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Protestanten ticken anders: die evangelische Kirche
ОглавлениеIm »Leitfaden für ethisch-nachhaltige Geldanlage«, in der vierten Auflage 2019 vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) herausgegeben, wird über Ziele, Instrumente und konkrete Umsetzungen für ethisch-nachhaltige Geldanlage nach evangelischen Werten informiert.
Auf 70 inhaltsdichten Seiten werden neben ökonomischen Größen, die den nachhaltigen Fortbestand eines Unternehmens sicherstellen sollen – und die bei der evangelischen Kirche von jeher einen höheren Stellenwert haben als bei den Katholiken – auch Nachhaltigkeit im Sinn der Schöpfung als Kernelement allen Lebens betont. Nach den Prinzipien der EKD sind alle (Aus-)Wirkungen einer Investition auf alle Stakeholder zu bedenken, wobei explizit auch die Natur als Stakeholder erwähnt wird.
Als Stakeholder bezeichnet man alle von einem Projekt betroffenen Einheiten.
Kriterien wie soziale und ökologische Verträglichkeit spielen bei der evangelischen Kirche ebenso eine Rolle wie Generationsgerechtigkeit. Im »ethisch-nachhaltigen Anlage-Dreieck« werden die klassischen wirtschaftlichen Erfolgsgrößen
Sicherheit,
Liquidität und
Rendite
um den Begriff »ethisch-nachhaltig«, der bei all den drei vorher genannten Punkten mitberücksichtigt werden muss, ergänzt.
Die evangelische Kirche in Deutschland setzt zur Realisierung dieser Ziele auf eine Mischung aus Ausschlusskriterien, Positivkriterien und Engagement/Impact. Das bedeutet, dass Investments nicht nur gewinnbringend sein sollen, sondern auch ökologische Nachhaltigkeit und positive soziale Auswirkungen sicherzustellen haben – und das alles unter einer verantwortungsvollen Unternehmensführung.
Eine konkrete Liste an Ausschlusskriterien sowohl für Unternehmen als auch für Staaten beschreibt im evangelischen Leitfaden genau, welche Investments sich nicht mit den ethischen Vorstellungen der evangelischen Kirche vereinbaren lassen. Angeführt werden beispielsweise Geschäftsbereiche wie Rüstungsgüter, Tabakwaren und gentechnisch verändertes Saatgut. Unternehmen und Staaten, die kontroverse Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen oder menschenunwürdige Arbeitsbedingungen unterstützen oder selbst betreiben, sind ebenso ausgeschlossen wie Staaten, die kriegstreibend wirken oder die Schöpfung gefährden.
Bei den Positivkriterien wird allerdings explizit herausgestrichen, dass der Wille zur positiven Veränderung berücksichtigt werden soll. So wird klargestellt, dass die Standards nicht absolut, sondern relativ zu sehen sind. Gerade in Hinblick auf Bildungs- und Umweltstandards oder zivilgesellschaftliche Strukturen gibt es hier global naturgemäß starke Unterschiede bezüglich der Standards und – und das ist entscheidend – diese Unterschiedlichkeit soll Berücksichtigung finden. Aussagekräftiger als der Vergleich absoluter Indikatoren oder Momentaufnahmen von Rankingpositionen sind deshalb laut dem Leitfaden der evangelischen Kirche Tendenzen und Entwicklungen über mehrere Jahre hinweg.
Während es bei den Katholiken – zumindest bei der österreichischen FinAnKo – klare und undiskutierbare Ausschlusskriterien gibt, sehen das die Protestanten pragmatischer. Letztgenannte betonen, dass es am ehesten den christlichen Wertvorstellungen entspricht, jene Staaten, in denen es in puncto Fragen der Schöpfung – sprich Menschenrechte, Umweltstandards, Gendergerechtigkeit et cetera – kontinuierliche Verbesserungen gibt, gezielt zu unterstützen. Genau jene Staaten sollen bei Anlageentscheidungen verstärkt berücksichtigt werden – auch, und gerade wenn noch nicht alles hundertprozentig passt.
Der Zugang der evangelischen Kirche scheint somit, jedenfalls wenn es um Impact und Veränderung geht, passender – weil eben pragmatischer – zu sein als der katholische »Alles-oder-nichts-Zugang« .
Fonds, die nach evangelischen Prinzipien gemanagt werden, gibt es von der Evangelischen Bank, aber auch andere große Investmenthäuser verwalten Fonds, die laut Werbebroschüren im Einklang mit den Empfehlungen der Evangelischen Kirche Deutschlands investieren. Hier ein Überblick: www.aki-ekd.de/leitfaden-ethisch-nachhaltige-geldanlage/.
Glaubensfragen sind aber in jedem Fall etwas sehr Persönliches und natürlich hat auch die katholische Argumentation etwas für sich. Offensichtlich wird anhand dieser Beispiele allerdings, dass ethische Fragen komplex sind und nachhaltiges Investieren gar nicht so einfach. Einmal mehr der Tipp: Nach kirchlichen Kriterien verwaltete Fonds können Ihnen viel Kopfzerbrechen ersparen.