Читать книгу Revolution? Ja, bitte! - Andreas Buhr - Страница 20

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Als wir unseren Blick geschärft hatten für das, was durch die Digitalisierung auf uns zukommt, war klar, dass sich unsere Aufmerksamkeit nun auf die Unternehmen richten musste: Wie weit sind unsere Kunden bei der digitalen Transformation? Angesichts der exponentiellen Geschwindigkeit dieser Technologie spielt der Zeitfaktor eine erhebliche Rolle. Mehr als früher. Das klassische Telefon etwa brauchte 75 Jahre, ehe es 100 Millionen Nutzer erreichte. Facebook schaffte das in vier Jahren und verbindet heute 2,1 Milliarden User. WhatsApp überschritt die 100-Millionen-Marke bereits nach drei Jahren und vier Monaten, Instagram nach zwei Jahren und vier Monaten. Und Pokémon hat für 50 Millionen Spieler weltweit nur zwölf Tage gebraucht. Wir haben es mit einer Dynamik zu tun, mit der wir noch nie zuvor konfrontiert waren. Unser Fokus richtete sich daher auf diejenigen, die diese Transformation in Rekordzeit zu leisten haben: die Führungselite. Wir stellten uns die alles entscheidende Frage: Hat die Digitalisierung die Führungsstile der Manager verändert?

Denn wir sind uns sicher, dass es bei dieser Transformation nicht darum geht, die Digitalisierung bloß in den bereits bestehenden Führungsstil zu integrieren. Das ist entschieden zu klein gedacht und wäre eine Performance, die weit unter den Möglichkeiten bliebe! Es geht um viel mehr. Gerade weil die Digitalisierung eine Technologie ist, die alles auf den Kopf stellt, was mit ihr in Berührung kommt, muss auch das Führungsverhalten sich radikal erneuern oder zumindest um weitere wichtige Elemente erweitern. Schließlich erlauben es die sozialen Medien – Videotelefonie, Wiki, Intranet, Messenger-Dienste und E-Mail –, Führung ganz neu zu gestalten. Sie machen es möglich, anders zu kommunizieren, zu informieren, zu kontrollieren, zu delegieren, zu motivieren und zu organisieren.

Also ist jede einzelne Tätigkeit, die bei Führung eine Rolle spielt, von der Digitalisierung betroffen. Arbeitsprozesse können – so unsere These – kommunikativer, motivierender, kreativer, effektiver, transparenter und weniger hierarchisch gestaltet werden.1

Sie bieten neue Möglichkeiten der Mitgestaltung für die Mitarbeiter und fordern eine neue Vertrauenskultur ein. Wenn sich aber das Führungsverhalten derart tief greifend ändert, wird sich auch die Unternehmenskultur grundsätzlich ändern müssen. Nimmt man das alles ernst, handelt es sich um nichts weniger als um eine Revolution in den Unternehmen.

Bei dieser Revolution, so vermuteten wir weiter, würde die Generation Y, also jene Menschen, die zwischen 1980 und 1995 geboren sind, langfristig eine zentrale Rolle spielen.2 Eine Führungsriege, die mit Handy und Internet groß geworden ist und gerade dabei ist, in die Führungspositionen nachzurücken. An ihnen, so hofften wir, könnten wir ablesen, wie der Führungsstil von morgen aussieht. Wir waren uns sicher: So disruptiv die Digitalisierung selbst ist, so signifikant verändert – alle Möglichkeiten der Digitalisierung ausschöpfend – würde auch der Führungsstil sein! Wir nahmen zudem an, dass die sozialen Medien einen erheblichen Einfluss auf das jeweilige Führungsverhalten haben würden.

Nun ging es darum, unsere Thesen in der Praxis zu testen und zu sehen, ob sie sich bestätigen würden. Deswegen suchten wir nach einem wissenschaftlichen Partner, der diese Erhebungen mit fachlicher Expertise begleiten würde, und fanden ihn in Professor Charles Max von der Universität Luxemburg. Die wissenschaftliche Begleitung war wichtig für die seriöse Formulierung, Erhebung und Auswertung der Fragebögen. Denn unser Anspruch war hoch: Wir wollten nicht nur in die Tiefe fragen, sondern auch repräsentative Ergebnisse bekommen. So kombinierten wir qualitative mit quantitativer Forschung.3

Zuerst wurden mit ausgewählten Führungspersönlichkeiten qualitative Gespräche geführt. Die Ergebnisse dieser Befragung waren sodann die Grundlage für die Hypothesen der quantitativen Online-Erhebung, die viele Menschen befragte. Dabei legten wir Wert darauf, dass nicht nur die Führungsebene, sondern auch die Mitarbeiter zu Wort kamen. Schließlich war es unser Ziel, Selbst- und Fremdeinschätzung miteinander zu verbinden, um ein möglichst realistisches Bild von der Situation in den mittelständischen Unternehmen zu erhalten.

Wir riefen in Wirtschaftszeitungen, im Internet und in den Unternehmen dazu auf, an der Befragung teilzunehmen. Die Resonanz hat uns überwältigt: 2527 Menschen ließen uns tief in das Führungsverhalten ihrer Unternehmen schauen! Das haben wir als einen enormen Vertrauensvorschuss empfunden. Unterstützt wurde das Projekt u. a. durch brand eins, Capital.de und Harvard Business Manager.

Ohne dieses Vertrauen, das uns von vielen Menschen entgegengebracht wurde, wären die Erhebungen nicht möglich gewesen. Dafür sind wir dankbar. Die Resultate der Forschungsarbeit wurden nach wissenschaftlichen Kriterien ermittelt und in Bezug zu anderen Studien und Metaanalysen gesetzt, um die Bedeutung korrekt einordnen zu können. Die Ergebnisse sind für den deutschen Mittelstand so wichtig, dass es uns eine Herzensangelegenheit ist, sie so breit wie möglich zu streuen. Denn die Resultate haben uns aufgerüttelt. In vielerlei Hinsicht.

Ergebnisse der Studie über Mitarbeiterführung und Social-Media-Nutzung

Wir – die Autoren – deuten die Ergebnisse der Studie unterschiedlich. Doch bevor wir uns damit auseinandersetzen, stellen wir Ihnen Studiendesign und -ergebnisse zunächst einmal vor.

Studiendesign

• Die Datenerhebung erfolgte im Sinne eines Mixed-Methods-Ansatzes, indem Methoden der qualitativen und quantitativen Sozialforschung miteinander kombiniert wurden:

– Die Beantwortung der Forschungsfragen erfolgte zunächst anhand von Interviews, die ergebnisoffen waren, um im ersten Schritt die gesamte Bandbreite der Thematik zu erfassen (qualitative Arbeit zur Formulierung der Hypothese[n]).

– Aufbauend auf den Ergebnissen der qualitativen Studie wurden die sich daraus ergebende(n) Hypothese(n) mittels quantitativer Erhebung an einer größeren Stichprobe getestet.

• Insgesamt haben 2527 Personen an der Erhebung teilgenommen. Davon waren zu diesem Zeitpunkt 1085 Teilnehmer in einer Führungsposition und 1442 Personen ohne Führungsverantwortung. Es lagen insgesamt 1713 vollständig ausgefüllte Fragebogen vor, was einer Ausschöpfungsquote von 67,79 Prozent entspricht. Für die Prüfung der Hypothesen wurden nur Führungskräfte und Aussagen von Mitarbeitern mit direkter Führungskraft berücksichtigt, aus Unternehmen mit mehr als 49 Mitarbeitern und geboren zwischen 1950 und 1995. Für die Führungskräfte ergibt sich damit eine Stichprobengröße von N = 406 und es gibt N = 622 Aussagen von Mitarbeitern über Führungskräfte.

• Erhebungszeitraum: 2014 – 2016

QUALITATIV: QUANTITATIV:
• 25 Interviews Darin abgefragt: • Führungsstile / Führungsverhalten • Unterschiede zwischen Gen-Y-Führungskräften und den älteren Generationen • Einsatz sozialer Medien im Führungsalltag • Einfluss der Kontextfaktoren • Unternehmensgröße, Managementebene und Branche → Erstellung von Profilen Durch Onlinebefragung abgefragt: • 180°: (406) Führungskräfte = Selbstbewertung & (622) Mitarbeiter = Fremdbewertung • vier Führungsstile • Motivation & Herausforderungen bei Social-Media-Nutzung

Quantitative Befragung: Führungskräfte und Mitarbeiter


TABELLE 1: Verteilung der Führungskräfte nach Generationen und Managementebene (absolute Häufigkeit / prozentuale Verteilung)


TABELLE 2: Verteilung der befragten Mitarbeiter nach Generationen und Managementebene (absolute Häufigkeit / prozentuale Verteilung; die Angaben stammen von Mitarbeitern ohne Führungsverantwortung)

Die drei zentralen forschungsleitenden Fragen

Frage 1: Welche Verhaltensweisen und daraus resultierenden Führungsstile zeichnen die Mitarbeiterführung durch Generation-Y-Führungskräfte aus?

Frage 2: Wie nutzen Generation-Y-Führungskräfte Social Media im Rahmen der Mitarbeiterführung?

Frage 3: Welche Zusammenhänge bestehen zwischen dem Führungsstil der Generation Y und ihrer Social-Media-Nutzung?

Zentrale Erkenntnisse der Studie

Die zentralen gesicherten Erkenntnisse der Studie, bezogen auf das Führungsverhalten und die Social-Media-Nutzung der Generation-Y-Führungskräfte,4 sind in der folgenden Abbildung 1 dargestellt.

Die Erkenntnisse, dargestellt im hellen Bereich, wurden sowohl durch Selbst- als auch durch Fremdbeurteilung in beiden Studienteilen nachgewiesen. Die Ergebnisse in den beiden grauen Bereichen der Abbildung sind als Trends zu bezeichnen, die nur in einer der beiden Perspektiven (also entweder Selbsteinschätzung der Führungskräfte oder Fremdeinschätzung durch die Mitarbeiter) Signifikanz aufweisen, in der zweiten Perspektive jedoch nur vergleichbare Tendenzen aufzeigen.

ABB. 1: Zentrale Erkenntnisse zur Mitarbeiterführung und Social-Media-Nutzung von Gen-Y-Führungskräften (aus: Feltes, 2016)

1. Führungsstil(e)

Mit Blick auf das Führungsverhalten zeigt sich, dass es nicht den einen Führungsstil gibt, sondern eine situations- und kontextabhängige Mischform aus den Ansätzen der aufgabenorientierten, personenorientierten, transaktionalen und transformationalen Führung angewendet wird.

2. Kontextfaktor Managementebene

Es konnte gezeigt werden, dass ein Zusammenhang zwischen dem Führungsstil und dem untersuchten Kontextfaktor der Managementebene besteht: So zeichnet sich ab, dass transformationale Führung im Lower Management keine Anwendung findet und im Gegensatz dazu im Topmanagement die aufgabenorientierte Führung am schwächsten ausgeprägt ist. In diesem Zusammenhang kann die Frage für zukünftige Forschungsansätze gestellt werden, inwiefern die bestehenden Führungstheorien und -konzepte die Kontextfaktoren ausreichend berücksichtigen.

3. Führungsverhalten und Social-Software-Nutzung

Unabhängig von der Managementebene und auch den Kontextfaktoren kann der Führungsstil der Gen Y ausgehend von der Selbst-, aber auch der Fremdbeurteilung als ergebnisorientiert, partizipativ und flach hierarchisch beschrieben werden.

Am häufigsten greifen Gen-Y-Führungskräfte auf Feedback zurück und fordern dieses auch von ihren Mitarbeitern ein, sowohl face to face als auch via Social Software.

Letztere setzt die Gen Y am häufigsten zum Wissensaustausch und zur Verbesserung der Kommunikation ein. Es zeichnet sich ein klarer Trend ab, dass die Gen Y eine qualitativ und quantitativ ausgeprägtere Social-Media-Nutzung aufweist als die beiden älteren Generationen X und Babyboomer, und das unabhängig vom bestehenden Einfluss der untersuchten Kontextfaktoren.

Revolution? Ja, bitte!

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