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Erster Theil
Siebentes Capitel.
Das Gasthaus »zur Sonne.«

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Wie alle Provinzstädte hatte Châteaudun ein in großem Rufe stehendes Gasthaus. Dieses hatte zum Schild eine goldene Sonne, und der Speisekünstler, welcher dieses Etablissement in Ruf gebracht hatte, hieß Bertrand.

In Paris beobachtet man den auf dieses Schild vollkommen anwendbaren Grundsatz: Sol lucet omnibus: die Säle eines Speisewirthes bilden ein auf der Grenze zweier erst unlängst abgetheilten Gebiete stehendes neutrales Haus, in welchem die beiderseitigen Einwohner ohne die mindeste Unannehmlichkeit zusammentreffen und essen und trinken; man setzt bei ihnen voraus, daß sie sich nicht um einander kümmern.

In der Provinz ist es anders: dort kennt man kein neutrales Gebiet. Natürlich: zwischen Leuten, die einander persönlich oder gruppenweise als sociale Gegner gegenüberstehen, muß allerdings eine tiefe Demarcationslinie gezogen werden.

Dies hatte Bertrand wohl eingesehen. Die Kundschaft der Wüstlinge war ihm erschienen, mit Trüffeln vollgestopft, von Champagner triefend,« von zerbrochenen Gläsern schimmernd, beständig hungrig und zumal durstig, das Geld mit vollen Händen ausstreuend.

Diese Kundschaft hatte ihn in Versuchung geführt. Er hatte die sybaritischen Mahlzeiten verglichen mit den immer um einige Pfennige verkürzten Rechnungen der ruhigen und vernünftigen Leute. Mit tiefer Verachtung betrachtete er daher die unter den ehrsamen Bürgern beliebten und häufig in deren Häuser gelieferten Blätterteigpasteten, in denen nach der Meinung der Besteller, die doch dreißig Saus dafür zahlten, nie genug Hahnenkämme waren; und ohne die Bestellungen der Bürgersleute ganz abzuweisen, hatte er sich durch die glänzenden Aussichten, welche ihm die Schlemmer eröffneten, verleiten lassen.

Frau Bertrand war Feine gottesfürchtige, sehr thätige Hausfrau. Der Gemal war ein moralischer Mann, gewissenhaft in der Erfüllung seiner Zahlungspflichten und ein eifriger Nationalgardist. Er glaubte dadurch die bösen Zungen völlig zum Schweigen gebracht zu haben, und wirkte daher unverdrossen in Küche und Keller zum Besten der mehr als leichtfertigen Gesellschaft, in welcher der Marquis von Escoman den Vorsitz führte.

Die beiden feindlichen Parteien – die Regierungsbeamten und die Aristokratie – zogen sich mit einer Uebereinstimmung der Gesinnung, die man sonst bei ihnen vermißte, aus der »goldenen Sonne« zurück. Bertrand verlor nicht nur die Lieferung der Hochzeitsmahle für die Bürgersleute und die Festessen; er verlor nicht nur die unverheirateten Abonnenten, sondern es kam so weit, daß ehrbare Frauen nicht einmal mehr eine Torte bei Bertrand kaufen mochten. Die Köchinnen bekreuzten sich, wenn sie vorübergingen. Der Wirth zur »goldenen Sonne« hatte Personen von üblem Ruf in seinem Hause.

Dahin war er also mit den besten Absichten von der Welt gekommen. Als ehrlicher Mann erkannte er nicht ohne Schmerz die Ursache der Leere, die um sein Haus entstand; über Mangel an Besuch konnte er sich eben nicht beklagen. Die großen Rechnungen, welche ihm seine Gäste zahlten,« trösteten ihn nicht über seinen Verruf. Er versuchte gegen den allgemeinen Unwillen zu kämpfen, indem er seine Gäste beiderlei Geschlechts in den Augen Aller entschuldigte, die kleinen Sünden derselben als die harmlosesten Vergnügungen darstellte und jedes öffentliche Aergerniß zu vermeiden suchte.

Die Damen, welche in Begleitung der Gäste zum Souper gekommen waren, hatten, als sie sich Morgens entfernten, einige Male einen Auflauf in der Nachbarschaft veranlaßt. Bertrand möblirte nun, um den Anstand zu beobachten, einige Zimmer im zweiten Stockwerke seines Hauses; seine verspäteten »Cousinen« konnten nun bei ihm verweilen, bis die Nacht angebrochen war.

Das Gegenmittel erwies sich aber schlimmer als das Uebel. Der köstliche Bratengeruch war einigen der jungen Damen, welche das Gasthaus besuchten, so unwiderstehlich, daß sie sich nicht entschließen konnten diese duftende Atmosphäre zu verlassen; sie verschoben ihr Fortgehen von einem Abend zum andern, bis sie am Ende bei dem Speisewirth ihren Wohnsitz erwählten und die »goldene Sonne« zu einem nicht eben empfehlenswerthen Hotel garni machten.

Altes aus Anstandsrücksichten!

Am Abende des Tages, an welchem die eben beschriebenen Ereignisse stattgefunden halten, klopfte Louis von Fontanieu an die Thür dieses Gasthauses.

Er war sehr aufgeregt gewesen,, seitdem er das Hotel Escoman verlassen hatte. Der arme Louis hatte eine zu lebhafte Phantasie, er vergeudete Zeit und Thatkraft in leeren Träumereien. Wie ein Opiumraucher und Hatschisesser baute er Luftschlösser auf die geringsten Hoffnungen. Die Folge davon war, daß es ihm an Energie und Willenskraft fehlte, um seine Ideen in Ausführung zu bringen.

Seit einigen Stunden hatte seine erregte Phantasie die verschiedensten Entwickelungen des Abenteuers gefunden, dessen Held er war. Er sah sich, trotz der Feindseligkeit Susannens, als den Wiederhersteller des Friedens im Hause des Marquis; er sah, wie er den beiden Gatten einen späten Honigmonat bereitete, und gefiel sich in der Ausschmückung seines Liebeswerkes.

Wir wollen indeß nicht behaupten, daß sich sein Herz über alle selbstsüchtigen Nebengedanken erhoben hätte. Seine erregte Phantasie setzte vielmehr ein Nachspiel in die Scene, in welcher seine Rolle gerade nicht die unangenehmste war.

Da er jedoch nicht alle Gewissensscrupel hinsichtlich dieser kleinen Abänderung des ursprünglichen Themas beseitigen konnte, so wurde er durch diese täuschende Luftspiegelung nicht beschwichtigt, sondern noch mehr aufgeregt. Er hatte ja gesehen, wie gleichgültig der Marquis gegen, Emma war, und konnte sich des Gedankens nicht erwehren, daß er ihm im Grunde wenig Unrecht thue, wenn er die Liebe der schönen Frau zu gewinnen suchte und den lieblichen Blumenstrauß, den man in einem Winkel verwelken ließ, aufnähme und an seinem Herzen erfrischte. Und überdies war ja, wie es unter solchen Verhältnissen immer der Fall ist, die Leidenschaft nach Maßgabe der zu überwindenden Hindernisse größer geworden.

Es war in der That zu fürchten, daß Susanne ihren Verdacht gegen Emma ausgesprochen. Wie abgeschmackt auch der Argwohn war, daß Fontanieu mit dem Marquis einverstanden sei, so war jenem doch der Gedanke unerträglich, bei der Marquise in einem zweideutigen Lichte zu erscheinen. Er fürchtete, daß sie den Einflüsterungen Susannens, die so viel über sie vermochte, nicht widerstehen werde, und er hielt es für unmöglich sich der Marquise vorzustellen, bevor er einen ernsten Versuch gemacht, sein Versprechen zu halten.

Sein erster Versuch war freilich nicht glücklich gewesen, die kurze Unterredung mit dem Marquis hatte ihn überzeugt, daß dieser nicht leicht in das Ehejoch zu bringen war.

In seiner Unerfahrenheit dachte er an den Chevaliers von Montglas, der ihm in dieser schwierigen Lage gewiß mit Rath und That würde beistehen können, und er beschloß sich an den alten Roué zu wenden, jedoch ohne ihn völlig zu seinem Vertrauten zu machen.

Fontanieu war also einige Minuten vor der bestimmten Stunde zur »goldenen Sonne« gekommen, in der Erwartung, den Chevalier zu finden; denn Montglas hatte alle Anordnungen für das Souper zu treffen und mußte früher da sein als die Andern.

Eine alte Bäuerin, welche den doppelten Dienst einer Kellnerin und eines Küchenmädchens versah, führte Fontanieu in ein an den Speisesaal stoßendes Zimmer.

In diesem Zimmer fand er den Chevalier.

Der alte Roué saß in einem großen Lehnstuhle; vor sich hatte er eine Flasche Madeira, zwei Gläser, ein Blatt Papier und Schreibzeug.

Neben ihm saß Frau Bertrand, welche der Chevalier, als galanter Cavalier, genöthigt hatte, in seiner unmittelbarsten Nähe Platz zu nehmen.

Am andern Ende des Zimmers stand Bertrand mit ehrerbietiger Haltung. Er war in vollständiger Rüstung, in weißer Jacke, weißer Schürze, das Küchenmesser an der Seite.

Der Congreß entwarf eben den Küchenzettel. Der Chevalier hatte unbeschränkte Vollmacht. Die Berathung war ungemein lebhaft.

Der Kochkünstler, welcher nicht Zeit gehabt hatte umfassende Vorkehrungen zu treffen, hatte nur ganz einfache Speisen anzubieten. Der alte Feinschmecker war entrüstet, bei einem solchen Festessen hätte er gern gebratene Ortolanen und Fricassée von Feigenschnepfen auf der Tafel gesehen.

Bertrand versprach vergebens die feinsten Saucen zu den Hühnern, Rehkeulen und Forellen, welche in der Speisekammer vorräthig waren, der Chevalier verschmähte Alles.

Bertrand war tief betrübt. Die Frau vom Hause hatte Mitleid mit den Seelenleiden ihres Gatten und machte einen Vermittlungsversuch.

Frau Bertrand war freilich nicht mehr in der ersten Jugendblüthe, aber sie wußte aus langer Erfahrung, daß ein Blick von ihr, daß ein Lächeln ihres Mundes mehr über den Chevalier vermochte, als alle Beredsamkeit des Speisewirthes.

Montglas schlang zum Zeichen der Zustimmung den Arm um die Taille der Frau Bertrand und die vereinbarte Speise wurde auf den Küchenzettel geschrieben.

Dann schlürfte er mit Behagen ein Glas Madeira.

Die Berathung, das Lächeln, das Umschlingen der Taille, das Nippen aus dem Glase wiederholte sich, und so wurde der Küchenzettel voll, die Flasche aber leer.

Der Chevalier von Montglas hatte natürlich zu viel Höflichkeit aus dem achtzehnten Jahrhunderte in das neunzehnte herübergebracht, als daß er das Glas an den Mund gesetzt hätte, ohne Frau Bertrand einzuladen ihm Bescheid zu thun. Dieser Einladung wurde auch jedesmal, wenn auch mit einigem Sträuben, Folge geleistet.

Bertrand drehte unterdessen seine weiße Mütze zwischen den Fingern, ohne daß sich der Chevalier darum kümmerte.

Als er Louis von Fontanieu erscheinen sah, trat er rasch auf seine Ehehälfte zu. Bertrand hielt auf Sitte und Anstand, er duldete die Vertraulichkeiten des Chevaliers nur hinter verschlossenen Thüren.

Aber Montglas, dessen Grundsätze minder streng waren, umfaßte die Taille der Frau Bertrand, die sich scheinbar sträubte, aber trotzdem gar holdselig lächelte, – und mit der andern Hand schlug er den Speisewirth auf den Bauch.

»Was fällt Ihnen denn ein?« sagte er. »Sind Sie toll? Wie können Sie sich erkühnen, mit Herrn von Fontanieu und mir im Zimmer zu bleiben? Sehen Sie ihm denn nicht an, daß er mir sehr wichtige Dinge mitzutheilen hat?«

»Gott behüte mich, Herr Chevalier!« sagte Bertrand mit einer tiefen Verbeugung. »Wie könnte ich so zudringlich sein? – Komm’, Louise, wir wollen die Herren allein lassen.«

»Nein, Ihre Frau bleibt. Eine hübsche Frau ist immer an ihrem Platze zwischen zwei Cavalieren. Wir haben auch noch die Entremets und das Dessert zu wählen.«

Und als Bertrand dennoch blieb und sogar wieder näher trat, rief ihm der Chevalier zu:

»In die Küche, Schmerbauch! Diable! ich leide nicht, daß Sie mich belauschen, wenn ich mit Madame spreche.«

Der Chevalier neigte sich zu dem Ohre der Wirthin und flüsterte ihr einige Worte zu, die ihr das Blut in die Wangen trieben.

Bertrand verschwand.

»Was für ein guter Genius führt Sie denn als den Ersten hierher?« fragte der Chevalier den neuen Gast.

»Der Wunsch, Ihnen Glück zu wünschen,« antwortete Louis von Fontanieu. »Ich hörte, daß Sie in Ihrem Duell mit Herrn von Guiscard unverletzt geblieben, und ging zu Ihnen, um mich davon zu überzeugen. Man sagte mir, Sie wären hier, und so bin ich gekommen, auf die Gefahr hin, Sie mitten in Ihren wichtigen Geschäften zu stören.«

»Ei, welche Theilnahme!« sagte Montglas, die Stirn runzelnd, denn er dachte, Fontanieu interessire sich weniger für seine Person, als für die fünfzig Louisd’or, die er ihm geliehen.

Fontanieu bemerkte die Verstimmung des alten Wüstlings nicht. Die Anwesenheit der Frau Bertrand vereitelte seinen Plan, er erwiederte aber, ohne eine Verlegenheit zu zeigen:

»Und Herr von Guiscard? Ich möchte von Ihnen erfahren, daß er eben so heiter und vergnügt sei wie Sie.«

»Es thut mir sehr leid, lieber Freund, daß ich Ihnen nicht nach Wunsch antworten kann. Herr von Guiscard lacht nicht, und wird hoffentlich nie mehr lachen, wenn in seiner Gegenwart von einem als Pflaster applicirten Degengefäß die Rede ist.«

»Sie haben ihn also erstochen, Chevalier?«

»Nein, nicht ganz; er wird vierzehn Tage das Bett und vier Wochen das Zimmer hüten müssen, und die zurückbleibende Blässe wird ihn in den Augen der Frauen interessant machen – doch um auf unser voriges Thema zurückzukommen. Wenn ich jung und hübsch wäre, wie unsere reizende Wirthin,« setzte der Chevalier hinzu, indem er mit den Fingerspitzen über den Nacken der Frau Bertrand strich, »so könnte ich glauben, die persönliche Zuneigung habe Sie zwanzig Minuten vor der bestimmten Zeit in dieses Zimmer getrieben; aber ich habe meine guten Gründe, mich dieser Täuschung nicht hinzugeben und Ihr frühes Erscheinen einer andern Ursache zuzuschreiben.«

»Chevalier, ich versichere –«

»Versichern Sie nichts,« entgegnete der Chevalier, und griff in die Westentasche, um mit einigen Goldstücken zu klimpern.

»Was meinen Sie?«

»Sie wundern sich, daß ich Ihnen die fünfzig Louisd’or, die Sie mir geliehen, noch nicht zurückgeschickt habe.«

»Herr Chevalier,« erwiederte Fontanieu, über diese Zumuthung beleidigt, »Sie haben versprochen, mich als Freund zu behandeln, aber Sie scheinen sich dessen nicht mehr zu erinnern.«

»Wie so?«

»Ihre Zumuthung ist so beleidigend, daß ich sie nicht einmal widerlegen mag.«

»Sie sind ein braver junger Manns Ihre Handlungsweise gefällt mir, sie erinnert mich an die gute alte Zeit. Wenn nicht eine Frau hier wäre, welche die nächsten Ansprüche an meine Huldigungen hat, so würde ich Sie küssen. Aber nehmen Sie Ihre tausend Franken.

»Lassen Sie doch, Chevalier —«

»Sie müssen mir diese zweite Gefälligkeit noch erweisen, junger Mann.«

»Aber ich brauche das Geld nicht, Chevalier.«

»Sie wollen wohl gar für einen Millionär gehalten werden? Nehmen Sie das Geld, das Ihre Mutter und Ihre Schwester vielleicht in zwei oder drei Jahren mühsam erspart haben. Nehmen Sie es und gewöhnen Sie mich nicht daran.«

»Warum denn?«

»Weil ich Ihnen von Herzen gut bin, und wenn Sie mich gewöhnen Ihr Schuldner zu sein, so würde daraus ein für unsere Freundschaft nachtheiliges Verhältniß entstehen.«

»Chevalier, es wird mich immer freuen —«

»Das ist möglich, aber wenn ich Ihr Schuldner bin, werde ich Ihnen natürlich Böses nachsagen. Ich will lieber die Casse des Marquis in Anspruch nehmen; was ich ihm nachsagen werde, ist wenigstens keine Verleumdung.«

Er bemerkte nun, daß Frau Bertrand den jungen Mann sehr aufmerksam ansah.

»Warum sehen Sie denn Herrn von Fontanieu so scharf an?« sagte er zu ihr, »Sehen Sie doch lieber mich an, Sie könnten sonst die schöne Margarethe zu meiner Feindin machen.«

»O Chevalier —« bat Fontanieu.

»Was für eine Margarethe? etwa Margarethe Gelis?« fragte Frau Bertrand neugierig.

»Allerdings, es gibt ja sonst keine Margarethe in Châteaudun. Ja, Madame, Margarethe Gelis verschlingt ihn mit den Augen, wie Sie eben thaten; sie ist in ihn vernarrt. Sind Sie nun zufrieden?«

»Was sagen Sie, Chevalier?« sagte Louis von Fontanieu, unwillkürlich erröthend.

»Mordieu! ich sage die Wahrheit, wie immer. Es ist indeß gut, daß Sie es wissen. Margarethe ist in Ihre liebenswürdige Person so vernarrt, daß sie im Stande ist sich Ihnen diesen Abend beim Dessert an den Kopf zu werfen.«

»O das ist viel zu schmeichelhaft für mich, Chevalier, und ich glaube nicht km die Gefahr, die Sie mir in Aussicht stellen. Und wenn‘s wirklich so wäre, so verspreche ich Ihnen, Mademoiselle Margarethe so kalt zu behandeln, daß sie ihre Eroberungsgedanken aufgeben muß.«

»Ta ta ta ta! Wenn Sie ihren wundervollen Nacken, ihre üppigen Schultern, ihre runden Arme, ihren zarten Fuß gesehen haben und an andere verborgene oder halbverhüllte Reize denken, dann bürge ich für Sie nicht mehr als für mich selbst.«

Louis von Fontanieu blieb stumm; nicht als ob die Aufzählung der Reize Margarethens einen tiefen Eindruck auf ihn gemacht hätte, aber die Andeutungen des Marquis über die Laune des schönen Mädchens brachten ihn auf den Gedanken, das Entgegenkommen Margarethens zu benutzen, und den Marquis von ihrer Unwürdigkeit zu überzeugen.

Dieser schnell entworfene Plan machte seiner Unschlüssigkeit ein Ende.

»Chevalier,« sagte er nach einer kurzen Pause, welche Montglas benutzt hatte, um Frau Bertrand zu necken, »ich will aufrichtig sein und Ihnen gestehen, daß ich gekommen bin, Sie um Rath zu fragen.«

»Einen Rath geben, mein junger Freund, ist eine bedenkliche Sache. Diable! ein guter Rath wird selten befolgt, oder wenn man ihn befolgt, so macht man dem Rathgeber Vorwürfe. Ein Rath fordert Ueberlegung, und da es mir unmöglich ist, zwischen einem guten Madeira und einer schönen Frau zwei vernünftige Gedanken zusammenzubringen, so wollen wir Frau Bertrand um Erlaubniß bitten,. auf die Straße zu gehen.

Der Chevalier nahm seinen Hut und drückte einen Kuß aus die Wange der hübschen Wirthin, die sich gerade genug sträubte, um den Werth der Gunstbezeigung zu verdoppeln. Dann gingen die beiden Edelleute Arm in Arme auf die Straße.

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