Читать книгу Das Super Krimi Paket Dezember 2021: 12 Romane in einem Buch - 1800 Seiten Thriller Spannung - Alfred Bekker - Страница 79
Оглавление34. Kapitel
Als Lorant am Abend zum Gasthaus von Beate Jakobs zurückkehrte, saß der rotgesichtige, dickbäuchige Bauer mit der Prinz Heinrich-Mütze am Skattisch und drosch zusammen mit drei anderen Männern die Karten, dass es knallte.
Beate Jakobs begrüßte Lorant sehr freundlich.
"Moin, Herr Lorant."
"Moin", antwortete Lorant. Inzwischen hatte er sich daran gewöhnt, dass der Gruß 'Moin' zu jeder Tageszeit gesagt wurde und offensichtlich mit dem hochdeutschen 'Guten Morgen' nur eine gewisse klangliche Verwandtschaft teilte.
"Sie können doch so toll Klavier spielen", begann die Wirtin.
"Naja..."
"Doch, doch, nun untertreiben Sie mal nicht! Man sollte sein Licht nicht unter den Scheffel stellen!"
"Eine Tonleiter kriege ich noch hin."
"Die Herren am Kartentisch hätten es gerne, wenn Sie was für sie spielen würden."
Plötzlich war es ganz ruhig am Tisch geworden. Die Männer blickten Lorant erwartungsfroh an.
"Ich wusste gar nicht, dass Sie Jazz mögen."
"Wie wär's denn mit dem 'Bottermelk-Tango' von Hannes Vader!", schlug einer der Männer vor.
"Den kenne ich leider nicht."
"Und soo'n anständigen Shanty?"
"What shall we do with the drunken sailor?"
Das Vier-Mann-Publikum johlte.
Lorant versuchte sich zu erinnern, wann er das letzte Mal so eine Publikumsresonanz erzeugt hatte. Aber mit wahrer Kunst schaffte man so etwas nicht so leicht. Lorant setzte sich ans Klavier, spielte die ersten Akkorde. Die Männer grölten mit. Ein paar Kurze hatten sie wohl schon intus. Das hatte vielleicht ihre Stimmen geölt, trug aber auch dazu bei, dass sie tonlich und rhythmisch ziemlich daneben lagen.
Aber sie hatten ihren Spaß.
Was mache ich hier eigentlich?, dachte Lorant. Für grölende Landeier ein Shanty spielen. Hättest du je gedacht, dass du künstlerisch so weit absteigen wirst, als du damals im Kölner Subway aufgetreten bist? Manche Dinge sind unvorstellbar und sie geschehen doch.
Und während er spielte, stellte er sich ein jazziges Big Band Arrangement von 'what shall we do with the drunken sailor' vor.
Die grölenden Stimmen der Skat-Brüder wurden zu einer Art Hintergrundrauschen. Wie Wind oder Regen.
Dann war alles von einer Sekunde zur anderen vorbei, als eine Stimme durch den Schankraum dröhnte: "Ey, was ist denn hier los? Eine Party von entlaufenen Zoo-Affen, woll?"
Der Tätowierte stand in der Tür, hielt seinen Motorrad-Helm unter dem Arm und hatte den Reißverschluss seiner Lederkombination bis zum Bauch offen.
Alle starrten ihn an.
Der Tätowierte setzte sich an einen der Tische.
"'N Bier!", wandte er sich an Beate Jakobs. Die Wirtin zuckte die Achseln und hielt es wohl für das Beste, ihrem Gast diesen Wunsch so schnell wie möglich zu erfüllen.
Der Tätowierte schloss die Augen, fuhr sich mit einer fahrig wirkenden Geste über das Gesicht.
Warum hatte der Kerl so schlechte Laune, wenn er den ganzen an der frischen Luft ist und über Ostfrieslands gerade Straßen brettert?, ging es Lorant durch den Kopf.
Der Tätowierte bekam sein Bier, leerte eine Hälfte davon in einem Zug. Die Skatbrüder fingen wieder an zu spielen, motzten auf Plattdeutsch über den Auswärtigen, der für nichts als miese Stimmung gesorgt hätte. Und Lorant erhob sich vom Klavierhocker, ging zum Schanktisch.
"Wollen Sie noch was essen?", fragte Beate Jakobs.
"Nein, kein Appetit."
"Der Wagen war da. Ich hätte sogar ein Kotelett."
"Na, dann..."
"Dann überlegen Sie sich das noch einmal, wollten Sie sagen, nicht wahr?"
"Frau Jakobs, Sie können Gedanken lesen!"