Neue. Schließ­lich zahl­te er sei­ner Put­ze ein klei­nes Ver­mö­gen. Da könn­te die ru­hig auch mal den Koch­löf­fel schwin­gen!

Sei­ne Ra­ge stei­ger­te sich, als er ge­dank­lich bei sei­ner Ex-Ehe­frau lan­de­te: Die­ses ver­fluch­te Lu­der! Ih­ret­we­gen muss­te er Frau Tim­ke be­schäf­ti­gen und so­gar da­für be­zah­len! Sei­ne Ex hat­te sich tat­säch­lich er­dreis­tet, ihn vor die Wahl zu stel­len – ihn!


… »Ent­we­der nur ich oder ich ge­he und neh­me, was mir zu­steht! Dei­ne klei­nen Flitt­chen dul­de ich je­den­falls nicht ne­ben mir!«, hat­te die ge­brüllt und ihn da­mit her­aus­ge­for­dert. Die­se un­dank­ba­re Gans!

Sie war ein Nichts ge­we­sen, als er sie ken­nen­ge­lernt hat­te. Ein Nie­mand, ei­ne Null. Er hat­te sie ge­för­dert, ihr zu Be­deu­tung ver­hol­fen.

Dann hat­te sie sich ein­fach fei­ge aus der Ehe ge­schli­chen, die Schlan­ge – mit der Hälf­te sei­nes Gel­des. Er hat­te es mit al­len Mit­teln zu ver­hin­dern ver­sucht, aber die Rich­te­rin stand na­tür­lich auf der Sei­te sei­ner Noch-Ehe­frau. …


Nut­ten, Hy­ä­nen – al­le­samt!

Nein, mit sol­chen Wei­bern gä­be er sich nicht mehr ab. Nie mehr! Sei­ne letz­te kur­ze Liai­son mit solch ei­ner eman­zi­pier­ten Zi­cke hat­te es ihm wie­der ein­mal nur zu deut­lich ge­macht. Stän­dig soll­te es nach ih­rem Wil­len ge­hen. Selbst im Bett! Die­se herrsch­süch­ti­ge Kuh! Und was gin­gen die sei­ne er­quick­li­chen klei­nen Sei­ten­sprün­ge an?

Nein, er hat­te es im­mer mal wie­der pro­biert, aber das hat­te ihm nichts ge­ge­ben. Ein Mann wä­re ein Mann und soll­te auch so le­ben dür­fen und sich nicht von ei­ner Frau drein­re­den las­sen. We­der im Bett, noch sonst wo.

Bei dem Ge­dan­ken ver­här­te­ten sich sei­ne Zü­ge. Denn ge­ra­de die­se letz­te be­sag­te Lieb­schaft be­saß nun mal lei­der die Macht, ihm drein­zu­re­den. Er grins­te bit­ter­bö­se. – Aber nicht mehr im Bett. Das war vor­bei. An­sons­ten müss­te er ihr halt wei­ter­hin einen fet­ten Bat­zen Ho­nig um den Eman­zen­bart schmie­ren. Das dürf­te ihm nicht schwer­fal­len. Trotz­dem är­ger­te es ihn maß­los, sich von ihr gän­geln las­sen zu müs­sen.

Stün­de ihm der ver­fluch­te Tel­ler noch zur Ver­fü­gung, er wür­de ihn er­neut ge­gen die Kü­chen­front pfef­fern. Doch er hat­te sei­ner Wut ja schon ge­nug Aus­druck ver­lie­hen und soll­te nun zur Ru­he kom­men. So ein Ge­fühls­aus­bruch führ­te schließ­lich zu nichts.

Miss­mu­tig stieg er vom Hocker, nahm ei­ne ge­öff­ne­te Wein­fla­sche aus dem Kühl­schrank, da­zu ein ed­les Kris­tall­glas vom Kü­chen­re­gal und schenk­te sich den er­le­se­nen tro­ckenen Ries­ling ein. Mit dem Glas in der Hand schlen­der­te er zum Wohn­raum und ließ sich dort mit ei­nem lau­ten Seuf­zen aufs So­fa nie­der, um lust­los ein biss­chen durch die Fern­seh­pro­gram­me zu zap­pen. Al­ler­dings schal­te­te er den Fern­se­her so­fort wie­der aus. Frus­triert wa­rf er die Fern­be­die­nung zur Sei­te.

Teu­fel noch mal!

Bis jetzt war al­les so gut ge­lau­fen! Al­les nach Plan. – Zu­cke­r­brot und Peit­sche. – Bis­her hat­te er fast aus­schließ­lich die Peit­sche ge­schwun­gen und das Zu­cke­r­brot nur in klei­nen Bröck­chen da­zwi­schen ge­streut. Ganz sub­til. Bei­nah schon zu be­däch­tig für sei­nen Ge­schmack.

Die heu­ti­ge No­te war des­halb viel­leicht nicht hoch ge­nug aus­ge­fal­len, aber im­mer­hin er­heb­lich bes­ser als die ih­rer letz­ten Ar­beit.

Doch das rich­ti­ge »Zu­cke­r­brot-und-Peit­sche-Ge­misch« soll­te sie erst En­de der Wo­che er­hal­ten. Da­mit wür­de er der Klei­nen gründ­lich was zum Nach­den­ken mit in die Herbst­fe­ri­en ge­ben. Schließ­lich hat­te er al­les ge­nau­es­tens ge­plant.

Sei­ne Lau­ne ver­schlech­ter­te sich dra­ma­tisch. Und jetzt das! Wie kam so ein schüch­ter­nes Mäus­chen an so einen Ty­pen? Nicht, dass die­ses Mäus­chen nicht sei­ne ex­qui­si­ten Qua­li­tä­ten be­sä­ße. Sie war ihm di­rekt auf­ge­fal­len, als sie das ers­te Mal zag­haft das Klas­sen­zim­mer be­tre­ten hat­te. Ge­nau sein Beu­te­sche­ma: blut­jung, blond, blau­äu­gig, zart ge­baut und sehr hübsch. Na ja, die Bril­le könn­te man ihr ja ab­set­zen oder ihr da­für Kon­takt­lin­sen be­sor­gen, wenn sie die mal bräuch­te.

Sie war ge­nau rich­tig. Das, was er such­te und woll­te. So ein un­si­che­res klei­nes Ding, das man for­men könn­te, aus dem man et­was schaf­fen könn­te. Er grins­te sar­do­nisch und er­freu­te sich an sei­nen zu­cken­den Len­den. Und mit dem man je­de Men­ge Spaß ha­ben könn­te.

Er nipp­te be­däch­tig an sei­nem Wein. Ihm wür­de schon et­was ein­fal­len. Bis­her hat­te er noch je­de von den klei­nen Nut­ten in sein Bett ge­kriegt. Die­se wür­de da si­cher­lich kei­ne Aus­nah­me bil­den.

Bes­ser ge­launt stell­te er das Wein­glas am Tisch ab und strich sich mit dem Zei­ge­fin­ger über die Lip­pen. Er wür­de spä­ter dar­über nach­den­ken. Zu­erst woll­te er sich bei ei­nem Buch ent­span­nen und da­nach noch et­was ar­bei­ten.

Sonnenwarm und Regensanft - Band 2

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