Читать книгу Die besten 8 Urlaubskrimis im Januar 2022: Krimi Paket - Alfred Bekker - Страница 25
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Harry Dominguez bewohnte ein herrschaftliches, villenartiges Haus, das von einer hohen Mauer umgeben war.
Als Bount Reiniger seinen Mercedes vor dem gusseisernen Tor stoppte, wandte er sich an Captain Rogers, der neben ihm saß. Ohne den dicken Captain hatte er nicht die geringste Chance, überhaupt je zu Dominguez vorzustoßen oder gar in sein privates Refugium eingelassen zu werden. Aber mit einem Captain der Mordkommission, der dazu noch offiziell ermittelte, war das etwas anderes.
"Worauf wartest du, Toby? Sag am Sprechgerät deinen Text auf!"
"Du hast dir mit Harry Dominguez wirklich den Richtigen ausgesucht, Bount! Ihm etwas anzuhängen ist schwerer, als einen Pudding an die Wand zu nageln!"
Bount zuckte die Achseln. "Vielleicht klappt es ja diesmal, Toby! Außerdem habe ich es mir ja nicht ausgesucht."
"Ich weiß."
"Hattest du schon einmal mit Dominguez zu tun?"
"Ich bin ihm mal begegnet, da war ich noch Lieutenant. Er hat schon damals den biederen Geschäftsmann herausgekehrt. Das ist eine Rolle, die er meisterhaft zu spielen versteht, Bount."
Zwei Sekunden später meldete sich am Sprechgerät irgendeine niedere Charge.
Aber als Toby das Wort Kriminalpolizei über die Lippen brachte, war das gusseiserne Tor schon so gut wie geöffnet. Dominguez wollte keine Schwierigkeiten. Und er war sich wohl auch absolut sicher, dass ihm nichts anzuhängen war. Nicht einmal falsches Parken.
Nachdem sie das Tor passiert hatten, stellte Bount seinen Mercedes vor dem protzig wirkenden Portal der Villa ab.
Sie stiegen aus und wurden anscheinend schon erwartet. Ein dunkelhaariger Mann mit asiatischen Gesichtszügen kam die Stufen des Portals herunter.
Sein Anzug war ziemlich enggeschnitten. Für einen Sekundenbruchteil glaubte Bount eine gewisse, charakteristische Ausbuchtung zu sehen, die ein Pistolenholster verriet.
"Sie sagten, Sie sind von der Polizei?", fragte der Asiate.
Toby Rogers hielt seine Marke hoch und nickte.
"Genau so ist es. Wir möchten zu Mister Dominguez."
"In welcher Angelegenheit?"
"Das möchten wir ihm schon selbst sagen, Mister..."
"Tanaka. Wenn Sie mir bitte folgen wollen..."
Dominguez konnte man sicher jedes nur denkbare Verbrechen nachsagen, aber nicht, dass er keinen Geschmack hatte. Seine Villa schien vollgestopft zu sein mit erlesenen Antiquitäten.
"Sind Sie Japaner?", fragte Bount, als Tanaka sie in einen Salon geführt hatte. Die Bilder an den Wänden waren sämtlich Originale. Es war ein Raum, der nicht in erster Linie Reichtum, sondern Kultiviertheit vermitteln sollte.
Tanaka bedachte Bount mit einem nachdenklichen Blick, der schwer zu deuten blieb. Seine dunklen Mandelaugen schienen sich dabei ein wenig zu verengen.
"Meine Eltern waren Japaner, ich bin US-Bürger." Er lächelte geschäftsmäßig und kalt. "Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden. Ich werde Mister Dominguez sagen, dass Sie auf ihn warten!"
Tanaka wandte sich zum Gehen.
Er hatte den Ausgang des Salons schon beinahe erreicht, da fragte Bount ihn: "Wo waren Sie gestern Nachmittag, sagen wir zwischen vier und fünf?"
Tanaka erstarrte mitten in der Bewegung. Es verging ein Moment, eher sich herumdrehte. Mit völlig ausdruckslosem Gesicht erwiderte er dann völlig überflüssiger weise: "Sprechen Sie mit mir?"
"Sehen Sie hier noch jemanden?"
Tanakas Blick ging von Reiniger zu Rogers und wieder zurück. Er atmete einmal tief durch und erklärte dann im Brustton absoluter Überzeugung: "Ich war hier."
"Hier, im Haus von Mister Dominguez?", vergewisserte sich Bount.
"Ja. Ich hatte Dienst."
"Tragen Sie eine Waffe?"
Tanakas Arm spannte sich unwillkürlich an, seine Hand glitt ein wenig höher. Er fühlte sich jetzt sichtlich unwohl in seiner Haut, wollte dies aber um keinen Preis der Welt zeigen. Schließlich nickte er. "Ja, ich trage eine Waffe. Und ich habe dafür auch einen Schein." Er schlug sein Jackett zur Seite und holte Sie heraus.
Bount nahm sie ihm aus der Hand. Es war ein 45er Revolver, Dick Fowler hingegen war mit einer Beretta getötet worden.
Bount roch dennoch am Lauf.
"Hiermit ist vor kurzem geschossen worden", stellte er fest.
"Ich muss im Training bleiben", gab Tanaka zur Antwort. "Sie wissen doch, wie das ist, Sir! So eine Villa übt eine starke Anziehungskraft auf Gesindel aller Art aus!"
Bount gab ihm die Waffe zurück.
Tanaka steckte sie wieder ein und ging.
"Er könnte Fowlers Mörder sein", meinte Bount. Tanaka konnte der Mann mit dem asiatischen Gesicht sein, den die Leichenfledderer hatten weglaufen sehen. Teuer genug war sein Anzug jedenfalls, um in einer solchen Gegend für Aufsehen zu sorgen.
"Du hast seine Waffe gesehen, Bount."
"Er könnte eine andere benutzt haben."
"Ach komm, Bount! Warum glaubst du, dass er es war? Nur, weil er Schlitzaugen hat?"
Bount schüttelte den Kopf. "Nein, weil er in den Diensten von Harry Dominguez steht. Das schafft eine Verbindung zwischen ihm und Fowler. Was glaubst du wohl, auf wie viele Leute in Dominguez' Dunstkreis eine ähnliche Beschreibung passen würde?"
Die beiden Freunde verstummten rechtzeitig, bevor Harry Dominguez das Zimmer betrat. Dominguez war ein sonnengebräunter Mann um die fünfzig, dessen Kopf sicher irgendwann einmal mit schwarzem, lockigem Haar bedeckt gewesen war.
Jetzt war davon das meiste ergraut.
Ein Lächeln stand in Dominguez jovial wirkendem Gesicht, ein Lächeln, bei dem man sich sehr davor hüten musste, nicht darauf hereinzufallen.
Er gab erst Rogers und dann Bount die Hand und erkundigte sich dann, worum es ging. Bount wartete auf Tanaka. Aber der zog es offensichtlich vor, nicht in den Salon zurückzukehren.
"Es geht um Sie, Mister Dominguez", behauptete indessen Captain Rogers gedehnt, obwohl das natürlich nicht ganz stimmte. "Einer Ihrer Angestellten ist gestern tot aufgefunden worden..."
Dominguez machte zunächst ein etwas verdutztes Gesicht und hob dann mit einer hilflosen Geste beide Hände in die Höhe. "Tut mir Leid, meine Herren, aber für mich arbeiten so viele Menschen. Die meisten habe ich nie gesehen..."
"Es handelt sich um Dick Fowler!", warf Bount ein. "Ihren Leibwächter."
Dominguez' Gesicht blieb gelassen. Er schien einen Augenblick lang nachdenken zu müssen und nickte dann. "Ja, richtig", sagte er, "ein Mann namens Fowler hat eine Weile für meine Sicherheit gesorgt."
"Und seit wann nicht mehr?", fragte Rogers.
"Ach, das ist eine leidige Geschichte, besser wir wärmen Sie nicht auf, Lieutenant!"
"Captain!"
"Verzeihung."
"Sagen Sie schon, worum es ging. Zumindest Fowlers Ruf kann es nicht mehr schaden", knurrte Rogers.
Dominguez zuckte mit den Schultern.
"Also gut", sagte er, "ich will ganz offen zu Ihnen sein. Fowler hat geklaut. Sie sehen ja, dass es hier in diesem Haus genug Dinge gibt, die mitzunehmen sich lohnt. Manchmal habe ich auch einiges an Bargeld hier und..."
"Und vielleicht auch ein Kilo Kokain?", warf Bount ein.
Über Dominguez' Gesicht flog ein freudloses, aus Verlegenheit geborenes Lächeln, das nur dazu diente, seinen Ärger zu überspielen. Aber er hatte das gut drauf. Er war ein Mann, der sich hervorragend zu beherrschen wusste, wenn es nötig war.
"Ich habe schon viel von Ihnen gehört, Mister Reiniger. In letzter Zeit besonders oft..."
"Ich hoffe, nur Gutes", meinte Bount.
"Wie man es nimmt, Reiniger. Wo Licht ist, ist immer auch Schatten."
"Wie wahr!" Dominguez wandte sich an Rogers. "Ich möchte die letzten Bemerkungen ihres Freundes einfach mal überhört haben, Captain. Und wenn Sie Ihre Streifen behalten und nicht doch eines Tages wieder Lieutenant oder arbeitslos sein wollen, dann kommen Sie auf diese Sache am besten erst dann wieder zurück, wenn Sie Beweise haben!"
Das war nicht mehr und nicht weniger als eine handfeste Drohung und Rogers verstand sehr genau, was sein Gegenüber damit sagen wollte. Dominguez' Verbindungen reichten weit nach oben. Er hatte Einfluss und Beziehungen und man munkelte, dass vielleicht sogar der eine oder andere Staatsanwalt auf seiner Gehaltsliste stand.
Das war einer der vielen Gründe dafür, dass sich an Dominguez bis jetzt noch jeder die Zähne ausgebissen hatte. Er war einfach nicht zu packen.
"Stimmt es etwa nicht, dass Ihnen ein Päckchen Kokain abhanden gekommen ist?", fragte Bount ungeniert und erntete von Dominguez dafür einen Blick, der soviel sagte, wie: 'Dir wird dein Mut auch noch vergehen, Reiniger!'
"Sie werden nicht im Ernst erwarten, dass ich darauf eine Antwort gebe! Halten Sie sich an die Fakten, nicht an Ihre wilde Fantasie!"
"Nun, Fakt ist, dass Dick Fowler nach einem gewissen Päckchen suchte, als er mich kurz vor seinem Tod anrief. Ein Päckchen, das sehr wertvoll sein muss und das er sich von dem Gehalt, das Sie ihm gezahlt haben, bestimmt nicht leisten konnte..."
Dominguez verzog das Gesicht. Er deutete mit dem Daumen auf Rogers. "Wenn ich Police-Captain wäre, würde mich die Frage interessieren, weshalb er dann ausgerechnet Sie angerufen hat! Vielleicht wäre da eine kleine Durchsuchung angebracht!" Einen Augenblick lang blickte er noch auf Bount Reiniger, dann funkelte er Rogers an. "Stattdessen belästigen Sie mich und stehlen mir meine wertvolle Zeit!"
"Ich weiß gar nicht, was Sie wollen, Mister Dominguez!", dröhnte der dicke Rogers zurück. "Bis jetzt hat Sie noch niemand angeklagt. Wir versuchen nur, den Tod Ihres Ex-Leibwächters aufzuklären!"
"Ach, und was hat dann Ihr Freund Reiniger getan?"
"Er hat eine Hypothese aufgestellt. Vielleicht haben Sie ja eine Bessere. Wer könnte Fowler Ihrer Meinung nach auf dem Gewissen haben?"
"Soll ich vielleicht auch noch Ihre Arbeit machen? Kommt nicht in Frage!"
Rogers nahm auf einem der zierlichen Stühle Platz, die aussahen, als hätten sie ein Vermögen gekostet. Für einen so massigen Mann wie Rogers war das sicher nicht das geeignete Sitzmöbel, aber Robusteres gab es in diesem Raum nicht.
Dominguez baute sich zu einer imposanten Pose auf und meinte: "Hören Sie, ich weiß, dass Dick Fowler kriminell gewesen ist. Ich hatte ihm eine Chance geben wollen, er hat sie nicht genutzt. Alles weitere interessiert mich nicht. Das Kapitel ist für mich damit abgeschlossen. Und zwar endgültig. Wenn sie mich jetzt entschuldigen würden. Mister Tanaka wird Sie hinausbegleiten..."
Harry Dominguez drehte sich auf dem Absatz herum und wollte schon durch die Tür verschwinden, da hielt Reinigers Stimme ihn zurück. "Einen Moment noch!", rief ihm der Privatdetektiv hinterher. Dominguez drehte sich herum und hob die Augenbrauen.
"Was gibt es noch?"
"Ich möchte, dass Sie sich noch etwas ansehen!" Bount holte das Zeitungsbild der Yonkers-Leiche heraus, trat nahe an Dominguez heran und hielt es ihm unter die Nase. Dominguez sah nur ganz kurz hin oder besser: Er schielte für einen Sekundenbruchteil auf das Foto.
"Kennen Sie die Frau?"
"Nein."
"Sehen Sie sie sich doch einmal richtig an!"
"Ich sagte, dass ich sie nicht kenne. Das ist doch wohl genug, oder?"
"Wie Sie meinen."
Bount tat das Bild wieder beiseite und dachte: Der Kerl hat sie wiedererkannt! Wenigstens etwas, was bei der Sache herausgekommen ist!