Читать книгу Du darfst nicht sterben - Andrea Nagele - Страница 7

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Paul liegt ausgestreckt auf dem weißen Laken.

Er fühlt sich wie nach einem Krampfanfall. Ermattet. Jeder Muskel schmerzt. Sandig die Haut, pelzig die Zunge. Lippen und Mundwinkel brennen, als wären sie mit Lauge in Berührung gekommen. Ein Durcheinander in den Gedanken. Gewitter im Kopf, Blitz und Donner.

In all dem Gewirr die eine schreckliche Erkenntnis: Er hat Anne getötet und Lili nicht gefunden.

Sein Kopf schnellt vom Kissen hoch. Bestürzt starrt er in den gleißenden Lichtstrahl der Neonröhre über dem Bett. Er hat kaum geschlafen, noch immer sind Geist und Körper gleichermaßen erschöpft. Zwanghaftes Schlucken drängt den ekligen Geschmack aus Rachen und Mundhöhle zurück, unterdrückt den Brechreiz.

Immerhin, die Glieder beben nicht mehr so heftig, und sein Herz pumpt regelmäßiger das Blut durch die Adern.

Durch das geöffnete Fenster dringt Nachtluft, ein Gemisch aus Benzin und Dieselgestank von der nahen Tankstelle. Das Dröhnen der Lastwagen auf der Autobahn ist dem sanften Surren der Pkws gewichen.

Vorsichtig hebt Paul seine rechte Hand, hält sie dicht vor die Augen, betrachtet sie eingehend. Diese fünf Finger hatten sich um den Griff des Messers gekrallt. Fast von allein war die Klinge in ihren schlanken Hals geglitten.

Er hat sie getötet.

Trotz der Demütigungen, der Verletzungen, die seine Seele zu einem schmerzenden Narbengewächs haben verkommen lassen, ist er hilflos gegen die aufsteigende Verzweiflung.

Warum nur hatte sie ihm Lili genommen? Seine wunderbare Frau, die er abgöttisch liebt. Den Gefühlen von Trostlosigkeit und Zorn ausgeliefert, schmerzt es weniger, der Wut nachzugeben.

Das rasche Eintreffen der Polizei hatte ihn vertrieben. Er wollte nur seine Lili zurück, jetzt hat sie eine tote Schwester und Annes Kind keine Mutter.

Lange Monate waren mit der Suche nach den beiden vergangen, dann lange Tage mit der Beobachtung des Hauses. Zweimal war er vor dieser Nacht in der Wohnung gewesen, um zu sehen, wie sie leben.

Warum haben sie sich nicht besser vor Eindringlingen geschützt?

Vielleicht wollte Lili ja von ihm gefunden werden?

Dennoch hatte sie sich vor ihm versteckt.

Lili hätte sich nur ein wenig anstrengen müssen, und alles wäre gut geworden. Paul und Lili, später dann ein Kind, für immer als Familie vereint. Nie wollte er mehr.

Entschlossen drängt er den Kummer, der ihn wieder zu überwältigen droht, weg. Er muss stark sein.

Irgendwo wartet seine Lili. Diesmal wird er sie finden.

Du darfst nicht sterben

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