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Оглавление6. Die ersten Gefährten
Nach der dramatischen Szene auf dem Marktplatz von Assisi machte sich Franziskus an die Arbeit, das Kirchengebäude von San Damiano und auch andere Kapellen wie etwa S. Maria degli Angeli („Portiuncula“) zu renovieren. Seine Sehnsucht nach einem andern Leben fand in dieser Aufgabe ein erstes Ziel. Vielleicht erkannte er in dieser Arbeit auch seine eigene Lebenssituation wieder, die von Unruhe geprägt einer offenen Baustelle glich. Später ging ihm auf, dass auch die Erneuerung der Kirche als Ganzes anstand. Zunächst jedoch bettelte Franz in Assisi um Geld für die Finanzierung der Renovierungsarbeiten, mit denen er sich mehrere Jahre beschäftigte.
Er kleidete sich wie die Eremiten (= Einsiedler), von denen es damals viele gab: Er trug eine Kutte mit Ledergürtel und Schuhe. Und er war unterwegs mit einem Stock, einem Doppelsack über den Schultern und mit einer Geldbörse im Gürtel.
Am Gedenktag des heiligen Matthias im Jahr 1208 hörte er im Evangelium von der Aussendung der Jünger: „Steckt nicht Gold, Silber und Kupfermünzen in euren Gürtel! Nehmt keine Vorratstasche mit auf den Weg, kein zweites Hemd, keine Schuhe, keinen Wanderstab“ (Mt 10,9f.).
Nach der Messe bat er den Priester um die Auslegung dieses Textes. Durch sie fühlte sich Franziskus in seiner Ahnung bestätigt, dass Jesus und seine Jünger besitzlos gelebt haben. Die neu gewonnene Einsicht wollte Franz wiederum durch das Ablegen der alten Kleider zum Ausdruck bringen: Er trennte sich von Schuhen, Stab und Beutel und trug von nun an eine Kutte aus grobem Stoff. Anstelle eines Gürtels band er sich einen Strick, das Zeichen der Buße, um die Hüften.
Bislang war Franziskus vor allem ein Aussteiger gewesen, der sich von einer an Geld und Luxus orientierten Gesellschaft distanzieren wollte. Jetzt stieg er ein in eine Lebensform, durch die er sich immer mehr mit Jesus Christus identifizieren konnte. „Aus dem Bruch wurde ein Aufbruch.“2
Diese Neuorientierung verstand Franziskus als Berufung, die er auf Gott selbst zurückführte. Denn er fand die Anweisungen für seinen Weg direkt im Evangelium, das er möglichst wörtlich zu leben versuchte. Rückblickend schrieb er in seinem Testament: „Nachdem der Herr mir Brüder gegeben hatte, da zeigte mir niemand, was ich tun müsse, sondern der Allerhöchste selbst offenbarte mir, dass ich nach der Form des heiligen Evangeliums leben müsse. Ich ließ es in wenigen Worten und einfach aufschreiben und der Herr Papst bestätigte es mir. Und diejenigen, die kamen, um diese Lebensform auf sich zu nehmen, gaben all ihren Besitz den Armen; und sie waren zufrieden mit einer Kutte, innen und außen mit Flicken besetzt, mit einem Leibgurt und Hosen. Und wir wollten nicht mehr haben.“
Wie kam es dazu, dass sich immer mehr Menschen Franziskus anschlossen? Die radikale und neuartige Form, mit der Franziskus das Evangelium zu leben versuchte, sprach auch andere Personen an wie etwa Bernhard von Quintavalle, eine reiche und hochgestellte Persönlichkeit aus Assisi. Bald darauf gesellte sich Petrus Catanii dazu. Es hätte nahegelegen, sich nun einem der bereits existierenden Orden anzuschließen oder die Priesterweihe anzustreben. Aber Franziskus hatte alle gesellschaftlichen Rollen hinter sich gelassen. Daher mochte er weder Priester werden noch sich einer bereits etablierten kirchlichen Bewegung eingliedern. Er wollte ja gerade auf die Seite derer treten, die in den Augen der Gesellschaft nichts galten. So suchte er nach einer Gegenwelt, die sich in einer neuen und eigenständigen Lebensform zum Ausdruck bringen sollte. Gerade diese Originalität war es, die immer mehr Menschen ansprach und anzog. Es kamen weitere Brüder dazu und Franziskus schickte sie zur ersten Missionsreise durch Mittelitalien. Dabei sollten sie das Evangelium durch Predigt und ihr konkretes Beispiel verkünden. Den Friedensgruß, mit dem die Brüder die Leute begrüßen sollten, hat Franziskus eigens im Testament festgehalten: „Der Herr gebe dir Frieden!“ Franz bezog sich hier wiederum auf ein Evangelium von der Aussendung der Jünger: „Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als Erstes: Friede diesem Haus!“ (Lk 10,5).
Franz und seine Brüder wollten also zum Frieden und zur Umkehr aufrufen. Der Ruf zur Buße, verbunden mit der Warnung vor dem göttlichen Gericht, zielte auf eine Änderung des Lebensstils. Statt sich von Neid und der Gier nach Reichtum verführen zu lassen, sollten sich die Menschen wieder ihren Nächsten zuwenden. Mit seiner Predigt hatte Franziskus durchaus im Sinn, auch die Bischöfe und Priester zu bekehren. Doch so einfach war das nicht und erste Misserfolge stürzten Franziskus in Zweifel an sich und seiner Mission. Im Rieti-Tal wurden die Brüder hingegen gut aufgenommen. Nachdem sich weitere Brüder angeschlossen hatten, waren sie nun zu acht. Die neue Missionsreise führte sie jeweils zu zweit in alle vier Himmelsrichtungen. Franziskus gab den Brüdern folgende Wegweisung mit: Immer wenn sie an einer Kirche vorbeikommen, sollen sie sich dem Kreuz zuwenden und danken, dass Jesus Christus die Welt erlöst hat.
Franziskus, der durch den Bischof von Assisi eine positive Erfahrung mit der kirchlichen Hierarchie gemacht hatte, wollte seine kleine Gemeinschaft im Raum der Kirche ansiedeln. Daher zogen die Gefährten im Jahr 1209 nach Rom, um die Bestätigung ihrer Lebensform durch den Papst zu erlangen. Kardinal Johannes von St. Paul, dem eine Reform der Kirche ein großes Anliegen war, verschaffte Franziskus Zugang zum Papst.
Innozenz III. (Regierungszeit: 1198–1216) hatte zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich ganze Regionen von der römischen Kirche abgekehrt und den Katharern oder Waldensern zugewandt hatten. Er führte Gespräche mit Vertretern dieser Bewegungen und es gelang ihm, einen Teil wieder für die Kirche zurückzugewinnen. Da sich die neue Bewegung um Franziskus an ihn als Papst gewandt hatte, schätzte er sie als kirchentreu ein. Daher gab er den Brüdern sogar die Erlaubnis zum Predigen, obwohl diese oft keine Priester oder Theologen waren. Bedenken hatte der Papst gegenüber dem radikalen Armutsideal – denn dieses bedeutete ja eine indirekte Kritik am Reichtum der Kirche. Dennoch gab er der von Franziskus vorgelegten Lebensregel seine mündliche Zustimmung. Einer Legende zufolge hatte er davon geträumt, dass seine Bischofskirche in Rom, die Lateran-Basilika, ins Wanken geriet – und dass ein armer Mann sie von innen her stützte. In Franziskus habe er dann diesen Mann wiedererkannt und ihn daher wohlwollend empfangen.