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Ein Historienmaler als Museumsgründer

Ludwig Lindenschmit d. Ä.

Name: Ludwig Lindenschmit der Ältere

Geboren: 4. September 1809 in Mainz

Gestorben: 14. Februar 1893 ebenda

Tätigkeiten: Historienmaler, Antiquar

Besonderheit: Gründer des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz

Ludwig Lindenschmit war vieles in einer Person: Pionier-Prähistoriker, Historienmaler, Lithograf und Zeichenlehrer. Er entstammte einer weitverzweigten Künstlerfamilie, deren Mitglieder über vier Generationen hinweg als Künstler tätig waren und zwischen Mainz und München pendelten. Sein Bruder Wilhelm war ebenfalls Historienmaler.

Wer war das?

Lindenschmit wurde in Mainz geboren, wo er auch das Gymnasium besuchte. Zur Künstlerausbildung wurde er zusammen mit seinem Bruder nach Wien geschickt, mit dem er 1825 nach München ging, um an der Kunstakademie zu studieren. Ab 1831 war Lindenschmit dann als Zeichenlehrer in Mainz tätig, wobei seine Spezialität historische Themen wie Ritter oder Landsknechte waren. Ebenfalls zusammen mit seinem Bruder schuf er ab 1835 die historischen Fresken in Hohenschwangau. 1842 heiratete er eine Münchnerin, mit der er sechs Kinder haben sollte.

Zurück in Mainz beschäftigte Lindenschmit sich zunehmend mit heimischer Altertumskunde und gehörte 1841 zu den Mitbegründern des dortigen Altertumsvereins. Daneben wirkte er als Konservator für die damals im Kurfürstlichen Schloss aufbewahrten archäologischen Fundstücke. 1852 initiierte Lindenschmit die Gründung des Römisch-Germanischen Zentralmuseums (RGZM), damals „Centralmuseum für germanische und römische Altertümer“, sowie des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg (damals „Germanisches Museum“). Schon bald kam es zum Streit, ob man wirklich zwei ähnlich angelegte Museen in einem Land brauchte, was durch finanzielle Probleme beim Mainzer Museum scheinbar unterstrichen wurde. Eine wie auch immer geartete Vereinigung beider Museen wurde aber von Lindenschmit mit Vehemenz abgelehnt und schließlich fallen gelassen. Zunächst erledigte er die gesamte Museumsarbeit nebenberuflich und unbezahlt, erst ab 1872 konnte er seinen Beruf als Zeichenlehrer aufgeben, weil das Deutsche Reich jetzt bereit war, das Museum und seinen Direktor zu finanzieren. Unterstützung erhielt er von seinem gleichnamigen Sohn Ludwig Lindenschmit dem Jüngeren, der nach dem Tod des Vaters die Position des Direktors des RGZM übernahm.

Das Römisch-Germanische Zentralmuseum

Um die Mitte des 19. Jhs. war man bemüht, die Kenntnis der heimischen vorgeschichtlichen und geschichtlichen Epochen zu systematisieren. Zu diesem Zwecke gründete man sog. „Centralmuseen“, in denen Funde, Abgüsse und Dokumentationen überregional zusammengetragen wurden. Insbesondere die große Anzahl von Kopien und Zeichnungen antiker Denkmäler waren eher als Materialbasis für Forscher gedacht denn als imposante Schausammlung. Nach und nach kamen auch hoch spezialisierte Restaurierungswerkstätten dazu, die das RGZM heute zu einer der wichtigsten Forschungsinstitutionen auf deutschem Boden machen. Es besitzt zu Recht internationalen Ruf und arbeitet mit Museen in ganz Europa zusammen. Über die Tätigkeit des Hauses berichtet jährlich das Jahrbuch des RGZM.

Lindenschmit erkannte als einer der ersten die Notwendigkeit von überregionalen Studien in der Archäologie, um zu verwertbaren Ergebnissen zu gelangen. Er legte deshalb unter dem Dach des RGZM eine riesige Sammlung von Abgüssen an – 12.000 Abformungen aller Arten von Altertümern wurden angefertigt und archiviert, teilweise auch finanziert durch den öffentlichen Verkauf solcher Kopien. Daneben wurden aber auch alle Originale, die zu bekommen waren, sowie Abbildungen von weiteren Funden in den Museumsbestand aufgenommen. Schon damals wurde das RGZM eher als Forschungseinrichtung denn als Museum für Publikumsverkehr verstanden, was bis heute so gehalten wird. 1861 fungierte Lindenschmit bei der Gründung des Museums der Antiquités Nationales in St. Germain-en-Laye als Berater von Napoleon III. und schenkte dieser Einrichtung eine Reihe wichtiger Denkmäler.

„[In der Arbeit Lindenschmits] verbindet sich hellsichtiges Erfassen archäologischer Erkenntnismöglichkeiten, namentlich in Bezug auf die Chronologie frühmittelalterlicher Grabfunde, mit historischem Forschungsdrang, nationaler Begeisterung und unverhohlener Streitlust ...“

Hermann Ament

Ebenfalls bis heute von Bedeutung sind seine neolithischen Ausgrabungen, zu denen die ersten Funde der später so genannten Hinkelstein-Gruppe gehörten. Zusammen mit seinem Sohn identifizierte er in den 1870er Jahren die prähistorischen Tiergravierungen von Thayngen/ Schweiz als angebliche Fälschungen und schrieb einen sarkastischen Aufsatz darüber; was ein gutes Licht auf den damals in der Wissenschaft herrschenden Ton wirft, der auch bei vielen anderen „wilhelminischen“ Forschern wie Furtwängler zu beobachten ist. Lindenschmit schloss kategorisch aus, dass so etwas wie eiszeitliche Kunst überhaupt existierte, auch wenn sich einige der Stücke später als echt erweisen sollten. Allerdings waren ihm sowieso alle Kunstwerke, die vor der römisch-mittelalterlichen Epoche entstanden sein sollten, suspekt, denn seine Liebe gehörte der Merowingerzeit, die im einzig erschienenen Band des „Handbuchs der deutschen Alterthumskunde“ behandelt wird und ihn zum Begründer dieser Spezialdisziplin der Archäologie macht. Zu den unter Lindenschmits Regie durchgeführten Grabungen gehörte das sog. „ Todtenlager von Selzen“, ein bedeutendes, reich ausgestattetes fränkisches Reihengräberfeld, das er zusammen mit seinem Bruder in hervorragenden Aquarellen publizierte. Diese Zeichnungen berücksichtigen auch den archäologischen Befund, nicht nur die vollständig erhaltenen Funde, was damals revolutionär war. Viele glaubten sogar noch, die Reihengräber wären keltischen Ursprungs, während Lindenschmit sie eindeutig den Germanen (den „Deutschen“) zuwies. Wiederum zusammen mit seinem Sohn gab er die fünf Bände der „Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit“ (1864–1911) heraus.

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