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Ungebetener Besuch

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Oma und Opa fuhren am Sonntagabend wieder nach Hause. Für den berühmten Ball musste ich mir noch einen schönen Platz suchen. Vorher wollte ich ein paar meiner Süßigkeiten verschenken. Leo ist immer dankbar für eine Portion Schaumgummi-Mäuse, die finde ich nicht so toll. Lieber mag ich Katzenzungen und Lakritz-Schnecken. Jedes Mal, wenn ich an einer herum schleckte, dachte ich schon an unsere nächste Fahrt nach Leipzig. Oma und Opa hatten uns für Pfingsten eingeladen. Zwar würden wir nicht zum Fußball gehen, dafür aber in den Zoo, zu den Raubkatzen, Schleimschnecken, Flinkmäusen und vielem mehr. Die Schultage bis dahin musste ich leider noch um bessere Noten kämpfen. Leo fällt das leichter. Sie saß am Montagnachmittag über ihrem Mikroskop, als ich Hilfe bei den Hausaufgaben brauchte.

„Siehst du dir die Fliege an?“, fragte ich.

„Sie hat Beißwerkzeuge wie eine Schnecke. Willst du auch mal sehen?“

„Später. Ich verstehe Potenzrechnung nicht.“

„Was gibt’s da nicht zu verstehen? Zeig mal her!“

In diesem Moment klingelte es an der Haustür.

„Mach du auf!“, bat Leo.

„Und wenn es Nico ist?“

„Dann gehen wir eben beide!“, sagte sie widerwillig. Gleich darauf war ich froh, nicht allein durch den Flur zu laufen, denn ein Mann wartete vor dem Haus. Kein großer zwar, aber das machte es nicht besser.

„Kennst du den?“, fragte Leo.

„Nein. Wann kommt Mama?“

„Jetzt noch nicht.“

„Frag ihn, was er will?“, bat ich.

„Wieso? Ich soll schon deine Hausaufgaben machen!“

„Quatsch, du sollst bloß mal gucken!“

Der Mann hatte uns durch die Haustür gesehen und klopfte nun auch noch.

„Jetzt geh schon!“, zischte Leo. Notgedrungen lief ich hin und sah mir den Fremden an. Durch das Muster der Glasscheibe verschwamm sein Gesicht. Blass sah es trotzdem aus. Dafür trug er einen blitzblauen Arbeitsanzug.

„Ich komme wegen der Heizungswartung“, rief er. „Sind eure Eltern da?“

Leo stellte sich wenigstens neben mich, auch wenn sie nichts sagte.

„Die kommen erst um fünf“, rief ich zurück. Das war ein Fehler. Der Mann fing an zu drängeln.

„Um fünf bin ich bei einem anderen Kunden“, klang er dumpf durch die Scheibe. „Es dauert nur zehn Minuten!“ Er trat näher ans Fenster und versuchte zu lächeln, doch seine Augen machten dabei nicht mit. Ich sah einen traurigen, alten Heizungsmonteur.

„Kommen Sie später nochmal!“, rief ich. „Soll ich Ihre Handynummer aufschreiben?“

Der Mann nickte zwar, ging aber weder weg, noch sagte er mir die Nummer. Mir lief der Schweiß längst den Rücken hinab, als er endlich weiter zog. Steifbeinig stieg er in sein hellblaues Auto und fuhr davon. Leo und ich schnauften durch. Zurück zur Potenzrechnung!

„Zehn hoch zwei, mal zehn hoch drei ist gleich zehn hoch fünf“, erklärte mir Leo. „Solange unten das Gleiche steht, addierst du die Potenzen einfach! Leichter geht’s nicht.“

Wenn sie das sagte! Eine Viertelstunde später war die Hausaufgabe erledigt und der alte Mann vergessen.

„Spielen wir noch ‘ne Runde Fußball?“, fragte ich Leo.

„Ich weiß nicht. Die Apfelwiese lohnt sich jetzt nicht mehr. Gehen wir bloß hinters Haus?“

Wir bauten aus Blumentöpfen eine Dribbling-Strecke und trainierten ein bisschen für uns. Später schauten Mattu und Klem noch rein – Löwenmähne und Schnatterschnabel. Jetzt überlegten wir zum zweiten Mal, wo wir hingehen sollten. Papa mochte es nicht, wenn viele Kinder hinterm Haus spielten. Er hatte Angst um seinen Rasen. Mama würde bald heimkommen, also sollten wir nicht zu weit weg gehen. Deshalb blieb nur das unbebaute Grundstück weiter hinten übrig. Durch die Büsche würde Mama uns zwar nicht sehen, aber auf jeden Fall hören. Das war okay.

Während Klem haarklein erzählte, wo ihm von gestern noch die Muskeln zwickten, schnappte ich mir eins der Fußballtore neben der Gartenhütte. Mattu schulterte das zweite und Leo lief mit dem Ball voraus. Bolzen machte selbst nach einem schweren Spiel noch Spaß.

Der Schlüsseldieb

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