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Epilog I – Lose Enden

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Es war schon ein Ärgernis. Zwei Tage lang hatte Elisabeth nun wegen der falschen Medikamente fast ständig geschlafen. Ohne ihre kleine Danielle wäre dieser Irrtum niemals aufgeflogen. Sie war dem Kind ja so dankbar.

Was sonst wohl passiert wäre?

Bisher war sie mit der Behandlung hier, im Pflegeheim Zur rüstigen Eiche, durchaus zufrieden gewesen. Jetzt fühlte sie sich unsicher. Konnte ein solcher Fehler noch einmal vorkommen?

Elisabeth seufzte.

Danielle hatte bereits angekündigt, dass sie morgen noch einmal vorbeischauen wollte. Sie freute sich darauf, das Kind wiederzusehen, mit ihr zu plaudern und vielleicht ein wenig Schach zu spielen. Bei einer solchen Partie rauchten die Köpfe und die Lebensgeister kehrten zurück.

Es machte Elisabeth traurig, dass Danielle nun in diesem großen kalten Haus alleine war. Natürlich wusste sie, warum das Heim sie eines Tages abgeholt hatte. In einer Blitzaktion war Danielles Vater sie losgeworden, weil Elisabeth sich eben nicht seinen Regeln hatte unterwerfen wollen.

Shannon war zu schwach, als dass sie sich durchsetzen konnte. Und Danielle? In Elisabeths Enkelin brannte ein Feuer, so viel war klar. Doch wusste sie bereits um ihre eigene Stärke?

Ein Poltern aus dem Nebenzimmer erklang.

Elisabeth schloss die Augen. Nicht nur, dass ihr Körper scheinbar genug davon hatte zu schlafen, sie war derart hellwach, dass sie jedes Geräusch hörte. Dabei war ihr direkter Nachbar normalerweise ein ganz Stiller.

Nur einmal hatte sie kurz mit ihm gesprochen. Natürlich hatte sie ihn erkannt. Der ehemalige Direktor der Barrington Cove High, wo Shannon zur Schule gegangen war, hatte damals intensiven Kontakt zur Familie gehalten, nachdem die beste Freundin von Shannon, Marietta, eines so grässlichen Todes gestorben war.

Elisabeth hatte das Bild gesehen, das am Tatort aufgenommen worden war. Allein der Gedanke, dass ihr kleines Töchterchen ebenfalls dort gewesen war – was nicht alles hätte passieren können! –, hatte ihr damals beinahe eine Ohnmacht beschert. Doch Shannon war stark gewesen. Sie hatte sich nicht unterkriegen lassen, war ihrem Stern gefolgt, bis … ja, bis zu jenem Tag, als sich alles veränderte.

Abermals riss ein Poltern sie aus den Gedanken.

Wütend donnerte Elisabeth mit der Faust gegen die Wand. »Ich versuche hier zu schlafen!«

Scheinbar besaß der alte Zausel noch so etwas wie Anstand. Der Lärm endete.

»Na also, geht doch.«

Sie drehte sich zur Seite und versank erneut in Gedanken.


Auf der anderen Seite der Wand streckte der Direktor zitternd die Hand aus, als könne er seine Nachbarin alleine dadurch auf das Grauen aufmerksam machen, das er gerade durchleiden musste.

Die Schlinge um seinen Hals saß fest.

»Warum haben Sie das getan, hm?«, erklang ein Flüstern neben seinem linken Ohr. »All die Jahre haben Sie geschwiegen und es ging Ihnen gut damit.«

Er wollte antworten, doch die Schlinge verhinderte, dass ein Ton seinen Hals verließ. Die Luft wurde knapp, rote Punkte führten einen grausamen Reigen vor seinen Augen auf.

»Mussten Sie unbedingt den Priester anrufen?«, hauchte die Stimme. »Und dachten Sie tatsächlich, dass ich das nicht bemerke? Oh ja, Direktor, ich habe Sie niemals aus den Augen gelassen. Seit damals, seit jener Nacht, als es geschehen ist.«

Die Schlinge wurde noch fester zugezogen. Der Direktor versuchte sie zu lösen, doch seine Finger kamen einfach nicht unter den hauchdünnen Draht. Er strampelte, ging zu Boden.

Sein Peiniger aber wich keinen Deut zur Seite.

Tränen lösten sich aus seinen Augenwinkeln. Er bereute längst, was er damals getan hatte. Zuerst war es der Schock gewesen, dann die Panik und schließlich Kalkül. Die Schülerin war schließlich tot, was brachte es schon, wenn er den Mörder offenbarte – nichts. Stattdessen hatte er dafür gesorgt, dass sein Schweigen entlohnt wurde. Die Super-8-Aufnahme war sicher verwahrt, war es bis heute. Leider wusste außer ihm niemand, wo sie sich befand. Damit war der letzte Beweis, der den Mörder überführen konnte, für alle Zeit begraben.

Mittlerweile fraß der Krebs sich durch die Eingeweide des Direktors, und vor dem letzten Atemzug hatte er sein Gewissen einem Priester gegenüber erleichtern wollen. Das Telefonat war heute Mittag erfolgt, morgen früh hätte die Beichte abgenommen werden sollen.

»Marietta King ist tot«, zischte die Stimme hasserfüllt. »Tot, verdammt noch eins. Es war notwendig, wissen Sie. Genau wie ihr Ableben es nun ist, Herr Direktor. Sie sind der Letzte, der die Wahrheit kennt. Der Letzte in einer langen Linie. Ich hoffe, es ist Ihnen ein Trost, dass Ihr Tod die Geschichte beendet.« Ein weiterer Ruck.

Blutrote Schlieren liefen über sein Gesicht, alles verschwamm. Beinahe hatte er das Gefühl, dass der hauchdünne Draht Haut, Fleisch und Knochen durchschnitt. Das also war die Strafe für sein Schweigen.

»Ruhen Sie in Frieden, Direktor«, erklang die Stimme ein letztes Mal. »Und grüßen Sie mir Marietta.«

Dann verschwand die Umgebung und der Direktor fiel in ewige Schwärze.


*

Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King

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