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Die Taube
Achter Brief

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13. Mai.

Der, den Sie geliebt haben, ist gestorben,deshalb haben Sie noch Thränen; die, welche ich geliebt habe, hat mich verrathen, deshalb habe ich keine mehr!

Sprechen Sie mir von ihm so lange als Sie wollen, verlangen Sie nicht, daß ich Ihnen von ihr spreche.

Seit vier Jahren bewohne ich ein Kloster, und doch bin ich noch nicht Priester!

Warum das? werden Sie mich fragen.

Als ihre Liebe, die das letzte Band war,welches mich an das Leben fesselte, mir gefehlt hat, bin ich in eine solche Verzweiflung versunken, daß es kein Verdienst von mir war, mich in Folge eines solchen Schmerzes Gott zu widmen. Nun habe ich abgewartet, daß diese Verzweiflung sich beruhigte, damit der Herr mich nicht empfing, wie der Abgrund den Blinden oder den Sinnlosen empfängt, der sich hineinstürzt,sondern wie in gastfreundlicher Wirth den ermüdenden Pilger empfängt, der ihn am Ende eines beschwerlichen Marsches, am Ende eines mühseligen Tages um die Ruhe der Nacht zu bitten kommt.

Ich wollte ihm ein inbrünstiges Herz und kein gebrochenes Herz, einen Körper und nicht eine Leiche darbringen.

Und es sind jetzt vier Jahre her, daß ich mich durch die Einsamkeit absondere,daß ich mich durch das Gebet reinige, und ich habe bis jetzt nicht gewagt,das Gewandt des Novizen mit der Kutte des Mönches zu vertauschen, so viel bleibt noch von dem alten Menschen in mir, so sehr finde ich, daß es eine Ruchlosigkeit wäre, mich dem Schöpfer so unvollständig zu widmen, nachdem ich mich dem Geschöpfe so vollständig hingegeben hatte.

Jetzt kennen Sie von meinem vergangenen und geheimen Leben alles das, was Sie von meinem gegenwärtigen und äußern Leben wissen können, hier ist das, was ich Ihnen sagen kann.

Ich bewohne nicht in einem Kloster, sondern in einer auf halber Höhe eines Hügels erbauten Einsiedelei, ein Zimmer mit weißen Wänden, ohne andere Verzierung als das Porträt eines Königs, für den ich eine ganz besondere Verehrung habe, und einen Christus von Elfenbein,ein Meisterstück des sechzehnten Jahrhunderts, den mir meine Mutter geschenkt hat. Mein ganz mit einem ungeheuren Jasmin eingefaßtes Fenster, dessen mit Blumen beladenen Zweige in mein Zimmer eindringen, das sie mit Duft erfüllen, öffnet sich gegen die aufgehende Sonne und wahrscheinlich auf den Punkt des Horizontes den Sie bewohnen, denn ich sehe von weitem und in einem geraden Fluge noch unsere Taube, die ich in derselbe Richtung wieder aufbrechen sehe und der ich in den Lüften bis auf die Entfernung von, ungefähr einer Viertelmeile weit folge; worauf der Punkt, der sie vorstellt und der beständig keiner geworden ist, sich, in dem blauen Firmament oder in der grauen Wolke verschmilzt, je nach dem der Himmel rein oder neblig, ist. Die Morgendämmerung hat für mich ganz besondere Reize, die von der Lage des Bodens herrühren, der die Landschaft bildet, die mein Blick übersehen kann und die ich Ihnen zu beschreiben versuchen will.

Mein Horizont ist im Süden durch die große Kette d«r Pyrenäen mit violetten Seiten, mit schneeigen Gipfeln geschlossen, im Westen durch eine Reihe von Hügeln, die, indem sie sich immer erheben, sich eine untergeordnete Kette an diese Hauptkette anschließen; im Norden erstreckt sie sich endlich so weit, als das Auge reichen kann, in ein Land von Ebenen, ganz mit Gruppen von Olivenbäumen bedeckt, ganz mit kleinen Bächen durchschnitten, in deren Mitte, wie ein Fürst, der den Tribut seiner Unterthanen empfängt, majestätisch einer der größten Flüsse dahinrollt, die Frankreich bewässern.

Die Anhöhe, welche ich übersehe, neigt sich von Süden nach Norden, von den Bergen in die Ebenen.

Sie bietet drei sehr verschiedene Aussichten: am Morgen, am Mittag, am Abend. Am Morgen geht die Sonne hinter der Hügelkette im Osten auf; zehn Minuten, bevor sie erscheint, sehe ich einen rosigen Dunst aufsteigen, der sich langsam, aber siegreich des Himmels bemächtigt, indem er den schwarzen Schattenriß der Hügel noch verfinstert, die sich auf ihm durch diesen Dunst zeigen, der durch alle Zwischentöne, von dem feurigen Rosa bis zu dem glühenden Gelb übergeht und durch dm wie Lanzenspitzen einige vorausgehende Strahlen der Sonne dringen, welche fortfährt, hinter den Hügeln aufzugehen, deren Umrisse an, fangen, sich mit ihren Strahlen zu vergolden. Bald wallt auf dem doppelten Gipfel, welchen der höchste Kamm dieser Kette bildet, etwas wie ein bewegliches Feuer, das sich immer mehr ausbreitet, bis das Gestirn selbst, glänzend, funkelnd, von Flammen strahlend, ein unauslöschbarer Krater des göttlichen Vulkans erscheint.

Dann, und in dem Maße, als sie an dem Himmel aufsteigt, erwacht auf der Erde Alles wieder zu dem Leben; der Gipfel der Pyrenäen geht von einem matten Weiß zu dem feurigsten Silberscheine über, ihre schwarzen Seiten erleuchten sich allmälig, indem sie von dem Schwarz zu dem Violett, von dem Violett zu dem Hellblau übergehen. Wie eine Ueberschwemmung von Licht, welche von den hohen Gipfeln herabfiele, verbreitet sich der Tag in der Ebene. Dann glänzen die Bäche wie Silberfäden, des Fluß windet sich und wogt wie ein gewässertes Band; die kleinen Vögel singen in den Oleandergebüschen, in den Reihen der Granatbäume, in den Myrthengesträuchen, und ein Adler, der König des Firmamentes, kreist an dem Himmel, indem er mit seinem unermeßlichen Fluge einen Kreis von mehr als einer Weile beschreibt, in welchem ich ihn abwechselnd verschwinden und wieder erscheinen sehe.

Um Mittag verwandelt sich das ganze Becken, das ich soeben beschrieben habe,in eine heiße Gluth; von Oben nach Unten erleuchtet, vermögen die Gebirge ihre nackten Seiten nicht mehr zu verbergen, welche die Granitgebeine der Erde durchziehen, man sieht von den leuchtenden Oberflächen des Felsens die gebrochenen Strahlen der Sonne zurückprallen; die Bäche und der Fluß gleichen Strömen geschmolzenen Bleies, die Blumen verwelken, das Laub neigt sich, die Vögel schweigen; die unsichtbaren Grillen. zirpen auf den Zweitgen der Olivenbäume, welche knistern, und auf der Borke der Fichten, welche krachten, und die einzigen lebendigen Wesen, welche diese Einöde der Flammen beleben, sind bald eine grüne Eidechse, welche an dem Gitter meines Fensters aufsteigt, bald eine marmorirte Schlange, die, in ein Spiral gerollt, mit ihrem halbgeöffneten Rachen, in welchem ein schwarzer und unschädlicher Stachel spielt, die Mücken einathmet, die im Bereiche ihres Athems vorüberkommen.

Am Abend erwacht das Leben wieder für einen Augenblick, wie das Licht der Lampe, die auszugehen im Begriffe steht, wieder für einen Augenblick erwacht, dann schweigen die Grillen eine nach der andern, und der klagende und eintönige Ruf des Heimchens folgt ihrem Gezirpe; die Eidechsen fliehen, die Schlangen verschwinden, die Gebüsche bewegen sich unter dem unruhigen Fluge der Vögel, die eine Herberge. suchen, um die Nacht darin zuzubringen, die Sonne geht an dem Horizonte unter, der mir verborgen ist, und in dem Maße, als sie untergeht, sehe ich den Schnee der Pyrenäen von dem zarten Rosa, roth zu dem Purpurrosaroth übergehen, während die auf dem Grunde der Ebene hereingebrochene Finsterniß jede Stufe der Riesentreppe ersteigt, welche das Licht verläßt, bis daß dem Naturgesetze gemäß die ganze Welt ihr angehört; dann hört alles Geräusch auf, alles irdische Licht erlöscht, die Sterne erscheinen schweigend an dem Himmel, und in Mitte des nächtlichen Schweigens erwacht eine einzige Melodie in dem Raume, das ist der Gesang der Nachtigall, der Geliebten der Sterne, die Improvisatrice der Dunkelheit.

Sie haben mich gefragt,was ich von meinem Fenster aus sehe,ich habe es Ihnen gesagt; prägen Sie diese dreifache Aussicht Ihrem Gedanken ein, beschäftigen Sie Ihren Geist, um Ihr Herz zu zerstreuen; Ihr Heil auf dieser Welt und in der anderen liegt ganz in dem Worte: Vergessen Sie!

Die Taube

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