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3 Wie Kompetenz entsteht – Lernprozessmodell RITA

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Wie Kompetenz entsteht – Lernprozessmodell RITA

Kompetenzorientierte Lehrpläne sind heute insbesondere in der Berufsbildung Standard. Das vorliegende Kapitel beschreibt in einem ersten Schritt die Arbeitsdefinition von Kompetenz, die diesem Buch zugrunde liegt. Nicht nur Wissen, sondern auch Können und Wollen bestimmen eine Kompetenzausprägung. Auf dieser Annahme wird das Lernprozessmodell RITA aufgebaut.

Der Begriff Kompetenz wird zurzeit sehr unterschiedlich und kontrovers diskutiert. Kompetenz kann einerseits als Voraussetzung resp. Potenzial für das Handeln gesehen werden. Umgekehrt wird Kompetenz erst durch Handlung sichtbar. Im Sinne von Le Boterf (1998) werden Kompetenzen aus Ressourcen wie Wissen, Fertigkeiten, Haltungen, Erfahrungen etc. generiert und in konkreten Situationen in der Praxis unter Beweis gestellt. Dieses sichtbare Handeln, welches auf bestimmte Kompetenzen zurückschliessen lässt, nennen wir Performanz. Kompetenz ist das Potenzial zur Praxisbewältigung, dessen Grundlage neben Wissen, Fertigkeiten, Erfahrungen, Haltungen auch soziale Ressourcen sein können. So verstanden zeigt sich Kompetenz darin, dass bestimmte Situationen (Situationsprototypen) adäquat bewältigt werden können, indem auf entsprechende Ressourcen zurückgegriffen wird.

Kompetenz ist ein Potenzial, bestimmte Alltags- und Arbeitssituationen mit Hilfe von Ressourcen in der Praxis bewältigen zu können.


Abbildung 1 Kompetenz

Kompetenzen werden üblicherweise in Fachkompetenzen und überfachliche Kompetenzen wie Sozial-, Selbst- und Methodenkompetenz unterteilt.

Einzelne Kompetenzen werden durch das Erschliessen von Ressourcen wie Wissen, Erfahrungen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Haltungen erworben. Mehrere Kompetenzen zusammen wie Fachkompetenzen, Sozial-, Methoden- und Selbstkompetenzen, bilden das Potenzial, um eine Situation im Alltag oder Beruf zu bewältigen.


Abbildung 2 Kompetenzmodell nach Le Boterf (1998)

Kompetenzerwerb wird aus didaktischer Sicht als ein individueller und von der jeweiligen Situation abhängiger Prozess betrachtet. Dieser doppelte Bezug kann u. a. durch folgende didaktische Entscheidungen gefördert werden:

•Anknüpfen an die praktischen Erfahrungen der Lernenden

•hohe Eigenaktivität der Lernenden

•Lernen aus möglichst verschiedenen Perspektiven (Kontexten)

•Lernen an konkreten, realistischen Problemen und Aufgaben

Die vorhergehende Beschreibung von Kompetenzen orientiert sich an folgendem dispositionalen Kompetenzmodell (Schubiger, 2010):

Allgemein
Ressourcen Kompetenzen Performanz
•Wissen •Erfahrungen •Fertigkeiten •Fähigkeiten •Haltungen •Ressourcen des Umfeldes •Potenziale zur Handlung im Kontext •Beobachtbares Verhalten; effektive Leistung
Beispiele für eine Didaktiklektion
•Sandwichmodell •Konstruktion einer Sandwicharchitektur •Selbst erlebte Sandwicharchitekturen •Positive Haltung gegenüber selbstständigem Lernen •Etc. •Ich kann eine eigene Lernveranstaltung mit dem Sandwichmodell planen und durchführen. Beobachtbare Indikatoren: •Jede kollektive Phase wechselt mit einer individuellen Phase ab. •Kollektive Phasen dauern höchstens 15–20 Minuten.
Qualifikation
•Kognitive Rekonstruktion der Ressourcen •Überprüfung der kognitiven Lernziele (theoretische Prüfung) •Kognitive Simulation einer Arbeitssituation •Überprüfung des stellvertretenden Handelns (Fallbearbeitung) •Prüfung der Handlungsfähigkeit in der Praxis •Praktische Prüfung •Beobachtbares Handeln und Verhalten

Abbildung 3 Dispositionales Kompetenzmodell

Im Kompetenzmodell gehen wir davon aus, dass über die Kombination und Verbindung verschiedener Ressourcen das Potenzial gebildet wird, eine bestimmte Anforderung zu erfüllen. Die Bewältigung der Anforderungssituation zeigt sich im Verhalten und Handeln, der sogenannten Performanz. Von aussen betrachtet gehen wir davon aus, dass sich hinter der Performanz eine bestimmte Kompetenz verbirgt.

Qualifikationen können im Gegensatz zu Ressourcen, Kompetenzen und Performanzen als extern anerkannte und legitimierte Sets derselben betrachtet werden. Qualifikationen beinhalten meist eine gemischte Anerkennung verschiedener Performanzen, Kompetenzen und Ressourcen. So setzt sich zum Beispiel das Qualifikationsverfahren am Schluss der Berufslehre aus einer praktischen Arbeit (Überprüfung von Kompetenzen mittels Messung der gezeigten Performanz) und schriftlichen Schulprüfungen (Messung der Ressourcen) zusammen.

Kompetenzentwicklung geschieht einerseits über bewusste Lernprozesse (formales, institutionalisiertes Lernen) und andererseits über eine eher unbewusste Sozialisation. Das folgende Kompetenzprozessmodell soll die vorwiegend beschreibenden Kompetenztheorien ergänzen. Es soll helfen, den Lernprozess mit entsprechenden Methoden zu optimieren und Lernveranstaltungen auf ihre Kompetenzorientierung hin zu prüfen.

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