Читать книгу Treffpunkt mit dem Killer: Krimi Großband 7/2021 - Alfred Bekker - Страница 9
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ОглавлениеMir wurde schlecht. Der Kerl mit dem Baseballschläger holte erneut aus. Er hatte rotes, kurzgeschorenes Haar, und als er den dünnlippigen Mund zu einem Grinsen verzog, sah ich, daß er eine Menge Blech im Gebiß hatte.
Der Lockenkopf hob die Hand. "Laß ihn!" befahl er unmißverständlich. "Ich will erst noch mit ihm reden. Dann gehört er dir!"
Der Rothaarige bremste den mörderischen Schlag ab und stieß einen unartikulierten, dumpfen Laut hervor. Dann spielte er lässig mit dem Schläger herum und trat dabei etwas zur Seite. Ich blickte auf und sah...
...Mona! Sie saß an einen Stuhl gefesselt da, nur in ein hauchdünnes Nachthemd gekleidet. Ihr aufregender Körper zeichnete sich deutlich darunter ab. Ihre Schenkel waren frei. Der Mund war mit Klebeband verschlossen. Das dunkle Haar fiel ihr bis über die Schultern. In ihren Augen glänzte es furchtsam.
Ich kam wieder einigermaßen zu mir, auch wenn der Schlag noch höllisch wehtat. Zeit gewinnen! dachte ich. Das war alles, was ich im Moment tun konnte. Irgendwie dafür sorgen, daß die sogenannte 'Unterhaltung', die der Lockenkopf mit mir führen wollte, sich möglichst in die Länge zog und mir sein Komplize nicht mit einem gezielten Schlag seines Baseballschlägers den Schädel zertrümmerte.
Ich kauerte mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden und dachte an die 22er an meinem Fußgelenk...
"Ihr könnt Maldini einen schönen Gruß von mir bestellen", meinte ich gequält. "Ich weiß, daß er euch geschickt hat! Ihr braucht mir nichts vorzumachen..."
Sid Maldini war eine große Nummer in der New Yorker Unterwelt. Ein großer Boss, der dafür sorgte, daß nur die unteren Chargen seiner Organisation sich die Finger schmutzig genug machten, um ins Visier der Cops zu geraten.
Ich hatte dafür gesorgt, daß sein Sohn lebenslang hinter Gittern saß. Und das konnte Maldini mir einfach nicht verzeihen. Seitdem mußte ich ständig auf der Hut sein, nicht auf seine Schläger zu treffen. Außerdem sorgte er ziemlich wirkungsvoll dafür, daß ein Klient, der auch nur mit dem Gedanken spielte, mir einen Auftrag zu geben, sehr schnell mit klappernden Zähnen das Weite suchte.
Maldinis Arm war verdammt lang. Aber ich war nicht bereit aufzugeben. Dies war meine Stadt, und ich dachte nicht im Traum daran, einfach davonzulaufen. Irgendwann würde ich den passenden Paragraphen und die Gelegenheit finden, um Maldini an die Wand zu nageln.
"Maldini muß es ziemlich dreckig gehen, wenn er auf so miese Typen wie euch angewiesen ist", zischte ich zwischen den Zähnen hindurch.
Die Gesichtsfarbe des Rothaarigen änderte sich, wechselte von betonbleich zu dunkelrot. Er faßte den Baseballschläger fester.
Der Lockenkopf hob die Hand. "Laß ihn quatschen!" murmelte er. "Mal sehen, ob er nachher noch dazu in der Lage ist, wenn er keine Zähne mehr hat."
Der Rothaarige grinste. Das gefiel ihm.
Der Zeigefinger des Lockenkopfs richtete sich indessen auf mich. "Du hast großes Glück, Browning, obwohl du so ein unglaublicher Dummkopf bist, daß du im Ernst glaubst, es mit den ganz großen Tieren aufnehmen zu können. Du bist 'ne lästige Zecke, weiter nichts. Und es würde kaum jemanden auffallen, wenn man dich zerquetscht. Nicht einmal deine Exkollegen vom New York Police Department erkennen dich noch, wenn du als Fischfutter im Hudson landest..."
"Warum sind wir dann noch nicht auf den Weg zu den Piers?" erwiderte ich trotzig.
"Weil der Boss seinen großzügigen Tag hatte. Er will nicht, daß wir dich umlegen. Wir sollen dich nur so bearbeiten, daß du für den Rest deines Lebens keine feste Nahrung mehr zu dir nehmen kannst und im Rollstuhl vor dich hin sabberst... Du sollst sehen, was um dich herum passiert, daß das Leben überall weitergeht, daß deine hübsche Freundin mit einem anderen ausgeht, weil sie deinen Anblick nicht mehr erträgt... Du sollst genauso leiden wie Maldinis Junge, den du hinter Gitter gebracht hast und der das auch alles mit ansehen muß. Nur wird dein Gefängnis dein eigener Körper sein, Browning. Es wird keine Begnadigung wegen guter Führung für dich geben... Du wirst nicht einmal in der Lage sein, deiner jämmerlichen Existenz selbst ein Ende zu setzen!"
Der Lockenkopf ging auf Mona zu. Ein Zittern durchlief den Körper der jungen Frau. Der Gangster packte grob ihr Kinn. "Sieh ihn dir nochmal an, Baby. Du wirst ihn nicht wiedererkennen..."
Er wandte den Kopf in ihre Richtung, grinste schief und ich dachte: Das ist meine Chance. Die letzte vielleicht! Der Lauf des Magnum-Revolvers zeigte nach unten.
Ich rechnete mir nicht aus, wie schnell er ihn hochreißen und abdrücken konnte. Mit einer schnellen Bewegung griff ich hinunter zum Fußgelenk und riß den 22er heraus.
Eine zierliche Waffe. Man mußte gut zielen, wenn man eine mannstoppende Wirkung erzielen wollte. Aber in den Händen eines guten Schützen war sie ebenso tödlich wie der plumpe Magnum-Revolver meines Gegners.
Das Gesicht des Rothaarigen verzog sich. Er hatte gerade zum Schlag mit dem Baseball-Prügel ausholen wollen und hielt nun etwas irritiert inne.
Der Lockenkopf feuerte den Magnum-Revolver ab, ohne auch nur einen Sekundenbruchteil zu zielen.
Ich warf mich seitwärts, rollte auf dem Boden herum, während das gewaltige Kaliber dieser Waffe dicht neben mir in den Boden einschlug, den Belag zerfetzte und sogar noch ein faustgroßes Stück aus dem Estrich heraussprengte.
Der Schuß meines 22er folgte einen Sekundenbruchteil später und traf ihn am Oberkörper.
Die Augen des Lockenkopfs weiteten sich. Er griff sich an die Wunde. Das Blut sickerte zwischen seinen Fingern hindurch. Sein Gesicht verzerrte sich zur haßerfüllten Maske.
Er hob noch einmal die Magnum, zielte auf mich und ließ mir keine Wahl.
Mein zweiter Schuß traf ihn mitten in der Stirn. Er taumelte zurück und legte sich mit dem Rücken auf das breite Doppelbett.
Unterdessen schleuderte der Rothaarige seinen Prügel in meine Richtung. Keulenartig sauste der Baseballschläger dicht über mich hinweg und fuhr dann in eine Fensterscheibe hinein, die klirrend zu Bruch ging.
Der Rothaarige riß eine Beretta unter seiner Jacke hervor.
Ich ließ ihn nicht zum Schuß kommen. Bevor er abdrücken konnte, hatte eine Kugel meines 22er ihn in der Herzgegend getroffen.
Er machte einen unbeholfenen Schritt auf mich zu und krachte dann wie ein gefällter Baum zu Boden.
Ich atmete tief durch. Zwei Leichen in der Wohnung, das bedeutete jede Menge Probleme. Und die Schüsse hatten sicherlich Aufsehen genug in der Umgebung verursacht. Was auch immer jetzt zu geschehen hatte, es mußte schnell passieren. Und das nicht zuletzt deshalb, weil es sich bei den Leichen um Maldinis Männer handelte.
Ich erhob mich, steckte den 22er ein und trat auf Mona zu, die mich mit entsetzten Augen anstarrte. Ich beugte mich zu ihr hinunter. "Es wird jetzt ein bißchen wehtun, Baby", sagte ich und zog ihr das Klebeband vom Mund.
"Jay!" stieß sie hervor. Ihre Brüste hoben sich dabei. "Jay, ich..."
Ich verschloß ihr den Mund mit einem Kuß. "Zieh dich an, Mona", sagte ich dann. "Wir müssen hier schleunigst weg..."
"Jay, diese Männer..."
"Ich werde dir alles erklären, aber nun zieh dir um Himmels Willen etwas an, damit wir endlich verschwinden können! Es geht um unser Leben..."
"Was hast du vor?"
"Dich erst mal an einen sicheren Ort bringen!"
"Aber..."
"Später, Baby!" Ich strich ihr über das Haar, dann wandte ich den Leichen einen kurzen Blick zu. Um hier aufzuräumen, blieb mir keine Zeit, denn außerdem gab es da noch ein anderes Problem: Ich fragte mich, ob die beiden Gorillas allein gewesen waren. Ich hatte zehn Jahre als Cop bei der Homicide Squad des NYPD hinter mir, bevor ich mich auf das Abenteuer einließ, mich als Private Investigator selbständig zu machen. Ein bißchen Berufserfahrung kam da also zusammen, und die sagte mir, daß in Fällen wie diesem für gewöhnlich irgendwo jemand in einem Wagen saß und darauf wartete, daß die Drecksarbeiter ihren Job erledigt hatten. Und darum mußte ich mich kümmern.
"Komm runter, wenn du fertig bist, Mona!" rief ich. "Meinen Wagen kennst du ja. Und nimm eine Waffe mit!"
Ich drehte mich nicht noch einmal um.