Читать книгу Werke - Alexander Humboldt - Страница 18
Alt- und Neu-Californien und Provincias internas
ОглавлениеIm nordwestlichen Teil von Neu-Spanien, an der Küste von Californien, und nördlicher in dem schmalen Erdstrich, welchen die Engländer Neu-Albion nennen, trifft man mehrere Punkte an, welche durch die genauesten geodätischen und astronomischen Beobachtungen von Cuadra, Galeano und Vancouver bestimmt worden sind. In der Tat sind wenige Teile von Europa ausführlicher aufgenommen worden als das nordwestliche Amerika, vorzüglich die Küste, welche sich vom Vorgebirge Mendocino bis zur Meerenge der Königin Charlotte [Straße] erstreckt.
Cortéz, nachdem er in den Jahren 1532 und 1533 zwei Entdeckungsreisen durch Diego Hurtado de Mendoza, Diego Becerra und Hernando von Grijalva hatte unternehmen lassen, erforschte selbst 1533 die Küsten von Californien und den Meerbusen, welcher seitdem mit Recht bei den Spaniern den Namen Mar de Cortéz trägt26. 1542 drang der kühne Juan Rodríguez Cabrillo bis zum 44. Grad nördlicher Breite vor; Juan GaetanoIX entdeckte die Sandwich-Inseln [Hawaii-In.] und Francisco Gali 1582 die nordwestliche Küste von Amerika unter 57° 30′ der Breite. So hatten also spanische Seefahrer diese entlegenen Weltgegenden lange vorher besucht, ehe Cook den Teil des Großen Ozeans durchforschte, in dem er sein ruhmvolles Leben endigte. Nicht immer hängt es von dem Entdecker ab, daß sein Werk schnell und allgemein verbreitet den Zeitgenossen kund werde. Das innere Verdienst eines Privatmannes besteht für sich, dieses sollte die Nachwelt nie verkennen, wenn sie auch mit gerechtem Tadel eine Regierung verfolgt, durch deren illiberale Politik der Nationalruhm lange geschmälert worden ist. Ich darf mich hier nicht auf den Streit über die Priorität englischer, spanischer und französischer Entdeckungen einlassen. Dieser schwer zu behandelnde Gegenstand ist vor kurzem mit vieler Sachkenntnis sowohl in der historischen Einleitung zu Marchands Reise als auch in der Abhandlung erörtert, welche der Übersicht aller durch Spanier nach der Meerenge de Fuca unternommenen Reisen vorangeht.
Die Beobachtung des Durchgangs der Venus durch die Sonnenscheibe 1769 veranlaßte die Reise der Herrn Chappe, Doz und Velázquez, dreier Astronomen, von denen der erste ein Franzose, der zweite ein Spanier, der dritte ein Mexicaner und, was noch merkwürdiger ist, Zögling eines sehr verständigen Indianers aus dem Dorfe Jaltocan war. Aber schon früher als diese Gelehrten nach Californien kamen, hatte Don Miguel Constanzó, nunmehriger Brigadier und Direktor der Ingenieurkorps, die wahre Breite des Vorgebirges San Lucas und der Mission von Santa Rosa bestimmt. Dieser würdige Offizier, welcher sich mit der Geographie des Landes aufs eifrigste beschäftigt, fand durch Gnomonen und durch englische, mit großem Fleiß verfertigte Oktanten San José unter 23° 2′ 0″, das Vorgebirge San Lucas unter 22° 48′ 10″. Man hatte bis dahin geglaubt, wie auch Alzates Karte beweist, San José liege unter dem 22. Grad der Breite.
Das Detail der von Cassini bekanntgemachten Beobachtungen des Abbé Chappe ist eben auch nicht dazu geeignet, großes Zutrauen zu den Resultaten zu erregen. Mit einem Quadranten von 3 Fuß im Halbmesser fand Chappe San José durch Arcturus unter 23° 4′ 1″ und durch Antares unter 23° 3′ 12″ der Breite. Die Mittelzahl aller Sternbeobachtungen ist von dem aus den Durchgängen der Sonne durch den Meridian gezogenen Resultat um 31″ verschieden. Unter den Sonnenbeobachtungen gibt es einige, die um 1′ 19″ voneinander verschieden sind. Indessen nennt Herr Cassini diese Beobachtungen „sehr genau, und miteinander übereinstimmend“27. Ich führe diese Beispiele nicht an, um den Ruhm von Astronomen zu schmälern, welche soviel andere Ansprüche auf unsere Achtung haben, sondern nur um zu beweisen, daß ein Sextant von 5 Zoll im Halbmesser dem Abbé Chappe mehr Vorteil gewährt haben würde als sein mühsam aufzustellender und schwer zu berichtigender Quadrant von 3 Fuß. Don Vicente Doz setzte San José unter 23° 5′ 15″ der Breite. Die Länge dieses kleinen Dorfes, das in den Jahrbüchern der Astronomie berühmt geworden ist, wurde aus dem Durchgang der Venus und aus Verfinsterungen von Jupitertrabantan abgeleitet, welche Chappe beobachtete und mit den Wargentinschen Tafeln verglich. Herr Cassini bestimmte diese Länge durch eine Mittelzahl auf 7h 28′ 10″ oder 112° 2′ 30″. Pater Hell fand für San José 7h 37′ 57″. Die Länge, welche sich aus Chappes Beobachtungen ergibt, ist um 3° 12′ östlicher als die, welche im Jahr 1768 auf Alzates Karte aufgenommen wurde28. Auch Herr Velázquez, der obengenannte mexicanische Astronom, hatte sich im Dorf Santa Ana ein kleines Observatorium erbauen lassen, auf dem er den Durchgang der Venus allein beobachtete. Er teilte das Resultat seiner Beobachtung Herrn Chappe und Don Vicente Doz mit. Cassini hat es publiziert, und es stimmt vollkommen mit den handschriftlich aufgezeichneten Beobachtungen von Velázquez überein, welche ich mir zu Mexico verschaffte. Man könnte daraus die Länge von Santa Ana herleiten. Übrigens kannte Velázquez schon vor der Ankunft des Abbé Chappe den ungeheueren Fehler der Länge von Californien, der bis dahin in allen Karten wiederholt wurde. Velázquez hatte bereits 1768 in der Mission von Santa Rosa Verfinsterungen von Jupitertrabanten beobachtet29, und er teilte den französischen und spanischen Astronomen seine Ortsbestimmungen mit, ehe diese selbst irgendeine Beobachtung anstellen konnten.
Die Lage des Vorgebirges San Lucas, das zu Cortés Zeiten Punta de Santiago hieß30, wurde von spanischen Seefahrern bestimmt. Ich ersah aus den Handschriften31, welche in den Archiven des Vizekönigreichs Mexico aufbewahrt liegen und auf Befehl des Chevalier Asanza mit vielem Fleiß geordnet worden sind, daß Herr CuadraX das Vorgebirge San Lucas unter 22° 52′ der Breite und 4° 40′ westlich vom Hafen San Blas gefunden habe, woraus sich, wenn wir San Blas mit Malaspina unter 107° 41′ 30″ setzen, für das südlichste Vorgebirge von Californien 112° 21′ 30″ ergibt. Malaspinas Expedition setzte dagegen (nach Herrn Antillons Versicherung) das Vorgebirge San Lucas unter 22° 52′ der Breite und 112° 16′ 47″ der Länge. Diese durch Chronometer festgesetzte Position findet sich auch in dem Atlas, der die Reise der Spanier nach der Meerenge Fuca begleitete; sie ist doch noch um 17′ 15″ westlicher als die, welche (ich weiß nicht, auf wessen Autorität) in die ›Connaissance des temps‹ für das Jahr 1808 aufgenommen worden ist. Der Meridianunterschied, den ich zwischen San José und dem Vorgebirge San Lucas angenommen habe, beträgt 14′ 17″; es ist jedoch zu bemerken, daß diese beiden Punkte nicht chronometrisch oder durch korrespondierende Beobachtungen aufeinander reduziert worden sind. Absolute Ortsbestimmungen können leicht zu Irrtümern verleiten, die um so auffallender werden, je geringer die Entfernungen sind. Nach Notizen (die ich von Personen eingezogen habe, welche diese unfruchtbaren und wüsten Gegenden besuchten) scheint in der Tat der Längenunterschied etwas beträchtlicher zu sein. Zu Cortés Zeiten glaubte man, das Vorgebirge San Lucas liege unter dem 22. Grad der Breite und 10° 50′ westlich vom Meridian von Acapulco, eine relative Länge, die, was sehr auffallend ist, fast auf einen halben Grad richtig ist.
Die Küsten von Neu-Californien wurden mit der sorgfältigsten Genauigkeit durch eine 1792 unternommene spanische Expedition (durch die Goeletten Sutil und Mexicana) aufgenommen; ein Gleiches geschah vom 30. Grad der Breite an oder von der Mission von Santo Domingo nördlich durch Vancouver und seine Begleiter. Malaspina und der unglückliche La Pérouse hatten beide zu Monterrey Beobachtungen angestellt. So wahrscheinlich es auch ist, daß in diesen Regionen die Richtung der Küsten und der Meridianunterschied zwischen den verschiedenen Punkten mit vollkommener Genauigkeit ausgemittelt worden sei, so fühlt man sich doch oft in nicht geringer Verlegenheit wegen der absoluten Länge. Die von Vancouver gemessenen Monddistanzen setzen die nordwestliche Küste von Amerika um 28′ weiter gegen Osten, als sie nach Cooks und Malaspinas Beobachtungen liegen32! Bei diesem Widerspruch lohnte es in der Tat der Mühe, den Einfluß der neuen Bürgschen Mondtafeln oder korrespondierender Mondhöhen auf die Observationen des englischen Seefahrers zu untersuchen. Ich glaubte, der absoluten, durch Malaspina bestimmten Länge von Monterrey nicht bloß deshalb den Vorzug geben zu müssen, weil sie auf Okkultationen [vorübergehendes Verschwinden eines Gestirns] der Gestirne und Verfinsterungen der Jupitertrabanten gegründet ist, sondern vorzüglich deshalb, weil diese spanischen Beobachtungen Neu-Californien gleichsam chronometrisch an das alte anknüpfen. Die Korvetten La Discubierta und L’Atrevida, welche unter den Befehlen des Don Alessandro Malaspina standen, haben mit Seeuhren den Meridianunterschied zwischen Acapulco, San Blas, dem Vorgebirge San Lucas und Monterrey bestimmt. Setzt man Vancouvers Angabe gemäß den letzteren Hafen weiter nach Osten, so schwebt man in Ungewißheit über die Lage der südlicheren Küsten. Um diesen Schwierigkeiten auszuweichen, setzte ich mit Malaspina Monterrey unter 36° 35′ 45″ der Breite und 124° 23′ 45″ der Länge33. La Pérouse34 fand die Lage dieses Ortes durch Monddistanzen unter 123° 34′ 0″, durch Chronometer unter 124° 3′ 0″35. Die von Vancouver aus 1200 Distanzen des Mondes von der Sonne abgeleitete Länge beträgt 123° 54′ 30″. Da es diesem letzteren nicht an Muße fehlte, die Lage der Küsten mit der ängstlichsten Genauigkeit aufzunehmen, so glaubte ich versichert zu sein, mich an dem von ihm angegebenen Meridianunterschied zwischen Monterrey und den Missionen von San Diego, San Juan, San Buenaventura, San Barbara und San Francisco zu halten. Auf diese Weise wurden sämtliche Positionen dieser Punkte auf die von Monterrey zurückgeführt. Hätte ich im Gegenteil die ganze nordwestliche Küste einzig und allein nach Vancouvers Beobachtungen entworfen, so würde ich auch das Vorgebirge San Lucas weiter gegen Osten haben rücken müssen. Für den gegenwärtigen Zweck ist es hinreichend, die Aufmerksamkeit der Astronomen auf den bedeutenden Unterschied zu richten, welcher noch immer trotz so vieler und mühevoller Arbeiten zwischen den neuesten englischen und spanischen Beobachtungen obwaltet. Ich habe Gründe zu vermuten, daß die absoluten Positionen, an die wir uns für Acapulco, San Blas und das Vorgebirge San Lucas halten, ziemlich genau sind und daß man den Irrtum von ±28′ in Bogen erst weiter nach Norden hin suchen müsse. Eine falsche Annahme im täglichen Gang der Seeuhren und der Zustand der älteren Mondtafeln von Mayer und Mason können viel zu diesem Irrtum beigetragen haben. Nach genauer Untersuchung aller mexicanischen Ortsbestimmungen, die sich auf vollständige, von geübten Astronomen angestellte Beobachtungen gründen, gehe ich zu denjenigen über, wlche man als zweifelhaft ansehen muß, entweder weil die gebrauchten Instrumente unvollkommen waren oder weil der Name der Beobachter geringes Zutrauen einflößt oder gar weil man besorgen muß, daß die Resultate aus unrichtig abgeschriebenen Handschriften entlehnt sind. Ich stelle hier zusammen, was ich von alten astronomischen Beobachtungen auffinden konnte. Man darf sich dieser Materialien nur mit Vorsicht bedienen; doch sind sie trotz ihrer Unvollständigkeit für die Geographie eines noch so wenig bekannten Landes von nicht geringer Wichtigkeit.
Den Jesuiten gebührt das Verdienst, zuerst den Meerbusen von Californien oder das Meer von Cortés untersucht zu haben. Pater Kino [Eusebius Franz Kühn, geb. 1664 in Nonsberg/Südtirol – gest. 1711 in Santa María Magdalena/Mexico], ehemaliger Professor der Mathematik zu Ingolstadt und ein erklärter Gegner des mexicanischen Geometers Sigüenza, gegen den er mehrere Schriften herausgab, gelangte 1701 an den Zusammenfluß der großen Ströme Gila und Colorado. Er bestimmte durch einen Sonnenring die Breite dieser Junta auf 35° 30′. Ich ersehe aus der handschriftlichen, 1541 von Domingo de Castillo entworfenen und in den Archiven der Familie Cortés aufgefundenen Karte, daß man schon am Anfang des 16. Jahrhunderts am nordöstlichen Ende des Busens zwei Ströme kannte, die sich unter 33° 40′ der Breite zu vereinigen schienen; man nannte sie Río de Buena Guía und Brazo de Miraflores. Drei Jahre früher, 1538, bestimmte Pater Pedro Nadal durch die Mittagshöhe der Sonne den Zusammenfluß des Gila und Colorado zu 35° 0′. Fray Marcos de Niza setzt ihn unter 34° 30′. Dies sind wahrscheinlich die Grundlagen, auf welche sich Delisle stützte, wenn er in seinen Karten 34° annahm. In einem zu Mexico gedruckten Werk36 sind neuere Beobachtungen angeführt, welche (aber wiederum mittels eines Sonnenrings) von zwei unterrichteten Franziskanern, Fray Juan Diaz und Fray Pedro Font, angestellt wurden, Beobachtungen, welche untereinander übereinstimmen und zu beweisen scheinen, daß die Juntas weit südlicher liegen, als man bisher glaubte. Pater Diaz fand 1774 an der Mündung des Gila zwei Tage hintereinander 32° 44′; Pater Font ebendaselbst 1775 32° 47′. Ersterer versichert überdies, die bloße Betrachtung des Weges, den er zurücklegte, d.h. die nach dem Kompaß aufgezeichneten Richtungen und Entfernungen, gäbe zu erkennen, daß die Juntas unmöglich unter 35° Breite liegen können. Auch sind die von Pater Font 1777 den Missionen von Monterrey, von San Diego und San Francisco zugeschriebenen Positionen nur um einige Minuten von Vancouvers und Malaspinas Resultaten verschieden. Dieser Umstand kann das Zutrauen vermehren, welches man in die Genauigkeit jener Mönchsarbeit setzen kann, es sei denn, daß die Missionare sich erlaubt haben, die ihnen von geschickten Lotsen an der Küste gelieferten Angaben abzuschreiben und in ihr Journal einzutragen. Übrigens ist es gewiß, daß ein eifriger Beobachter, wenngleich mit unvollkommenen Hilfsmitteln ausgerüstet, oft zu sehr befriedigenden Resultaten gelangen könne. Bouguer bediente sich bei seinen Breitenbestimmungen auf dem Magdalenenfluß eines 7 bis 8 Fuß hohen Gnomons und einiger Bambusrohre als Maßstäben; dennoch sind seine Angaben gewöhnlich nur um 4 bis 5 Minuten von den Breiten verschieden, die ich 59 Jahre später mittels englischer Sextanten gefunden habe.
Pater Font scheint mit seinem Sonnenring bei Bestimmung der Breite der drei Missionen von San Gabriel, von San Antonico de los Robles und von Luis Obispo minder glücklich gewesen zu sein. Er setzt die erste derselben unter 32° 37′, die zweite unter 36° 2′ und die dritte unter 35° 17′.
Bei Vergleichung dieser Positionen mit Vancouvers Atlas finde ich Irrtümer in den Angaben, die sich bald auf + 1° 11′, bald auf – 23′ belaufen. Zwar hat der englische Seefahrer jene drei Missionen nicht selbst besucht, allein er konnte sie mit der benachbarten Küste vergleichen, deren Lage er genau kannte. Man sieht hieraus, wieviel Ungewißheit alle mit Sonnenringen angestellte Beobachtungen übrig lassen. Fray Pedro Font besuchte auch die berufenen Azteken-Ruinen, welche las Casas grandesXI genannt werden; sie liegen nach seiner Angabe unter 33° 30′. Diese letztere Ortsbestimmung, falls sie anders richtig ist, hat ein großes Interesse. Sie bezeichnet einen Sitz früher Bildung des wandernden Menschengeschlechts! Man muß diesen zweiten Aufenthaltsort der Azteken, aus dem sie durch Tarahumara nach Colhuacan zogen, nicht mit dem dritten Wohnsitz oder den Casas grandes verwechseln, welche südlich vom Presidio von Janos in der Intendencia von Neu-Biscaya liegen. Ich wünschte, die Beobachtungen des Jesuiten Juan Hugarte zu kennen, welcher 1721 nach Herrn Antillons Zeugnis die fehlerhaften Angaben der Karten von Californien verbesserte. Doch ist die Behauptung unrichtig, Hugarte habe zuerst dieses Land für eine Halbinsel erkannt; denn schon im 16. Jahrhundert leugnete niemand im ganzen Königreich Mexico eine Tatsache, über die man lange nachher in Europa Zweifel zu verbreiten anfing37.
Unter die etwas zweifelhaften astronomischen Beobachtungen rechne ich auch diejenigen, welche von mehreren spanischen Ingenieuroffizieren auf den beschwerlichen Reisen angestellt wurden, die sie nach den Militärposten an der nördlichen Grenze von Neu-Spanien unternahmen. Ich verschaffte mir zu Mexico drei Tagebücher: 1. die schon im Jahr 1724 verfaßte Reiseroute des Brigadiers Don Pedro de Rivera; 2. das Tagebuch des Don Nicolas Lafora, welcher den Marqués von Rubi bei seiner Untersuchung einer Verteidigungslinie der Provincias internas im Jahr 1765 begleitete; und 3. die Handschrift der Reise des Ingenieurs Don Manuel Mascaró von Mexico nach Chihuahua und Arizpe38. Alle diese achtungswerten Offiziere versichern, Mittagshöhen der Sonne beobachtet zu haben. Welcher Instrumente sie sich bedienten, ist mir unbekannt, und man kann befürchten, daß die mir zugekommenen Manuskripte nicht immer genau abgeschrieben sind; denn nachdem ich mir die Mühe gegeben hatte, die Breite nach den angegebenen Streichungslinien und Entfernungen zu berechnen, fand ich häufig Resultate, die mit den von diesen Reisenden beobachteten Breiten gar nicht übereinstimmten. Dieselbe Bemerkung haben bereits die Herren Bauzá und Antillon zu Madrid gemacht. Ich bedaure sehr, daß keine der absoluten Ortsbestimmungen jener drei Ingenieuroffiziere sich auf einen Ort bezieht, dessen Breite durch Herrn Ferrer oder mich sorgfältig ausgemittelt worden ist. Herr Mascaró hat zwar zu Querétaro beobachtet. Seine Breite unterscheidet sich von der meinigen um volle 10′, aber mein Resultat gründet sich nicht auf Kulminationsbeobachtungen, sondern auf eine Methode, die der von Dowes analog ist und eine Ungewißheit von zwei Bogenminuten läßt. Diese Tagebücher, so viele Zweifel man auch gegen sie aufstellen kann, haben dennoch einen großen geographischen Wert, den vorzüglich diejenigen anerkennen müssen, die, wie ich, Karten eines unbekannten, von unterrichteten Reisenden so wenig besuchten Weltteiles entwerfen sollen. Wir begnügen uns hier bei einigen der wichtigsten Punkte zu verweilen.
Herr Jefferson, Präsident der nordamerikanischen Freistaaten, untersuchte in seinem klassischen Werk über Virginien die Lage des Presidio von Santa Fé in Neu-Mexico; er glaubt, es liege unter 38° 10′ der Breite, zieht man aber eine Mittelzahl aus den direkten, von dem Ingenieur Lafora und von den Mönchen Velez und Escalante angestellten Beobachtungen, so erhält man 36° 12′. Die Herren Bauzá und Antillon finden durch sinnreiche Zusammenstellungen und indem sie Santa Fé auf das Presidio de l’Altar und dieses Presidium auf die Küsten von Sonora reduzieren, daß Santa Fé in Neu-Mexico 4° 21′ westlich von der Hauptstadt Mexico liege39. Herrn Antillons Karte selbst setzt den Unterschied der Länge auf 50′. Ich gelangte, ohne die Arbeiten dieser geschickten spanischen Astronomen zu kennen, zu einem noch größeren Meridianunterschied. Ich bestimmte die Länge von Durango durch eine von Doktor Oteiza beobachtete Mondfinsternis; diese Lage stimmt ganz mit der von Antillon angenommenen überein; ferner berechnete ich in der Voraussetzung, Durango liege unter 24° 30′ und Chihuahua, die Hauptstadt von Neu-Biscaya, wo Mascaró lange Zeit Beobachtungen anstellte, unter 28° 45′ Breite, den Wert der von dem Brigadier Ribera im Tagebuch seiner Reise angegebenen Meilen. Aus den Entfernungen und Windstrichen des Seekompasses fand ich durch Konstruktion 53′ für den Unterschied der Meridiane von Durango und Chihuahua, woraus sich eine Verschiedenheit der Länge von 5° 48′ zwischen Mexico und Santa Fé ergibt. Die letztere Differenz mußte übrigens natürlich größer ausfallen als die, welche Bauzá und Antillon angeben, da jene beiden Geographen die Hauptstadt Mexico um 37 Bogenminuten zu weit nach Westen setzen. Vielleicht aber hängt die Position, welche sie Santa Fé zuschreiben, eher von der Länge von San Blas und Acapulco als von der Länge von Mexico ab. Meinen Untersuchungen zufolge liegt Santa Fé unter 107° 13′ absoluter Länge, nach Bauzá und Antillon unter 107° 2′. Diese Ortsbestimmung hat alle Wahrscheinlichkeit für sich; sie ist um 5° 28′ östlicher als die, welche eine vor kurzem (im Jahr 1803) zu Philadelphia erschienene Karte von West-Louisiana angibt: Diese Karte, trotz aller von Vancouver und von spanischen Astronomen angestellten Beobachtungen, irrt auch um 4° in der Länge des Vorgebirges Mendocino. Herr Constanzo hatte aus mehreren Zusammenstellungen geschlossen, Santa Fé und Chihuahua lägen 4° 57′, Arizpe 9° 5′ westlich von Mexico. Alle alten handschriftlichen Karten, die ich zu Rat zog, besonders die von der Rückkunft des Herrn Velázquez aus Californien verfertigten, setzen Durango 3° östlich von Parral und von Chihuahua. Velázquez hat diesen Unterschied der Meridiane auf 3′ in Bogen herabgesetzt. Eine graphische Methode, welche sich auf die obengenannten Reisejournale gründet, gibt meinem Freund Herrn Friesen einen Längenunterschied von 50′.
Mit Vergnügen sehe ich, daß meine Kombinationen mich auch über einen anderen Punkt der Geographie Neu-Spaniens zu Resultaten führen, die mit denen der Madrider Astronomen übereinstimmen. In demselben Jahr, in dem Antillon in Europa seine geographischen Aufsätze40 bekannt machte, bestimmte ich zu Mexico in meiner Generalkarte (nach dem Zeugnis mehrerer in Amerika aufbewahrter Kopien) den Meridianunterschied von Tampico und Mazatlán (d.h. die Breite des Königreichs vom Atlantischen Ozean bis zur Südsee) auf 8° 0′. Bauzá und Antillon schätzten sie auf 8° 20′, während Laforas Karte 17° 45′ und die Arrowsmithsche von Westindien 9° 1′ angibt. Beim Entwurf meiner Karte reduzierte ich Tampico auf die Barra de Santander, deren Länge von Ferrer beobachtet wurde, indem ich mit den Karten des Marinedepots zu Madrid Tampico 10′ östlich von der Barra annahm. Wir werden in der Folge dieses Aufsatzes auf die Lage dieses Hafens zurückkommen.
Die Breite der durch die großen Reichtümer ihrer Bergwerke berühmten Stadt Zacatecas wurde vom Grafen Santiago de la Laguna nicht durch Sonnenringe oder Gnomonen, sondern durch mehrere im Lande selbst verfertigte Quadranten von 3 bis 4 Fuß im Halbmesser bestimmt. Sie ergab sich zu 23° 0′. Don Francisco Javier de Zarria schloß aus mehreren gnomonischen Beobachtungen 22° 5′ 6″. Seine Beobachtungen sind in einem in Europa wenig bekannten Werk, in der von den Franziskanern zu Querétaro herausgegebenen Chronik, enthalten. Vorher glaubte man, daß Zacatecas wenigstens einen halben Grad nördlicher liege. So findet sich auch noch die Breite der Stadt in einer kleinen Tafel von Ortsbestimmungen, welche Don Diego Guadalajara zum Gebrauch derer, die Sonnenuhren konstruieren, zu Mexico herausgab. Der Graf de la Laguna behauptet, Zacatecas 4° 30′ westlich von Mexico gefunden zu haben; allein diese Bestimmung ist aller Wahrscheinlichkeit nach sehr falsch. Nachdem ich die Lage von Guajanuato mittels des Chronometers und durch Monddistanzen bestimmt hatte, fand ich durch Schätzung der von Reisenden gewöhnlich angenommenen Meridianentfernungen und RumbenXII einen Unterschied von 2° 32′, aus Mascarós Wegeberechnung ergeben sich 3° 45′. Die absolute Länge von Zacatecas scheint der Graf de la Laguna eben nicht glücklicher als den Längenunterschied zwischen Zacatecas und Mexico bestimmt zu haben. Er behauptet nämlich aus einer zu Bologna angestellten korrespondierenden Beobachtung einer Finsternis schließen zu können, daß Zacatecas 7h 50′ westlich von jener italienischen Stadt liege, woraus sich 7h 13′ 59″ der Länge für Zacatecas und folglich 7h 3′ 39″ (statt 6h 45′ 42″) für Mexico ergäben! Sollte sich vielleicht ein Druckfehler in die Ziffern eingeschlichen haben? Wäre der Unterschied der Meridiane etwa 7h 30′ anstatt 7h 50′?
Die Länge von Durango muß sehr nahe 105° 55′ sein. Don Juan José Oteiza, ein junger mexicanischer Mathematiker, dessen Kenntnisse mir oft nützlich geworden sind, hat (auf der Hacienda del Ojo, 38′ in Bogen östlich von Durango) das Ende einer Mondfinsternis beobachtet, die, mit Mayers Mondtafeln verglichen, das soeben angeführte Resultat gibt. Der Beobachter selbst hält die Länge für nicht ganz genau. Herr Friesen schloß aus den in den Reiseberichten der Brigadiers Rivera und Mascaró angegebenen Entfernungen und Kompaßstrichen, daß Durango 5° 5′ östlich von Mexico, folglich unter 106° 30′ der Länge liege. Die Breite von Durango scheint ziemlich zweifelhaft zu sein. Rivera und sein Reisegefährte Don Francisco Alvarez Bareiro behaupten, 1724 durch Mittagshöhen der Sonne 24° 38′ gefunden zu haben; Lafora gibt 1766 24° 9′ an; allein niemand weiß, welcher Instrumente sich diese Ingenieure bedienten. Ist anders die vom Grafen de la Laguna, von Zarria und dem Ingenieur Mascaró der Stadt Zacatecas zugeschriebene Breite richtig, so beläuft sich die Breite von Durango, aus Rumben und Entfernungen abgeleitet, ungefähr auf 24° 25′.
In den nördlichen Provinzen Neu-Spaniens gibt es einige Orte, in denen die oft angeführten drei Ingenieure nacheinander beobachtet haben; dieser Umstand flößt einiges Zutrauen zu den Mittelzahlen ein, die man aus den vereinten Beobachtungen ziehen kann.
Chihuahua. Breite: 29° 11′ nach Rivera, 28° 56′ nach Lafora, 28° 45′ nach Mascaró. Länge, aus Rumben und Entfernungen abgeleitet: 5° 25′ westlich von Mexico.
Santa Fé. Breite: 36° 28′ nach Rivera, 36° 10′ nach Lafora. Länge durch Annäherung: 5° 48′ westlich von dem Meridian von Mexico.
Presidio de Janos. Breite: 31° 30′ nach Rivera, 30° 50′ nach Mascaró. Länge: 7° 40′ westlich von Mexico, etwas zweifelhaft.
Arizpe. Breite: 30° 30′ nach Rivera, 30° 36′ nach Mascaró. Länge durch Annäherung: 9° 53′ (von Mexico an gerechnet).
Geographische Kombinationen, die sich auf Angaben der Reisejournale gründen, machen noch die Längen folgender Orte wahrscheinlich, deren Breite Mascaró und Rivera bestimmt haben. Die Resultate dieser Kombinationen, welche ich auf meiner Karte angenommen, stimmen übrigens auch mit den von Bauzá und Antillon gefundenen überein. Nur bei der absoluten Länge der in der Provinz Sonora gelegenen Stadt Arizpe sowie auch bei der des Paso del Norte in Neu-Mexico weiche ich beinahe um einen Grad von den Angaben der spanischen Geographen ab. Allein, wie schon oben bemerkt, ein Teil dieser Verschiedenheiten rührt bloß daher, daß Antillons Karte Mexico, Acapulco, und die Mündung des Gilaflusses mehr östlicher rückten als ich.
Bei Gelegenheit der Errichtung der Landmilizen (tropas de milicia) im Königreich Neu-Spanien wurde eine Karte der Provinz Oaxaca entworfen, auf der man mehrere Punkte angezeigt findet, deren Breiten (laut einer ausdrücklichen Bemerkung des Verfassers) astronomisch bestimmt worden sind. Ich weiß nicht, ob sich diese Breiten auf Mittagshöhen gründen, die durch Schattenlängen gnomonisch gemessen wurden. Die Karte trägt den Namen des Don Pedro de Laguna, der gegenwärtig Oberstleutnant in spanischen Diensten ist. Diese elf sogenannten Fixpunkte liegen teils längs der Küste zwischen den Häfen Acapulco und Tehuantepec, teils unfern derselben im Inneren des Landes. Von Westen nach Osten hin gerechnet, folgen sie also:
In Mixteca alta wurden außerdem noch folgende Positionen ausgemittelt:
Man kann auch hierher rechnen das Dorf Acatlan in der Intendancia von La Puebla unter 17° 58′ und die Stadt Oaxaca unter 16° 54′. Sind diese Angaben auch nur einigermaßen genau, so haben sie schon deshalb einen großen Wert, weil man bisher von La Puebla de los Angeles bis zur Landenge von Panamá fast keinen einzigen Punkt im Inneren des Landes kennt, dessen Breite astronomisch bestimmt ist. Was diesen Angaben einen höheren Grad von Glaubwürdigkeit verschafft, ist die Übereinstimmung der Karte des Don Pedro Laguna mit Antillons Karten in Hinsicht der Breite, welche beide sowohl der Stadt Tehuantepec wie dem Puerto Escondido zuschreiben. Alle spanischen Seefahrer setzen ersteren Hafen unter 16° 22′ und letzteren, welcher in der Nähe des Dorfes Manialtepec liegt, unter 15° 50′ nördlicher Breite.
Bis hierher haben wir die Positionen aufgezählt, die sich auf astronomische Beobachtungen gründen und welche in höherem oder niederem Grad das Zutrauen des Geographen verdienen. Es bleibt uns übrig, die verschiedenen größtenteils handschriftlichen Karten anzuzeigen, deren ich mich zur Entwerfung der verschiedenen Teile meiner Generalkarte von Neu-Spanien bediente.
In Hinsicht der Lage und Krümmungen der westlichen, vom Großen Ozean bespülten Küste vom Hafen Acapulco an bis zur Mündung des Río Colorado und bis zu den Vulkanen de las Virgenes in Californien bin ich den Angaben der Karte gefolgt, welche der Beschreibung der Reise spanischer Seefahrer nach der Meerenge Fuca41 angehängt ist. Diese Karte wurde im Jahre 1802 vom Depósito Hidrográfico zu Madrid herausgegeben und gründet sich auf die Operationen der Korvetten Malaspinas; die Küste, welche sich südöstlich von Acapulco hinzieht, ist noch sehr wenig bekannt; für ihren Entwurf habe ich Antillons Karte von Nordamerika zu Rat gezogen. Mit Recht beklagt man sich auch, daß Mexicos östliche Küste im Norden von Veracruz bis auf den heutigen Tag noch nicht genauer und zuverlässiger bestimmt ist. Beinahe ebenso unbekannt wie die afrikanische östliche Küste zwischen Oranje-River und der Fisch-Bay ist der zwischen den Mündungen des Río Grande del Norte und des Mississippi gelegene Teil. Die Expedition der Herren Cevallos und Herera, die mit herrlichen Ramsdenschen und Troughtonschen Instrumenten versehen ist, beschäftigt sich gegenwärtig damit, genaue Pläne dieser wüsten und zum Teil unfruchtbaren Gegenden aufzunehmen. Ich richtete mich indes in der ausführlichen Darstellung der östlichen Küste nach einer 1799 auf Befehl des Königs von Spanien herausgegebenen Karte42, welche 1803 aufs neue durchgesehen und vervollkommnet worden ist. Mehrere Punkte wurden nach trefflichen, schon oben angeführten Beobachtungen Ferrers berichtigt. Da dieser geschickte Beobachter den Hafen von Veracruz um 9′ 45″ weiter nach Westen setzt als ich, so reduzierte ich nach den oben entwickelten Prinzipien die von ihm in der Gegend von Veracruz gemachten Ortsbestimmungen nach der Länge, die sich aus Herrn Oltmanns Berechnungen ergibt. Die alten Karten irren vorzüglich in der Länge von La Barra de Santander, welche nach Ferrer 1° 54′ 15″ westlich von Veracruz liegt, während selbst die Karte des Depósito 1° 23′ Unterschied der Länge angibt. Ich folgte überall Ferrers Beobachtungen, indem ich zugleich die Länge von Tamiagua nach der von Santander korrigierte.
Die zwischen den Häfen Acapulco und Veracruz, zwischen Mexico, Guanajuato, dem Tal von Santiago und Valladolid [Morelia], zwischen dem Vulkan Jorullo und der Sierra von Toluca gelegene Länderstrecke ist nach einer großen Anzahl geodätischer Aufnahmen entworfen, zu welchen ich mich teils der Ramsdenschen Sextanten, teils eines Graphometers von Adams bediente. Der Teil zwischen Mexico, Zacatecas, Fresnillo, Sombrerete und Durango gründet sich auf einen handschriftlichen Plan, welchen Herr Oteiza nach den Materialien, die er auf seiner Reise nach Durango sammelte, für mich entworfen hat. Da er sorgfältigst die Richtung des Weges nach den Windstrichen des Seekompasses und die zurückgelegten Entfernungen nach der Schnelligkeit der Lasttiere maß, verdient seine Skizze ohne Zweifel einiges Zutrauen, und dies zwar um so mehr, als die Positionen von Guanajuato und San Juan del Río nach meinen direkten, gegenseitig voneinander unabhängigen Beobachtungen berichtigt werden konnten. Auf diese Art war es leicht, die Zeit in Entfernung zu verwandeln oder, was ebensoviel heißt, den Wert der Landmeilen für die Zwischenpunkte anzugeben.
Wichtige Materialien zur Darstellung der Provincias internas, vorzüglich der Straße von Durango nach Chihuahua und von da nach Santa Fé und Arizpe in der Provinz Sonora, lieferten mir die Tagebücher der Herren Rivera, Lafora und Mascaró, welche wir bereits oben anführten. Doch konnten dieselben nur nach reifer Prüfung und nach vorsichtigem Vergleich mit den Resultaten benutzt werden, welche Herr Velázquez auf seiner Reise nach Californien gesammelt hat. Riberas Entfernungen sind dazu oft beträchtlich von den von Mascaró angegebenen verschieden, und beim Gebrauch ihrer Resultate wird man vorzüglich verlegen über den Unterschied der Meridiane zwischen Mexico und Zacatecas oder zwischen Santa Fé und Chihuahua, wie wir weiter unten auseinandersetzen werden.
Die Geographie der Provinz Sonora wurde von Herrn Constanzó beträchtlich vervollkommnet. Dieser ebenso bescheidene wie gründlich unterrichtete Gelehrte sammelte seit 30 Jahren alles, was sich auf die geographische Kenntnis von Neu-Spanien bezieht. Es ist der einzige Ingenieuroffizier, der sich auf Untersuchungen über Längenunterschiede mehrerer von der Hauptstadt weit entfernter Punkte einließ. Die von ihm entworfenen Pläne beweisen, daß sinnreiche Zusammenstellungen astronomische Beobachtungen gewissermaßen ersetzen können. Ich lasse Herrn Constanzó mit desto größerem Vergnügen diese Gerechtigkeit widerfahren, weil ich zu Mexico so viele handschriftliche Karten sah, auf denen Längen- und Breiten-Skalen nur eine zufällige Verzierung waren.
Folgendes ist das vollständige Verzeichnis der Karten und Grundrisse, deren ich mich beim Entwurf meiner Karte bediente. Ich glaube, alles benützt zu haben, was nur irgend Belehrendes bis 1804 über diesen Gegenstand in Klöstern und Archiven existierte.
Handschriftliche Karte von Neu-Spanien, auf Befehl des Vize-Königs Bucareli durch die Herren Constanzó und Mascaró entworfen. Sie erstreckt sich über den ungeheuren Erdraum zwischen dem 39. und 42. Grad der Breite; vom Vorgebirge Mendocino bis an die Mündung des Mississippi. Diese Manuskriptkarte scheint mit vieler Sorgfalt angefertigt zu sein. Ich bediente mich ihrer hauptsächlich für Moqui, für die Umgebungen des Río Nabajoa und für den Weg, welchen der Marqués de Croix 1778 von Chihuahua nach Cohahuila und Texas nahm.
Mapa del Arzobispado de México, por Don José Antonio de Alzate, eine handschriftliche, im Jahr 1768 verfertigte und vom Verfasser 1772 aufs neue durchgesehene Karte; sie ist nicht ganz verwerflich, wenigstens soweit ich sie untersucht habe. Mehrere wichtige Bergwerke findet man darauf verzeichnet.
Gar keinen Gebrauch machte ich von der 1765 von Herrn de Fer in Paris herausgegebenen Karte, von der Karte des Gouverneurs Pownall, welche 1777 erschien oder von Sigüenzas Karte, welche die Pariser Akademie unter Alzates Namen stechen ließ und die leider bisher für die beste Karte des Königreichs Mexico galt.
General-Karte von Neu-Spanien, vom 14. bis zum 27. Grad der Breite, entworfen von Don Miguel Constanzó. Diese handschriftliche Karte ist für die Kenntnis der Küsten von Sonora von Wichtigkeit. Ich habe sie auch bei Darstellung der Küste zu Rate gezogen, die sich von Acapulco bis Tehuantepec erstreckt.
Handschriftliche Karte der Küsten von Acapulco bis Sonsonate, durch die Brigantine Activo 1794 aufgenommen.
Handschriftliche Karte von ganz Neu-Spanien von Velázquez 1772. Sie begreift die zwischen dem 19. und 34. Grad der Breite, zwischen der Mündung des Río Colorado und dem Meridian von Cholula gelegenen Länder. Der Zweck dieser Karte war, die Lage der merkwürdigsten Bergwerke von Neu-Spanien, vorzüglich die der Provinz Sonora darzustellen.
Handschriftliche Karte eines Teils von Neu-Spanien von Don Carlos de Urutia; sie erstreckt sich vom Parallelkreis von Tehuantepec bis zu dem von Durango und wurde auf Befehl des Vizekönigs Revillagigedo entworfen. Die Einteilung des Landes in Intendancias findet man nur auf dieser Karte; sie ist mir in dieser Hinsicht wichtig geworden.
Mapa de la Provincia de la Compañía de Jesús de Nueva España, 1765 zu Mexico gestochen. Ist es ein bloßer Zufall, daß diese übrigens so schlechte Karte die Länge von Mexico auf 278° 26′ angibt, während der unter dem Titel Mapa de distancias de los lugares principales de Nueva España bekannte Plan, welchen die Jesuiten im Jahr 1755 zu La Puebla de los Angeles in Kupfer stechen ließen, eben diese Hauptstadt unter den 270. Grad der Länge setzt?
In Rom fand ich: Provincia Mexicana apud Indos ordinis Carmelitarum (erecta 1588), Romae 1738. Mexico befindet sich auf dieser Karte unter 20° 28′ der Breite!
Pater Pichardo von San Felipe Neri, ein sehr unterrichteter Mönch, hatte die Güte, mir zwei handschriftliche Karten von Neu-Spanien zu verschaffen, eine von Velázquez, die andere von Alzate. Beide sind von der Karte verschieden, welche die Pariser Akademie stechen ließ und sind deshalb bemerkenswert. Sie enthalten die Position mancher dem Mineralogen wichtiger Gruben.
Umgebungen von Mexico; Sigüenzas Karte, von Alzate 1786 herausgegeben. Eine andere Karte des Tals von Mexico wird jedes Jahr dem unter dem Titel ›La Guía de Foresteros‹ erscheinenden Almanach angehängt; diese ist von Mascaró. Beide Pläne, so wenig wie die von López 1785 entworfenen, stellen die Seen nach ihrer gegenwärtigen Gestalt dar. Auf der Karte von López sind die Grade der Länge auf dem Meridiankreis verzeichnet; ein sonderbarer Mißgriff für einen königlichen Geographen!
Ausführliche Karte der Gegend zwischen dem Real del Doctor, dem Río Moctezuma (in welchen sich die Gewässer des Kanals von Huehuetoca ergießen) und Zimapán, entworfen von Mascaró. Die Umgebungen von Durango, Toluca und Temascaltepec sind auf einem von Juan José Oteiza für mich gezeichneten Plan äußerst sorgfältig dargestellt.
Handschriftliche Karte des ganzen Königreichs Neu-Spanien (vom 16. bis zum 40. Grad der Breite) von Don Antonio Forcada y la Plaza, 1787. Diese Karte scheint mit Sachkenntnis verfertigt zu sein. Personen, welche die Beschaffenheit dieser Gegenden kennen, fällen dasselbe Urteil über die von Forcada 1790 entworfene Manuskriptkarte der Audiencia von Guadalajara.
Karte der zwischen dem Meridiankreis von Mexico und dem von Veracruz gelegenen Länderstrecke, verfertigt von Don Diego García Conde, Oberstleutnant und Direktor des Straßenbaus. Diese handschriftliche Karte gründet sich auf Beobachtungen, welche Herr Constanzó in Verbindung mit Herrn García Conde anstellte. Sie bestehen aus einer Breite von Dreiecken, die mit dem Graphometer und der Bussole gemessen wurden. Außerordentliche Sorgfalt herrschte bei der Ausführung dieser Arbeit; sie ist besonders ausführlich in dem Teil, welcher den Abhang der Cordillere von Jalapa und Orizaba bis Veracruz in sich schließt. Aber (ich wiederhole den oben geäußerten Zweifel) ist die Abweichung der Magnetnadel oft genug beobachtet worden, um die Winkel nach derselben zu verbessern?
Karte von den Straßen, welche nördlich und südlich von der Sierra Nevada von Mexico nach La Puebla führen; auf Befehl des Vizekönigs Marqués de Branciforte entworfen.
Handschriftlicher Plan der umliegenden Gegend von Veracruz. Er erstreckt sich bis Perote und gibt zugleich die Verschiedenheit der projektierten Straßen von Jalapa nach Veracruz an.
Handschriftliche Karte der zwischen Veracruz und dem Río Jamapa gelegenen Landesstrecke, 1796.
Handschriftliche Karte der Provinz Jalapa, nebst einer ausführlichen Darstellung der Gegend um Alt- und Neu-Veracruz.
Handschriftliche Karte der Provinz Oaxaca und der ganzen Küste (von Acapulco bis Tehuantepec), entworfen von Don Pedro de la Laguna. Diese Karte gründet sich auf elf Positionen, deren Breite, wie man behauptet, durch direkte Beobachtungen bestimmt wurde. Den Lauf des Río Coatzacoalcos, der durch den Vorschlag eines Verbindungs-Kanals zwischen der Südsee und dem Atlantischen Ozean berühmt ist, habe ich so bestimmt, wie ich ihn auf den Plänen zweier Ingenieuroffiziere Augustín Cramer und Don Miguel del Corral entworfen fand. Diese merkwürdigen Zeichnungen liegen in den Archiven des Vizekönigreichs Mexico aufbewahrt.
Mapa anonimo de la Sierra Gorda, in der Provinz Neu-Santander vom 21. bis zum 29. Grad der Breite; diese alte handschriftliche, auf Pergament gemalte Karte ist mit Abbildungen wilder Indianer geziert. Für die Umgebungen von Sotto la Marina und Camargo ist sie sehr exakt.
Der Lauf der zweiten, zwischen dem Río [Grande] del Norte und der Mündung des Río Sabina befindlichen Ströme wurde zum Teil nach einer handschriftlichen Karte entworfen, welche mir der General Wilkinson nach seiner Rückkunft aus Louisiana zu Washington mitteilte.
Mapa de la Nueva Galicia; diese handschriftliche Karte wurde 1794 von Herrn Pagaza nach eigenen Beobachtungen und nach Forcadas Karte entworfen.
Karte der Provinzen Sonora und Neu-Biscaya, dem trefflichen Vizekönig Asanza gewidmet und von dem Ingenieur Don Juan de Pagaza entworfen. Diese handschriftliche, 4 Fuß lange Karte ist sehr ausführlich in Darstellung der Gebirgsgegenden, in denen sich die wilden Indianer verbergen, um ihre nächtlichen Streifereien vorzunehmen und Reisende beduinenartig zu plündern. Ebenso ausführlich ist diese Karte auch für die Umgebungen von Paso del Norte, vorzüglich für die wüste Strecke Landes, die den Namen Bolsón de Mapimí führt.
Handschriftliche Karte der Provinz Sonora vom 27. bis zum 36. Grad der Breite, dem Obersten Don José Tienda de Cuervo gewidmet. Der Verfasser dieser Karte scheint ein deutscher Jesuit zu sein, der sich im nördlichsten Teil der Provinz Sonora aufhielt.
Handschriftliche Karte der Pimería Alta. Sie erstreckt sich bis an den Río Gila. Die berufenen Ruinen der Casas Grandes sind darauf unter 36° 20′ der Breite angegeben, ein Irrtum von drei Grad!
Mapa de la California, eine handschriftliche, von den Mönchen Francisco Garces und Pedro Font 1777 verfertigte Karte. Sie ward auch zu Mexico gestochen, jedoch so, daß sämtliche Breiten um drei Minuten zu niedrig angegeben sind. Sie ist für die Pimería Alta und den Río Colorado wichtig.
Carta geográphica de la Costa occidental de la California que se discubrió en los años 1769 y 1775, por Don Francisco de Bodega y Quadra [= Cuadra] y Don José Canizares, desde los 17 hasta los 58 grados. Diese kleine, 1788 von Manuel Villavicencio zu Mexico gestochene Karte ist nach dem Meridian von San Blas entworfen. Sie kann denjenigen wichtig werden, die sich mit der Geschichte der Entdeckungen auf dem Großen Ozean beschäftigen.
Der Meerbusen des Cortés [Golf von Californien] scheint auf der Karte von Californien, welche einen Teil der Noticia de la California del Padre Fr. Miguel Venegas, 1757, ausmacht, sehr sorgfältig dargestellt zu sein; dagegen ist die Lage der gegenwärtig auf der Halbinsel Californien befindlichen Missionen weit genauer auf einer Karte angegeben, welche der 1787 zu Mexico gedruckten Lebensbeschreibung des Mönchs Junipero Serra angehängt ist.
Handschriftliche Karte der Provinz Neu-Biscaya vom 24. bis zum 35. Grad der Breite, von dem Ingenieur Don Juan de Pagaza Urtundua nach den zu Chihuahua eingezogenen Nachrichten entworfen. Diese Arbeit ward auf Befehl des Herrn von Nava, General-Kapitän der Provincias internas, unternommen. Ich benützte sie für die ganze Intendancia de Durango; doch mit Vorsicht und Vergleich anderer Quellen, denn die Umgebungen der Stadt Durango scheinen, wie mir die provinzkundigen Personen versicherten, ziemlich unrichtig angegeben zu sein.
Handschriftliche Karte der nördlichen Grenzen von Neu-Spanien, vom 23. bis zum 37. Grad der Breite, vom Ingenieur Don Nicolas Lafora. Sie stellt den Plan dar, den der Marqués von Rubi zur Verteidigung des Landes entwarf, und diente mir dazu, die Lage der Militärposten, welche man Presidios nennt, zu berichtigen. Ich sah eine 3 m lange Abschrift dieser Karte in den Archiven des Vizekönigreiches.
Mapa del Nuevo Mexico, vom 29. bis zum 42. Grad der Breite. Die unter dem Parallelkreis von 41° gelegenen Länder sind auf dieser Karte sehr ausführlich dargestellt; ebenso auch der wenig besuchte See der Timpanogos [Großer Salzsee] und die Quellen des Río Colorado und Río [Grande] del Norte.
Karte von Neu-Mexico, 1795 von López gestochen. Ich machte gar keinen Gebrauch davon. Sie ist sehr mangelhaft in Angabe der Quellen des Río [Grande] del Norte. Die zwischen diesen Quellen und dem Ursprung des Missouri gelegene Landesstrecke ist ausführlicher auf der oben erwähnten, 1803 zu Philadelphia erschienenen Karte von Louisiana dargestellt.
Ich darf mir schmeicheln, daß meine Generalkarte von Neu-Spanien ungeachtet ihrer mannigfaltigen Mängel zwei wesentliche Vorzüge vor allen denjenigen hat, welche bisher von diesem Land erschienen sind: Man sieht nämlich auf ihr die Lage von 312 Orten, welche ihrer Bergwerke wegen berühmt sind, wie auch die neue Einteilung des Landes in Intendancien. Die Bergwerke habe ich aus einem Verzeichnis genommen, welches das Oberberggericht (Tribunal de Minería) im ganzen Umfang dieses weit ausgedehnten Reichs hat aufnehmen lassen. Besondere Zeichen unterscheiden die Orte, wo die Bergdeputationen (Deputaciones de Minas) ihren Sitz haben, von den einzelnen Gruben, die davon abhängen. Das Verzeichnis, dessen ich mich bediente, gibt häufig den Rumb und die Entfernung von irgendeiner der größten Städte an. Ich habe diese Notizen mit den alten handschriftlichen Karten verglichen, unter welchen die von Velázquez mir sehr nützlich gewesen sind. Diese Arbeit war sehr mühsam. Fand ich den Namen eines Bergwerks auf keiner Karte, so mußte ich mich begnügen, seine Lage nach den Angaben zu bestimmen, welche das Verzeichnis mir lieferte, wobei ich die Distanzen in mexicanischen Meilen oft durch verwickelte Berechnungen nach ähnlichen Fällen in wahre Distanzen reduzierte. Da die Bevölkerung von Neu-Spanien auf den großen inneren Gebirgsrücken zusammengedrängt ist, so herrscht eine beträchtliche Ungleichheit in der Anzahl von Namen, die man auf einzelnen Stellen der Karte findet. Nur muß man nicht glauben, daß überall, wo die Karte weder Flecken noch Dörfer angibt, ganz wüste Gegenden sind. Ich habe nur diejenigen Orte aufgenommen, welche auf mehr als einer der handschriftlichen Originale dieselbe Lage hatten. Denn auf den meisten Karten von Amerika, die in Europa entworfen worden sind, findet man eine Menge Namen von Ortschaften, deren Existenz man im Lande nicht einmal kennt. Ist ein solcher Irrtum einmal auf einer Karte aufgenommen, so geht er bald in alle folgenden über, und es wird oft schwer, den Ursprung desselben zu entdecken. Lieber wollte ich auf der meinigen viele leere Stellen lassen als aus schlechten Quellen schöpfen.
Bei der Zeichnung der Gebirgsketten stieß ich auf eine Menge Schwierigkeiten, von welchen man sich keinen Begriff machen kann, wenn man sich nicht selbst mit dem Entwurf von geographischen Karten beschäftigt hat. Ich entschloß mich, die Schraffierung, welche eine orographische Projektion andeutet, der ehemaligen unvollkommenen Methode vorzuziehen, welche die Berge im Profil zeichnete, wodurch zweierlei sehr voneinander verschiedene Projektionen auf einer und derselben Karte gemischt wurden. Doch ist nicht zu leugnen, daß die ältere Manier einen anderen Vorteil gewährt, welcher ihr, ungeachtet aller ihrer Mängel, doch in einer Hinsicht den Vorzug vor der neueren geben sollte. Die Berge der alten Methode sagen weiter nichts, als daß ein Land gebirgig ist, daß in dieser oder jener Provinz Berge sind. Je unbestimmter diese, fast möchte ich sagen, hieroglyphische Sprache ist, zu desto weniger Irrtümern gibt sie Anlaß. Bei den orographischen [geraden oder senkrechten] Schraffierungen hingegen muß der Zeichner notwendig mehr sagen, als er weiß, mehr als man von der geologischen [= geographischen] Konstruktion eines großen Landes wissen kann. Wenn man die letzten Karten von Kleinasien und Persien betrachtet, sollte man glauben, gelehrte Geologen hätten die relative Höhe, die Grenzen und den Lauf der Gebirge untersuchtXIII. Gleich Flüssen schlängeln und durchkreuzen sich auf dieser Karte die Gebirge: die Alpen und die Pyrenäen scheinen nicht besser bekannt als diese entfernten Länder, und doch versichern unterrichtete Personen, die Persien und Kleinasien bereist haben, daß der Lauf der Gebirge in diesen Staaten himmelweit von der Arrowsmithschen Zeichnung verschieden ist, die man in Frankreich und Deutschland nur zu oft kopiert hat.
Allerdings kann man einigermaßen nach den Gewässern den Plan eines Landes entwerfen; doch zeigt ihr Lauf bloß die relative Höhe der Gegend an, welche sie durchströmen. Dem Ingenieur und dem Hydrographen liegt unendlich daran, die großen Täler oder Bassins und die Punkte zu kennen, wo diese sich teilen; aber durch eine falsche Anwendung hydrographischer Grundsätze haben manchmal die Geographen in ihren Studierstuben die Richtung der Gebirgszüge bestimmt, wenn sie den Lauf der Flüsse eines Landes zu kennen glaubten. Sie meinten, zwei große Wassermassen könnten nur durch hohe Berge getrennt sein und ein beträchtlicher Fluß ändere nicht anders seinen Lauf, als wenn ein Gebirge sich demselben entgegenstellt. Sie vergaßen, daß entweder wegen der Natur des Gesteins oder wegen des Fallens der Schichten oft in den höchsten Gebirgen keine Flüsse entspringen und daß die Quellen der ansehnlichsten Ströme sich oft nicht in der Nähe hoher Gebirge befinden. Darum sind auch die bisherigen Versuche mißlungen, physische Karten nach theoretischen Spekulationen zu entwerfen. Denn die wahre Gestalt eines Erdstrichs kann um desto schwerer erraten werden, als die Meeresströme und die Flüsse der Vorwelt, welche die Oberfläche des Erdbodens verändert haben, großenteils verschwunden sind. Wenn wir die noch existierenden und die ehemaligen vollkommen kennten, so wäre zwar daraus die Neigung der Täler zu bestimmen, aber keineswegs die absolute Höhe der Berge oder die Lage ihrer Ketten.
Die Richtung der Cordilleren habe ich auf meiner Karte von Neu-Spanien nicht nach unbestimmten Voraussetzungen oder nach hypothetischen Kombinationen gezeichnet; ich habe mich vielmehr einer Menge Notizen bedient, die mir von Personen geliefert worden sind, welche die mexicanischen Bergwerke besucht haben. Der höchste Gebirgsstock ist nahe bei der Hauptstadt, unter dem 19. Grad der Breite. Ich habe selbst den Teil der Cordilleren von Anáhuac bereist, welcher zwischen dem 16.° 50′ und 21.° 0′ liegt und über 80 geographische Meilen breit ist. In dieser Gegend habe ich die barometrischen und geodätischen Messungen angestellt, deren Resultate zum Entwurf der in meinem Atlas befindlichen geologischen Ansichten gedient haben. Für die nördlichen Provinzen sind mir die handschriftlichen Karten von Velázquez, Constanzó und Pagaza sehr zustatten gekommen. Der Direktor des Tribunal de Minería, Velázquez, hat den größten Teil von Neu-Spanien selbst bereist; auf der oben angeführten Karte hat er die zwei Äste der Sierra Madre de Anáhuac angegeben, nämlich den östlichen, der sich von Zimapán nach Charcas und Monterrey (in dem kleinen Königreich Leon), und den westlichen, der sich von Bolaños bis zu dem Presidio de fronteras erstreckt. Sehr brauchbare Nachrichten habe ich auch in noch nicht gedruckten Aufsätzen des gelehrten sächsischen Mineralogen SonnenschmidtXIV gefunden, der die Bergwerke von Guanajuato, Zacatecas, Chihuahua und Catorce besucht hat, sowie in den Arbeiten des mexicanischen Professors del Río und in den Papieren von Don Vicente Valencia in Zacatecas. Noch andere verdanke ich dem berühmten de Elhuyar in Mexico, Herrn Chovell in Villalpando, Herrn Abad in Valladolid, Herrn Anza in Taxco. Auch der Oberst Obregon in Catorce, reiche Bergwerksbesitzer und viele Missionare haben sich sehr tätig für meine Unternehmung interessiert. Aber trotz aller Mühe, die ich mir gegeben habe, an Ort und Stelle den Lauf der Gebirge zu untersuchen, bin ich doch weit entfernt, diesen Teil meiner Arbeit als vollkommen anzusehen. Seit zwanzig Jahren habe ich Gebirgsreisen unternommen, um Materialien zu einem geologischen AtlasXV zu sammeln; ich weiß daher nur zu gut, wie schwer es ist, auf einer Oberfläche von 42.480 geographischen Quadratmeilen die Gebirge zu bezeichnen.
Meine anfängliche Absicht war, nach einem großen Maßstab zwei Karten von Neu-Spanien zu entwerfen, eine physische und eine bloß geographische: Aber die Furcht, meinen mexicanischen Atlas allzusehr zu verteuern, hielt mich zurück. Die Schraffierungen, welche den Abhang des Landes zeigen, machen Karten, worauf viele Namen stehen, etwas verwirrt, und diese werden oft ganz unlesbar, wenn der Kupferstecher durch Schattierungen einen großen Effekt hervorbringen will. Der Geograph, der sorgfältig die astronomische Lage der Orte untersucht hat, weiß nicht, was er lieber aufopfern soll, den Effekt oder die Klarheit. Eine der schönsten Karten von Frankreich43, diejenige welche das Dépôt de la Guerre im Jahr 1804 herausgegeben hatte, beweist, wie schwer es ist, zugleich dem Geologen und dem Astronomen genugzutun. Anfänglich wollte ich jedem Aufriß eine physische Karte in horizontaler Projektion beifügen; aber die Kostspieligkeit des Unternehmens, welches von keiner Regierung unterstützt wird, hielt mich ab.