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3.3.4. Die altlateinischen Prologe und die Überlieferungsgeschichte des Corpus Paulinum

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Die bisherigen Studien zu den altlateinischen Paulusprologen kreisten in erster Linie um die Frage, ob sie marcionitischen Ursprungs sind oder nicht. Die Konzentration auf diesen Fragehorizont erscheint jedoch unangebracht. So haben die vorangegangenen Überlegungen deutlich gemacht, dass die notwendigen Kriterien, die in dieser Frage zu einer validen Entscheidung führen könnten, gar nicht erfüllt werden können. Zwar entspricht die den Prologen zugrunde liegende Paulusbriefsammlung formal – d.h. in Reihenfolge und Umfang – dem marcionitischen Apostolos. Dagegen musste festgestellt werden, dass der Textbefund inhaltlich nicht wirklich ausreicht, um eindeutig auf eine marcionitische Verfasserschaft zu schließen – die frühkatholischen Pauluskommentare machen deutlich, dass eine ähnliche Paulusexegese auch außerhalb marcionitischen Einflusses möglich, ja vielleicht sogar üblich, war.1 Die Annahme eines marcionitischen Ursprungs der argumenta ist anhand der zugrunde liegenden Texte zunächst also weder eindeutig be- noch widerlegbar.2

Die Untersuchungen zu den Prologen auf die Frage nach der marcionitischen oder nicht-marcionitischen Verfasserschaft zu reduzieren, stellt somit eine Sackgasse dar. Diese Sackgasse ist jedoch keinesfalls alternativlos. DAHLs Neuansatz hat eine Richtung aufgezeigt, der auch die vorliegende Arbeit nachgeht. Der Fokus liegt nun nicht mehr auf den Prologen selbst. Stattdessen muss die Perspektive erweitert werden, um hinter die Prologe zu schauen und nach der Briefsammlung zu fragen, für welche die argumenta ursprünglich verfasst wurden.

Alle vorangegangenen Überlegungen haben deutlich gemacht, dass die Prologe auf eine Edition der Paulusbriefe zurückgehen, die folgende Merkmale aufweist:

1 Sie umfasst zehn Briefe (beinhaltet also keine Pastoralbriefe und keinen Hebräerbrief);

2 statt des Epheserbriefes beinhaltet sie einen Brief an die Laodizener;

3 der enthaltene Römerbrief ist kürzer als die kanonische Version (mit einiger Wahrscheinlichkeit fehlen die Kapitel 15 und 16);

4 die Reihenfolge der enthaltenen Briefe lautet Gal, 1 (2) Kor, Röm, 1 (2) Thess, Laod, Kol, (Phlm), Phil, (Phlm).

Es ist unstrittig, dass die durch Marcion bezeugte 10-Briefe-Sammlung genau diese Merkmale aufweist. Die Annahme, die Prologe gingen auf eine vormarcionitische Sammlung zurück, ist erst statthaft, wenn belegt werden kann, dass Marcion tatsächlich Veränderungen an den ihm vorliegenden Texten vorgenommen hat. Solange dies allerdings nicht der Fall ist, müssen die Prologe schlicht als ein weiterer Beleg (neben Marcions Apostolos) für die Existenz der 10-Briefe-Sammlung verstanden werden.

Über die Textgeschichte des Römerbriefs

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