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Der Usurpator

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Es ist also unmöglich, dass er die fortdauernde Illegitimität seiner Situation überhaupt nicht wahrnimmt. Darüber hinaus ist es in gewisser Weise eine zweifache Illegitimität. Als Fremder, der in der Folge historischer Zufälle ins Land gekommen ist, hat er nicht nur erfolgreich einen Platz für sich erobert, sondern ebenso erfolgreich den des Einwohners genommen und sich unerhörte Privilegien auf Kosten der eigentlichen Anspruchsberechtigten gewährt. Und das nicht aufgrund örtlicher Gesetze, die auf ihre Weise aus der Tradition die bestehende Ungleichheit legitimieren, sondern indem er die hergebrachten Regeln außer Kraft setzt und an deren Stelle die eigenen einführt. Damit erweist er sich in doppelter Weise als ungerecht: er ist ein Privilegierter, dazu noch illegitim privilegiert, er ist ein Usurpator. Und schließlich ist er das nicht nur in den Augen des Kolonisierten, sondern auch in seinen eigenen. Wenn er gelegentlich einwendet, dass es auch unter den Kolonisierten Privilegierte gibt, Feudalherren oder Bourgeois, deren Reichtum dem seinen gleichkommt oder ihn übertrifft, so tut er das ohne Überzeugung. Dass man nicht der einzige Schuldige ist, kann einen zwar beruhigen, aber nicht freisprechen. Er würde rasch erkennen, dass die Privilegien der eingeborenen Privilegierten weniger empörend sind als die seinigen. Er weiß ferner, dass selbst die bevorzugtesten Kolonisierten nie etwas anderes als Kolonisierte sein werden, d.h. ihnen werden bestimmte Rechte auf ewig vorenthalten, bestimmte Vorteile strikt verweigert. Kurz gesagt, er weiß, dass er in seinen eigenen und in den Augen seines Opfers der Usurpator ist: mit diesen Aspekten und dieser Situation muss er sich abfinden.

Der Kolonisator und der Kolonisierte

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