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01 – 04. Bändchen
XI.
Das Billet

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Die zwei andern Municipale von der Wache eilten schnell herauf. Ein Detachement vom Posten begleitete sie.

Die Thüren wurden geschlossen, zwei Schildwachen versperrten die Ausgänge jedes Zimmers.

»Was wollen Sie, mein Herr,« sagte die Königin zu Maurice, da dieser eintrat: »ich war im Begriff, mich zu Bette zu legen, als der Bürger Municipal (die Königin deutete auf Agricola) plötzlich in dieses Zimmer stürzte, ohne mir zu sagen, was er wünschte.«

»Madame,« erwiderte Maurice sich verbeugend, »nicht mein College wünscht etwas, sondern ich.«

»Sie, mein Herr,« fragte Marie Antoinette, indem sie Maurice anschaute, dessen gutes Benehmen ihr einige Dankbarkeit eingeflößt hatte; »und was wünschen Sie?«

»Ich wünsche, daß Sie mir das Billet zustellen, da Sie so eben verbargen, als ich eintrat.«

Die Prinzessin Marie Therese und Madame Elisabet bebten. Die Königin wurde sehr bleich.

»Sie täuschen sich, mein Herr,« sagte sie, »ich verbarg nichts.«

»Du lügst, Oesterreicherin!« rief Agricola.

Maurice legte rasch seine Hand aus den Arm seine Collegen.

»Einen Augenblick, mein lieber College,« sagte er »laß mich mit der Bürgerin sprechen. Ich bin ein wenig Anwalt.«

»Gut also; doch alle Gewitter! schone sie nicht!«

»Sie verbargen ein Billet, Bürgerin,« sprach Maurice mit strengem Tone. »Sie müssen mir dieses Billet übergeben.«

»Was für ein Billet?«

»Dasjenige, welches Ihnen die Tochter Tison überbrachte, und das die Bürgerin Ihre Tochter (Maurice bezeichnete die junge Prinzessin) mit ihrem Sacktuch aufhob.«

Die drei Frauen schauten sich erschrocken an.

»Aber, mein Herr, das ist mehr als Tyrannei,« versetzte die Königin; »Frauen! Frauen!«

»Wir wollen nichts verwechseln,« sprach Maurice mit festem Ausdruck. »Wir sind weder Richter noch Henker sondern beaufsichtigende Personen, das heißt Ihre Mitbürger, beauftragt, Sie zu bewachen. Wir haben einen Befehl, ihn verletzen ist Verrath. Bürgerin, ich bitte Sie, geben Sie mit das Billet, das Sie verborgen haben.«

»Meine Herren,« sprach die Königin stolz, »da Sie Aufseher sind, so suchen Sie und berauben Sie uns des Schlafes diese Nacht wie immer.«

»Gott behüte uns, daß wir die Hand an Frauen legen. Ich werde die Gemeinde benachrichtigen lassen und wir erwarten ihre Befehle. Nur werden Sie sich nicht zu Bette legen, Sie schlafen in Lehnstühlen, wenn es Ihnen beliebt, und wir bewachen Sie. . . Wenn es sein muß, werden die Durchsuchungen beginnen.«

»Was gibt es denn?« fragte die Frau Tison, welche mit bestürzter Miene an der Thüre erschien.

»Was es gibt, Bürgerin? Dadurch, daß Du Deine Hand zu einem Verrathe hergegeben, hast Du Dich für immer des Vortheils beraubt, Deine Tochter zu sehen.«

»Meine Tochter zu sehen! . . . was sagst Du da, Bürger?« fragte die Tison, welche noch nicht recht begriff, warum sie ihre Tochter nickt sehen sollte.

»Ich sage Dir, daß Deine Tochter nicht hierher gekommen ist, um Dich zu sehen, sondern um der Bürgerin Capet einen Brief zu bringen, und daß sie nicht wiederkommen wird.«

»Aber wenn sie nicht wiederkommt, kann ich sie nicht nicht sehen, da es uns verboten ist, hinauszugehen?«

»Diesmal kannst Du Niemand einen Vorwurf darüber machen, denn es ist Deine Schuld,« sagte Maurice.

»Oh! oh!« schrie die arme Mutter, »meine Schuld! was sagst Du da, meine Schuld? Es ist nichts geschehen, dafür stehe ich. Oh! wenn ich glaubte, es wäre etwas geschehen, wehe Dir, Antoinette, Du müßtest es mir theuer bezahlen!«

Ganz außer sich wies diese Frau der Königin die Faust.

»Bedrohe Niemand,« sagte Maurice, »erlange vielmehr durch Sanftmuth, daß das, was wir fordern, gegeben wird; denn Du bist Frau, und die Bürgerin Antoinette, welche selbst Mutter, wird ohne Zweifel Mitleid einer Mutter haben. Morgen wird Deine Tochter verhaftet, morgen wird sie eingekerkert . . . entdeckt man sodann etwas, und Du weißt, daß man immer etwas entdeckt, wenn man will, so ist sie verloren, sie und ihre Gefährtin.«

Die Tison, welche Maurice mit wachsendem Schrecken zugehört hatte, wandte ihren beinahe irren Blick nach der Königin und rief:

»Du hörst, Antoinette! . . . meine Tochter!. . . Du wirst meine Tochter in das Verderben gestürzt haben.«

Die Königin schien ebenfalls erschrocken, nicht über die Drohung, welche in den Augen der Gefangenenwärtern funkelte, sondern über die Verzweiflung, die man darin las.

»Kommen Sie, Madame Tison,« sagte sie, »ich habe mit Ihnen zu sprechen.«

»Holla! keine Schmeicheleien!« rief der College von Maurice; »Mord und Tod, wir sind nicht zu viel! Vor der Municipalität, stets vor der Municipalität!«

»Laß sie gewähren, Bürger Agricola,« sagte Maurice diesem in das Ohr; »wenn wir nur die Freiheit erhalten gleichviel aus welche Weise!«

»Du hast Recht, Bürger Maurice . . . aber . . . «

»Gehen wir hinter die Glasthüre, Bürger Agricola, und wenn Du mir glauben willst, wenden wir den Rücken ich bin überzeugt, die Person, gegen welche wir diese Nachgiebigkeit haben, wird es uns nicht bereuen lassen.«

Die Königin hörte diese Worte, welche, um von ihr gehört zu werden, gesprochen wurden, und warf dem jungen Manne einen dankbaren Blick zu. Maurice wand den Kopf sorglos ab und ging aus die andere Seite der Glasthüre. Agricola folgte ihm.

»Du siehst wohl diese Frau,« sagte er zu Agricola, »als Königin ist es eine große Verbrecherin, als Frau ist sie eine würdige, große Seele. Man thut wohl daran daß man die Kronen bricht, das Unglück läutert.«

»Alle Teufel, wie gut sprichst Du, Bürger Maurice! erwiderte Agricola. »Ich höre Dich gern, Dich und Deinen Freund Lorin. Sind das auch Verse, was Du da gesagt hast?«

Maurice lächelte.

Während dieser Unterredung fiel die Scene, welche Maurice vorhergesagt, wirklich auf der andern Seite der Glasthüre vor.

Die Frau Tison hatte sich der Königin genähert.

»Madame,« sprach diese zu ihr, »Ihre Verzweiflung bricht mir das Herz; ich will Sie nicht Ihres Kindes berauben, das schmerzt zu sehr; doch bedenken Sie, wenn ich tue, was diese Menschen verlangen, wird Ihre Tochter vielleicht ebenfalls verloren sein.«

»Thun Sie, was sie sagen,« rief die Tison, »thun' Sie, was sie sagen!«

»Doch zuvor erfahren Sie wenigstens, um was es sich handelt.«

»Um was handelt es sich?« fragte die Gefangenenwärterin mit ungestümer Neugierde.

»Ihre Tochter brachte eine Freundin mit.«

»Ja, eine Arbeiterin wie sie; sie wollte wegen der Soldaten nicht allein kommen.«

»Diese Freundin hat Ihrer Tochter ein Billet übergeben. Ihre Tochter ließ es fallen, Marie, welche vorüberging, hob es auf. Es ist allerdings ein sehr unbedeutendes Papier, aber boshafte Leute könnten einen Sinn darin finden. Hat Ihnen der Municipal nicht gesagt, wenn man finden solle, finde man immer?«

»Hernach? hernach?«

»Nun, das ist Alles: Sie wollen, daß ich dieses Papier aushändige; soll ich einen Freund opfern, ohne Ihnen vielleicht Ihre Tochter dafür zu geben?«

»Thun Sie, was sie sagen!« rief die Frau, »thun sie, was sie sagen!«

»Ader begreifen Sie doch, wenn dieses Papier Ihre Tochter gefährdet!« sprach die Königin,

»Meine Tochter ist wie ich eine gute Patriotin,« rief die Megäre. »Gott sei Dank! die Tison sind bekannt: thun Sie, was sie sagen.«

»Mein Gott! wenn ich Sie nur überzeugen könnte!« versetzte die Königin.

»Meine Tochter! man soll mir meine Tochter zurückgeben!« rief die Tison mit den Füßen stampfend. »Gib das Papier, Antoinette, gib es.«

»Hier ist es, Madame.«

Die König!« reichte der Unglücklichen ein Papier diese hob es freudig über ihren Kopf empor und rief:

»Kommt! kommt, Bürger Municipale. Ich habe das Papier! nehmt es und gebt mir mein Kind zurück.«

»Sie opfern unsere Freunde, meine Schwester,« sagte Madame Elisabeth.

»Nein, meine Schwester,« entgegnete traurig die Königin, »ich opfere nur uns, das Papier kann Niemand gefährden.«

Aus das Geschrei der Frau Tison kamen Maurice und sein College dieser entgegen; sie reichte ihnen sogleich das Billet. Die Municipale öffneten es und lasen:

»Im Osten! es wacht noch ein Freund!«

Maurice hatte nicht sobald die Augen aus das Papier geworfen, als er zu zittern anfing.

Die Handschrift schien ihm nicht unbekannt.

»Oh! mein Gott,« rief er, »sollte es die von Geneviève sein?« Oh! nein, das ist unmöglich, ich bin Narr. Sie gleicht ihr allerdings, doch was könnte Geneviève mit der Königin gemein haben? Er wandte sich ab und sah, daß Marie Antoinette ihn anschaute. Die Frau Tison aber verschlang Maurice, in Erwartung ihres Schicksals, mit den Blicken.

»Du hast ein gutes Werk gethan,« sprach er zu Tison, »und Sie, Bürgerin,« sagte er zur Königin, »Sie haben ein schönes Werk gethan.«

»Dann bestimme Sie mein Beispiel, mein Herr erwiderte Marie Antoinette, »verbrennen Sie dieses Papier und Sie werden ein Werk der Barmherzigkeit thun.«

»Du scherzest, Oesterreicherin,« rief Agricola, »sollen ein Papier verbrennen, das uns vielleicht eine ganze Brut von Aristokraten packen läßt; meiner Treue, nein das wäre zu albern.«

»In der That, verbrennt es,« sagte die Tison, es könnte meine Tochter gefährden.«

»Ich glaube wohl, Deine Tochter und die Anderen sprach Agricola und nahm aus den Händen von Maurice das Papier, das dieser sicherlich verbrannt hätte, wenn er allein gewesen wäre.

Zehn Minuten nachher wurde das Papier auf dem Bureau der Mitglieder der Gemeinde niedergelegt; man öffnete es sogleich und deutete es auf alle mögliche Weisen.

»Im Orient!2 es wacht noch ein Freund,« sagte eine Stimme, »was Teufels kann das bedeuten?«

»Bei Gott,« entgegnete ein Geograph in Lorient, das ist klar, Lorient ist eine kleine Stadt der Bretagne und liegt zwischen Vannes und Quimper. Mord und Tod! Man sollte diese Stadt verbrennen, wenn es wahr ist, daß sie Aristokraten enthält, welche noch über der Oesterreicherin wachen.«

»Das dünkt mir um so gefährlicher,« sagte ein Andern, »als Lorient ein Seehafen ist, weshalb man dort ein Einverständniß mit England gründen kann.«

»Ich schlage vor,« sagte ein Dritter, »daß man eine Immission nach Lorient schickt und dort eine Untersuchung anstellt.«

Diese Motion machte die Minorität lachen, entflammte aber die Majorität; man beschloß, eine Kommission zu Ueberwachung der Aristokraten nach Lorient zu schicken.

Von der Berathung unterrichtet, sagte Maurice zu sich selbst:

»Ich vermuthe wohl, wo der Orient sein kann, von dem die Rede ist, aber sicherlich ist es nicht in der Bretagne.«

An, andern Tag verlangte die Königin, welche, wie gesagt, nicht mehr in den Garten hinabging, um nicht dem Zimmer vorüber zu müssen, wo ihr Gatte eingeschlossen gewesen war, auf den Thurm zu steigen, um mit ihrer Tochter und Madame Elisabeth Luft zu schöpfen.

Ihre Bitte wurde ihr sogleich bewilligt; doch nach ihr stieg Maurice hinauf; er blieb hinter einer Art von Schildthäuschen, das der obere Theil der Treppe bedeckte, stehen und erwartete verborgen das Resultat des Billets vom vorhergehenden Tage.

Die Königin ging Anfangs gleichgültig mit Madame Elisabeth und ihrer Tochter auf und ab; dann hielt an, während die zwei Prinzessinnen ihren Spaziergang fortsetzten, wandte sie sich gegen Osten und betrachtete aufmerksam ein Haus, an dessen Fenstern mehrere Personen erschienen. Die eine von ihnen hielt ein weißes Sacktuch.

Maurice zog ein Augenglas aus seiner Tasche, und während er es richtete, machte die Königin eine große Bewegung, als wollte sie die Neugierigen des Fensters auffordern, sich zurückzuziehen, Doch Maurice hatte bereits einen Männerkopf mit blonden Haaren und bleicher Gesichtsfarbe bemerkt, dessen Gruß beinahe bis zur Demut achtungsvoll war.

Hinter diesem jungen Mann, denn der Neugierige schien höchstens fünf und zwanzig bis sechs und zwanzig Jahren alt zu sein, stand eine Frau, halb durch ihn verborgen.

Maurice richtete sein Fernglas nach ihr und macht als er Geneviève zu erkennen glaubte, eine Bewegung die ihn in den Blick brachte. Sogleich warf sich die Frau welche ebenfalls ein Fernglas in der Hand hielt, rückwärts und zog den jungen Mann mit sich. War es wirklich Geneviève? Hatte sie ihrerseits Maurice auch erkannt. Hatte sich das neugierige Paar nur auf die Aufforderung der Königin zurückgezogen?

Maurice wartete einen Augenblick, um zu beobachte ob der junge Mann und die junge Frau nicht wieder erscheinen würden. Als er aber bemerkte, daß das Fenster leer blieb, empfahl er seinem Collegen Agricola die größte Wachsamkeit, stieg hastig die Treppe hinab und legte sich an der, Ecke der Rue Porte-Foin in Hinterhalt, um zu sehen, ob die Neugierigen des Hauses herausgingen. Vergeben Niemand erschien.

Er konnte dem Verdachte nicht widerstehen, der ihm das Herz seit dem Augenblick zernagte, wo die Gefährtin der Tochter Tison, so hartnäckig verborgen und stumm geblieben war, und nahm seinen Lauf nach der Rue Vieille-Saint-Jacques, wo er, den Geist ganz verstört von dem seltsamsten Argwohne, anlangte.

Als er eintrat, saß Geneviève in einem weißen Morgenmantel unter einer Jasminlaube, wo sie sich das Frühstück auftragen zu lassen pflegte. Sie bot Maurice wie gewöhnlich einen herzlichen guten Morgen und lud ihn ein, eine Tasse Chocolade mit ihr zu nehmen.

Dirmer, welcher mittlerweile auch herbeikam, drückte die größte Freude darüber aus, daß er Maurice zu dieser unerwarteten Stunde des Tages sehe. Doch ehe Maurice die Tasse Chocolade getrunken, die er angenommen, forderte Dirmer, stets voll Begeisterung für sein Gewerbe, seinen Freund den Secretaire von der Section Lepelletier auf, mit ihm einen Gang in die Werkstätten zu machen. Maurice willigte ein.

»Erfuhren Sie, mein lieber Maurice,« sprach Dirmer, indem er den jungen Mann beim Arm nahm und fortzog, »erfahren Sie eine höchst wichtige Neuigkeit.«

»Eine politische?« fragte Maurice, beständig von seiner Idee in Anspruch genommen.

»Ei, lieber Bürger,« erwiderte Dirmer lächelnd, »beschäftigen wir uns mit der Politik? Nein, nein, eine ganz industrielle, Gott sei Dank! Mein ehrenwerther Freund Morand, der, wie sie Sie wissen, einer der ausgezeichnetsten Chemiker ist, hat das Geheimnis eines rochen Maroquin gefunden, wie man ihn bis jetzt noch nicht gesehen, denn er ist unveränderlich. Diese Färbung will ich Ihnen zeigen. Übrigens werden Sie Morand bei der Arbeit sehen, das ist ein wahrer Künstler.«

Maurice begriff nicht ganz, wie man ein Künstler in rothem Maroquin sein konnte, aber er nahm nichtsdestoweniger den Vorschlag an, folgte Dirmer, durchschritt mit ihm die Werkstätten und sah in einer besonderen Abtheilung den Bürger Morand beim Werke: er hatte seine grüne Brille, trug sein Arbeitskleid und schien wirklich höchsten Grade beschäftigt, das schmutzige Weiß einer Schafshaut in Purpur zu verwandeln; seine Hände und seine Arme, die man unter den zurückgeschlagenen Aermeln erblickte, waren roth bis an die Ellenbogen. Er gab sich in der That mit freudigem Herzen ganz und gar der Cochenille hin, wie Dirmer sagte.

Völlig in seine Arbeit vertieft, grüßte er Maurice mit dem Kopf.

»Nun, Bürger Morand,« fragte Dirmer, was sagen wir?«

»Wir werden hundert tausend Livres jährlich durch dieses Verfahren allein gewinnen. Doch seit acht Tagen schlafe ich nicht mehr und die Säuren haben mir das Gesicht versengt.«

Maurice ließ Dirmer bei Morand und kehrte zu Geneviève zurück, während er leise murmelte:

»Man muß gestehen, daß das Gewerbe eines Municipals einen Helden dumm machen würde. Nach acht Tagen im Temple würde man sich für einen Aristokrat, halten und sich selbst anzeigen. Guter Dirmer! Braver Morand! Süße Geneviève? Und ich hatte sie einen Augenblick im Verdacht!«

Geneviève erwartete Maurice mit ihrem sanften Lächeln, um ihn bis zum Schein den Verdacht vergessen zu lassen, den er in der That gefaßt hatte. Sie war, was sie immer war, sanft, freundschaftlich, reizend.

Die Stunden, in denen Maurice Geneviève sah, waren die, in welchen er wirklich lebte. Die ganze übrige Zeit hatte er jenes Fieber, das man das Fieber von 93 nenne könnte, welches Paris in zwei Lager theilte und aus dem Dasein einen Kampf zu jeder Stunde machte.

Gegen Mittag mußte er jedoch Geneviève verlasse und nach dem Temple zurückkehren.

Am Ende der Rue Saint-Avoye begegnete er Lorin, der von seiner Wache abkam; er marschierte in geschlossen, Reihe, trat aber hervor und ging aus Maurice zu, dessen Gesicht immer noch das süße Glück ausdrückte, das der Anblick von Geneviève stets in sein Herz goß.

»Ah!« sagte Lorin, seinem Freunde herzlich die Hand schüttelnd:

»Vergebens birgst Du Dein heimliches Sehnen,

Nicht das Wort, Dein Seufzen thut's kund.

Das Schmachten im Busen, im Auge die Thränen,

Dein Herz überströmt von Liebe zur Stund.«


Maurice legte die Hand an seine Tasche, um seinen Schlüssel zu suchen. Dies war das Mittel, das er gewählt hatte, um der poetischen Begeisterung seines Freundes einen Damm zu setzen. Doch dieser sah die Bewegung und entfloh lachend.

»Ah! höre doch,« rief Lorin, der sich nach ein paar Schritten wieder umdrehte, »Du bist noch aus drei Tage im Temple, Maurice; ich empfehle Dir den kleinen Capet.«

2

A Orient, im Osten

Der Chevalier von Maison-Rouge

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