Читать книгу Krimi Koffer September 2021 - 7 Krimis auf 1000 Seiten - Alfred Bekker - Страница 48
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ОглавлениеWeit außerhalb des Gravitationsfeldes des Planeten hielt die SINGA.
Bewegungslos schwamm sie im All. Sämtliche Waffenkuppeln waren weit geöffnet, die Ortung in den Raum um das Schiff gerichtet. Nichts konnte den Detektoren entgehen — und so verließ John für Augenblicke seinen Kontrollsitz und eilte über die Treppe zur obersten Galerie.
Auf dem riesigen Halbrund des Bildschirmes leuchteten die beiden „Eisenladungen“, die Manners geortet hatte, als die SINGA noch auf dem Planeten war.
„Sie hatten recht“, sagte Frank Webster zu Tigwell.
John konnte die beiden erkennen, wie sie sich auf das Geländer stützten und den Schirm anstarrten.
„Womit hatte Mister Tigwell recht?“, erkundigte sich der Erste Offizier und trat neben die beiden.
„Irgendjemand“, fuhr Webster fort, „hat einen äußerst billigen, wenn auch langwierigen Weg gefunden, Materialien von einem Planeten dieses Systems zum anderen zu befördern. Diese beiden Eisenladungen dort draußen mit ihren 'Schleppern', übrigens ein äußerst unzutreffender Ausdruck, befolgen eine verwirrend komplizierte Bahn. Leider ist es mir nicht möglich, den Zielort zu bestimmen. Dafür sind die Ladungen noch nicht weit genug in den Raum vorgedrungen.“
„Nun beginne ich mich zu fragen“, sagte John, „wo in diesem Fall die Rentabilität bleibt?“
Während Tigwell empört schnaufte, antwortete Frank Webster:
„Keine schlechte Frage, John. Aber stellen Sie sich einmal folgendes Bild vor: Irgendwann in der Vergangenheit stellte das Volk, das dieses System bewohnte, lest, dass sein Planet an Rohstoffmangel zu leiden beginnt. Was tun? Der Transport per Schiffe von anderen Planeten erweist sich als zu kostspielig oder geht aus irgendeinem anderen Grund nicht. Nun kommt ein findiger Klopf auf die Idee, die Magnetfeldlinien innerhalb des Systems dazu zu benutzen, diesen Transport wesentlich billiger zu gestalten ...“
„Billiger vielleicht“, unterbrach ihn John, „aber zeitraubender.“
„Nur für den Anfang“, stellte Tigwell fest.
„Genau“, bestätigte Frank Webster. „Es mochten zwar Jahre vergangen sein, ehe die erste Ladung — auf diese eben geschilderte Weise auf die Reise geschickt — auf dem betreffenden Planeten eintraf. Dann aber mit prompter Regelmäßigkeit.“
„Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Frank, sind Sie der Ansicht, dass sich innerhalb dieses Systems ein steter Strom von Rohstoffen auf einen uns im Augenblick noch unbekannten Planeten ergießt?“
„Sehr richtig“, bekräftigte der Chefnavigator. „Wie eine Perlenschnur, an deren einem Ende ständig neue Perlen aufgereiht und am anderen Ende abgenommen werden.“
„Netter Vergleich“, sagte Tigwell lächelnd, „aber treffend. Trotzdem ist etwas an Ihrer Aufzählung falsch, Mister Webster. Ich bin der Ansicht, dass es innerhalb dieses Systems überhaupt keine Rohstoffe mehr gibt — deshalb die Ausbeutung jener gewaltigen Schrottplätze, wie sie nun einmal zerstörte Städte im Allgemeinen darstellen. Außerdem bin ich nicht mit allen Punkten einverstanden, die Sie aufzählten. Aber diese jetzt schon zu erläutern, wäre müßig. Noch weiß ich zu wenig. Noch fehlen mir eine Menge Fakten. Aber ich kann Ihnen schon jetzt verraten, dass uns Überraschungen bevorstehen werden.“
„Noch mehr Überraschungen, Mister Tigwell?“
Captain Corelli war lautlos zu den drei Männern getreten.
„Sie haben uns, speziell mir, schon einmal Überraschungen prophezeit, die auch prompt eingetreten sind. Könnten Sie nicht etwas sparsamer damit umgehen? Mein Bedarf ist gedeckt!“
Mit mürrischem Gesichtsausdruck blickte er auf den Archäologen.
„Das dürfte erst der Anfang gewesen sein, Captain“, orakelte Tigwell.
*
Mit äußerster Wachsamkeit wurde die Suche fortgesetzt.
In einer Spirale, die sich nach innen verengte, flog die SINGA durch das System. Einen Planeten nach dem anderen absuchend, immer gegenwärtig, einem erneuten Angriff ausgesetzt zu sein.
Überall fand man Spuren der gewaltsamen Zerstörung, auf jedem Planeten. Aber überall fand man auch die Räummaschinen.
Auf der Brücke der SINGA herrschte Stille. Sämtliche Plätze waren besetzt; das Schiff war bereit, einen auftauchenden Gegner sofort zu bekämpfen, sollte es erforderlich sein.
John Dunbar überprüfte die Instrumente auf der abgeschrägten Pultwand. Seine Hände führten die unerlässlichen Kontrollen durch, als plötzlich eine Stimme aus einem Lautsprecher drang. Einer der Kontrollschirme vor dem Sitz des Captains leuchtete auf.
„Sir! Hier Beobachter Tanner. Die Ortung bekommt starke Impulse vom zweiten Planeten. Die Energietaster schlagen wie wild aus. Wenn ich den Angaben trauen darf, so werden dort Energien verbraucht, die denen eines hochzivilisierten Planeten entsprechen.“
Tommaso Corellis hagere Gestalt schien sich zu straffen. Er fuhr seinen Sitz in den Aufnahmebereich der Bildübertragung.
„Etwas zu erkennen?“, erkundigte er sich.
„Nichts Genaues, Sir!“
„Geben Sie weiter acht, Tanner.“
„Zu Befehl, Sir!“ Der Schirm erlosch.
Die SINGA war noch immer in der Hand des Robotpiloten, der nun erneut Impulse von der Ortung erhielt. Augenblicklich begannen Steuerimpulse in die Bahn des Schiffes einzugreifen. Mit winzigen Korrekturen lenkten sie die SINGA auf neuen Kurs.
Vier Stunden später stand die SINGA in der Nähe des zweiten Planeten, der auf den Schirmen wie eine Billardkugel in rötlichem Licht erglänzte.
Er konnte kaum Leben tragen, Leben nach herkömmlichen Anschauungen. Die Detektoren verzeichneten keine Spur einer nennenswerten Vegetation.
„Mister Dunbar!“
„Sir?“
„Gehen Sie tiefer.“
„Zu Befehl, Sir!“
Schweigen. Dann: „Manuellsteuerung, Mister Dunbar!“
„In Ordnung, Sir!“ John zeigte mit keiner Regung, wie sehr ihn der Wunsch des Captains in Erstaunen setzte. Ob Corelli gewisse Befürchtungen hegte? Mit einem innerlichen Achselzucken ging John darüber hinweg.
Seine Finger betätigten Hebel und Tasten.
Das rot leuchtende Auge des Robotpiloten erlosch. Gleichzeitig flammten auf jeder Fläche der Instrumentenpulte die grünen Kontrolllampen auf, die dem Personal anzeigten, dass das Schiff von nun an nicht mehr unter dem Einfluss des Computers war.
Binnen weniger Sekunden befand sich das Raumschiff in einer Höhe von dreihundert Meilen über dem Planeten und schlug eine Kreisbahn ein.
Auf dem großen Frontschirm war noch nichts zu erkennen. Was man sah, war eine rostrote Ebene mit winzigen Silberpunkten dazwischen. Dann tauchte eine gewaltige Schlucht auf.
Nirgends irgendwelche Anzeichen von Leben oder gar einer hochentwickelten Zivilisation.
Tommaso Corelli schloss mit grimmigem Gesicht einen Kontakt.
„Sir?“ Beobachter Tanner sah von der Bildfläche.
„Hören Sie“, begann der Captain mit unheilschwangerer Stimme, „von Rechts wegen sollte ich Sie wegen Irreführung fünf Tage unter Arrest stellen. Wo ist denn Ihr hochzivilisierter Planet, der angeblich Unmengen von Energien verbraucht?“ Der Captain begann zu schreien. „Wollen Sie diese Behauptung immer noch aufrechterhalten? Sehen Sie einmal auf die Schirme!“
„Sir!“ Beobachter Tanners Gesicht war blass geworden. „Ihre Sichtschirme interessieren mich nicht im Geringsten. Meine Aufgabe ist, die Energietaster zu überwachen und eventuelle Ortungen zu melden — was ich vorschriftsmäßig getan habe. Die Detektoren sagen einwandfrei, dass auf diesem Planeten unter uns gewaltige Mengen von Energien verbraucht werden. Wozu und in welcher Form, entzieht sich meiner Kenntnis.“
Für einen Moment sah es aus, als würde Corelli explodieren. Er beherrschte sich jedoch und schaltete wortlos ab.
„Captain!“ John winkte Corelli mit einer Handbewegung zu sich. Auf dem Hauptschirm, direkt vor Johns Sitz, war plötzlich etwas zu erkennen, das die Aufmerksamkeit der beiden Männer fesselte.
Wieder schloss Corelli einen Kontakt. „Beobachter Mullbaum, Sir. Bildauswertabteilung.“
„Vergrößern Sie Bildausschnitt 33/J des Hauptschirmes. Aber rasch!“ Sekundenlang verwischten sich die Konturen des Bildes auf dem großen Schirm, während der Beobachter zu schalten begann. Dann schien es, als stürzte die Oberfläche des Planeten auf die Brücke.
Corellis Blick wurde starr. Hinter den nur rudimentär erkennbaren Hügeln, die das Schiff eben überflog, lag ohne Zweifel etwas, das nicht die Natur geschaffen hatte. Es musste das Werk intelligenter Wesen sein.
Eine riesige, dunkle Masse breitete sich in einer Ebene aus.
Unter den Schaltungen des Technikers löste sie sich in weitere Einzelheiten auf. Schnell schälten sich meilenlange, glatte, schwarze Blöcke aus dem massiven Komplex.
„Endlich!“
Während John Dunbar versuchte, die Stimme zu identifizieren, die eben gesprochen hatte, gab der Captain einen Befehl.
„Sofort absetzen, Dunbar. Hinüber zur Nachtseite. Höchste Beschleunigung!“
„Achtung!“, gellte eine andere Stimme, aus den Lautsprechern und überlagerte alle anderen Geräusche. „Es kommt etwas auf uns zu, das die normalen Ortungsschirme nicht erfassen können.“
„Wer spricht?“, rief John, während er überhastet und dennoch präzise schaltete.
Eine Bildfläche leuchtete auf und zeigte das Gesicht eines älteren Mannes.
„Verdammt, Abner! Können Sie sich nicht exakter ausdrücken? Was ist los?“
„Einen Augenblick, Mister Dunbar! Eben kommen neue Daten von den Detektoren.“
Abners Gesicht verschwand für Sekunden vom Schirm. Als es wieder erschien, sagte Abner atemlos: „Soweit ich den Daten trauen darf, kommt ein ungeheuer starkes Traktorfeld auf uns zu.“
„Was ist, Mister Dunbar“, ertönte Corellis Stimme hinter John. „Sind Sie nicht mehr fähig, ein Schiff auf die befohlene Bahn zu bringen? Ich kann mich erinnern, angeordnet zu haben, schleunigst aus dem Bereich dieser Bauten zu kommen!“
John Dunbar setzte zu einer scharfen Erwiderung an. Aber eine laute Stimme schaltete sich ein.
„Maschine an Zentrale. Was ist geschehen? Wir kommen nicht mehr von dem Planeten los.“
„Was Sie nicht sagen“, meinte Corelli herablassend. Seine hellen Augen blickten spöttisch auf den Chefingenieur, der von der Kontrollfläche herabsah. „Woraus schließen Sie das, verehrter Mister Purcell?“
Während Chefingenieur Purcell zu toben anfing und dabei hässliche Worte gebrauchte, war sich John längst darüber klar, was wirklich geschehen war. Ein Traktorfeld ungewöhnlicher Stärke hatte sich an den Raumer geheftet und begann ihn langsam aus seiner Bahn zu zerren.
Obwohl die Triebwerke einwandfrei arbeiteten — die Kontrollen bewiesen, dass sämtliche Prozesse im vorgeschriebenen Ritual abliefen —, schien die SINGA nicht mehr von dem Planeten loszukommen.
John Dunbar benötigte mehrere Sekunden, um diese Tatsache zu verarbeiten. Er sah nicht die überraschten Gesichter der anderen. Er hörte kaum ihre entsetzten Rufe, mit denen sie ihre Beobachtungen hinausschrien.
Schließlich schüttelte er den Bann ab. Sein trainierter Intellekt hatte die Lage erfasst und versuchte das einzig Mögliche.
Im schnellen Spiel der Finger rastete Schalter auf Schalter wieder ein. Tief im Leib der SINGA begannen jene Maschinen zu arbeiten, die bis jetzt noch nicht in den Arbeitsprozess einbezogen waren.
Deutlich konnte John auf den Kontrollflächen der Maschinenüberwachung sehen, wie sich die Räume dort unten in Höllen verwandelten. Grellblaue Blitze zuckten aus den Isolatoren und verschwanden mit einem Funkenschauer auf den Entladungsflächen. Drahtlose Stromleiter glühten, als sich die Energie in mannsdicken Säulen von Umwandler zu Umwandler bewegte. Das warnende Rufen halbrobotischer Wartungsautomaten verhallte ungehört in einem Inferno an Geräuschen.
John Dunbar arbeitete überhastet, aber dennoch präzise. Seine Kommandos kamen rasch und sicher, und Jeremia Purcell schaltete sich nach und nach mit seinen Technikern ein. Schließlich war ein fähiges Team dabei, die Gefahr abzuwenden.
Doch alles war schon zu spät.
Jeder noch so kleine Reaktor arbeitete. Alles, was Energie erzeugen konnte, wurde herangezogen. Die Energien waren unvorstellbar, die die Maschinen der SINGA liefern konnten! Die Reflektoren der unteren Hälfte des Raumschiffes sandten einen Strom gewaltiger Kräfte in den Raum. Auf den Schirmen der Außenbordaufnahme sah man, wie Lichtfluten das Schiff umwaberten. Nun hätte das Schiff mit höchsten Beschleunigungswerten durch den Raum schießen müssen, und zuerst sah es ganz danach aus, als würde es ihm auch gelingen.
Die SINGA hatte längst das Schwerefeld des Planeten wieder verlassen und befand sich weit draußen im Raum. Trotzdem gelang es ihr nicht, dem Traktorfeld zu entkommen. Es war stärker.
Mit unbeweglichen Gesichtern, in denen nur die Augen zu leben schienen, blickten die Männer auf die Instrumente. John Dunbar krampfte die Hände um die Schalter der Meileraktivierung, die längst bis zum Anschlag durchgezogen waren. Unter den entfesselten Kräften begann das Schiff zu beben. Die Männer wurden in ihren Kontursesseln wild durchgeschüttelt.
Aus einer Tonfläche kamen brüllende Laute.
John Dunbar gelang es nur unter Aufbietung aller Konzentration, diese Stimme als die von Jeremia Purcell zu erkennen.
„John, Sie verdammter Narr! Legen Sie die Reaktoren still! Oder wollen Sie, dass uns das Schiff auseinanderfliegt?“
Mit raschen Bewegungen schlug John Hebel auf Hebel in Nullstellung. Die SINGA setzte sich in Bewegung, als das Traktorfeld keinen Widerstand mehr verzeichnete. Sie wurde schneller und bewegte sich wieder auf den Planeten zu.
„Nur keine Aufregung, meine Herren!“
Captain Corellis Stimme kam beruhigend durch die Lautsprecher der Bordverständigung. Er fuhr fort:
„Wenn die da unten wüssten, welches faule Ei sie sich einfangen, würden sie bestimmt die Finger davon lassen. Unser prächtiges Schiff ist ohne Weiteres in der Lage, diesen Planeten zu Staub zu zerblasen. Sobald wir unten sind, werden wir ein kleines Feuerwerk veranstalten, dass denen Hören und Sehen vergeht.“
„Seien Sie sich Ihrer Sache nur nicht so sicher“, klang die boshafte Antwort Delalanders auf. „Wer weiß, was die Burschen alles auf Lager haben. Ich erinnere nur an das titanische Traktorfeld, in dem wir uns jetzt befinden und gegen das unser vielgepriesenes Schiff machtlos ist.“
„Ach, halten Sie den Mund“, wurde Tommaso Corelli grob. „Es ist doch ganz offensichtlich, dass eine planetare Befestigungsanlage stärkere Maschinen besitzt. Das Masseverhältnis steht zu ungünstig für uns. Mir scheint, Mister Delalander, Sie werden mit fortschreitendem Alter nicht gerade intelligenter.“
Daraufhin herrschte Stille.
In Delalanders Gesicht arbeitete es. Offenbar überlegte er sich, ob er diese Beschimpfung stillschweigend hinnehmen oder sich revanchieren sollte. Mehrere Male setzte er zu einer Erwiderung an, während jeder auf der Brücke auf die Explosion wartete. Aber er verzichtete darauf.
„Ich gebe uns noch eine Chance“, ließ sich Frank Webster nun hören. „Die Fremden dort unten werden keine Ahnung davon haben, was wir unternehmen wollen, sobald wir über dem Fort sind. Schließlich sind wir kein Schiff von Kartograph Center.“
Inzwischen war der Planet auf den Bildschirmen der SINGA wieder gewachsen.
„Wir landen genau in dem Rechteck, das von den würfelförmigen Gebäuden des Forts eingeschlossen wird“, kam eine Stimme aus den Lautsprechern.
Dann war die SINGA über dem Fort. Erst jetzt erkannte man die wirkliche Größe der planetaren Festung.
Das Schiff fiel langsam auf eine Ebene zu, die ringsum von der Festung eingeschlossen wurde. Offenbar war sie eine Art Raumhafen. Dafür sprach auch die Tatsache des Traktorstrahls, den man ebenso gut als Landehilfe betrachten konnte.
Abrupt verlangsamte das Schiff die Fahrt, noch immer in dem Traktorfeld hängend, dessen unsichtbare Manipulatoren erhebliches Fingerspitzengefühl zeigten, um das mächtige Schiff nicht ausbrechen zu lassen.
Die gewaltige Anlage befand sich tief im Boden unter dem Feld, was die Detektoren der SINGA einwandfrei anzeigten. Früher war das Feld sicher frei von dem Sand gewesen, den Wind und Zeit nun darüber breiteten.
„Was mich wundert“, murmelte Maurice Delalander, „ist die Tatsache, dass sie noch immer nicht zugeschlagen haben. Ich an ihrer Stelle würde nicht so lange zögern.“
„Das ist es ja“, gab Tommaso Corelli zurück, „die Burschen dort unten gehen von anderen Grundsätzen aus — und das wird ihnen zum Verhängnis werden.“
Der Captain erteilte seine letzten Instruktionen mit flacher Stimme.
Dann herrschte nur noch spannungsgeladenes Schweigen.
Gemurmel drang aus einem Kommunikator. Aufmerksam geworden, hörte John Dunbar genauer hin.
Die Stimmen wurden lauter.
„Captain!“
Tommaso Corelli beugte sich über die Bildfläche, die sich erhellte. „Ja?“
„Besset spricht. Sir, wir haben die Starcloud entdeckt!“
„Wo?“
„Sie steht am hinteren Ende dieses Feldes, ungefähr neun Meilen entfernt.“
„Also doch“, sagte Tommaso Corelli, und auf seinem Gesicht erschien eine Spur der Erleichterung. Dann rief er leise in das Mikrophon:
„Achtung! An Maschine. Reaktoren vier und fünf zur Verstärkung des Schirmes heranziehen. Achtung! Gefechtsstationen eins und zwei. Füttern Sie die Automaten mit den entsprechenden Daten, dass ein Teil der Projektoren das Feld vor den Mauern des Forts bestreichen.“
Die Bestätigungen der Techniker kamen augenblicklich.
„Mister Dunbar!“
„Sir?“
„Sie haben auf alle Fälle das Schiff aus dem Bereich des Forts zu bringen. Verstanden!“
„Verstanden, Sir.“
„Hier astronomische Abteilung. Besset spricht. Sir, wir haben außer der Starcloud auch die anderen drei Schilfe von Kartograph Center entdeckt. Dazu noch eine ganze Reihe von Wracks. Man könnte meinen, dies sei eine Sammelstelle für ausgediente Raumschiffe.“
„Vergessen Sie nicht, Besset, dass die Schiffe von Kartograph Center keine ausgedienten Raumer waren! Und wo sind, Ihrer Meinung nach, die Besatzungen dieser Schiffe geblieben? Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht.“ Wie recht Tommaso Corelli mit seinem Ausspruch hatte, wusste zu diesem Zeitpunkt nicht einmal er selbst.
Das Bodenradar zeigte noch hundert Meter über Grund an; der Traktorstrahl hatte sich noch immer nicht vom Schiff gelöst.
Johns Gestalt bewegte sich kaum, als er das Antigravfeld verstärkte und die Landebeine ausfuhr. Gleichzeitig mit diesen Vorkehrungen hörte er die Stimme Corellis, der den Feuerstationen den Befehl zum Schießen gab.
Wie eine flammende Sonne hing die SINGA wenige Meter über dem Boden des Innenfeldes und teilte Blitzschläge unvorstellbarer Intensität aus. Innerhalb weniger Sekunden gaben die Maschinen alle verfügbare Energie an die Feuerleitautomaten weiter, deren ausführende Organe das Fort aufrissen. Deutlich konnte man auf den Außenbordschirmen verfolgen, wie große Teile der kilometerlangen und hohen Mauern verschwanden und von den entfesselten Energien zerblasen wurden. Glühende Partikel wirbelten weit in die Atmosphäre empor.
Dann war es vorbei.
Als die Feuerleitautomaten keine Gegenwehr verzeichneten, brachten ihre hochempfindlichen Rezeptoren die Geschütze zum Schweigen.
Das Grollen und Röhren der Strahlkanonen noch in den Ohren, zog John das koordinierte System von Impulssehaltern zu sich heran.
Durch die SINGA ging ein spürbarer Ruck, als sie sich vom Traktorfeld befreite und seitlich ausscherte. Gefährlich dicht über den Mauern des Forts zog sie mit irrsinniger Geschwindigkeit davon.
Die im unerträglichen Licht aufflammende, gewaltsam verdrängte Atmosphäre umloderte das Schiff und ließ es zu einem Meteor werden, der einen kilometerlangen Schweif brennender Gase nachzog.
Erst als die SINGA in die Dunkelheit der Nachtseite eintauchte, zog sie John Dunbar hoch.
Das Schiff erreichte kurz darauf unbehelligt den freien Raum und wurde zu einem Lichtpunkt unter den unzähligen Sternen.