Читать книгу Das Super Krimi Paket Dezember 2021: 12 Romane in einem Buch - 1800 Seiten Thriller Spannung - Alfred Bekker - Страница 77
Оглавление32. Kapitel
Am Nachmittag nahm Lorant eine Reizstrombehandlung bei einem Arzt in Aurich. Dr. Roland Menninga hieß er und die Skrupel seiner Sprechstundenhilfe gegen Kassenpatienten schienen etwas weniger stark ausgeprägt zu sein als es in der Praxis von Dr. Purwin in Moordorf der Fall gewesen war.
Lorant überlegte noch, ob es sich überhaupt lohnte, Tom Tjaden noch einmal aufzusuchen. Der Detektiv nahm an, dass Rena ihn sofort nachdem Lorant sie verlassen hatte, angerufen hatte, um sich mit ihm abzusprechen.
Aber die Information, dass es einen Zusammenhang zwischen den Sluiters und Tjaden gab war trotzdem nicht ohne Brisanz.
Lorant fragte sich, wie die Tatsache, dass Tjadens Handlanger Victor Ubbo Sluiter verprügelt hatte in dieses Puzzle hineinpasste.
Immerhin würde das ein Grund sein, Tjaden doch noch einmal aufzusuchen.
Während Lorant mit angeschlossenen Elektroden auf der Krankenliege lag und sich den in Mitleidenschaft gezogenen Ischias-Nerv mit ein paar Extra-Volt durchschütteln ließ, dachte der Detektiv auch kurz an die junge Frau aus dem X-Ray, die sich Melinda genannt hatte. Unglücklicherweise hatte Lorant weder ihre Adresse noch ihren wirklichen Namen. Weshalb sie nicht an Bord der NAUTILUS erschienen war, darüber konnte Lorant nur spekulieren.
Es gibt jetzt zwei Gemeinsamkeiten bei allen drei Opfern dieser 'Serie', ging es Lorant durch den Kopf. Vorausgesetzt, dass drei schon eine Serie darstellten. Für amerikanische Verhältnisse vielleicht nicht, aber hier in good old europe?
Die erste Gemeinsamkeit blieb die beigefügte Boßel-Kugel.
Die Skythen hatten ihren Toten Goldschmuck und Waffen beigegeben. Bei den zeitgenössischen Ostfriesen schienen eben andere Beigaben en vogue zu sein.
Aber Gemeinsamkeit Nummer zwei war die Person von Tom Tjaden. Eilert Eilers war bei ihm angestellt gewesen, Gretus Sluiters Schwiegertochter hatte ein Verhältnis mit ihm gehabt und Dr. Purwin war offenbar im X-Ray ein- und ausgegangen.
Ein bisschen schwach dieser Zusammenhang, was den Doc betrifft, oder?, meldete sich eine skeptische Stimme aus Lorants Hinterkopf.
Aber vielleicht hatte ihm darüber ja Melinda Näheres sagen wollen und es sich dann aus irgendeinem Grund plötzlich anders überlegt.
Später am Abend hatte Lorant einen Termin mit Bernhardine Sluiter, die sich erkundigen wollte, wie weit Lorant mit seinen Ermittlungen inzwischen war.
Lorant gab sich zugeknöpft.
"Zusammengefasst könnte man also sagen, dass Sie bislang noch nicht sonderlich viel in der Hand haben", stellte Bernhardine Sluiter fest.
"Ich ermittle erst wenige Tage!", gab Lorant zu bedenken.
"Und wenn Sie meine Ergebnisse mit denen der Polizei vergleichen, dann können Sie sich eigentlich nicht beklagen."
"So war das auch nicht gemeint!"
"Wissen Sie, Sie denken vielleicht, dass das für mich nur ein Job ist."
"Ist es das denn nicht?"
"Ich habe mich nicht ohne Grund auf das Aufklären ungeklärter Todesfälle spezialisiert, obwohl man als Detektiv in anderen Bereichen nun wirklich mehr Geld verdienen kann. Was glauben Sie, was von Versicherungen für Honorare gezahlt werden, wenn es darum geht, irgendwelche Betrügereien aufzudecken?"
"Wollen Sie damit ausdrücken, dass Sie mehr Geld brauchen?"
"Nein, das wollte ich nicht."
Und dann berichtete Lorant von dem, was mit seiner Frau geschehen war. "Ich weiß, wie die Ungewissheit an einem nagen kann. An mir nagt sie nun schon viele Jahre lang. Am Ende möchte man nichts weiter, als Gewissheit haben und die Wahrheit kennen. Worin auch immer diese Wahrheit nun bestehen oder wie schrecklich sie sein mag."
Bernhardine Sluiter sah ihn schweigend an.
Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und bekam durch diese Körperhaltung plötzlich eine erstaunliche Ähnlichkeit zu ihrer Schwiegertochter. Eine Ähnlichkeit, die Lorant zuvor in dieser Form nicht aufgefallen war.
"Das wusste ich nicht", sagte sie tonlos.
"Für mich wird es wohl keine Gewissheit mehr geben. Die Spuren sind verwischt, die Fehler bei der Ermittlung nicht mehr zu korrigieren. Aber was Ihren Mann angeht, so liegt der Fall anders..."
"Sie sind also zuversichtlich?"
"Ja."
"Vielleicht bin ich einfach zu ungeduldig."
"Den Grund dafür kann ich nur zu gut nachvollziehen."
"Ich danke Ihnen für Ihr Mitgefühl."
"Sobald ich etwas Neues weiß, werde ich mich bei Ihnen melden."
"Ja."
"Zwei Fragen hätte ich allerdings an Sie."
"Bitte!"
"Ihr Mann hat sich bei Dr. Purwin möglicherweise nach einer Möglichkeit erkundigt, einen DNA-Test durchführen zu lassen. Hat er mit Ihnen darüber gesprochen?"
Bernhardines Sluiters Gesicht veränderte sich. Lorant hatte sie noch nie zuvor so erlebt. Sie wurde blass. Ihre sonst so streng kontrolliert wirkenden Gesichtszüge verloren jegliche Fassung.
Allerdings währte das nur einen Augenblick lang, dann hatte sie die Kontrolle wiedererlangt.
"Nein, das hat er nicht."
"Sie wissen, dass man solche Tests durchführt, um anhand von genetischem Material wie einem Haar, einem Fingernagel, dem Speichel einer Zigarettenkippe zu bestimmen, ob zwei Menschen miteinander verwandt sind?"
"Ja, ich bin ja nicht von gestern, Herr Lorant", erwiderte Bernhardine Sluiter ungewöhnlich kratzbürstig.
Sie ließ sich in einen der tiefen Sessel fallen und wirkte in diesem Moment ziemlich kraftlos. Ganz im Gegensatz zu ihrer sonstigen Verfassung.
"Möglicherweise kommt da noch Ärger auf Sie zu", murmelte Lorant.
"Inwiefern?"
"Angenommen, Ihr Mann hätte ein uneheliches Kind gehabt, von dem Sie bisher keine Ahnung gehabt hätten, dann wäre das natürlich auch erbberechtigt und müsste eventuell ausgezahlt werden..."
Sie sah Lorant überrascht an. Dann schüttelte sie den Kopf.
"Das glaube ich nicht."
"Aber wenn sich der Verdacht auf jemand anderen bezog..."
"Sie sprechen von Rena?"
Jetzt hat sie es ausgesprochen, nicht ich, dachte Lorant.
Er nickte.
"Warum hat er Ihnen von seinen Vermutungen nichts gesagt?"
"Wahrscheinlich deshalb, weil er Rena sehr mochte und sich meine Reaktion ausmalen konnte..."
"Worin hätte die bestanden?"
Ein formelles Lächeln erschien auf Bernhardine Sluiters Gesicht. "Lassen wir dieses Thema, Herr Lorant."
"Wie Sie wollen."
"Ich WILL es so", bestätigte sie.
"Dann noch etwas anderes: Ihr Mann war Mitglied in einem Boßel-Verein, der sich 'Soipkedeeler' nannte."
"Ja."
"Sie nicht?"
"Ich war ein paar Mal mit zum Boßeln, aber ich vertrage die Trinkerei nicht. Mein Magen ist etwas angegriffen. Wissen Sie, ich wirke vielleicht so, als würde ich alles gut wegstecken, egal, was da kommt. Das Ergebnis sind zwei Magengeschwüre."
"Wissen Sie jemanden, der mir mehr über diesen Verein erzählen kann?"
"Gehen Sie zu Franz Hinderks, der wohnt zwei Straßen weiter."
"Das werde ich tun."