Читать книгу Treffpunkt mit dem Killer: Krimi Großband 7/2021 - Alfred Bekker - Страница 15
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ОглавлениеIch kam am offenen Wagenschlag vorbei und beugte mich blitzschnell hinein.
Es war nur wenig Licht, das ins Innere fiel, aber es reichte aus, um mich erkennen zu lassen, daß ich mich in Maldini nicht geirrt hatte.
Ich richtete mich wieder auf. Gerade rechtzeitig, denn Maldini hob seine Rechte, und es war unschwer zu erkennen, daß er eine großkalibrige Waffe in der Faust hielt. Damit zeigte er auf Galinski.
Auch in diesem Punkt hatte ich mich also nicht geirrt.
"Nein! Bitte nicht, Boss! Du machst einen schrecklichen Fehler!" kam es dumpf aus dem geschlossenen Mercedes.
"Stimmt!" sagte ich ruhig.
Mit einer Hand hielt ich Galinskis Revolver, und mit der anderen Hand griff ich in das Innere der Limousine, um die Scheinwerfer einzuschalten.
Maldini! Er war es tatsächlich! Er fuhr nur halb herum, seine Hand mit der Waffe wie zögernd hin und her bewegend.
"Laß es lieber, Maldini. Du hast keine Chance. Ich bin auf jeden Falls schneller."
Er erkannte meine Stimme, obwohl er mich nicht sehen konnte, von den Scheinwerfern seines eigenen Wagens geblendet.
Sein Blick fuhr zwischen mir und Galinski hin und her.
"Du hast mir eine verdammte Falle gestellt!" würgte er hervor, als könnte er es selber kaum glauben.
"Sicher doch, Maldini!"
Ich setzte mich in Bewegung, seitlich, um Maldini zu umrunden.
"Was hast du jetzt vor? Mich erschießen?" Er lachte heiser. "Man wird dich jagen. Deine Polizeikameraden werden dich als Mörder suchen und meine Leute..."
"Die suchen mich sowieso. Was also sollen die Drohungen? Glaubst du wirklich, du könntest mir einreden, jetzt noch was zu verlieren zu haben - nach der Aktion heute Nacht?"
"Eh, hör zu, Browning, das war nicht meine Idee gewesen. Das hat Galinski eigenhändig durchgeführt - sogar ohne mein Wissen. Glaube mir."
"Ich glaube dir aufs Wort, klar, Maldini. Aber nur, weil du es bist, und wer wäre schon vertrauenswürdiger als der große Mafiaboss Maldini?"
"Du Dreckschwein, du hast mich abknallen wollen!" kam es dumpf aus dem Wagen von Galinski. Der hatte endlich gecheckt, was da wirklich abgelaufen war.
"Schnellmerker!" sagte ich, wenn auch nicht laut genug, daß er es verstehen konnte. Das war auch nicht nötig: Galinski zog und zerrte an seinen Fesseln. Er hatte weiße Schaumflocken auf den Lippen. Haßerfüllt schrie er herum. Er war außer sich, weil sein geliebter Boss ihn einfach hatte über den Haufen knallen wollen, nur um sich damit persönlich ein Problem vom Hals zu schaffen.
Nun, wenn Galinski immer noch nicht begriffen hatte, wie ein Mann in der Position von Maldini für gewöhnlich handelte... Andererseits hätte er in der gleichen Situation sicherlich nicht anders gehandelt, weil er aus dem gleichen Holz geschnitzt war.
Ich hatte endlich die richtige Position erreicht - und schoß! Die Kugel verfehlte den Mafiaboss nur knapp und klatschte weit hinter ihm in den Betonpfeiler.
Er zuckte erschrocken zusammen, und dann schien er anzunehmen, ich hätte ihn unabsichtlich verfehlt, vielleicht geblendet von den Scheinwerfern, die mir jetzt voll ins Gesicht schienen, weil ich neben dem Wagen von Galinski stand.
Er wollte seine vermeintliche Chance nutzen, ließ seine Hand mit der Waffe wieder nach vorn schwenken und wollte auf mich schießen.
Ich kam ihm zuvor: Meine Kugel traf ihn fast genau in die Nasenwurzel, mitten zwischen die Augen. Sein Kopf wurde nach hinten gerissen. Der Schuß, der sich aus seiner Waffe doch noch löste, traf den Betonpfeiler, hinter dem der Wagen von Galinski größtenteils verdeckt stand. Und dann fiel er rücklings zu Boden. Er war schon tot, bevor er diesen überhaupt erreicht hatte.
Ich hatte indessen keine Zeit zu verlieren. Ich riß den Wagenschlag auf. Galinski fiel mir prompt entgegen.
Schreiend kam er auf dem Boden auf. Ich sprang sicherheitshalber einen Schritt zurück.
Das war goldrichtig, denn Galinski versuchte, nach mir zu treten, trotz der Fesseln.
Ich wechselte Galinskis Waffe in die Linke und ging hinüber zum toten Boss. Dem nahm ich den Revolver ab und richtete ihn auf Galinski.
Er sah es - und hielt prompt in der Bewegung inne. Seine Augen weiteten sich.
Ich schüttelte grinsend den Kopf. "Nein, ich werde dich nicht töten. Damit wäre nämlich nichts gewonnen."
"Was hast du vor, du verdammtes Schwein?"
Ich schoß ungerührt eine Kugel in seinen rechten Oberschenkel.
Er schrie wie am Spieß.
"Du Arschloch, warum hast du das getan?"
"Darum!" antwortete ich und setzte die nächste Kugel in seinen linken Oberschenkel.
Sein Schreien ging in ein Wimmern über.
Ich konnte jetzt näherkommen, ohne Gefahr zu laufen, von ihm getreten zu werden.
"Es ist doch alles ganz simpel, Galinski: Dich kann sowieso niemand leiden in der Organisation, und nun hast du auch noch den Boss umgebracht, um seine Stelle einzunehmen. Aber deine Rechnung ging nicht gut genug auf, denn Maldini hat sich vor seinem Tod noch gewehrt. Bei diesem Schußwechsel hat er dich ganz böse erwischt. Unter anderem mit einem Bauchschuß, der tödlich endet, wenn man dich nicht rechtzeitig medizinisch versorgt."
"Bauchschuß?" röchelte er.
"Ja, natürlich, aber erst einmal eins nach dem anderen..." Ich löste seine Fesseln. Die an seinen Händen zum Schluß, und zwar so, daß ich rechtzeitig in Sicherheit springen konnte.
Trotz seiner rasenden Schmerzen versuchte Galinski erwartungsgemäß, nach mir zu greifen.
Ich zeigte ihm meine Hände. "Wie du siehst, habe ich Plastikhandschuhe an, ungepudertes Latex, um genau zu sein. Dadurch bleiben nur die Fingerabdrücke von dir selber auf deiner Waffe. Niemand wird daran zweifeln, daß nur du den Boss erschossen haben kannst. Und die beiden Leichen in deinem Kofferraum... Wen wird es wundern, wenn du erst zwei von seinen Leibwächtern umgelegt hast?"
"Damit kommst du nicht durch!" wimmerte Galinski.
"Ach ja, nicht daß ich es doch noch vergesse: Der Bauchschuß!" Ich schoß ihm in den Unterleib.
Er zuckte zusammen und vergaß sogar zu stöhnen.
Jetzt konnte ich mich zu ihm hinunterbeugen, ohne Gefahr zu laufen, von ihm angegriffen zu werden.
"Wie war das noch mit dem Plan, mich zum sabbernden Krüppel zu machen?" Ich drückte ihm seine eigene Waffe in die Rechte. Er hatte nicht mehr die Kraft, sie auf mich zu richten. Ich mußte seine Hand mit der Waffe heben und nachhelfen, daß sich sein Zeigefinger um den Abzug krümmte. Ich gab mehrere Schüsse auf die Limousine von Maldini ab, bis keine Kugel mehr im Lager war.
"Wegen den sogenannten Schmauchspuren an deiner Hand!" belehrte ich Galinski, der gerade wieder aus einer kurzen Bewußtlosigkeit erwachte. "Sonst ist es ja nicht glaubwürdig genug. Und keine Bange, ich werde einen Krankenwagen anfordern - und die Polizei. Denn es gibt in der Nähe einer der guten, alten Telefonzellen. Dorthin werde ich zuerst gehen. Ich will ja nicht, daß du stirbst. Es ist viel schöner, wenn du noch aussagen kannst und zu erzählen versuchst, daß alles nur ein Plan von mir war, um dich und deinen Boss hereinzulegen. Tust du das wirklich, dann machst du mich zum absoluten Superhelden in der Unterwelt. Wer würde es dann noch wagen, mir zu nahe zu treten? Selbst die nicht, die dir nicht glauben werden. Unter anderem meine alten Kollegen von der Polizei, die mir schon ziemlich viel zutrauen, aber nicht, daß ich einen solchen Plan durchführen könnte."
Ich richtete mich auf.
Er war trotz seiner schweren Verletzung auf einmal hellwach. Sein haßerfüllter Blick war auf mich gerichtet. Er spuckte Blut, aber ohne den Blick von mir zu wenden.
"Jetzt ist aber wirklich höchste Zeit, ehe du doch noch krepierst", sagte ich besorgt. "Vielleicht aber bleibst du bei der Geschichte, wie sie sich hier präsentiert? Sagst einfach, Rivalität zwischen dir und Maldini sei entstanden. Er habe dich abknallen wollen, und du hättest dich nur gewehrt. Dann hilft dir die Polizei, die Sache zu überleben - und du kannst als Kronzeuge gegen deinen Verein aussagen, ehe der dich umlegen läßt. Nur so hast du überhaupt eine Überlebenschance. Das wäre für dich jedenfalls besser als die Wahrheit, die dir sowieso kaum jemand glauben wird. - Überlege es dir gut!"
Damit wandte ich mich ab, drückte dem toten Boss seine Waffe in die Hand und beeilte mich, die bewußte Telefonzelle zu erreichen - um nach meinem anonymen Anruf zum Treffpunkt zu spazieren, wo Mona mich abholen würde.
Damit hatte der Wahnsinn für uns endlich ein Ende...
ENDE