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01 – 04. Bändchen
VI.
Der Temple

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An demselben Tage, zur selben Stunde, wo Maurice schmerzlich enttäuscht, über den Pont de la Tournelle zurückging, machten.mehrere Municipale, begleitet von Santerre, einen strengen Besuch in dem großen Thurme des Temple, den man seit dem 13. August 1792 in ein Gefängniß verwandelt hatte.

Dieser Besuch galt besonders einer Wohnung im dritten Stocke, welche aus einem Vorzimmer und drei Stuben bestand.

Eine von diesen Stuben war von zwei Frauen, einem jungen Mädchen und einem Kind von neun Jahren, insgesamt in Trauer, bewohnt.

Die Aeltere von diesen zwei Frauen mochte sieben und dreißig bis acht und dreißig Jahre alt sein; sie saß an einem Tische und las.

Die Zweite saß und arbeitete an einer Stickerei; sie mochte acht und zwanzig bis neun und zwanzig Jahre alt sein.

Das junge Mädchen war vierzehn und stand bei dein Kinde, das, krank und liegend, die Augen schloß, obgleich bei dem Geräusch, welches die Municipale machten, das Schlafen durchaus unmöglich war.

Die Einen schüttelten die Betten, die Andern entfalteten die Leinwandstücke, wieder Andere, welche ihre Nachforschungen beendigt hatten, schauten mit einer frechen Starrheit die unglücklichen Gefangenen an, die ihre Augen hartnäckig die Eine aus ihr Buch, die Andere aus ihre Stickerei, die Dritte auf ihren Bruder geheftet hielten.

Die Aelteste von diesen Frauen war groß, bleich und schön; diejenige, welche las, schien besonders ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihr Buch zusammenzudrängen, obgleich aller Wahrscheinlichkeit nach nur ihre Augen lasen und nicht ihr Geist.

Einer von den Municipalen näherte sich ihr, packte mit rohem Wesen das Buch, das sie in der Hand hielt, und schleuderte es mitten in das Zimmer.

Die Gefangene streckte die Hand nach dem Tische aus, ergriff einen zweiten Band und fuhr fort zu lesen.

Der Montagnard machte eine wüthende Geberde, um ihr den zweiten Band zu entreißen, wie er es mit dem ersten gethan hatte. Aber bei dieser Geberde, bei der die Gefangene, welche am Fenster stickte, bebte, sprang das Märchen vor, umschlang mit seinen Armen den Kopf der Leserin und flüsterte weinend:

»Oh! arme, arme Mutter!«

Dann küßte das Mädchen die Leserin.

Die Gefangene drückte hierauf ihren Mund aus das Ohr des Mädchens, als ob sie dasselbe küssen wollte, und sprach zu ihm:

»Marie, es ist ein Billet in der Mündung des Ofens verborgen, nimm es weg.«

»Vorwärts! vorwärts!« rief der Municipal, indem er das Mädchen brutal zurückzog und von seiner Mutter trennte. »Werdet Ihr Euch bald genug geküßt haben?«

»Mein Herr,« versetzte das Mädchen, »hat der Convent beschlossen, daß die Kinder ihre Mütter nicht mehr küssen dürfen?«

»Nein; doch er hat beschlossen, daß die Verräther, die Aristokraten und die Ci-devant bestraft werden sollen, und wir sind deshalb hier, um Euch zu befragen. Laß hören, Antoinette, antworte.«

Diejenige, welche man aus eine so plumpe Weise anredete, wurdigte den Fragenden nicht einmal eines Blickes. Sie wandte im Gegentheil den Kopf ab und eine leichte Rothe zog über ihre von dem Schmerz gebleichten und von den Thränen durchfurchten Wangen.

»Es ist unmöglich,« fuhr dieser Mann fort, »daß Du nichts von dem Versuche der letzten Nacht gewußt hast. Woher kommt er?»

Dasselbe Stillschweigen von Seiten der Gefangenen.

»Antworten Sie, Antoinette,« sprach Santerre, indem er sich ihr näherte, ohne den Schauer des Abscheus zu bemerken, der die junge Frau bei dem Anblick dieses Mannes ergriff, welcher am Morgen des ein und zwanzigste Januar Ludwig XVI. aus dem Temple geholt hatte, um ihn nach dem Blutgerüste zu führen. »Antworten Sie! Man hat in dieser Nacht gegen die Republik conspirirt und Sie der Gefangenschaft zu entziehen gesucht, die Ihnen in Erwartung der Strafe für Ihre Verbrechen, von den Willen des Volkes auferlegt worden ist. Sprechen Sie wußten Sie, daß man conspirirte?«

Marie bebte bei dem Tone dieser Stimme, die sie zu fliehen schien, indem sie, so viel sie konnte, auf ihren Stuhle zurückwich. Doch sie antwortete eben so wenig auf diese Frage, als aus die zwei andern, ebenso wenig Santerre, als dem Municipal.

»Sie wollen also nicht antworten?« rief Santerre heftig mit dem Fuße stampfend.

Die Gefangene nahm ein drittes Buch vom Tische.

Santerre wandte sich um: die rohe Macht dieses Menschen der achtzig tausend Mann befehligte und nur eine Geberde nöthig gehabt hatte, um die Stimme des sterbenden Ludwig XVI. zu bedecken, brach sich an der Würde einer armen Gefangenen, deren Kopf er ebenfalls fallen machen konnte, die er aber nicht zu beugen vermochte.

«Und Sie, Elisabeth!« sprach er zu der andern Frau, welche einen Augenblick ihre Stickerei unterbrochen hatte, um die Hände zu falten und zu beten, nicht zu diesen Menschen, sondern zu Gott, »werden Sie antworten?«

»Ich weiß nicht, was Sie fragen, und kann Ihnen folglich nicht antworten,« erwiderte sie.

»Ei, Mord und Tod! Bürgerin Capet,« versetzte Santerre ungeduldig, »es ist doch klar, was ich sage. Ich sage, daß man,gestern einen Versuch gemacht hat, um Euch entweichen zu lassen, und daß Ihr die Schuldigen kennen müßt.«

»Wir haben keine Verbindung mit Außen und können also weder wissen, was man für uns thut, noch was man gegen uns thut.«

»Es ist gut,« sprach der Municipal, »wir wollen einmal sehen, was Dein Neffe sagt.«

Und er näherte sich dem Bette des jungen Dauphin.

Bei dieser Drohung erhob sich Marie Antoinette plötzlich und rief:

»Mein Herr, mein Sohn ist krank und schläft. . . wecken Sie ihn nicht auf.«

»So antworte.«

»Ich weiß nichts.«

Der Municipal ging gerade auf das Bett des kleinen Gefangenen zu, der sich, wie gesagt, stellte, als schliefe er.

»Auf! Aus! erwache, Capet,« sagte er und schüttelte den Kleinen ungeschlacht am Arme.

Das Kind öffnete die Augen und lächelte.

Die Municipale umgaben sodann sein Bett.

Von Schmerz und Furcht bewegt, machte die Königin ihrer Tochter ein Zeichen; diese benutzte den günstigen Augenblick, schlüpfte in ein anstoßendes Zimmer, öffnete eine von den Mündungen des Ofens, zog ein Billet heraus, verbrannte es, kehrte dann sogleich in das Zimmer zurück und beruhigte ihre Mutter mit einem Blicke.

»Was wollt Ihr von mir?« fragte das Kind.

»Wissen, ob Du in dieser Nacht nichts gehört hast?«

»Nein, ich habe geschlafen.«

»Du liebst es sehr, zu schlafen, wie es scheint.«

»Ja, weil ich träume, wenn ich schlafe.«

»Und was träumst Du?«

»Daß ich meinen Vater wiedersehe, den Ihr getötet habt.«

»Du hast also nichts gehört?« fragte ungestüm Santerre.

»Nichts.«

»Diese jungen Wölfe sind in der That sehr gut mit der Wölfin einverstanden,« sprach der wüthende Municipal »und es hat dennoch ein Complott stattgefunden.«

Die Königin lächelte.

»Die Oesterreicherin verspottet uns,« rief der Municipal. »Nun wohl, da dem so ist, so wollen wir das Decret der Gemeinde in seiner ganzen Strenge vollziehen Erhebe Dich, Capet.«

»Was wollt Ihr machen?« rief die Königin, die sich selbst vergaß. »Seht Ihr nicht, daß mein Sohn krank ist, daß er das Fieber hat? Wollt Ihr ihm denn den Tod bereiten?«

»Dein Sohn,« entgegnete der Municipal, »ist ein Gegenstand beständiger Unruhe für den Rath des Temple. Er ist ein Zielpunkt aller Verschwörungen. Man schmeichelt sich mit der Hoffnung, Euch insgesammt zu entführen. Nun wohl, man komme. Tison!. . . Ruft Tison.«

Tison war ein Taglöhner, der die gemeineren Hausgeschäfte im Temple zu verrichten hatte. Er kam.

Es war ein Mann von ungefähr vierzig Jahren, von dunkler Hautfarbe, mit einem rohen Gesichte und schwarzen, struppigen Haaren, welche bis aus die Augbrauen Herabfielen.

»Tison,« sprach Santerre, »wer hat gestern den Gefangenen Speise gebracht?«

Tison nannte einen Namen.

»Und wer brachte ihnen ihr Weißzeug?«

»Meine Tochter.«

»Deine Tochter ist also Wäscherin?«

»Gewiß.«

»Und Du hast ihr die Kundschaft der Gefangenen gegeben?«

»Warum nicht? Eben so gut, daß sie das gewinnt, als wenn es eine Andere gewinnen würde. Es ist nicht mehr das Geld der Tyrannen, sondern das der Nation, da die Nation für sie bezahlt.«

»Man hat Dich beauftragt, die Wäsche sorgfältig zu untersuchen.«

»Nun! entledige ich mich nicht meiner Pflicht? Zum Beweis: Gestern fand ich ein Sacktuch, an das man zwei Knoten gemacht hatte; ich überbrachte es dem Rath und dieser befahl meiner Frau, die Knoten zu lösen, es zu dängeln und dann Madame Capet zu übergeben, ohne ihr etwas zu sagen.«

Bei der Erwähnung von zwei Knoten an einem Sacktuch bebte die Königin, ihre Augen erweiterten sich und Madame Elisabeth und sie tauschten einen Blick.

»Tison,« sprach Santerre, »Deine Tochter ist eine Bürgerin, deren Vaterlandsliebe Niemand in Verdacht zieht, doch von heute an ist ihr der Eintritt in den Temple nicht mehr gestattet.«

»O mein Gott!« rief Tison erschrocken, »was sagt Ihr mir da, »wie ich soll meine Tochter nur wiedersehen, wenn ich ausgehe!«

»Du wirft nicht mehr ausgehen,« sprach Santerre.

Tison schaute umher, ohne sein irres Auge aus irgend einem Gegenstand verweilen zu lassen; plötzlich aber rief er:

»Ich werde nicht mehr ausgehen l Ah! so ist es? Nun! ich will ganz von hier fort. Ich nehme meine Entlassung, ich bin kein Verräther, kein Aristokrat, daß man mich hier gefangen halten könnte. Ich sage Euch, daß ich von hier fort will.«

»Bürger,« sprach Santerre, »gehorche den Befehlen der Gemeinde und schweige, oder Du könntest Dich schlecht dabei befinden; das sage ich Dir. Bleibe hier und überwache, was vorgeht. Man beobachtet Dich, hüte Dich also.«

Die Königin, welche sich vergessen glaubte, erheiterte sich allmählig wieder und legte ihren Sohn in sein Bett.

»Laß Deine Frau herauskommen,« sprach der Municipal zu Tison.

Dieser gehorchte, ohne ein Wort zu sagen. Die Drohungen von Santerre hatten ihn sanft wie ein Lamm gemacht.

Die Frau Tison eilte herbei.

»Komm hierher, Bürgerin,« sprach Santerre; »wir werden in das Vorzimmer gehen, und während dieser durchsuchst Du die Gefangenen,«

»Höre doch, Frau,« sagte Tison, »sie wollen unsere Tochter nicht mehr in den Temple kommen lassen.«

»Wie? sie wollen unsere Tochter nicht mehr in de Temple kommen lassen. Wir werden unsere Tochter nicht mehr sehen?«

Tison schüttelte den Kopf.

»Was sagt Ihr mir denn da?«

»Ich sage, daß wir einen Bericht an den Rath des Temple machen werden, und daß der Rath entscheiden soll Mittlerweile . . .«

»Mittlerweile will ich meine Tochter wiedersehen,« versetzte die Frau.

»Stille!« rief Santerre, »man hat Dich hierher berufen, um die Gefangenen zu durchsuchen; durchsuche sie, dann wird man sehen.«

»Aber . . .«

»Oh! oh!« machte Santerre, die Stirne faltend, »mit scheint, die Leute werden verdorben.«

»Thue, was der Bürger General sagt, thue es, Frau, Du hörst, er sagt, nachher werde man sehen.«

Hierbei schaute Tison Santerre mit einem demüthigen Lächeln an.

»Es ist gut,« sprach die Frau; »geht, ich bin bereit, sie zu durchsuchen!«

Die Männer gingen hinaus.

»Meine liebe Madame Tison,« sagte die Königin, »glauben Sie mir. . .«

»Ich glaube nichts, als daß Du die Schuld von allem Unglück des Volkes bist, Bürgerin Capet,« versetzte das furchtbare Weib, mit den Zähnen knirschend. »Finde ich etwas Verdächtiges bei Dir, so sollst Du auch sehen.«

Vier Männer blieben an der Thüre, um die Frau Tison zu unterstützen, wenn die Königin Widerstand leisten würde.

Man fing bei der Königin an.

Man fand bei ihr ein Sacktuch mit drei Knoten, das unglücklicher Weise eine bereit gehaltene Antwort auf das von Tison erwähnte zu sein schien, einen Bleistift, ein Skapulier und Siegellack.

»Ah! ich wußte das wohl,« rief die Tison, »ich sagte es den Municipalen, die Oesterreicherin schreibe! vor Kurzem fand ich einen Tropfen Siegellack auf der Dille des Leuchters.«

»Oh! Madame,« sprach die Königin mir flehendem Tone, »zeigen Sie nur das Skapulier . . .«

»Ah! ja wohl,« versetzte die Frau, »Mitleid mit Dir… Hat man Mitleid mit mir? . . . Man nimmt mir meine Tochter.«

Madame Elisabeth und Madame Royale hatten nichts bei sich.

Die Frau Tison rief die Municipale zurück, und diese kamen. Santerre an ihrer Spitze; sie übergab ihnen die bei der Königin gefundenen Sachen, welche von Hand zu Hand gingen und der Gegenstand von zahllosen Muthmaßungen waren; das Sacktuch mit den drei Knoten besonders nahm lange die Einbildungskraft der Verfolger des königlichen Geschlechts in Anspruch,

»Nun wollen wir Dir das Decret des Convents vorlesen,« sagte Santerre.

»Was für ein Decret?« fragte die Königin^

»Das Decret, welches befiehlt, daß Du von Deinem Sohne getrennt werden sollst.«

»Es ist also wahr, dieser Beschluß ist gefaßt worden?«

»Ja. Der Convent ist zu sehr für die Gesundheit Deines Kindes besorgt, das ihm von der Nation zur Bewachung anvertraut worden ist, um es in Gesellschaft einer so entsittlichten Mutter, wie Du bist, zu lassen.«

Die Augen der Königin schleuderten Blitze.

»Erhebt wenigstens eine Anklage, Ihr Tiger!«

»Das ist bei Gott nicht schwierig,« versetzte ein Municipal, »höre!«

Und er sprach eine von jenen schändlichen Anklagen wie sie Sueton gegen Agrippina vorbringt.

»Oh!« rief die Königin hoch aufgerichtet, bleich, erhaben vor Entrüstung, »ich appellire an das Herz von allen Müttern.«

»Ruhig! ruhig!« versetzte der Municipal, »das Alles schön und gut; doch wir sind schon seit zwei Stunden hier, und können nicht den ganzen Tag verlieren. Steh auf, Capet, und folge uns.«

»Nie! nie!« rief die Königin, indem sie zwischen den Muncipale und den jungen Ludwig stürzte und das Bett zu vertheidigen sich anschickte, wie es eine Tigerin in ihrer Höhle thut, »nie werde ich mir mein Kind entreißen lassen.«

»Oh! meine Herren,« sprach Elisabeth mit einem bewunderungswürdigen Ausdruck der Bitte die Hände faltend, »meine Herren, im Namen des Himmels, haben Sie Mitleid mit zwei Müttern,«

»Sprechen Sie,« versetzte Santerre, »nennen Sie du Namen, gestehen Sie den Plan Ihrer Genossen, erklären Sie, was die zwei Knoten an dem mit Ihrer Wäsche durch die Tochter Tison überbrachten Sacktuch und die an dem Sacktuch, das man in Ihrer Tasche gefunden, bedeuten sollen, und man wird Ihnen Ihren Sohn lassen.«

Ein Blick von Madame Elisabeth schien die Königin anzuflehen, sie möge dieses furchtbare Opfer bringen.

Doch diese trocknete sich stolz eine Thräne, welche wie ein Diamant im Winkel ihres Auges glänzte, und sprach:

»Lebe wohl, mein Sohn. Vergiß nie Deinen Vater, der im Himmel ist, Deine Mutter, welche sich bald mit ihm wiedervereinigen wird; sprich jeden Abend und jeden Morgen das Gebet, das ich Dich gelehrt habe. Lebe wohl, mein Sohn.«

Sie gab ihm einen letzten Kuß, erhob sich kalt und unbeugsam und sagte:

»Ich weiß nichts, meine Herren, thun Sie, was Sie wollen.«

Doch diese Königin hätte mehr Kraft gebraucht, als das Herz einer Frau, und besonders das einer Mutter enthält. Sie fiel vernichtet aus einen Stuhl zurück, während man das Kind wegtrug, dessen Thränen flossen, das die Arme nach ihr ausstreckte, aber keinen Schrei hören ließ.

Die Thür schloß sich hinter den Municipalen, welche das königliche Kind wegtrugen, und die drei Frauen blieben allein.

Es trat einen Augenblick verzweifeltes Stillschweigen ein, das nur durch Schluchzen unterbrochen wurde.

Die Königin sprach zuerst.

»Meine Tochter,« sagte sie, »das Billet?«

»Ich habe es verbrannt, wie Sie mich geheißen, meine Mutter.«

»Ohne es zu lesen?«

»Ohne es zu lesen.»

»So fahre wohl, letzter Schimmer, äußerste Hoffnung!« sprach Madame Elisabeth.

»Oh! Sie haben Recht, Sie haben Recht, meine Schwester, das heißt zu viel leiden.«

Dann sich gegen ihre Tochter umwendend:

»Doch Du hast wenigstens die Handschrift gesehen, Marie?«

»Ja, meine Mutter, einen Augenblick.«

Die Königin stand auf, schaute nach der Thüre, ob sie nicht beobachtet würde, nahm eine Nadel aus ihren Haaren, näherte sich der Wand, zog aus einer Spalte ein kleines, in Form eines Billets gefaltetes Papier, zeigte dieses Billet der Prinzessin und sagte:

»Sammle alle Deine Erinnerungen, ehe Du mir antwortest, meine Tochter; war die Handschrift dieselbe wie diese hin?«

»Ja, ja, meine Mutter,« rief die Prinzessin, ich erkenne sie!«

»Gott sei gelobt!« sprach die Königin, voll Inbrunst auf die Kniee fallend. »Wenn er seit diesem Morgen schreiben konnte, so ist er gerettet. Dank! mein Gott! Dank! ein so edler Freund verdiente wohl eines Deiner Wunder.«

»Von wem sprechen Sie denn«, meine Mutter?« fragt die Prinzessin. »Wer ist dieser Freund? Sagen Sie mir seinen Namen, daß ich ihn Gott in meinen Gebet empfehlen kann.«

»Du hast Recht, meine Tochter; vergiß diesen Namen nie, denn er ist der eines Edelmanns voll Ehre und Muth, dieser ist nicht aus Ehrgeiz ergeben, denn er hat sich nicht in den Tagen des Unglücks enthüllt. Er hat nie die Königin von Frankreich gesehen, oder die Königin von Frankreich hat vielmehr ihn nie gesehen, und er gibt sein Leben hin, um sie zu vertheidigen. Vielleicht wird er belohnt, wie man heut zu Tage jede Tugend belohnt, durch einen furchtbaren Tod. . . Doch wenn er stirbt . . oh! dort oben, dort oben werde ich ihm danken . . . es ist . . .«

Die Königin schaute unruhig umher, dämpfte ihre Stimme und sprach:

»Es ist der Chevalier von Maison-Rouge. . . bete für ihn.«

Der Chevalier von Maison-Rouge

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