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Im Polizeipräsidium wurde Schalow ans 1. Kommissariat verwiesen. Dort schickte man ihn eine Weile von einem Beamten zum anderen, bis er schließlich an einen jüngeren Oberkommissar geriet, der sich entschloss, zuständig für einen Fall zu sein, den es offiziell noch gar nicht gab. Wenigstens nicht für die Kölner Kripo.

Der Kommissar hießt Theo Retzmann. Er telefonierte herum und sagte dann, ja, richtig, die Akte sei bereits im Haus, und nach dem Dienstverteilungsplan werde die Sache an ihm hängenbleiben, die Akte werde bald heraufgebracht.

»Aber es ist Freitag, Herr Schalow, heute werden wir zu keinen abschließenden Betrachtungen mehr kommen. Wann die Obduktion vorgenommen wird, liegt nicht in unserer Hand. Mordverdacht ist schließlich nicht, oder noch nicht, gegeben, verstehen Sie?«

»Deshalb bin ich hier. Ich kenne nämlich den Mörder.«

Retzmann beugte sich vor. Er bewegte das breite Kinn und rieb dann über die fleischige Nase. Er hatte rötliches Haar, das ihm tief in die Stirn wuchs.

»Na, dann man raus mit der Sprache. Ich habe Zeit. Aber erwarten Sie nicht, dass ich gleich losbrause und jemanden verhafte.«

»Ich muss Ihnen erst einmal sagen, wer ich bin, und erklären, wie alles zusammenhängt. Ich bin erst am Montag aus dem Knast entlassen worden. Ich wurde wegen Beteiligung an dem Überfall auf die Deutsche Kreditbank in Leverkusen verurteilt. Ich möchte anmerken, dass ich an dem Überfall nicht beteiligt war, also zu unrecht verurteilt wurde. Die wahren Täter kenne ich nicht.«

Retzmann zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Seine Augen bekamen einen hellwachen Ausdruck. »War da nicht das politische Kommissariat eingeschaltet?«, erkundigte er sich.

»Ja«, antwortete Schalow.

»Meinen Sie dann nicht auch, wir sollten Hauptkommissar Müller zuziehen? Er hat den Fall doch bearbeitet, wenn ich mich recht erinnere.«

»Als Kriminalist war er eine Niete«, sagte Schalow.

Retzmann verzog keine Miene. »Na schön. Ich höre zu.«

Schalow erzählte von Gerd und wie Kucharz ihm in dessen Nähe aufgelauert hatte. Er berichtete von Kucharz' Zusammenstoß mit Gerd an der Veybacher Mühle und von Kucharz' Eindringen in Gerds Wohnung an der Huhnsgasse.

Retzmann hatte längst begonnen, sich Notizen zu machen.

Als ein Bote die Akte von der Staatsanwaltschaft Euskirchen hereinbrachte, begann er, den Bericht des Oberstaatsanwalts zu überfliegen.

»Wann, sagten Sie, haben Sie Kucharz in Wissmeyers Wohnung überrascht?«

»Das war kurz vor halb zehn«, antwortete Schalow.

Retzmann blickte Schalow an. »Oberstaatsanwalt Faßbender zitiert den Arzt nach dessen erster Stellungnahme am Unfallort. Nach Ansicht dieses Arztes ist der Tod Ihres Freundes nicht vor einundzwanzig Uhr dreißig gestern Abend eingetreten.« Retzmanns Mundwinkel sanken herab. »Wenn die gerichtliche Obduktion das erste Urteil des Arztes aus Mechernich bestätigt, sind Sie es, der diesem Kucharz ein Alibi gibt.«

»Halb zehn?«, fragte Schalow verstört.

Was hatte Gerd zwischen sechs und halb zehn in der Umgebung Mechernichs gemacht? Schalow spürte einen Druck im Kopf.

»Herr Schalow, wir werden uns diesen Kucharz vornehmen. Aber ich muss das Obduktionsergebnis abwarten. Am Montag kann ich Ihnen vielleicht mehr zu dem ganzen Fall sagen.«

Montag.

Schalow schluckte.

Retzmann deutete seinen harten Blick richtig.

»Herr Schalow, seien Sie vernünftig. Nach dem Bericht aus Euskirchen ist Fremdverschulden beim Tod des Herrn Wissmeyer nicht auszuschließen, aber es gibt im Moment keinen Hinweis auf die Beteiligung eines Dritten. Wie wir eben festgestellt haben, sind Sie es sogar selbst, der Ihrem Verdächtigen ein Alibi gibt.«

»Gerd Wissmeyers Aktenkoffer ist verschwunden«, sagte Schalow dumpf.

»Ich werde den Vorgang dem leitenden Kriminaldirektor vortragen, Herr Schalow. Heute noch. Vielleicht kann ich ein paar Leute nach Mechernich schicken, die die Umgebung noch einmal absuchen und Spuren sichern. Mehr kann ich nicht versprechen.«

»Suchen Sie den Aktenkoffer«, sagte Schalow. »Lassen Sie danach tauchen!«

Retzmann seufzte. »Haben Sie sich schon gefragt, ob Sie nicht einem Hirngespinst nachrennen?«

»Das werde ich später tun«, antwortete Schalow.

*


Unter dem Scheibenwischer klemmte ein Strafzettel. Sogar vor dem Polizeipräsidium liefen die Knöllchenmiezen herum. An die Parkuhren musste er sich erst wieder gewöhnen. Ihm fiel ein, dass er immer noch keinen Kraftfahrzeugschein hatte. Wenn er in eine Kontrolle geriet, würden die Grünen ihn nicht weiterfahren lassen. Aber darauf musste er es ankommen lassen. Er konnte jetzt nicht erst nach Huckerath rausfahren, um den Wisch bei Schorsch Thelen abzuholen.

Er ließ den Wagen mit dem Strafzettel, wo er war. An einem Kiosk kaufte er eine Packung Zigaretten und ließ sich eine Handvoll Kleingeld herausgeben. Mit den Münzen bewaffnet, betrat er eine Telefonzelle.

Er rief die Firma Klöppler & Nagel in Mechernich an und bat um eine Verbindung mit Herrn Nagel. Er wurde mit der Sekretärin des Mitinhabers verbunden.

»Herr Schalow? Kennt Herr Nagel Sie?«

»Nein. Aber es handelt sich um eine wichtige Privatangelegenheit.«

»Ich werde Herrn Nagel fragen. Wir haben gleich Feierabend, und Herr Nagel hat eine Verabredung für das Wochenende. Warten Sie bitte.«

Schalow sah auf die Münzspeicheranzeige. Er warf noch ein paar Markstücke nach. Endlich meldete sich eine männliche Stimme.

»Ja, bitte? Hier Nagel.«

»Mein Name ist Schalow. Ich bin ein Kollege von Herrn Wissmeyer.«

»Oh, guten Tag Herr Schalow. Wie geht es Herrn Wissmeyer?«

»Er ist gestern Abend in der Nähe von Mechernich verunglückt. Vielleicht haben Sie davon gehört ...«

»O mein Gott! Das kann doch nicht wahr sein! Ist ihm etwas passiert?«

»Er ist tot, Herr Nagel.«

»Nein! Nein! Er war doch noch so jung ... o mein Gott! Wie ist es geschehen!«

»Das wissen wir nicht so genau. Er wurde heute Morgen mit seinem Wagen aus der Kiesgrube zwischen Irnich und Floisdorf geborgen.«

»Aus der Kiesgrube? Wie eigenartig ...«

Schalow schluckte. »Wir sind alle ratlos, Herr Nagel. Wir dachten, er sei vorher vielleicht bei Ihnen gewesen.«

»Ja, er war bei mir. Es wurde ein recht kurzer Besuch, weil ich ihm nicht helfen konnte. Herr Wissmeyer hatte ein etwas seltsames Anliegen, das er an mich herantrug. Nichts Geschäftliches. Und Sie sagten, er ist in der Kiesgrube verunglückt. Wie eigenartig! Herr Wissmeyer wollte nämlich wissen, ob ich über Beziehungen zur hiesigen Feuerwehr oder zum Technischen Hilfswerk verfüge und ob ich es irgendwie bewerkstelligen könne, dass die Feuerwehr oder das Technische Hilfswerk Tauchübungen in einigen Kiesgruben anstellt.«

»Was sagen Sie da?«, fragte Schalow atemlos. In seinem Schädel flogen die Gedanken durcheinander.

»Ja, das fragte er. Nun habe weder ich noch die Firma sonderliche Beziehungen zur Feuerwehr, und soviel ich weiß, verfügt weder die hiesige Feuerwehr noch der Ortsverband des THW über ausgebildete Taucher oder auch nur über die entsprechende Ausrüstung. Ich konnte ihm nicht weiterhelfen.«

»Haben Sie ihn gefragt, weshalb er diese Tauchübungen anstellen lassen wollte?«

»Natürlich habe ich ihn das gefragt, Herr Schalow. Er hat ausweichend geantwortet. Er wisse es nicht so genau, deshalb sei er auf die Idee mit den Übungen gekommen. Er wollte daraufhin versuchen, einen Kölner Tauchsportclub zu interessieren. Eigenartig, sehr eigenartig, nicht wahr? Wie nimmt es denn Herr Wilke auf?«

»Wir können es alle noch nicht fassen«, murmelte Schalow.

Der Satz entsprach der Wahrheit. Verwirrt legte er auf.

Es war erst Viertel vor vier, aber weil er gerade noch zwei Zehnpfennigstücke hatte, wählte er die Nummer, die Fred Parnitzki ihm gegeben hatte. Vielleicht wusste Fred doch schon etwas.

Jemand meldete sich mit einem gegrunzten »Hallo!«

»Gib mir Fred«, sagte Schalow ähnlich undeutlich.

Freds Stimme dröhnte ungedämpft aus dem Hörer. »Ja? Wer ist da?«

»Enno.«

»Enno, Mann! Das lief wie 'ne Idiotenparty!« Fred lachte glucksend.

»Heißt das ...«

»Sei ruhig«, warnte Fred. »Kennste die belgischen Kasernen an der Dürener Straße draußen?«

»Klar.«

»Gleich rechts liegen zwei Fußballplätze. Auf denen wird jetzt nicht gespielt. Komm dahin. Auf dem einen Platz steht 'n blauer VW-Transporter an der Hecke. So 'n Kastenwagen. Ich fahre jetzt auch gleich los. Wenn du 'nen gelben Escort neben dem Transporter siehst, klopf an die Seitentür. Sonst warteste auf mich. Die Jungs lassen dich nicht rein, weil sie dich nicht kennen.«

»Ja, gut«, sagte Schalow ungeduldig. Er hatte feuchte Hände bekommen. Vielleicht konnte Kucharz ihm sagen, weshalb Gerd sich für Kiesgruben bei Mechernich interessiert hatte.

»Noch was, Enno. Ich brauche dreihundert Mäuse für die Jungs. Für den Transporter und so, billiger machen die's nicht.«

»Geht in Ordnung, Fred. Bis gleich.«

Schalow warf den Strafzettel weg, dann fuhr er los.

*


Schalow stellte seinen vergammelten Käfer neben den blauen Kastenwagen. Der gelbe Escort stand auf der anderen Seite, also war Fred Parnitzki schon da. Schalow sah sich kurz um. Keine Spur von Hartmann oder einem anderen Beschatter.

Er stieg aus und klopfte an die seitliche Schiebetür des Transporters. Sie wurde geöffnet, und Fred streckte sein Gesicht heraus. Er grinste, schob die Tür weiter zur Seite und reichte Schalow die Hand. Mit einem kräftigen Ruck zog er ihn in den Wagen hinein. Wie Fred musste er den Kopf einziehen.

Schalows Augen mussten sich erst an das Halbdunkel des fensterlosen Laderaumes gewöhnen. Nur durch das offene Schiebefenster zwischen der Fahrerkabine und dem hinteren Teil fiel etwas Licht herein.

Schalow bemerkte zwei Kerle, die beide Lederjacken trugen. Einer hatte eine zerschlagene Nase und dichtes schwarzes Haar. Der andere war ein etwas dicklicher nervöser Typ, der immerzu mit einem Schnappmesser herumspielte.

Kucharz hockte am Boden, die Knie angezogen, eine Schulter gegen die Trennwand gelehnt. Die Jungs, wie Fred sie nannte, hatten ihm die Ellbogen mit einem Gürtel zusammengebunden. Kucharz' Oberlippe war jetzt auch noch geschwollen. In den fahlen Augen stand nackte Furcht.

Fred streckte eine Pranke aus, wobei er Schalow vielsagend ansah. Schalow zog das vorbereitete Geldbündel aus der Tasche und gab es Fred. Fred reichte es, ohne nachzuzählen, dem Schwarzhaarigen.

»Ihr vertretet euch am besten 'ne Weile die Beine«, meinte er.

Die Ganoven hoben die Schultern, dann kletterten sie aus dem Wagen und schlossen die Tür von außen. Fred strahlte.

»Sie haben ihn direkt von 'ner Nutte weggeholt«, berichtete er heiter. »Ist nicht zum Schuss gekommen, der Ärmste ...«

»Schalow, was soll das?«, schrie Kucharz. Er warf den Oberkörper nach vorn. Fred machte eine drohende Geste.

»Sie haben mir gestern nicht alles gesagt, Kucharz«, begann Schalow. »Ich will jetzt alles wissen.«

»Alles? Was alles? Ich habe Ihnen alles erzählt! Wie ich Ihren sauberen Freund verfolgt habe, wie er mich zusammengeschlagen hat ...«

»Wann war er bei der Firma Klöppler & Nagel?«

»Ich habe nicht auf die Uhr gesehen!«

Fred machte einen halben Schritt auf Kucharz zu und klatschte eine Faust in die offene Fläche der anderen Hand.

»Mann, das muss so um halb vier rum gewesen sein. Viertel vor vier. Ja, Viertel vor vier bis vier.«

»Wo war er vorher?«

»Vorher?«, kreischte Kucharz. »Da ist er durch die Gegend gefahren.«

Schalow keuchte. Da gab es eine Lücke. Er hatte sie am vergangenen Abend bereits geahnt, als Kucharz so schnell über die Frage hinweggegangen war, wo Gerd hingefahren sei. Schalow sah Fred an.

»Soll ich?«, fragte Fred Parnitzki.

Schalow nickte. Er hasste sich in diesem Moment, weil er sich mit Männern wie Parnitzki und Kucharz auf eine Stufe stellte.

Fred packte Kucharz am Kragen, zerrte ihn in die Höhe. Kucharz' Kopf knallte unter das Wagendach. Der Ganove kreischte schrill auf.

»Ich breche dir sämtliche Knochen im Leib! Bei Gott, ich tu's!«

Schalow wandte sich ab. Kucharz wimmerte, als Fred ihm probeweise ein paar Ohrfeigen verpasste.

»Hör auf, hör auf!«

»Na, was denn? Willst du antworten, wenn mein Freund dich was fragt?«

»Er war in einem Kaff hinter Kommern, irgend so 'n Fleck in der Landschaft ...«

»Wie heißt das Kaff?«

»Das weiß ich nicht! Ehrlich nicht! Das müsst ihr mir glauben! Um Gottes willen, Schalow, denken Sie doch an Ihre Bewährung!«

»Weiter!«, knirschte Schalow.

»Er ist 'nen Waldweg reingefahren. Da konnte ich nicht hinterher, aber ich hab' an der Tankstelle unten an der nächstgelegenen Kreuzung gefragt, ob da an dem Weg Leute wohnen oder was da ist ... Da steht nur ein Jagdhaus. Sonst nichts.«

»Wem gehört es?«, fragte Schalow.

Kucharz wand sich. »Ich ... weiß nicht, ob ...«

Parnitzki versetzte ihm einen Fußtritt. »Du darfst es ruhig sagen, du Miststück«, riet er ihm.

»Er bringt dich um! Er bringt dich um, Parnitzki!«, keuchte Kucharz.

Fred grinste. »Wer denn, du Kakerlak?«

»Der, dem das Jagdhaus gehört! Es gehört Heikaus!«

*


Schalow zündete sich mit zitternden Fingern eine Zigarette an.

Daran hatte er überhaupt nicht mehr gedacht. Heikaus besaß ein Wochenendhaus in der Eifel. Monika hatte davon erzählt.

Heikaus!

Schalow fühlte sich schwindelig. Vor seinem inneren Auge raste die Zeit zurück. Monika und er. Die Heimlichkeiten. Wer war Heikaus? Sie hatte von ihm erzählt, nicht viel, eigentlich nur Nichtssagendes. Er war älter als sie gewesen. Und er lebte von Mieteinnahmen.

Wie durch Watte hörte er Fred Parnitzkis Stimme.

»Heikaus? Hans Josef Heikaus?«

»Ja, der! Und jetzt hast du Manschetten, was?«

Schalow sah den ehemaligen Mitgefangenen an. In der Tat sah Fred etwas grün um die Nase aus.

»Kennst du diesen Heikaus etwa?«, fragte er atemlos.

»Wer kennt den nicht? Mann, Enno . . wenn ich das gewusst hätte ...«

Kucharz lachte schrill. »Macht mich los! Macht mich endlich los!«

Fred starrte den Ganoven an. »Arbeitest du etwa für Heikaus?«

»Ich tue ihm hin und wieder einen Gefallen«, antwortete Kucharz selbstgefällig. »Wenn ich ihm sage, was du mit mir gemacht hast, versaut er deine hässliche Visage ...« Fred versetzte Kucharz einen Fußtritt. Dieses Mal hatte der Tritt keine Wucht. Fred war betroffen.

Schalow vermochte nicht klar zu denken. Irgendetwas wollte an die Oberfläche. Es war so absurd, so unglaublich, und doch ...

Der Überfall in Leverkusen.

Sein Wagen, der BMW.

Monika hatte den Schlüssel ein paar Mal gehabt. Nicht an dem Tag, als der Überfall geschah. Nein. Ein oder zwei Tage vorher hatte sie ihm den Schlüssel zurückgegeben.

Er, Schalow, hatte für die Tatzeit kein Alibi. Er war im Kino gewesen. Er war damals oft tagsüber ins Kino gegangen. Monika wusste das. Sie wusste auch, dass er den Wagen dann am Fröbelplatz stehenließ.

Monika ... Heikaus ...

»Fred!«, rief Schalow. »Sag mir um Gottes willen, wer dieser Heikaus ist!«

»Ein Gangster. Einer aus der obersten Kiste. Er besaß mal mehrere Massagesalons, du weißt schon, mit Sauna und so, außerdem ein paar Bars. Vor 'n paar Jahren ging's mal ziemlich bergab mit ihm, da haben die Bullen ihm schwer auf die Finger gesehen. Das Ordnungsamt hat die Massagesalons geschlossen, schneller, als er sie wieder aufmachen konnte.«

Und dann hatte er die Deutsche Kreditbank in Leverkusen überfallen.

Oh verflucht!

Und Gerd war ihm irgendwie auf die Schliche gekommen. Aber wie?

Mit dem Einwohnermeldeamt? Mit der AOK? Das ergab keinen Sinn.

Aber Heikaus hatte Gerd ermordet. Oder ermorden lassen. Gestern Abend. In der Umgebung von Mechernich.

Gerd hatte an Heikaus' Villa in der Eifel herumgeschnüffelt.

Aber war Heikaus denn in der Eifel gewesen? Gerd hatte ihn doch in seiner Kölner Wohnung aufgesucht!

»Jetzt macht mich los, Leute, und ich will alles vergessen«, meldete sich Kucharz wieder.

Fred Parnitzki war geneigt, dem Verlangen des Ganoven nachzukommen.

»Halt!«, sagte Schalow, und seine Stimme klirrte wie Eis. Er baute sich vor Kucharz auf. »Sie arbeiten nicht regelmäßig für Heikaus?«

»Nein, nein. Das sagte ich schon.«

»Aber gestern haben Sie ihn angerufen. Von der Tankstelle aus, um Gerd Wissmeyer nicht aus den Augen zu verlieren.«

Kucharz' Vogelgesicht zuckte.

»Sie haben Heikaus gesteckt, dass Wissmeyer sich für das Haus interessierte.«

»Na und?«, Kucharz lachte. Es klang unsicher. Schalows steinharte Miene verhieß nichts Gutes.

»Wie viel hat er Ihnen für die Information bezahlt?«

»Nichts, gar nichts. Ein kleiner Gefallen ...«

»Aber dafür, dass Sie an Wissmeyers Wagen herumgemurkst haben, hat er Ihnen was gegeben.«

»Hören Sie, Schalow, Heikaus ist nicht irgendwer! Legen Sie sich mit dem nicht an!«

»Er hat Ihnen gesagt, Sie sollten Wissmeyers Peugeot lahmlegen. Stimmt's?«

»Ja, ja. Er wollte mir dafür 'nen Hunderter geben. Wissmeyer sollte nur ein bisschen aufgehalten werden, weil er sich davon überzeugen wollte, dass im Haus nichts fehlte. Aber das Geld habe ich noch nicht.«

Schalow stierte den Strolch an. Ihm wurde schlecht. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn.

»Wissen Sie, weshalb Sie Wissmeyer aufhalten sollten?«, fragte er tonlos. »Wofür Sie hundert Mark bekommen?«

Schalows Gesicht war zu einer hässlichen Grimasse erstarrt.

»Damit der Mörder Zeit hatte, von Köln herauszukommen! Denn Wissmeyer ist tot!«

*


»Tot? Mörder?« Kucharz' Stimme kippte. »Sie sind bescheuert, Schalow. Total bescheuert! He, Partnitzki! Dein Kumpel flippt aus!«

Schalow sprang aus dem Wagen. Draußen lehnte er sich an die Flanke des Wagens und zündete eine neue Zigarette an. Gierig atmete er den Rauch ein. Die Kerle, denen der Transporter gehörte, kickten Steine ins Tor. Fred baute sich neben ihm auf. Besorgt musterte er Schalow.

»Was machen wir jetzt mit ihm? Wenn er zu Heikaus rennt ...«

»Kannst du deine Freunde überreden, dass sie Kucharz noch 'ne Weile auf Eis legen?«

»Mann, da verlangst du aber was!«

»Bis ich dich anrufe. Glaubst du, dass sie ihn bei der Polizei abliefern?«

»Die? Nie im Leben!«

»Wie ist es mit dir?«, fragte Schalow verzweifelt. »Fred, ich muss den Rücken freihaben! Bist du im Moment sauber?«

»Du meinst, ob die Polente mir was kann? Nee, blütenweiße Weste. Ganz bestimmt.«

»Dann pass du auf ihn auf. Er darf Heikaus nicht anrufen. Unter keinen Umständen. Wenn ich es dir sage, kannst du ihn im Präsidium abliefern. Oder ruf besser Kommissar Retzmann vom 1. K. an. Der weiß Bescheid.«

Hoffentlich, dachte Schalow, war der Oberkommissar dann so weit, dass er einen Mord wenigstens für möglich hielt.

»Weil du's bist, Enno. Ich hab dich immer gemocht, ehrlich. Du bist 'n ganz Cleverer. Deshalb kann ich nicht verstehen, wieso sie dich geschnappt haben.«

Schalow verdrehte die Augen.

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