Читать книгу Between the fronts - Alexandra Eck - Страница 10
Kapitel 6
ОглавлениеDie ersten Sonnenstrahlen weckten mich auf. Mein ganzer Körper schmerzte, aber nicht so sehr wie letzte Nacht. Ich setzte mich auf und dachte nach. Erst jetzt wurde mir bewusst, was am Vorabend geschehen war und ich bekam Panik. Ich hätte gestern sterben können! Aber ich war am Leben. Es stellte sich nun die Frage: Wer oder was war Cayden und warum war er dort gewesen? Doch die wichtigere Frage: Was hatte mich da angegriffen? Obwohl ich kein Genie war, wusste ich, dass es dieses Tier oder was es auch war, eigentlich nicht geben dürfte. Je länger ich darüber nachdachte, wäre ein Laborunfall wohl am logischsten. Das viele Denken machte mich hungrig. Bevor ich mit meiner Mutter frühstücken konnte, musste ich unbedingt noch mal ins Badezimmer. Nachdem ich den Bademantel ausgezogen hatte, fiel mir sofort ein blauer Fleck an meinen Rippen auf. Die Rippen taten mir zwar weh aber es war zum Aushalten. Auch heute schmierte ich mir die Wunden mit Bepanthen ein. Meine Füße hatten viel abbekommen, das bedeutete ich würde die nächsten Tage, trotz Hitze, keine kurzen Hosen tragen können, wenn ich meine Mutter nicht beunruhigen wollte. Deshalb entschied ich mich für eine hautfarbene Strumpfhose, die ich unter ein knielanges, rotes Kleid zog. Meine Haare flocht ich zu zwei Zöpfen, die ich über meine Schulter fallen ließ. Kevin hatte mir in der Zwischenzeit eine Nachricht geschrieben, in der er mich fragte, wie es mir ging und ob ich gut geschlafen hätte. Wie süß! Als ich in der Küche ankam, saß meine Mum bereits auf der Bank mit (wer wundert sich?) einem Kaffee. »Morgen. Wann bist du zu Hause gewesen?«, fragte ich meine Mutter. »Ich war um 12 Uhr zu Hause. Ich bin nämlich Mr. Shell begegnet und er wollte mich unbedingt noch zu einem Drink einladen.« Mr. Shell war ein Mann des Bestattungsinstituts, der auf meine Mama stand. Um heute nicht schon am Frühstückstisch einen Streit zu verursachen, aß ich nur eine Banane. Am Wochenende aß meine Mutter immer etwas und legte sich dann wieder ins Bett, um zu lesen. Ich wartete also schweigend, bis sie fertig war, dann fuhr ich sofort zu Wallmart. Dort besorgte ich mir Pfefferspray, ein kleines Messer und eine Taschenlampe. Außerdem nahm ich ein Feuerzeug mit. (Die gab es wirklich in allen Farben und Formen, ich nahm mir ein blaues mit Glitzer.) Das war nun die Grundausstattung meiner Handtasche. Die Lampe und das Feuerzeug kaufte ich, weil das Monster mit Feuer vernichtet wurde. Nach dem Einkauf fuhr ich zum Starbucks am Riverdale Circle. Es war eine kleinere Filiale, die an einer Nebenstraße des Highways lag. Ich bestellte mir einen Caramell Frappochino. Das Tolle an diesem Laden war, dass er erstens nicht so viele Gäste hatte und zweitens freies Wifi hatte. Ich setzte mich in die Nähe eines Fensters, das Aussicht auf ein paar Fliederbüsche gab. Ich packte meinen Apple Laptop aus und stellte ihn auf den Tisch. Zuerst googelte ich Menschen mit Superkräften, das hätte ich mir allerdings sparen können, denn daraufhin kamen nur die Treffer für die Avengers und X-Man Filme. Dann versuchte ich es mit Wolfsmutationen aber auch hier konnte ich nichts zu meinem Angreifer finden. Zum Schluss versuchte ich es mit dem Namen meines Retters, kombiniert mit dem Wohnort Virginia und tatsächlich gab es einen Ausschnitt. Es ging um Cayden Lockwood, der vor 5 Jahren als vermisst gegolten hatte. Sein Vater hatte Geronimo Flynn, meinem Vater, das Verschwinden seines Sohnes angeschuldet. Mir stockte der Atem. Der Vater von Cayden hatte meinen Vater beschuldigt, er habe sein Kind entführt. Aber warum hätte mein Dad so etwas tun sollen? Er war Wissenschaftler. Zwar war er kein perfekter Vater gewesen aber ganz sicherlich kein Kidnapper. Doch wenn der Junge als vermisst gemeldet war oder noch immer vermisst wurde, warum hatte er mir geholfen? Es gab so viele Fragen aber keine Antworten. Dieser Fall hatte in der Zeitung gestanden, verfasst von Mr. Bees. Ich gab den Namen von Joshua Lockwood ein, dem Vater von Cayden und fand heraus, dass er Rechtsanwalt und begnadeter Tierschützer war. Die beiden hatten sich scheinbar schon öfter gegenseitig verklagt. Das hatte ich nicht gewusst, allerdings hatte ich mich nie mit der Arbeit oder den Problemen meines Vaters beschäftigt. Doch außer den einen Artikel über den Junior Lockwood gab es nichts Brauchbares. Mir blieb also nur eine Möglichkeit: Ich musste jemanden fragen, der live dabei gewesen war. Meine Mutter.
Ich trank meinen Frappo leer, und fuhr heim. Da auf meinem Navi eine Staumeldung angezeigt wurde fuhr ich nicht über die Hauptstraße, sondern über den Interstate Highway, an dessen linken Seite sich ein Wäldchen befand und an der rechten Seite sich lauter Restaurants erstreckten. Da ich wusste, dass meine Mama chinesisches Essen liebte und ich sie für unser Gespräch in gute Stimmung versetzen wollte, frei nach dem Motto captatio bene valentiae, hielt ich bei Panda- Express an.
»Voospaise? Lais oda Nudaln?«, fragte mich der chinesische Angestellte. »Frühlingsrollen, bitte. Reis und einmal Hühnchencurry«, bestellte ich.
*
Im Santa Clara Drive angekommen fuhr ich durch die Einfahrt, an der zwei weiße Löwenstatuen standen, und parkte dort. Bevor ich hochging, pflückte ich Blumen und deckte schon mal den Tisch. Als ich in mein Zimmer kam, erwartete Mr. Duddle mich bereits. Er legte den Kopf schief, irgendwie schien ihm aufzufallen, dass mit mir etwas nicht stimmte. Auch Gestern, als ich mit meinen Wunden zu ihm kam, hatte er besorgt ausgesehen. Ich hatte noch ein bisschen Zeit bis zum Abendessen, deshalb schaute ich noch mal ins Bad, um mein Make-up zur Schrammenüberdeckung, zu erneuern. Der Einkauf und das Autofahren hatte mich etwas geschwächt, weshalb ich beschloss, ein Bad zu nehmen. Den Vogel nahm ich mit und setzte ihn auf die Toilettenschüssel, um die Befragung meiner Mutter durchzuspielen. Wenn sie wüsste, was gestern passiert war, würde sie mich wahrscheinlich nie wieder rauslassen. Die Badewanne füllte ich mit Lavendelduft und extra viel Schaum. Ich ließ mich in die Wanne sinken. Die Wärme tat meinem Körper gut, denn obwohl es draußen warm war, hatte meine Mum das Haus mit der Klimaanlage sehr stark gekühlt. »Na, wie findest du das: Mama wir müssen reden... Nein, das klingt zu dramatisch, oder? Mum ich hab eine Frage …. Ja, das klingt gut.«
Was machst du so? , kam eine Nachricht von Kevin.
Ich bade gerade, und du?
Ich bin gerade im Fitnessstudio. Schickst du mir ein Foto ;) schrieb er mit grinse Smiley
Nur, wenn du mir auch eins schickst =)
Tatsächlich schickte er mir ein Foto von ihm, mit nacktem Oberkörper. Jetzt war ich dran. Ich schickte ihm ein Selfie mit Mr. Duddle. Sofort kam eine Antwort von ihm.
Jetzt beneide ich den Vogel total, erklärte er mir.
»Jessi, ich bestell Pizza, willst du auch eine?«, fragte meine Mutter durch die Tür hindurch. »Nein, Mama. Ich hab dir was vom Chinesen mitgebracht. Geh schon mal runter, das Essen steht im Kühlschrank. Ich komm gleich nach!«, rief ich ihr zu.
Ich hüpfte aus der Badewanne, schlüpfte in den lila Seidenkimono und lief zu meiner Mutter. »Schätzchen, das ist ja so lieb von dir«, sagte sie. »Du hast ja sogar an Blumen gedacht!«, stellte sie erfreut fest. Nachdem wir beide gegessen hatten und wir uns noch ein Eis gönnten, sah ich meine Chance. »Mum, eine Frage« »Ja« »Kennst du eigentlich Joshua Lockwood?«, ging ich gleich aufs Ganze. Sie erstarrte in ihrer Bewegung etwas zu trinken. »Warum willst du das wissen?«, fragt sie. »Ich mein bloß….weil er Dad doch beschuldigt seinen Sohn entführt zu haben«, tastete ich mich weiter vor. Katy schaute mich entgeistert an: »Und du glaubst das oder was?! Wie kommst du überhaupt darauf, das ist jetzt schon fünf Jahre her.« »Versuch nicht von meiner Frage abzulenken, Mama!«, erwiderte ich etwas heftiger als beabsichtigt. Die Augen meiner Mutter wurden glasig. Das war das Problem, immer wenn ich etwas lauter oder ein wenig wütend wurde, weil sie mir auswich, fing sie an zu weinen. »Jessica, warum bohrst du immer in der Vergangenheit nach? Dein Vater weilt nicht mehr unter uns und jetzt fängst du an zu glauben, er wäre ein schlechter Mensch! Schon die Römer haben gesagt: De mortuis nihil nisi bene. Über die Toten wird nichts gesagt, wenn es nicht gut ist«, ihre Stimme brach. »Es reicht! Mum reiß dich zusammen! Was ist passiert!«, schrie ich sie wutentbrannt an. Katy fing an zu weinen, wandte sich von mir ab und ging in ihr Zimmer. Manchmal fragte ich mich, ob wir überhaupt verwandt waren. Sie hatte blonde, ich brünette Haare, sie hatte blaue und ich grüne Augen. Auch unser Charakter war grundverschieden, sie versuchte immer allem auszuweichen, vor allem wenn es unangenehm wurde, und ich stellte mich diesen Sachen. Sie war leise, ich war auch nicht unbedingt laut, nur wenn ich wütend war. Und das war ich jetzt. Auch ich stapfte in mein Zimmer, nachdem ich das Geschirr in die Spülmaschine geräumt hatte. Dann gab ich meinem Haustier seine Körner, Würmer und die Medizin. Ich zog mir meinen Schlafanzug an, der aus einer gelben Stoffhotpants und einem rosa Shirt bestand, und warf mich auf mein Bett. Es stand in einer der Ecken, auf einem vanille-weißen Teppich, der auf meinem dunkelbraunen Holzboden lag. Ich suchte den Laptop, der unter meinem Bett versteckt war, lotste den Vogel auf mein Bett und machte Netflix an. »Wir schauen Shadowhunters«, erklärte ich dem Eichelhäher. Nach drei Folgen vielen mir die Augen zu.