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Kiesewetters „Geschichte der europaeisch-abendlaendischen Musik“

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Ich hatte die Absicht in meinem Catalog19 das „Verzeichnis der Autoren nach Epochen“ gänzlich zu verändern, da ich sonst die I. Epoche mit Ockenheim20 begonnen hatte, meiner neuen Einrichtung zufolge aber, von Hucbald ausgehend, daher mehrere Epochen voransetzen, auch außerdem die Zeitabschnitte, von dreien Abteilungen in jedem Jahrhunderte, auf ’eigentlich geschichtliche Epochen reduzieren wollte. Dazu wollte ich einen Aufsatz schreiben, hatte solchen auch geschrieben, um ihn statt einer Vorrede einzuschalten; er war mir aber doch etwas zu stark. Ich fand, dass sich nach diesem Plane wohl etwas größeres ausführen ließe, und es entstand ein Werkchen von etwa 150 Seiten …21

Diese Briefstelle nimmt Bezug darauf, dass Kiesewetter von seiner inzwischen umfangreichen Musikalien- und Theoretikersammlung schon frühzeitig einen gedruckten Katalog vorlegen wollte; dazu ist es aber erst 1847 gekommen.

Er nannte in der Einleitung zur ersten Auflage (1834) noch einen anderen Grund für die Abfassung einer knapp gefassten Musikgeschichte: … dass ich mich entschlossen habe, gegenwärtiges Buch, das ursprünglich zu Vorlesungen „über Geschichte“ bestimmt war, mit dem Titel einer „Geschichte“erscheinen zu lassen

In einem Brief aus demselben Jahre an seinen Pariser Kollegen Bottée de Toulmon (1797–1850), Bibliothekar des Pariser Konservatoriums, einem ausgezeichneten Kenner der musikalischen Paläographie, beschreibt Kiesewetter dann ausführlich Sinn und Zweck seiner „Geschichte der europäisch-abendländischen Musik“: … nicht ohne ein geringes Erröten bekenne ich Ihnen, Monsieur, dass ich vor kurzem ein Werk drucken ließ, mit dem Titel: „Geschichte der europaeisch-abendlaendischen Musik …“. Dieses Werk, erscheint in Leipzig bei Breitkopf und Härtel zur Messe. Sie werden sich leicht vorstellen können, dass das keineswegs eine vollständige und endgültige Geschichte ist, wie sie von allen Musikkennern trotz der wertvollen Arbeiten eines Burney und Forkel22 sehnsüchtigst erwartet wird. Mein Werk ist weiter nichts als ein Abriss dessen Ziel im Titel selbst genannt wird. Es ist nicht für die Leute, die bereits auf diesem Gebiet der Literatur versiert sind geschrieben, sondern zum Nutzen der Musiker, Lehrer, und Dilettanten, jene Leute, die normalerweise in der größten Unkenntnis dahinvegetieren mangels eines geeigneten Werkes, das sich auf ihr Niveau einstellt um ihnen die Geschichte näher zu bringen … Dies ist nicht das elfte Buch, das aus zehn anderen hervorgegangen ist, sondern es ist in gewisser Weise erstmalig, seines Planes wegen, seiner Absicht und seines Urteils wegen, das vielleicht etwas zu kühn und andersartig ist.Wenn ich mich nicht täusche gibt es in keinem Zweige der Geschichtsschreibung so viel falsche Traditionen, wie auf dem Gebiet der Musik: Es wäre dringend notwendig, dass sich Stimmen erhöben und sei es nur um die wahren Zweifel anzuregen und um andere Meinungen vorzuschlagen. Was mich betrifft bereite ich mich darauf vor, ein Märtyrer meiner Wahrheitsliebe zu werden; ich habe nicht das Opfer eines berühmten Ansehens zu riskieren: moriatur unus pro populo!23

Kiesewetter verfasste, wie aus der eben angeführten Briefstelle ersichtlich, ganz bewusst ein stark komprimiertes Kompendium mit Anmerkungen und Notenbeilagen (in der zweiten Auflage um einige Notenbeispiele erweitert) und schlägt den Bogen vom 1. bis zum 19. Jahrhundert. Ihm erscheint eine Gliederung nach denjenigen Komponistenpersönlichkeiten, die neue und entscheidende Impulse gebracht haben, als die sinnvollste24. So gesehen könnte man ihm den Vorwurf machen, dem damals noch üblichen, aber aus heutiger Sicht reichlich antiquierten Darstellungsstil einer „Heroengeschichte“25 gefolgt zu sein. Kiesewetter ist sich dieser etwas einseitigen Geschichtsdarstellung durchaus bewusst und versucht das im Text immer wieder einmal auszugleichen, ohne ihm ganz entgehen zu können. So schreibt er im XIV. Kapitel „Die Epoche der neuen Neapolitanischen Schule von Leo und Durante 1725–1760“: Aus solchen Organisten-Schulen, als wir eben beschrieben haben, sind früh, im XVIII. Jahrh., die deutschen Heroen dieser überall so merkwürdigen Epoche, ein Händel und ein Joh. Sebastian Bach, hervorgegangen, welche – wie es scheint – in Ewigkeit unübertroffen, ja unerreicht bleiben werden; kein Land, keine Schule, keine Zeit hat Etwas aufzuweisen, was den Oratorien des Einen und den Fugenwerken des Anderen auch nur angenähert werden könnte. Sie stehen so einzig, darum aber auch so isoliert da, dass ich es nicht über mich vermocht habe, sie an die Spitze einer Epoche zu stellen, deren folgende weder als eine Fortsetzung, noch und viel weniger als eine Vervollkommnung der ihrigen angesehen werden könnte. Sie haben eine eigene Periode begonnen und beschlossen.26

Im Kapitel über Haydn27 und Mozart konstatiert Kiesewetter zur Bedeutung Mozarts: In der Instrumental-Composition war Joseph Haydn, sein väterlicher Freund, ihm Vorbild und Muster gewesen, wie im dramatischen Fache Gluck, und in den höheren contrapunktischen Arbeiten Händel und Johann Seb. Bach, für welche er von Verehrung durchdrungen war. In den beiden ersten Gattungen schwang er sich mit seinen Vorbildern auf gleiche Höhe … Im Fache der Oper ist er bisher von Niemand übertroffen worden …28 und im Schlusskapitel über die Epoche Beethovens und Rossinis (1800–1832): Wie der Eine, der Wiener Schule herrlichster Zögling, in den Instrumental-Compositionen unübertroffen glänzt, so haben des anderen höchst lebhafte und ausdrucksvolle Opern mit allen Mitteln der Kunst der Instrumente, wie des Gesanges, unwiderstehlich wirkend, den ungetheilten Beifall seiner Zeit errungen. 29

Geschichte der europäisch-abendländischen Musik

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