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Fallbeispiel: Musik im stationären Handel und im Netz

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Als erstes ließ sich der Longtail-Effekt im Musikmarkt dokumentieren – und dort ist er immer noch am einschlägigsten zu beobachten. Im Folgenden blicken wir auf die spezifischen Verkaufszahlen, die schon früh im neuen Jahrtausend aus gegensätzlichen Long- und Shorttail-Ansätzen im Musikvertrieb generiert wurden und analysieren die Rechnung, die aus ihnen hervorgeht.

2006 stellte Chris Anderson zur Veranschaulichung die Verkaufsmodelle von Walmart und Rhapsody gegenüber: Der Verbrauchermarkt-Gigant Walmart war damals der größte Verkäufer von Musik in den USA – in der Form von CDs. Rhapsody war der führende legale Anbieter von Musik über das Internet, sowohl bei MP3-Downloads als auch über Streaming.

In Walmart-Märkten war eine bestimmte Verkaufsfläche für Musik ausgewiesen. Sobald sich eine Platte nicht schnell genug verkaufte, wurde sie zugunsten eines sich flinker absetzenden Albums aussortiert. So bot Walmart rund 4.500 CD-Titel mit circa 25.000 einzelnen Liedern an. Davon lieferten die 200 Top-Kassenschlager ungefähr 90 Prozent des Umsatzes.

Beim Portal Rhapsody waren damals über 4,5 Millionen einzelne Lieder verfügbar: So war das Inventar 180-mal größer als bei Walmart. Davon machten zwar ebenfalls die beliebtesten Lieder einen Großteil des Umsatzes aus. Aber interessanterweise trugen Titel, die nie Verkaufsschlager gewesen waren, signifikante Erlöse bei. Einen nicht zu vernachlässigenden Beitrag lieferten ebenfalls die Tracks, die nach einer Zeit als Kassenschlager in den Download-Rankings relativ weit nach hinten gerutscht waren. Beispielsweise kamen mehr als 15 Prozent des Gesamtumsatzes über Songs, die zwischen Rang 100.000 und 800.000 platziert waren.


Abbildung 2.2: Rangfolge der Download-Zahlen einzelner Songs auf Rhapsody

Quelle: in Anlehnung an Chris Anderson, The Long Tail, DTV, 2009, S. 19

Das muss man sich vor Augen führen: Bei Walmart waren grob gerechnet die Lieder, die nicht zu den „ersten 25.000“ gehörten, nicht verfügbar. Rhapsody machte aber mit Liedern Geld, die sich unter dieser Beliebtheitsschwelle angesiedelt hatten, überdies noch mit Tracks, die viermal so unbeliebt waren – und sogar mit welchen, die sich sechzehnmal schlechter verkauften!

Die vielen Produkte, die in einem Popularitätsranking ganz hinten rangierten, machten soviel Umsatz wie die wenigen Produkte, die ganz vorne waren.

Das ist die wesentliche Erkenntnis aus der Gegenüberstellung vom Walmart und Rhapsody. Der Longtail des Rankings hatte es also genauso in sich, weil sich dort extrem viele (sich vergleichsweise schlecht verkaufende) Produkte befanden. Wenn sich 1.000 Produkte jeweils 100.000 Mal verkaufen, kommen dabei 100.000.000 (einhundert Millionen) Verkäufe zustande. Wenn sich 100.000 Produkte jeweils nur 1.000 Mal verkaufen, werden aber genauso viele Verkäufe abgeschlossen.

Wenn diese Rechnung so einfach ist, warum ist diese Idee dann so neu?

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