Читать книгу Das Gleichnis oder Michas Welt der Smybole - Alexander Kopitkow - Страница 10

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Nach dem Abendessen saßen der Großvater und Micha wieder in der Studierstube beisammen.

"Du wolltest mir noch was von der dritten Dimension erzählen", sagte Micha.

"Ja, richtig. Wir hatten über diese neue Dimension unseres Bewusstseins gesprochen, die wir in unsere Betrachtungen mit einbeziehen wollten. Und wir hatten die Symbolwelt als einen Teil unserer Wirklichkeit erkannt, so wie Zeit und Raum."

"Kannst du mir noch ein Beispiel für diese Symboldimension nennen?" fragte Micha.

"Über die Planetengötter hatten wir ja schon mal kurz gesprochen. Mein Freund Erich, der Astronom, erkennt in ihnen nur rasende Materie-Klöße, die sinn- und schwerelos im luftleeren Raum kreiseln; seine rationale Sichtweise nenne ich 'Flachdenken'. Ein Vertikaldenker dagegen kann auch Symbole erkennen. Darum sieht er in den Planeten quasi die Schnittstelle zwischen unserer Welt und der Welt der 'Götter'.

"Was für eine Schnittstelle?" wollte Micha wissen und schaute den Großvater mit großen Augen fragend an.

"Hier berühren sich zwei Wirklichkeiten, die eine materiell - beispielsweise Venus als Planet, die andere spirituell - Venus als die Göttin der Liebe." erwiderte der Großvater.

"Bedeutet denn spirituell dasselbe wie symbolisch?" bohrte Micha weiter.

"Richtig. Die spirituelle oder geistige Ebene äußert sich für uns Menschen durch Symbole. Weshalb das so ist, werden wir später noch sehen. Eine weitere Möglichkeit, sich der Symbol- oder Ideen-Dimension unserer Welt bewusst zu werden, ist der Okkultismus. Du kannst dir den Okkultismus als so eine Art Nebengleis moderner philosophischer Bemühungen denken; alles was nicht in das Weltbild jener Rationalisten a la Newton oder Voltaire passte..."

"Ich weiß, Flachdenker." unterbrach ihn Micha.

"...wie Mystik, Spiritismus usw., war nicht wissenschaftlich sondern okkult.“ fuhr der Großvater fort. Oder denk an die Religionen. Menschen, welche die Rituale und Bräuche ihres jeweiligen Glaubens ausüben, bewegen sich ebenfalls in der Symboldimension des Geistes."

"Was ist mit der Magie?" fragte Micha.

"Gute Frage", meinte der Großvater. "Auch die Magier bewegen sich in diesem Grenzbereich, genau wie die Priester. - Manchmal wünschte ich, die Alchemie und all die anderen okkulten Disziplinen unserer Altvorderen kämen uns Heutigen wieder mehr ins Bewusstsein zurück. Dann hätten wir bestimmt ein paar Probleme weniger."

"Wie meinst du das?" fragte Micha interessiert.

"Ich meine, wir haben uns mittlerweile soweit von unseren Wurzeln entfernt, dass wir ein bisschen das Wissen darüber aus den Augen verloren haben, wer wir sind und weshalb wir hier sind." Großvater strich sich mit Daumen und Zeigefinger durch seinen Bart

"Und wer sind wir?" wollte Micha wissen.

"Das kommt ganz auf die Perspektive an. Einerseits sind wir 'die Krone der Schöpfung', andererseits ein Heer von Schädlingen mittlerweile ohne natürliche Feinde - außer uns selbst. Wir ruinieren das wundervolle, in Jahrmillionen gewachsene Gleichgewicht der Kräfte auf unserem Planeten, indem wir ihn kahl schlagen, sein Wasser und seine Luft verderben, mit dem Feuer spielen und uns obendrein auch noch unkontrolliert vermehren. Und wenn wir die Ursachen für dieses Desaster betrachten, was glaubst du, was finden wir?" Großvater schaute Micha fragend an.

"Ich weiß nicht. Den Mensch selber?"

"Genau. Seine Dumpfheit, Gier, Maßlosigkeit und Machtgelüste. Alle spirituellen Lehrer fordern uns auf, den inneren Schweinehund endlich zu besiegen - eine sehr schwierige Aufgabe zugestandenermaßen, der wir uns immer wieder dadurch entziehen, dass wir nur bei den Anderen diesen Schweinehund sehen.

Aber zurück zu deiner Frage: wir sind Götter. Jeder Einzelne von uns ist als unsterbliche Seele erschaffen. Die Ewigkeit erhielten wir zum Geschenk - für eine kleine Gegenleistung."

"Welche Gegenleistung?" Micha kratzte sich fragend am Kopf.

"Zu lernen." entgegnete Großvater.

"Was denn zu lernen?" wollte Micha weiter wissen.

"Zu lernen, uns selbst zu erkennen. Doch damit lassen wir uns Zeit."

"Vielleicht weil wir soviel Zeit haben?" gab Micha zurück.

Der Großvater nickte lächelnd.

"Nur aus menschlicher Sicht. Aber die täuscht. - In der Hindu-Philosophie wird unsere Welt seit jeher als 'Maya', als Illusion oder Täuschung angesehen - das Abendland kommt erst allmählich dahinter. Der Philosoph Gottlieb Fichte, der im 18. Jahrhundert lebte, war beispielsweise der Überzeugung, dass die Wirklichkeit unserer Welt einfach ein Produkt unseres Geistes sei, was uns demzufolge die Gewissheit gäbe, dass wir frei seien - nicht bestimmt durch unsere Umwelt, sondern unsere Umwelt bestimmend. Aber die wenigsten Menschen, die so etwas hören, ziehen aus derlei Erkenntnissen irgendeine Schlussfolgerung für ihre eigene Existenz. Wer ist zu dem Gedankensprung fähig, sich als Geist in einer geistigen Welt zu erkennen?

Häuser, Autos, Menschen, Tiere, Pflanzen und Steine - nichts davon ist realer als die Wirklichkeit in unseren Träumen; wir sind Geister in einer illusionären Welt." erklärte Großvater und blickte streng ins Leere.

"Aber warum fühlt sich dieser Tisch hier so hart an, wenn er doch nur aus Geist ist?" fragte Miche und klopfte mit der Faust auf die Tischplatte.

"Weil der, der dagegen klopft, auch ‘nur aus Geist’ ist. - Leider wird dieses Wissen von der Mehrzahl unserer abendländischen Denker in ihrem eifrigen Bemühen um 'Wissenschaftlichkeit' nach wie vor übersehen. Dennoch konnte es in der okkulten Philosophie bis auf den heutigen Tag halbwegs bewahrt werden.

Du siehst, unsere Vorstellung von ‘Wissenschaftlichkeit’ ist vollkommen einseitig. Denn erst horizontales, wissenschaftliches Forschen und vertikales, metaphysisches Verstehen zusammen ergeben ein Ganzes."

"Horizontal und vertikal zusammen ergeben ein Kreuz." sagte Micha und bildete mit den Zeigefingern ein Kreuz vor seinem Gesicht um seine Aussage zu bekräftigen.

"Sehr gut. Aber das Kreuz ist auch das Symbol für die Materie, an die wir gefesselt sind.

In der Astrologie ist das Symbol für den Planeten Erde ein Kreis mit einem Kreuz darin. Der Kreis symbolisiert den Geist, das Kreuz die materielle Welt. Und beides zusammen - kannst du das interpretieren?" Großvater schaute Micha einer gehobenen Augenbraue fragend an.

"Ähh... - der Geist schließt die Materie ein?" antwortete Micha zaghaft.

"Donnerwetter, alle Achtung. Das Zeichen für den Planeten Venus ist aber ein Kreis über einem Kreuz. Das symbolisiert die Forderung an die Menschheit, in der Liebe den Geist über den Körper zu stellen. Aber wir tun genau das Gegenteil. Und deshalb sind wir für unseren Planeten Erde zur Plage geworden." Sagte Großvater mit einem leicht abfälligen Unterton.

"Also wäre es ganz gut, etwas über die Symbole und das Okkulte zu erfahren." wollte Micha wissen.

"Sicher. Aber das ist kein Wissen, mit dem du bei deinen Klassenkameraden oder Lehrern Eindruck machen kannst. Denn die meisten Leute kichern darüber - oder schütteln bloß den Kopf, nur wenige hören zu und noch weniger können dich verstehen. Aber selbst ohne diese Wenigen würde sich die Mühe für dich lohnen." gab Grovater zu bedenken und strich sich mit Daumen und Zeigefinger durch seinen weißen Bart.

"Vielleicht könnten wir die Zeit, solange ich hier bin, ein bisschen darüber reden?" fragte Micha mit erwatungsvoller Mine.

"Wenn du gern möchtest... wir sind ohnehin schon mitten drin. Und da wir gerade bei der Venus sind... Kannst du dir denken, welche Disziplin des Geheimwissens aus der alten Zeit bis in die Gegenwart hinein - neben der Magie - ihre Gültigkeit behalten hat?"

"Sag es mir - die Astrologie?" antwortete Micha.

"Genau. Aus ihr entwickelte sich im Laufe der Zeit die Astronomie, wie wir sie heute kennen. Dabei verloren aber die Astronomen jenes uralte Wissen der Menschheit um die Tierkreisgeheimnisse und Planeten immer mehr aus den Augen. Der letzte große Astronom, der noch von den wahren Ursprüngen wusste, war Johannes Kepler, der vor 350 Jahren starb."

"Was waren denn die wahren Ursprünge?" wollte Micha erneut wissen.

"Die alten Sumerer und Babylonier erkannten bereits vor über 5.000 Jahren einen ebenso geheimnisvollen wie unübersehbare Parallele zwischen dem irdischen Rhythmus von Wachsen und Sterben, von Ebbe und Flut - und dem Lauf der Gestirne." Großvater konnte einen mit derlei Aussagen richtig bannen und man musste einfach zuhören, denn seine tiefe warme Stimme klang immer sehr überzeugend.

"Sie entdeckten den symbolischen Zusammenhang, oder?", meinte Micha.

"Genau. Deshalb versuchten sie im Verlauf der Jahrhunderte, die mathematischen Gesetzmäßigkeiten dieses Kreisens der Himmelskörper immer besser und besser zu verstehen, bestimmte Regeln daraus abzuleiten und an die Nachwelt weiterzugeben - bis sich das Wissen dann schließlich irgendwann verselbstständigte: die Fähigkeit, in Symbolen zu denken, verkümmerte zunehmend - ebenso wie unsere Muskeln verkümmern, wenn wir sie nicht ständig gebrauchen. Als sich schließlich das Newtonsche Weltbild von der großen Himmelsmaschine etablierte, hatte sich unser Denken längst in die rationale Hirnhälfte zurückgezogen."

"Wir verstanden nichts mehr, oder?" fragte Micha.

"Richtig. Und deshalb glaubten wir, alles zu verstehen.“ fuhr der Großvater fort. „Ist das nicht verrückt? Übrigens gibt es noch eine weitere Lehre aus der Antike, noch okkulter als die Astrologie, die sich in neuem Gewand bis auf den heutigen Tag erhalten hat, wenn auch die ursprüngliche Lehre fast verloren gegangen ist. Weißt du, was ich meine?" Großvater hob seine linke Augenbraue, wie er es oft machte wenn er solche Fragen in den Raum warf.

Micha schüttelte den Kopf.

"Es hängt mit Harrys Hobby zusammen", sagte Großvater.

"Das Saufen??....Aaach, ich weiß. Die Alchemie!" meinte Micha und schlug sich mit der flachen Hand aufs Knie.

"Richtig.“ entegenete Großvater. „So wie man Metalle und andere Substanzen durch bestimmte Eingriffe wie zum Beispiel Erhitzen, Vermengen usw. verändern oder verwandeln konnte, so ließ sich auch die menschliche Psyche durch bestimmte Regeln, welche die Lebensführung und das Bewusstsein des Alchimisten betrafen, verfeinern oder veredeln. Das Bemühen, Blei in Gold zu verwandeln, galt also auch und besonders auf der psychischen Ebene: Materie wurde zu Geist, wenn der Experimentator sorgsam und geduldig genug vorging. Auch diese Disziplin ist so interessant und für uns heutige Menschen von solcher Bedeutung, dass wir noch näher auf sie zu sprechen kommen wollen. Aber keine Angst, den materiellen Aspekt werden wir dabei etwas vernachlässigen - den überlassen wir deinem Chemielehrer."

Micha grinste und fragte weiter:

"Mit was haben sich die alten Okkultisten denn noch so beschäftigt?"

"Zum Beispiel interessierte sie sehr die Wahrsagerei, genannt ‘Divination’ von 'divinus', d.h. göttlich, prophetisch oder übernatürlich. Auch die Wunder hatten ihren festen Platz im Weltbild der Alten, ebenso wie die Magie, die mit Hilfe von Dämonen und Geistern das Alltagsgeschehen beeinflussen konnte." meinte der Großvater und schaute sinnierend an die Decke, als stünde dort all das geschrieben, was er erzählte.

"Geister gibt es doch heute auch noch, oder?" Micha musste sofort an seine erste Nacht bei Großvater denken, als er sich ängstlich unter der Decke verkroch.

"Jedenfalls für die Menschen, denen schon mal einer begegnet ist. Anders ist es mit den Dämonen. Die sind heutzutage ein bisschen aus der Mode gekommen; jedenfalls im Abendland. Für die Menschen des Altertums hatten sie jedoch eine reale Existenz, denn sie konnten von manchen Leuten Besitz ergreifen und bei ihnen Krankheiten auslösen.

All die Phänomene, die wir heute als Epilepsie, Neurosen und Psychosen betrachten, waren im Altertum durch Dämonen oder böse Geister verursacht. Diese saßen im Körper des Kranken und ließen ihn ‘dämonisch’ reden und handeln. Oder sie beschränkten sich darauf, um den Kranken herum zu geistern und waren ständig in seiner Nähe, wohin er auch ging.

Auch auf Schlachtfeldern, in verfallenen Gemäuern oder auf Friedhöfen hausten die Dämonen. Deshalb war es gefährlich, solche Orte aufzusuchen. Denn es konnte geschehen, dass sich diese Gespenster an ein ahnungsloses Opfer klammerten, um auf diese Weise wieder an den Freuden des physischen Lebens teilnehmen zu können."

Das Gleichnis oder Michas Welt der Smybole

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