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– Psychologische Zusammenhänge –

Der Hierophant steht in einem gegenseitig sich ergänzenden Verhältnis zum Kaiser. Dieser versinnbildlicht eine kollektive Vater-Projektion als Symbol des autoritären Patriarchats, und jener stellt die (väterlichen) Himmelsgötter dar, die in den Domen und Kathedralen mittels eigens entwickelter Rituale zum Zweck der Heimkehr und der Versöhnung angerufen werden können. Im Gegensatz zum eher unbewusst wirkenden Bild der Hohepriesterin – der empfänglichen Seite der Psyche, die das verschleierte Geheimnis der Seele oder die höchste Form spirituellen Wissens und der Einweihung in sich aufnimmt – kennzeichnet der kirchliche Regent mit seiner Buß- und Erlösungsszenerie eine hierarchisch gegliederte Glaubens-Architektur. Der Oberpriester, in den Eleusinischen Mysterien Hierophant genannt, war zwar ursprünglich jener auserwählte Träger der wahren Tradition, der die heiligen Mysterien ins Licht des Bewusstseins hob. Im Laufe der menschlichen Entwicklung wurden die weiblichen Instinkte aber in den Hintergrund gedrängt. Der Vollzug der heiligen Riten der Muttergöttin sowie die sexuellen Prädikate weiblicher Spiritualität wurden immer konsequenter unterdrückt und durch das blutlose Idealbild einer keuschen Muttergöttin ersetzt. Damit war der Weg frei für den moralischen Zeigefinger Gottes, der in der Geschichte der Menschheit neben Ordnung, Hoffnung und himmlischer Vorfreude auch sehr viel Leid aufgehäuft und Elend heraufbeschworen hat.

Deshalb sei hier die mephistophelische Frage erlaubt:

Ist er etwa der Erfüllungsgehilfe des Teufels und somit der Teufel selbst, der in der Absicht des Geistes, alles wieder in die Erkenntnis des Ganzen zurückzuholen, die Menschen für das Verdrängen seiner wahren Person verspottet? Oft nimmt er hinter seiner Maske auch heute noch groteske Züge an, wenn er in der Funktion eines Kirchenfürsten in Kriegsfällen die Waffen segnet. Diese Doppelbödigkeit ist nicht nur eine historische, sondern eine strukturelle Eigenart der organisierten Massen, denn streitende Parteien fühlen sich grundsätzlich besser, wenn sie glauben, Gott auf ihrer Seite zu haben.

Crowley notiert: Obwohl das Gesicht des Hohepriesters gütig und lächelnd erscheint, und das Kind einen freudigen Eindruck von ausgelassener Unschuld vermittelt, kann man nur schwerlich bestreiten, dass im Gesichtsausdruck des Eingeweihten etwas mysteriöses, ja sogar finsteres, vorhanden ist. Und setzt gleich noch einen oben drauf: Er scheint sich an einem heimlichen Scherz zu ergötzen, auf Kosten eines anderen. In dieser Karte ist ein deutlicher, sadistischer Aspekt vorhanden.9 In der Tat – wenn wir genau hinblicken, lässt sich eine maliziöse Hintergründigkeit auch kaum verstecken: Das sardonische Lächeln im Gesicht strahlt ein so starkes Gefühl von Sicherheit und Wissen aus, dass man geneigt ist, ihm nicht nur den Sendboten religiöser Inhalte, sondern auch die Rolle des Messias zu glauben. Das ergäbe einen Sinn, denn solange der Hierophant nicht merkt, dass der Teufel in ihm selbst sitzt, kann er in seinem Namen Erlösung predigen und dabei glauben, dass er es im Auftrag Gottes tue. Er vermag nicht zu sehen, dass der Teufel, den er in sich selbst verdrängt, ihm von außen umso häufiger begegnet.

Akrons Crowley Tarot Führer

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