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Schlüsselkinder versus VIP-Kids

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Es gibt zwei Extreme, wie Eltern ihre Kinder während der Schullaufbahn begleiten. Die einen erziehen ihre Kinder zur absoluten Selbstständigkeit und andere führen sie noch persönlich zur Matura. Und dann gibt es viele, die eine Mischung aus den beiden hier angeführten Extremen finden.

Die Schlüsselkinder

Die erste Gruppe sind die sogenannten Schlüsselkinder, die von ihren Eltern schon sehr früh auf eigene Beine gestellt werden. Oft werden diese Kinder schon in frühen Jahren der Volksschulzeit auf Selbstständigkeit getrimmt. Ob aus Lustlosigkeit oder Selbstverwirklichungstrieb der Eltern, oder weil es wirklich nicht anders geht, um zu überleben, weil man z. B. alleinerziehend ist, ist unterschiedlich. Anfangs führt man sein Kind noch hin und her und übt in der Schule Gelerntes. Man bespricht auch, was in der Schule war und ob es irgendwo Hilfe braucht. Doch schon nach einiger Zeit sind die Kinder bei Hausübungen und Lernphasen auf sich alleine gestellt. In extremen Fällen bekommt das Kind einen Wecker, ein Handy und den Bus- oder Zugfahrplan. Nun kann man sich wieder auf die eigenen wichtigen Dinge des Lebens konzentrieren und ausschlafen, Freunde treffen, einem Hobby nachgehen oder einen Vollzeitjob beginnen. Das Kind wird morgens vom Wecker aus dem Bett geläutet und startet dann völlig selbstverständlich alleine in den Tag. Morgentoilette so lala, die Jause aus dem eher leeren Kühlschrank suchen und ab zum Bus. Dieser hat seine Abfahrtszeiten und sollte tunlichst erreicht werden, denn der nächste geht erst in einer Stunde. Der Weg vom Bus zur Schule ist dann schon etwas entspannter, denn trotz Ermahnung beim letzten Zuspätkommen hat man gemerkt, dass die Welt sich weiterdreht. Auch ist das Gespräch mit den anderen Kids oft so intensiv, dass man die Zeit vergisst. Mit zunehmendem Alter und spätestens zu Beginn der 5. Schulstufe wird alles zur Routine und die Selbstständigkeit trägt Früchte. Aus dem einfachen Handy wird spätestens jetzt der kleine „Alleskönner“ Smartphone mit Internet. Somit öffnet sich das Tor zur Welt und man ist ausreichend mit Freunden ausgestattet. Der Schulweg selbst wird oft langwierig, da die neuesten Spiele einen am Smartphone fesseln. Der Unterricht läuft oft an einem vorbei und nachmittags geht es wieder Richtung Busstation. Zuhause angekommen hat man dann ein Hungergefühl und sucht nach etwas Essbarem. Wenn man die Eltern davon überzeugt hat, dass man auch tagsüber etwas essen muss, bekommt man mit der Zeit Essensgeld von zuhause mit und investiert dies in die verschiedensten Verlockungen einer mehr oder weniger gesunden Nahrungsaufnahme. Die reicht von Pizzaschnitte über Wurstsemmel bis hin zum Burger, dazu eine Limo oder einen Energiedrink. Jetzt sollte man Aufgaben machen, aber vorher noch schnell schauen, was das virtuelle Haustier am Smartphone so treibt oder ob jemand „on“ ist. Irgendwann am späten Nachmittag kommt dann Mama nach Hause und fragt, ob alles in Ordnung ist. „Ja, Mama, aber es ist nichts zu essen zuhause“, versucht man auf die aktuelle Situation im Kühlschrank hinzuweisen. „Gut, mein Kind. Ich lege dir Geld auf den Küchentisch, dann kannst du dir etwas holen. Ich bin so im Stress.“ Als Mama ganz nebenbei fragt, ob in der Schule alles passt, fällt einem wieder ein, dass man eine Hausübung machen sollte. Die Entwicklung dieser Kinder geht oftmals in eine eher falsche Richtung. Früh werden sie mit Dingen wie Zigaretten, Alkohol oder anderen Suchtmittel konfrontiert und die Leistungen in der Schule lassen zu wünschen übrig. Ausnahmen gibt es natürlich – bleiben aber die Ausnahme. Leidensgenossen verbünden sich und so werden oft Dinge gemacht, die nicht sehr sinnvoll sind. Im Unterricht ist man öfter mal „auffällig“, wie die Lehrer das bezeichnen, und die Noten sind auch nicht überragend. Man kämpft oft mit dem Durchkommen und das wird von Jahr zu Jahr schwieriger, da man Versäumtes ohne Hilfe nicht nachholen kann. Zuhause bekommt man dann auch noch Kritik der Eltern zu hören anstatt Unterstützung und so wächst der Unmut nicht nur gegen die Lehrerschaft, sondern auch gegen die eigenen Eltern. Die sind ja in der Pubertät sowieso die, die am wenigsten verstehen. Diese Kinder wissen wohl, wie sie selbstständig irgendwie den Alltag bewältigen, und haben einen eigenen Überlebensinstinkt gelernt, aber aus dieser Gruppe gibt es leider auch immer wieder soziale Abstürze: keine guten Noten, die Klasse wiederholen, Lehrer werden zum Feindbild, keine Unterstützung von zuhause, sondern eher Unverständnis und „Vorträge“. Karriereeltern verstehen das überhaupt nicht, denn das Kind hat doch alles, was es braucht: ein großes Zimmer, die neuesten Klamotten usw. Aber dass die Kommunikation und Nähe zu den Kindern verloren gegangen ist, die Kinder auch mal spüren wollen, dass sie genauso wichtig sind wie der Job, sehen sie nicht in ihrem Streben nach Erfolg und Geld. Das Ergebnis sind Fehlstunden, da man lieber mit anderen, deren Schicksal ähnlich ist, abhängt, und die Eltern verlieren komplett die Kontrolle über das Kind. Die leider unumgängliche Nachhilfe und Förderung der Schüler wird bei diesen Kindern oft verpasst und so ist ein guter Schulabschluss nur schwer zu erreichen.

Andere Kinder, die in der gleichen Situation sind, aber eine starke Persönlichkeit haben, können besser damit umgehen. Sie sind zwar nicht wirklich gut in der Schulleistung, aber sie schaffen es dann doch immer wieder, sich durchzukämpfen. Diese Kids werden es zwar schwer haben, in eine weiterführende Schule aufgenommen zu werden, aber sie lernen einen Beruf und haben durchaus aus der Situation Schlüsselkind Positives für das Leben gelernt.

VIP-Kids

Die zweite Gruppe sind die sogenannten VIP-Kids. Es wird ihnen alles von den Augen abgelesen und jeder Wunsch erfüllt. Hier wird von Elternseite oder auch Großelternseite alles gemacht, um dem Kind so viel Stress wie möglich zu ersparen. In der Früh werden sie mit einem liebevollen „Guten Morgen, mein Schatz! Es ist Zeit zum Aufstehen“ geweckt. Das Gewand und die Schultasche sind vorbereitet, und während sich das Kind ausgiebig der Morgentoilette hingibt, wird die gesunde Jause vorbereitet. Obst und Gemüse sind wichtig und ein gutes Sandwich wird frisch zubereitet. Das Ganze in eine kultige Jausenbox verpackt und frisches Wasser, je nach Wunsch mit oder ohne Sprudel, dazu. Parallel hält man das Kind up to date betreffend der Zeit, um nicht zu spät zu kommen. Nachdem alles fertig ist, geht es raus ins Auto und ab zur Schule. Am Weg dorthin wird noch ein bisschen geplaudert und nochmal Wichtiges für die Stundenwiederholung besprochen. Mindestens fünfzehn Minuten vor Stundenbeginn ist man vor der Schule und wünscht dem Nachwuchs einen lehrreichen Tag. Nach dem Unterricht steht man wieder vor der Schule, am besten schon vor Unterrichtsende, damit der Nachwuchs nicht zu lange stehen und warten muss. Zuhause ist dann das Mittagessen schon vorbereitet und danach wird alles besprochen, was so angefallen ist. Bis in den späten Abend hinein wird der Schüler beim Lernen und Aufgabemachen unterstützt und für den nächsten Tag gemeinsam alles hergerichtet. Diese Kids sind es gewöhnt, Unterstützung – eine Stütze – zu haben. Die Selbstständigkeit wird hier sicher nicht so ausgeprägt, aber man lernt das noch früh genug. Gefahr in dieser Gruppe ist die „Übermutterung“, wenn sich Kids von der vielen Fürsorge erdrückt fühlen und dadurch, wie auch einige Schlüsselkids, in die falschen Kreise kommen. Nur der Zugang ist ein anderer, da es ihnen ja an nichts fehlt, sondern sie eher zu viel an Fürsorge erfahren und ausbrechen.

Was ist richtig?

Diese Frage kann man nicht pauschal beantworten, da es auf die Persönlichkeit des Kindes ankommt.

Bei Auffälligkeiten sind neben den Eltern auch die Lehrer gefordert, da diese ebenso viel Zeit mit den Kindern verbringen. Daher ist eine gute Kommunikation wichtig. In der Praxis ist es meist so, dass weder Lehrer noch Eltern ein Problem sehen wollen oder der jeweils andere daran schuld sein soll. „Wir Lehrer sind doch nicht für die Erziehung zuständig!“, hört man auf der einen Seite. „Die Lehrer überfordern mein Kind!“, schallt es von der anderen Seite.

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