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Materialismus

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Da du nun schon gemerkt haben wirst, dass ich dieses Buch sehr persönlich aufbaue, möchte ich dir das Lifestyle-Bild eines Mannes Ende der Vierziger – am eigenen Leib erlebt und gefühlt – vermitteln. Er ist beruflich sehr erfolgreich, arbeitet viel und bringt viel Geld nach Hause. Er hat eine „mächtige“ Position, ist Pionier und Vorreiter in seiner Branche und definiert sich über die Anzahl seiner Mitarbeiter, den Umsatz seines Bereichs, letztlich das Maß seiner Verantwortung. Ein wenig stolz macht ihn die Beherrschung unlauterer Techniken des Ellenbogengerangels und der Unaufrichtigkeit, wenn es um Karriere und Weiterkommen geht. Sein Körper ist durchtrainiert und strotzt vor Ausdauer, die jährliche Teilnahme an mindestens einem Marathon in einer Laufzeit von unter vier Stunden ist selbstverständlich. Im Frühjahr geht es per Skitour in die Hochalpen, im Herbst mit dem Mountainbike ins Alpenvorland. Gleich nach dem Marathon im Frühjahr beginnt die Golfsaison, ein niedriges Handicap gehört genauso dazu wie die Tiefschneetechnik, die Ausdauer beim Laufen und die Geschicklichkeit beim Mountainbiken. Hinzu kommt noch, dass einzelne Muskelpartien auf Empfehlung des Personaltrainers regelmäßig trainiert werden müssen, sonst ist es nichts mit dem gestählten Body in der Badehose.

Die Familie: Der Mann steht mitten im Leben. Er hat immer Zeit für seine Kinder im Teenageralter, macht mit ihnen Sport, spielt mit ihnen Spiele, er lernt mit ihnen, chillt mit ihnen und ist genauso wie sie rund um die Uhr auf WhatsApp. Er lässt keine Vorführung in der Schule oder im Sportverein aus, feuert seine Kinder an und engagiert sich im Elternverein. Seine Frau trägt er auf Händen. Arbeiten im Haushalt werden aufgeteilt. Die Pflege des Gartens und des Pools gehören zu seinen Aufgaben. Am Wochenende ist er der perfekte „Handyman“, wenn es um kleine Reparaturen und Erneuerungen in Haus und Garten geht.

Natürlich liest er viel – jeden Tag mehrere Tageszeitungen, Wochenmagazine und viele Bücher. Er bringt sich aktiv in jede Diskussion ein, hat zu jedem Thema eine Meinung, die er durch Sachargumente und wissenschaftliche Thesen unterstützen kann. Zum Ausgleich und um seiner Kreativität Ausdruck zu verleihen malt, musiziert oder schreibt er.

Für seine Freunde ist er immer da. Sie gehen gemeinsam auf Sportreisen, engagieren sich in Vereinen und Clubs und das eine oder andere Mal wird einer „draufgemacht“. Wenn er auf der Partymeile unterwegs ist, ist er der Schwarm aller bis zu zwanzig Jahre jüngeren Damen. Er unterhält und fasziniert sie, bleibt aber immer sauber, denn „gegessen wird zu Hause“. Der moderne Mann ist aber auch ein kulturell anspruchsvoller und gebildeter Mensch – er geht in die Oper, ins Theater, zu Konzerten und veranstaltet zu Hause Salonabende mit spannenden Diskussionsteilnehmern.

Last but not least wäre da noch seine altruistische Ausprägung. Er beteiligt sich an Fundraising-Aktionen für soziale Projekte, stellt seine spärliche Zeit zur Verfügung, um Menschen, die auf die schiefe Bahn geraten sind, zu helfen, wieder Orientierung zu finden, und ist Förderer vieler Charity-Aktionen und natürlich gern gesehener Gast bei den daraus folgenden Events.

Beeindruckend – nicht wahr? Weit haben wir es gebracht in unserer Evolution. Wenn du Lust hast, lies die Passage nochmals durch und mach ein Häkchen bei den Dingen, die man von dir erwartet. Machen wir das alles wirklich für uns selbst? Ich glaube, dass ich die Frage mit Nein beantworten kann. Vieles davon macht Freude, aber wenn ich es mir aufhalse, wird jeder Bereich zu einem erschwerenden To-do, und das nicht nur in den beruflichen Dingen. Wir machen uns diesen Druck also vielmehr, um Götzenbildern zu entsprechen, nämlich dem konsumorientierten Multitalent. Auf Fotos und in Filmen sind es immer diese Männer, die entspannt und ausgeglichen lächeln – alles nur Schein. Der Tag müsste mindestens 48 Stunden haben, um diesem Muster auch nur halbwegs entsprechen zu können. Und nochmals die rhetorische Frage: Für wen machen wir das? Albert Schweitzer hat einmal gesagt, dass wir uns in der Entwicklung vom Affen zum Menschen befänden. Der Affe hat wohl ganz glücklich gelebt, er hat seine Triebe im ausreichenden Maß befriedigt und ein unspektakuläres Dasein gefristet. Heute ist auch der Konsum etwas Triebhaftes. Auf der Stufe vom Affen zum Menschen sind wohl einige Dinge in der Orientierung zu ändern. Dies war ein kleiner Exkurs in Sachen Materialismus, der unsere Gesellschaft heute in so großem Ausmaß prägt. Eines von vier Motiven, die unser Leben prägen und bereichern. Was sind denn nun aber die drei weiteren Motive?

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