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Zinsverbot bei Juden und Christen

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Obwohl Juden und Christen ursprünglich aus denselben religiösen Quellen schöpfen, ergaben sich für beide Religionsgemeinschaften im europäischen Mittelalter zwei unterschiedliche, einander gegenläufige Konsequenzen.

Während bereits in den ersten frühchristlichen Jahrhunderten ein generelles Zinsverbot als Grundsatz des christlichen Glaubens formuliert worden war und 1215 in Form eines generellen Zinsverbotes im Rahmen eines »kanonischen Zinsverbots« institutionalisiert und als Kapitalverbrechen definiert wurde, war den Juden das Geschäft mit Geld erlaubt. Bereits im Jahr 1179 hatte Papst Alexander III. den jüdischen Gemeinschaften das Recht zugestanden, Geld gegen Zinsen zu verleihen.

Fakt war aber auch, dass die mittelalterliche Wirtschaft Europas nicht ohne das Verleihen von Geld ausgekommen ist. Geldgeschäfte liefen daher im Wesentlichen über den jüdischen Teil der Bevölkerung. Das hatte allerdings zur Folge, dass die breite Bevölkerung das Judentum immer wieder als Inbegriff der Gier und Sündhaftigkeit brandmarkte – und doch selbst genau für den Umstand, dass Geldgeschäfte über Juden laufen mussten, Verantwortung trug. Dazu gesellte sich häufig der Neid auf jene jüdischen Geschäftsleute, die über Geldgeschäfte wohlhabend geworden waren. Diese Verbindung aus christlich-moralischer Überlegenheit und persönlicher Missgunst bildete einen wichtigen Ausgangspunkt für die jahrhundertelangen Judenverfolgungen Europas.

Prinzipiell ist das Thema Geldanlage im Judentum sehr kompliziert. Verkürzt lässt sich aber sagen, dass alles, was durch das Tora-Gesetz tabuisiert wird, auch einem finanziellen Anlageverbot unterliegt. Dazu zählen das Zinsverbot, für das es allerdings Ausnahmen gibt, sämtliche Formen des Glücksspiels, die Prostitution und all jene Bereiche, die aufgrund von rituellen Vorschriften verboten sind, wie beispielsweise die Kombination von Milch und Fleisch.

Fastfoodketten, die Fleisch und Milch nicht hinreichend trennen, sind aus veranlagungstechnischer Sicht ein No-Go nach jüdischem Glauben.

Auch Beteiligung an jüdischen Unternehmungen, die sich nicht an die Sabbat-Vorschriften halten, wie beispielsweise Reiseunternehmen oder gastronomische Betriebe, die sieben Tage in der Woche ihre Dienste anbieten, sind für Investments nicht erlaubt. Darüber hinaus gilt die rein ethisch-moralische Richtlinie, dass in keine Industrien investiert werden soll, die mit gesundheitsschädlichen Produkten zu tun haben, wie beispielsweise die Tabakindustrie. All das ist aber nicht schriftlich fixiert, sondern ergibt sich aus dem Glauben selbst und wird mit dem Rabbi besprochen. Auch die Informationen in diesem Buch stammen aus einem solchen persönlichen Gespräch mit einem Vertreter der jüdischen Religionsgemeinschaft in Wien.

Conclusio: Als gläubiger Mensch können Sie sich bei Fragen rund um das Thema Veranlagung an den ethischen Prinzipien und Leitfäden der jeweiligen Religionsgemeinschaft orientieren – entweder sind diese schriftlich verfasst oder ein Glaubensgelehrter wird Ihnen Auskunft geben. Wenn Sie jedoch eher ein Freigeist sind, dann müssen Sie sich Ihren eigenen Kopf zerbrechen. Denkanstöße dazu finden Sie in den nächsten Kapiteln.

Nachhaltig investieren für Dummies

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