Читать книгу Aileen - Algernon Blackwood - Страница 24
Das Tal der Tiere I
ОглавлениеAls sie unversehens aus dem dichten Wald heraustraten, hielt der Indianer an. Grimwood, der ihn eingestellt hatte, blieb neben ihm stehen und blickte in das herrlich bewaldete Tal, das sich unter ihnen im Glanz eines goldenen Sonnenuntergangs ausbreitete. Beide Männer stützten sich auf ihre Büchsen, gefangen vom Zauber der unerwarteten Szenerie.
„Wir lagern hier“, sagte Tooshalli unvermittelt, nachdem er die Umgebung sorgfältig begutachtet hatte. „Morgen machen wir einen Plan.“
Er sprach ein ausgezeichnetes Englisch. Der Unterton von Entschlusskraft, ja beinahe Autorität in seiner Stimme war unüberhörbar, aber Grimwood schob es auf die natürliche Erregung des Augenblicks. Jede Fährte, der sie in den vergangenen Tagen gefolgt waren - und eine im Besonderen - hatte geradewegs in Richtung dieses entlegenen und verborgenen Tals geführt und sie versprach ein außergewöhnliches Jagdvergnügen
„So machen wir es“, erwiderte er in befehlendem Ton. „Du kannst gleich anfangen, das Lager aufzuschlagen.“
Er setzte sich auf eine umgestürzte Hemlock-Tanne, um seine Mokassinstiefel auszuziehen und die Füße einzufetten, die schmerzten nach dem beschwerlichen Tag, der sich nun seinem Ende zuneigte. Obwohl er unter gewöhnlichen Umständen darauf gedrängt hätte, noch ein oder zwei Stunden weiter zu marschieren, hatte er nichts dagegen, hier zu übernachten. Die Schinderei der letzten Stunden hatte ihn erschöpft, sein Auge und seine Muskeln waren nicht mehr sicher genug, um zuverlässig einen tödlichen Schuss anzubringen. Er hatte nicht vor, ein zweites Mal daneben zu schießen.
Mit seinem kanadischen Freund, Iredale, dessen Halbblut und seinem eigenen Indianer, Tooshalli, war die Gruppe vor drei Wochen aufgebrochen um die 'herrlichen großen Elche' aufzuspüren, von denen die Indianer berichteten, dass sie in der Gegend am Snow River umherstreiften. Bald stellten sie fest, dass die Berichte zutrafen; Fährten gab es reichlich, fast jeden Tag sahen sie schöne Tiere, doch obwohl sie ansehnliche Geweihe trugen, erwarteten die Jäger noch bessere Beute und ließen sie in Ruhe.
Sie drangen weiter den Fluss hinauf vor bis zu einer Kette kleiner Seen an seiner Quelle, wo sie sich in zwei Gruppen teilten, jede mit einem Neun-Fuß-Rindenkanu und ausgerüstet für die drei Tage, die es nach Meinung der Indianer dauern würde, bis man die größeren Tiere in den tieferen Wäldern aufgespürt hätte. Die Erregung war stark, aber die Erwartungen waren noch stärker.
Am Tag bevor sie sich trennten schoss Iredale den größten Elch seines Lebens, und das Geweih - größer sogar als die mächtigen Alaska-Geweihe - hängt noch heute in seinem Haus. Grimwoods Jagdfieber war schon ziemlich angestiegen. Sein Blut war von feuriger, um nicht zu sagen wilder Art. Manchmal schien es, als liebte er das Töten nur um seiner selbst willen.
Vier Tage nachdem die Gruppe sich geteilt hatte stieß er auf eine gigantische Fährte, deren Größe und Schrittlänge jeden Nerv in ihm aufs Höchste anspannten.
Tooshalli untersuchte die Spuren einige Minuten sehr sorgfältig.
„Das ist der größte Elch auf der Welt“, sagte er schließlich mit einem ungewohnten Ausdruck auf seinem undurchschaubaren roten Antlitz.
Sie folgten der Spur den ganzen Tag, bekamen den Riesenburschen aber nicht zu Gesicht. Er schien einer moorigen Senke zu folgen, zu klein, um ein Tal genannt zu werden, die von Weiden und Gestrüpp überwuchert war. Er hatte seine Verfolger noch nicht gewittert. Bei Anbruch der Abenddämmerung waren sie ihm dicht auf den Fersen. Gegen Abend des zweiten Tages erhaschte Grimwood in einem Weidendickicht einen kurzen Blick auf das Ungeheuer und die Pracht des mächtigen Kopfes, der mit Leichtigkeit alle Rekorde brach, ließ sein Herz vor Aufregung wie ein Hammerwerk schlagen. Er legte an und feuerte. Doch anstatt zusammenzubrechen preschte der Elch durch das Gebüsch davon und verschwand. Das Geräusch seines stampfenden Galopps verlor sich rasch in der Ferne. Grimwood hatte es verfehlt, auch wenn das Tier möglicherweise verwundet war.
Den ganzen nächsten Tag lang folgten sie der riesigen Fährte, nachdem sie ein Lager aufgeschlagen und dort ihr Kanu zurück gelassen hatten. Obwohl sie Spuren von Blut fanden, waren diese jedoch gering und bewiesen, dass der Schuss das Tier nur gestreift hatte. Der Marsch wurde immer beschwerlicher. Gegen Abend, als sie sich völlig verausgabt hatten, führte sie die Spur auf den Höhenrücken, auf dem sie nun standen und in das verzauberte Tal blickten, das sich zu ihren Füßen öffnete. Der riesige Elch war in dieses Tal hinabgestiegen, wohl weil er sich dort in Sicherheit fühlte. Grimwood stimmte dem Urteil des Indianers zu. Sie würden hier die Nacht über lagern und im Morgengrauen die wilde Jagd nach dem „größten Elch der Welt“ wieder aufnehmen.
Das Abendessen war vorüber und das kleine Feuer, auf dem sie es gekocht hatten, fast heruntergebrannt, als Grimwood zum ersten Mal bemerkte, dass sich der Indianer nicht wie gewöhnlich benahm. Was genau ihm merkwürdig vorkam, konnte er allerdings nicht sagen. Er war ein eher begriffsstutziger, schwerfälliger Mann, robust und unsensibel. Eine Tatsache musste seine Behaglichkeit, sein Wohlbefinden stören, bevor er sie wahrnahm. Jeder andere hätte den Wandel in der Stimmung der Rothaut schon lange vorher bemerkt. Tooshalli hatte das Feuer angezündet, den Speck geröstet, den Tee serviert und war jetzt dabei, die Schlafdecken auszurollen - seine und die seines Dienstherrn, als diesem sein Schweigen auffiel.
Tooshalli hatte seit anderthalb Stunden nicht ein einziges Wort gesprochen- seit sie den ersten Blick in das Tal geworfen hatten, um genau zu sein. Sein Schweigen fiel seinem Arbeitgeber erst jetzt auf, denn nach dem Abendessen hatte er es gern, Lagerfeuer- und Jagdgeschichten zu hören.
„Bist ganz schön erledigt? Nicht wahr?“, sagte Grimwood und schaute über den Feuerschein in das dunkle Gesicht. Er ärgerte sich über den Mangel an Konversation, jetzt, da er ihm einmal aufgefallen war. Er selbst war hundemüde, und obwohl ohnehin von aufbrausendem Gemüt, fühlte er sich noch reizbarer als gewöhnlich.
„Hast du die Sprache verloren, eh?“, knurrte er, als der Indianer seinen Blick mit ernster, ausdrucksloser Miene erwiderte. Dieser dunkle, unergründliche Ausdruck zerrte ein wenig an seinen Nerven. „Spuck's aus, Mann!“ stieß er scharf hervor. „Was ist los mit dir?“
Der Engländer hatte schließlich begriffen, dass es da etwas zum „ausspucken“ gab. In seinem jetzigen Zustand steigerte diese Erkenntnis noch seinen Ärger. Tooshalli blickte ernst, gab aber keine Antwort.
Sein Schweigen dehnte sich fast zu Minuten. Dann wandte er den Kopf etwas seitwärts, so als ob er lauschte. Grimwood beobachtete ihn mit wachsendem Ärger.
Doch es war die Art, in der die Rothaut den Kopf drehte und gleichzeitig den Körper völlig bewegungslos hielt, die an Grimwoods Nerven zerrte und ihn einer Empfindung auslieferte, die er in seinem ganzen Leben noch nicht erlebt hatte - er bekam eine Gänsehaut. Es brachte seine gesamte innere Ordnung in Aufruhr, machte ihn aber auch vorsichtig. Er mochte das nicht - diese Kombination von Gefühlen, die ihn verwirrten.
„Sag was, ich rate es dir“, wiederholte er in schärferem Ton und erhobener Stimme. Er setzte sich auf und schob seinen massigen Körper dichter ans Feuer. „Sag was, verdammt!“
Seine Stimme verlor sich den Bäumen ringsum und machte die Stille des Waldes auf unerfreuliche Weise spürbar. Kein Wind wehte, kein Ast rührte sich; nur das Knacken trockener Zweige war hin und wieder zu hören, wenn das nächtliche Leben sich manchmal unachtsam regte, das die Menschen an ihrem kleinen Feuer belauerte. Die Oktoberluft trug einen beißenden, frostigen Hauch heran.
Die Rothaut antwortete nicht. Kein Muskel seines Halses oder des starren Körpers bewegte sich.
„Nun?“, wiederholte der Engländer und senkte diesmal instinktiv seine Stimme. „Was hast du gehört, verdammt.“ Der Hauch seltsamer Nervosität, der seinen Ärger schürte, verriet sich in seiner Ausdrucksweise.
Tooshalli drehte seinen Kopf langsam wieder in seine normale Stellung, der Körper starr wie zuvor.
„Ich höre nichts, Mr. Grimwood“, sagte er und blickte mit stiller Würde in die Augen seines Dienstherrn.
Das war zu viel für den anderen, einen Mann von wildem Gemüt selbst in seinen umgänglichsten Momenten. Er war der Typ des Engländers, der feste Vorstellungen davon hatte, wie mit „minderwertigeren“ Rassen umzugehen war.
„Du lügst, Tooshalli – und ich lass mich nicht von dir belügen. Also was war es? Sag’s mir auf der Stelle!“
„Ich höre nichts“, wiederholte der Andere. „Ich denke nur.“
„Und was beliebst du zu denken?“
Die Ungeduld legte einen gehässigen Zug um seinen Mund.
„Ich gehe nicht“, war die brüske Antwort, unabänderliche Entschlossenheit in der Stimme.
Diese Erwiderung kam so unerwartet, dass Grimwood zuerst nichts sagen konnte. Für einen Augenblick begriff er die Bedeutung nicht. Sein gewohnt unbeweglicher Geist war durch Ungeduld verwirrt wie durch das, was er als die Lächerlichkeit dieser Szene empfand. Dann begriff er es blitzartig – und er erkannte die unerschütterliche Sturheit der Rasse, mit der er es zu tun hatte. Tooshalli teilte ihm mit, dass er nicht in das Tal gehen würde, in dem der große Elch verschwunden war. Seine Überraschung war so groß, dass er zunächst nur dasaß und starrte. Ihm fehlten schlicht die Worte.
„Es ist …“, sagte der Indianer und benutzte einen Eingeborenenausdruck.
„Was bedeutet das?“ Grimwood fand die Sprache wieder, aber es lag eine Drohung in ihrem ruhigen Ton.
„Mr. Grimwood, es bedeutet, ‘Tal der Tiere’“, kam die Antwort in noch ruhigerem Ton.
Der Engländer kämpfte ernsthaft um seine Selbstbeherrschung. Er erinnerte sich selbst daran, dass er es mit einer abergläubischen Rothaut zu tun hatte und er kannte deren Verbohrtheit. Wenn der Indianer ihn verließ, war der Jagdzug unwiderruflich gescheitert, denn alleine konnte er in der Wildnis nicht jagen. Selbst wenn er den begehrten Schädel erbeutete, konnte er ihn niemals alleine zurück bringen. Die angeborene Selbstsucht unterstützte seine Anstrengungen. Er musste den aufsteigenden Ärger unterdrücken und es mit Überredungskunst versuchen.
„Das Tal der Tiere“, sagte er mit einem Lächeln, mehr auf seinen Lippen als in den finster blickenden Augen. „Aber das ist doch genau das, was wir suchen. Wir sind hinter dem Wild her, oder nicht?“ Seine Stimme hatte einen falschen, vergnügten Klang, der nicht einmal ein Kind getäuscht hätte. „Aber was meinst du nun eigentlich damit – Das Tal des Wildes?“, fragte er in einem ungeschickten Versuch, sympathisch zu wirken.
„Es gehört Ishtot, Mr. Grimwood. Der Mann schaute ihm mit festem Blick ins Gesicht.
„Mein … unser … großer Elch ist dort“, sagte der Andere, der den Namen des indianischen Jagdgottes erkannte, und – weil er nun besser verstand – sicher war, seinen Begleiter überreden zu können. Es fiel ihm ein, dass Tooshalli, zumindest dem Namen nach, ein Christ war. „Wir nehmen im Morgengrauen die Verfolgung wieder auf und holen uns die größte Trophäe, die die Welt je gesehen hat. Du wirst berühmt sein.“ Seinen Ärger jetzt besser unter Kontrolle fügte er hinzu: „Dein Stamm wird dich verehren. Und die weißen Jäger werden dir viel Geld bezahlen.“
„Er geht dorthin, um sich in Sicherheit zu bringen. Ich gehe nicht.“
Grimwoods Zorn flammte angesichts dieser blödsinnigen Sturheit wieder auf. Aber er bemerkte trotzdem die altertümliche Wortwahl des Indianers. Er begann zu begreifen, dass nichts mehr diesen Mann umstimmen konnte. Gleichzeitig war ihm bewusst, dass Gewalt seinerseits die Sache nur schlimmer machen würde. Doch Gewalttätigkeit war nur natürlich für seinen „dominanten“ Charakter. Der brutale Grimwood wurde er oft genannt.
„Denk dran, dass du in der Siedlung wieder ein Christ bist“, versuchte er unbeholfen ein weiteres Argument. „Auf Ungehorsam steht das Höllenfeuer. Das weißt du.“
„Ich ein Christ – in Siedlung“, kam die Antwort. „Aber hier draußen herrscht Roter Gott. Tal gehört Ishtot. Kein Indianer jagen dort.“ Es war, als spräche ein Felsblock.
Das wilde Temperament des Engländers, aufgestaut durch die lange, mühsame Unterdrückung, flammte plötzlich auf. Er stand auf, trat seine Decken beiseite und stampfte auf den Indianer zu. Tooshalli erhob sich ebenfalls. Auge in Auge standen sie sich gegenüber, zwei Menschen allein in der Wildnis, beobachtet von zahllosen verborgenen Augen des Waldes.
Tooshalli stand reglos da, obwohl er mit einer Gewalttätigkeit des närrischen, unwissenden Bleichgesichts rechnete.
„Du geh allein, Mr. Grimwood.“ Es war keine Furcht in ihm.
Grimwood würgte vor Zorn. Nur mühsam stieß er die Worte hervor und brüllte sie in die Stille des Waldes:
„Ich bezahl dich – oder nicht? Du wirst tun, was ich sage und nicht, was du sagst!“ Seine Stimme hallte von den Bäumen wider. Der Indianer gab die alte Antwort:
„Ich gehen nicht“, erwiderte er standhaft.
Es stachelte den Anderen zu unkontrollierter Raserei an. Die Bestie drängte nach oben; sie brach sich Bahn.
„Das hast du einmal zu oft gesagt, Tooshalli.“ Grimwood schlug ihm brutal ins Gesicht. Der Indianer fiel nieder, kam wieder auf die Knie, brach neben dem Feuer zusammen und brachte sich mühsam in eine sitzende Position. Nicht einmal löste er seinen Blick vom Gesicht des weißen Mannes.
Außer sich vor Wut stand Grimwood über ihm. „Reicht das? Wirst du jetzt gehorchen?“ brüllte er.
„Ich gehen nicht“, kam die mühsame Antwort des Indianers. Blut rann aus seinem Mund, aber seine Augen blickten fest. „Dieses Tal Ishtot beschützt. Ishtot sehen uns jetzt. Er sehen dich.“ Die letzten Worte betonte er auf seltsame, fast unheimliche Weise.
Grimwood, den Arm erhoben und die Faust geballt, bereit, seine scheußliche Gewalttat zu wiederholen, hielt plötzlich inne. Sein Arm sank herab. Was genau ihn abgehalten hatte konnte er sich nicht erklären. Einerseits fürchtete er sich vor seiner eigenen Wut; fürchtete, dass er nicht aufhören konnte, wenn er sich jetzt gehen ließ – bis er getötet, einen Mord begangen hatte. Aber das war es nicht allein. Die ruhige Standhaftigkeit des Indianers, sein Mut trotz des Schmerzes und etwas in seinen furchtlosen, brennenden Augen geboten ihm Einhalt. War es auch etwas in den Worten, die er benutzt hatte – ‘Ishtot sehen dich’ – das eine eigenartige Warnung mitten in Grimwoods Wildheit bohrte?
Er konnte es nicht sagen. Er spürte nur, wie eine plötzliche Scheu über ihn kam. Der Wald, der sie umgab wurde ihm unangenehm bewusst. So still, als lausche er in einer Art undurchdringlichen mitleidlosen, Schweigens. Die einsame Wildnis, die reglos auf den beinahe begangenen Mord herabblickte, mischte eine unerklärliche dumpfe Kühle in sein zorniges Blut. Seine Hand sank wieder herab, die Faust öffnete sich, sein Atem beruhigte sich.
„Schau mal her“, sagte er und verfiel unbewusst in die hiesige Sprechweise. „Ich bin kein schlechter Mann. Obwohl dein Gehabe einen Mann verdammt ermüden kann. Ich will dir noch eine Chance geben.“ Seine Stimme klang verdrossen, aber mit einem neuen Unterton, der ihn selbst überraschte. „Ich tue es. Du kannst die Nacht über noch einmal darüber nachdenken, hörst du, Tooshalli? Besprich es mit deinem …“
Er beendete den Satz nicht. Irgendwie sträubte sich der Name des Indianergottes, über seine Lippen zu kommen. Er wandte sich ab, vergrub sich in seine Decke und war in weniger als zehn Minuten – von seinem Zornausbruch ebenso erschöpft wie von den Strapazen des Tages – fest eingeschlafen.
Der Indianer, der noch immer neben dem erlöschenden Feuer kauerte, hatte nichts gesagt.
*
Nacht umfing den Wald, der Himmel war von Sternen besät und das Waldleben ging lautlos seinen Geschäften nach mit jenem wun-
derbaren Geschick, das Millionen von Jahren zur Vollkommenheit entwickelt hatten. Der Indianer, in dem diese Fähigkeiten noch lebendig genug waren, dass er sie instinktiv nutzte, war still, wachsam und erfahren, seine Umrisse waren so unauffällig wie die seiner vierbeinigen Lehrer, als er mit dem umgebenden Dickicht verschmolz.
Wohl bewegte er sich, doch nichts und niemand wusste von seiner Bewegung. Seine Klugheit, geerbt von der ewigen uralten Mutter, die aus unendlicher Erfahrung heraus niemals Fehler machte, ließ ihn nicht im Stich. Sein behutsames Auftreten machte kein Geräusch, Atem und Schritt in perfektem Gleichgewicht.
Die Sterne beobachteten ihn, aber sie schwiegen darüber. Die leichte Luft kannte seinen Weg, aber sie verriet ihn nicht.
Die kühle Dämmerung schimmerte schließlich zwischen den Bäumen, beschien die fahle Asche eines erloschenen Feuers ebenso wie die unförmige Gestalt unter einer Decke. Die Kälte war durchdringend.
Und diese unförmige Gestalt bewegte sich, denn ein Traum quälte sie. Ein dunkles Etwas stahl sich durch sein noch wirres Blickfeld. Die Gestalt bewegte sich, aber sie erwachte nicht.
Das Etwas begann zu sprechen.
„Nimm dies“, flüsterte es und hielt ein seltsam geschnitztes Stöckchen. „Es ist das Totem des großen Ishtot. Im Tal werden dich alle Erinnerungen an die weißen Götter verlassen. Rufe Ishtot an. Rufe Ihn an, wenn du es wagst.“ Das dunkle Etwas glitt davon, fort aus dem Traum und fort aus jeder Erinnerung.