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Lernverständnis
Wie lernen wir? Ein Buch über das Lehren und Lernen kommt nicht daran vorbei, sich ernsthaft damit zu beschäftigen. Unser Lernverständnis ist die wesentliche und nicht immer explizite Voraussetzung dessen, was in den folgenden Kapiteln in Form von didaktischen Prinzipien und methodischen Umsetzungen beschrieben wird.
Am Kompetenzzentrum für angewandte Berufspädagogik des ZbW hat sich ein Lernverständnis entwickelt, welches wir hiermit offenlegen. Dieses beruht auf vielfältigen Erfahrungen aus der Durchführung von Lehrgängen der höheren Berufsbildung und der Aus- und Weiterbildung von Berufsbildungsverantwortlichen verschiedenster Lernorte.
Wir verstehen das Lehren und Lernen als ein Wechselspiel zwischen Instruktion und Konstruktion, als Balanceakt zwischen einer anleitenden und orientierenden Hilfestellung durch die Lehrenden und selbstgesteuerter Aktivitäten der Lernenden. Lehren und Lernen verstehen wir als partnerschaftliches Zusammenspiel zwischen Lehrenden und Lernenden. Voraussetzung für ein gelingendes Lernergebnis ist daher eine hohe Leistungsbereitschaft der Lehrenden und Lernenden.
Handlungswissen allein führt aber noch nicht zu professionellem Handeln, vielmehr muss die Umsetzung durch verschiedene Begleitmassnahmen unter Einbezug der Praxis, durch handlungsorientierte Lehr- und Lernformen, intelligente Übungsmöglichkeiten und transferorientierte Übungen angeleitet und unterstützt werden.
Lernen ist ein aktiver, selbstgesteuerter Prozess
Lernen bedeutet, sich aktiv mit Lerninhalten zu beschäftigen. Dies verhindert die Entstehung von trägem Wissen. Die Lernenden erhalten Gelegenheit, sich mit den Lerngegenständen handelnd auseinanderzusetzen und dieses Handeln zu reflektieren. Lehrende ermöglichen den Lernenden durch die Gestaltung der Lernumgebung einen aktiven und selbstgesteuerten Umgang mit den Lerngegenständen. Ihnen kommt die Aufgabe zu, so viel Selbststeuerung wie möglich zu initiieren und so wenig Fremdsteuerung wie nötig zu leisten. Dies weckt das Interesse und fördert die Offenheit, sich auf Lernangebote einzulassen, sich fragend mit Theorien auseinanderzusetzen, handelnd neue Erfahrungen zu sammeln und neue Erkenntnisse zu reflektieren.
Lernen ist ein konstruktiver Prozess
Die Lernumgebung wird so gestaltet, dass die Lernenden Phänomenen fragend begegnen und sich ihre eigenen Antworten konstruieren können. Lernen verstehen wir konstruktivistisch als individuellen Aufbau von Wissensstrukturen, die mit verschiedenen Situationen und sozialen Zusammenhängen verbunden werden.
Lernen ist ein kumulativer Prozess
Lernen ist ein Anknüpfen an Vorwissen und Erfahrungen. In Lerngruppen bestehen diesbezüglich unweigerlich unterschiedliche Voraussetzungen. Die Lehrenden nehmen auf diese Unterschiede Rücksicht und ermöglichen den Austausch der Erfahrungen und das Anknüpfen an individuellem Vorwissen.
Lernen ist ein zielorientierter Prozess
Ausbildungen ermöglichen das Erreichen bestimmter Lernziele. Es ist die Aufgabe von Lehrenden, diese Ziele transparent zu kommunizieren und den Lernenden die Möglichkeit zu geben, sich daran zu messen. Ziele dienen der Planung, Durchführung und Überprüfung von Handlungen. Offene Lernumgebungen ermöglichen den Lernenden unter Berücksichtigung der generellen Zielsetzungen, auch individuelle Lernziele zu verfolgen.
Lernen ist ein sozialer Prozess
Auch wenn die Konstruktion der Wirklichkeit ein individueller Prozess ist, geschieht das Lernen in der Interaktion zwischen Lernenden und den Lehrenden. Die Gruppe wird als Lernfeld zur Erweiterung der personalen und sozialen Kompetenzen genutzt. Dieser soziale Austausch wird durch die Gestaltung der Lernumgebung unterstützt und gefördert.
Lernen ist ein situativer Prozess
Kompetenzen sollten in Situationen erworben werden, die der zukünftigen Praxis entsprechen. Deshalb empfiehlt es sich, Beispiele aus der Praxis als Lerngegenstände zu wählen. Anwendungen erfolgen nach Möglichkeit in der eigenen Praxis.
Lernen ist die Transformation von Wissen in kompetentes Handeln
Wissen allein genügt nicht, um in der Praxis kompetent zu handeln. Der Weg vom Wissen zum kompetenten Handeln ist weit. Er muss erst durch geeignete Lernumgebungen und entsprechend günstige Bedingungen angebahnt und geschaffen werden. Professionelle Handlungskompetenz bei den Lernenden und Studierenden erreichen wir durch die Gestaltung von handlungswirksamen Lernumgebungen. Das vermittelte Wissen leitet zunächst nur zum Handeln an. In Übungen können dann praktische und kognitive Fertigkeiten erlangt werden. Durch angeleitetes Selbststudium wird schliesslich der Praxistransfer gefordert und gefördert.