Читать книгу Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King - Andreas Suchanek - Страница 8

Crest Point

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»Alter, das ist eine total blöde Idee«, sagte Randy, während er sich ein Ginsterblatt aus den Wuschelhaaren zog. »Wir sollten den Sheriff verständigen.«

»Sicher nicht! Die glauben uns doch kein Wort. Du sprichst hier von Brukers Dad.«

Sie lagen zwischen zwei Ginsterbüschen und starrten in die Tiefe. Da sie nur ein Fernglas hatten, wechselten sie sich dabei ab, die Jungs und Mädchen dort unten zu beobachten.

Es war kein Geheimnis, dass sich die coolen Kids im Crest Point trafen. Mason selbst war einst jeden Samstagmittag hier gewesen. Es gab versteckte Ecken, in denen man rummachen konnte, ohne dass Erwachsene dabei störten. Natürlich liefen hier auch Dinge ab, über die nie jemand sprach, obwohl jeder Bescheid wusste.

»Dort drüben ist Bruker. Und er hat deine ehemaligen besten Freunde vom Basketball-Team dabei«, sagte Randy. Aufmerksam spähte er durch das Fernglas.

Neben Randy lag sein Eastpack, der von einer Schachtel ausgebeult wurde. Randy nannte es sein »Überlebenspaket«. In ihm trug er allerlei technischen Krimskrams mit sich herum.

»Schon gut, ich will keine Details«, sagte Mason. »Sag mir einfach, wenn du Pratt gefunden hast.«

Ebenso wie jeder wusste, dass im Crest Point gedealt wurde, kannte auch jeder den Namen des Dealers. Pratt Thompkins war Mitte zwanzig und damit neun Jahre älter als Mason und Randy. Der Typ hatte den Abschluss nicht geschafft, war aber irgendwie im Umkreis der Schule hängen geblieben. Ob es um Drogendeals, Diebstähle oder leichte Körperverletzungen ging: Der Sheriff verhaftete Thompkins mindestens einmal im Monat. Seltsamerweise konnte man ihm nie etwas nachweisen und er war 48 Stunden später wieder auf freiem Fuß.

»Ist gar nicht so einfach«, murmelte er.

Mason legte den Kopf auf die verschränkten Arme und schaute umher. Blütenduft lag in der Luft, der Geruch von verbranntem Holz stieg in seine Nase; dort unten brannte ein Lagerfeuer. Er konnte das Lachen hören, das sich in den Mauern fing und hier oben widerhallte.

Der kleine Disput mit Olivia am Strand hatte ihm die Augen geöffnet. Monatelang hatte er seinem alten Leben nachgetrauert und darüber sein neues vergessen. Leider machte die Logik hinter den Worten den Verlust nicht ungeschehen. Er könnte jetzt dort unten sitzen, mit den anderen Cocktails trinken und später in der Dämmerung Marshmallows über dem Lagerfeuer grillen. Stattdessen hing er die meiste Zeit alleine rum – oder mit seinem neuen besten Freund Randy.

Aber immerhin bin ich frei, machte er sich selbst klar.

All die Zwänge, denen jeder dort unten unterworfen war, galten für ihn nicht länger. Wie leicht es sich doch als Paria lebte, wenn man es erst mal akzeptiert hatte. Schlimmer war, dass er sich jetzt selbst mit anderen Augen sah. Er war tatsächlich ein Widerling gewesen. – Olivia hatte Recht.

»Hab ihn!«, rief Randy.

Mason zuckte zusammen. »Cool, das hat jetzt auch der letzte Goldzeisig gehört.« Er knuffte ihn in die Seite. Glücklicherweise gehörte Randy nicht zur nachtragenden Sorte Mensch. Als Mason bei ihm aufgetaucht war, um sich nach dem gestrigen Streit zu entschuldigen, hatte der Freund nur abgewunken.

»Lass mal sehen.« Mason griff nach dem Fernglas. »Ah ja, da ist er. Und er vertickt wieder das Zeug.«

»Blacks?«, fragte Randy.

»Jap. Was denn sonst?«

»Und jetzt?«

»Hm. Wir beobachten.«

»Alter, du hast gar keinen Plan, oder?«

»Ich dachte, wir improvisieren«, gab Mason zu. »Immerhin wissen wir, dass Thompkins so ziemlich der Einzige ist, der regelmäßig das Zeug vertickt, also muss er auch Zugang zu den Chemikalien haben, die für die Herstellung benutzt werden. Entweder hat er das Zeug selbst in meinen Schrank gesteckt oder jemanden damit beauftragt.«

»Aber warum sollte er es dir unterjubeln? Das kostet ihn ’ne Menge Geld.«

»Ich glaube auch nicht, dass es seine Idee war.« Mason ließ das Fernglas sinken. »Irgendwer hat ihn dazu angestiftet und das Zeug bezahlt, um mich fertigzumachen. Ich wette auf Brian.«

»Der Kotzbrocken findet es doch toll, dich an der Schule immer wieder auflaufen zu lassen. Kann mir nicht vorstellen, dass er dich loswerden will. Da hätte er ja niemanden mehr zum Mobben. Außerdem, stell dir mal vor, sein Dad kriegt das raus.«

Ein netter Gedanke. Was würde der Sheriff von Barrington Cove tun, wenn sein Sohn dabei überführt wurde, wie er einem anderen Jungen Drogen unterschob? Der Gedanke gefiel Mason. Andererseits waren Randys Argumente nicht von der Hand zu weisen: Würde Brian ein solches Risiko eingehen, obwohl gerade alles so gut für ihn lief? Aber wer hatte sonst genug Geld, Einfluss und Mut, um so etwas durchzuziehen?

Randy nahm das Fernglas. »Oh, wow, da unten geht es gerade richtig zur Sache.«

»Was?«

»Danielle Holt – du weißt schon, die hochnäsige reiche Blonde – knöpft sich gerade Thompkins vor. Wie geil ist das denn?«

»Zeig her.«

Mason riss ihm das Fernglas aus der Hand.


*


Danielle hatte genug gesehen. Sie stapfte aus ihrem Versteck, donnerte den schmalen Weg nach unten in den Steinbruch und baute sich vor Thompkins auf.

Dieser elende Wicht stand vor ihr, begrüßte sie mit einem schmierigen Lächeln und zwinkerte ihr zu. »Na, Kleines. Wie geht‘s denn so?«

Vermutlich fand er das auch noch charmant. Wahrscheinlich hatten die Drogen ihm bereits alle Gehirnzellen zur Selbstreflexion zerfressen. Wenn es nicht um ihre Gran gegangen wäre, Danielle hätte sich diesem Subjekt nicht auf zehn Meter genähert. Bei dem Gedanken ballte sie die Fäuste. Ob sie es wagen konnte, ihn am Kragen zu packen?

»Hast du das Zeug auch an Mischa Blackwood verkauft?!«

»Was, wer?«

»Mischa Blackwood.« Sie betonte jede Silbe. »Der Pfleger im Zur rüstigen Eiche.«

Er zuckte die Schultern. »Kann schon sein.« Sein Blick fuhr über ihren Körper. »Wer bist du denn?«

Thompkins überragte sie deutlich. Genau genommen, überragte er mit seinen 1,95 Metern jeden Schüler um Längen.

Wie immer trug er einen schwarzen, abgewetzten Ledermantel und dazu passende Boots. In seiner Nase steckte ein Ring, was ihm in Kombination mit den kleinen Äuglein und der Knollennase das Aussehen eines überdimensionalen Schweins auf zwei Beinen verlieh.

»Das ist die kleine Holt«, sagte einer seiner Lakaien, ein rothaariger mit Wampe. »Voll die reiche Bitch.«

Weitere Helfer tauchten auf. Einige zogen ihre Schlagringe über die Hände.

Erst jetzt wurde Danielle bewusst, dass sie alleine war, während Thompkins eins, zwei, drei, ganze vier Helfer hatte. Was sie in deren Augen sah, verhieß nichts Gutes.

Dass die anderen Schüler im Steinbruch ihr halfen, war unwahrscheinlich. Die meisten hier konnten sie nicht leiden, standen sie sozial doch so weit unter ihr, dass der Neid jede Hilfsbereitschaft im Keim erstickte.

»Also … Ich wollte …« Sie atmete tief durch. »Glaubst du etwa, deine Schläger machen mir Angst?«

»Hm. Du scheinst nicht viel in der Birne zu haben, wenn du keine Angst hast.«

Hat er mich tatsächlich gerade als dumm bezeichnet? »Also, wenn ich den Abschluss nicht geschafft hätte, wäre ich nicht so vorlaut. Wie oft hat der Sheriff dich im letzten Monat verhaftet? Zählst du überhaupt noch mit?«

Thompkins wurde rot.

Treffer, versenkt. Danielle freute sich.

»Das letzte Mal war gerade vergangene Woche«, sagte er auf einmal gefährlich leise. »Körperverletzung. Vielleicht hätte Bruker mich nicht gehen lassen sollen.«

Plötzlich stand er vor ihr. Ein Atem, der nach Alkohol und Fäulnis stank, wehte ihr ins Gesicht.

Bevor Danielle wirklich nachdenken konnte, hatte sie schon ausgeholt und ihm eine gescheuert.

»Das«, sagte er drohend, »hättest du nicht tun sollen«.


*


Das ist jetzt ein Witz, dachte Olivia.

Sie lag zwischen zwei Findlingen, hatte das Teleobjektiv auf ihre Nikon geschraubt und beobachtete das Geschehen. Natürlich hatte ihr verdammtes Gewissen sie nicht zur Ruhe kommen lassen. Mason Collister war ein arrogantes Arschloch, aber eben auch ein Opfer. Und nur weil sie keine Hilfe hatte, musste er nicht ebenfalls allein dastehen.

Ihre Schwester hatte mal gesagt, dass Olivia ein Helfersyndrom in die Wiege gelegt bekommen hatte – so wie alle anderen in der Familie auch. Das war natürlich lächerlich. Aber wenn ein Idiot wie Collister alleine zu ermitteln begann, verletzte er sich womöglich noch.

Also hatte Olivia ihre Kamera eingepackt, war zum Crest Point gefahren und lag nun hier – seit Stunden. Sie beobachtete und wartete darauf, das eine Bild zu schießen, mit dem sie Pratt Thompkins zu einem Geständnis bewegen konnte.

Dann war wie aus dem Nichts Danielle Holt aufgetaucht, eine zierliche Blonde, mit der sie gemeinsam den Mathekurs besuchte. Sie tobte wie ein Tornado den schmalen Pfad nach unten und verpasste Pratt schließlich eine Ohrfeige. Eine mutige, aber ganz und gar dämliche Tat. Diese kleine reiche Kuh musste wahnsinnig geworden sein.

Olivia überlegte gerade, was sie tun sollte, als Mason Collister und Randy Steinbeck hinter einem Ginsterbusch hervor gekrochen kamen und hinunter rannten. Es war abzusehen, dass sie Danielle Holt zu Hilfe eilten.

»Ihr macht mich fertig, Leute.«

Sie richtete das Objektiv aus und knipste, was das Zeug hielt.


*


Mason kam schlitternd zum Stehen, wäre beinahe über seine eigenen Füße gestolpert. »Du wirst doch kein Mädchen schlagen.«

»Das Trio Infernale«, sagte Thompkins. Er lachte. »Da hat wohl der Kindergarten Auslauf bekommen? Und was wollt ihr jetzt tun, hm?«

Improvisieren, dachte Mason. »Wir haben den Sheriff alarmiert.«

»Ja, ist klar.«

Er nickte Randy zu. Vorsichtig zog dieser eine Fernbedienung aus der Hosentasche und betätigte einen Knopf. Eine Sirene begann zu heulen. Sie war noch weit entfernt, kam aber beständig näher. Im Steinbruch brach Tumult aus. Plastikbecher wurden weggeworfen, Mitschüler rannten davon.

»Netter Trick.« Thompkins zog die Nase hoch und spuckte einen schleimigen Klumpen auf die Erde. »Aber ich kenne das Geräusch. Hat da jemand einen Geräuschgenerator aufgepeppt?« Er schaute zu Randy. »Interessante Idee, die sind normalerweise leiser. Aber wenn du genau hinhörst, erkennst du den Unterschied zu ’ner echten Sirene.«

Er griff in die Tasche und zog einen Schlagring hervor. »Weißt du, Collister, ich schlage tatsächlich nur ganz selten Weiber. Aber wo wir jetzt auch zwei Typen hier haben, macht es das einfacher.«

Randy warf ihm einen beunruhigten Blick zu.

Die Sache geriet immer mehr außer Kontrolle.

»Ich würde mir das genau überlegen«, sagte Mason.

Pratt kicherte. »Und warum sollte ich das tun?«

»Weil du sonst ein ernstes Problem bekommst«, erklang eine Stimme.

Mit offenem Mund starrte Mason auf Olivia. Ihre Kamera in der Hand kam sie näher. »Ich habe alles auf meiner Speicherkarte.«

Pratt schaute sie nur an. »Und du glaubst, wir lassen dich mit der Speicherkarte gehen?«

»Alter, die Drogen haben dir das Gehirn zerfressen.« Sie hob ihr Handy in die Luft. »Die Bilder liegen dank einer drahtlosen LTE-Verbindung längst in einem sicheren Cloud-Speicher. Da kommst du nicht mehr ran. Der Sheriff wird sich freuen. Ach was, ich sende sie direkt an die Gazette. Immerhin war da doch irgendwo Brian Bruker zu sehen, der Sohn des Sheriffs. Das gäbe einen Skandal. Und du mittendrin.«

Thompkins bedeutete seinen Leuten, die Waffen zu senken. »Gib mir die Bilder.«

»Eher friert die Hölle zu. Wer hat Mason reingelegt?«

»Ah, daher weht der Wind. Will da jemand seiner neuen Flamme imponieren? Süß.« Er spuckte erneut aus.

Olivia ballte die Fäuste. »Gib uns die Antwort und wir hauen ab.«

»Ich hab damit nix zu tun, hab nur den Stoff geliefert.«

»An wen?!« Mason trat einen Schritt vor, besann sich dann eines Besseren und wich zurück. »Wer war es?!«

»Keine Ahnung. Anonymes Treffen. Ich habe den Stoff abgelegt und das Geld mitgenommen. Und jetzt haut ab.«

»Gehen wir«, sagte Olivia.

»Aber …«, Mason wollte nicht gehen. Er wollte Antworten.

»Komm endlich, du Idiot!«

Er zerbiss einen Fluch zwischen den Zähnen, dann zogen sie gemeinsam ab.


*


Schweigend trotteten sie den Pfad entlang. Der Steinbruch blieb mit jedem Schritt weiter hinter ihnen zurück. Randy und Mason klaubten ihre Gegenstände zusammen. Olivia schnappte sich ihre Tasche mit den anderen Objektiven, die sie zwischen den Findlingen versteckt hatte.

Als hätten sie sich abgesprochen, gingen sie gemeinsam zu Olivias Auto.

Dort angekommen, holte sie tief Luft. »Seid ihr noch ganz dicht? Pratt Thompkins ist nicht irgendein kleines Kind, das mit Tabletten spielt, er ist ein Dealer. Und ihr stapft da einfach runter. Was sollte das?«

Danielle schnaubte. »Ich wüsste nicht, warum ich mir von dir Vorhaltungen machen lassen sollte. Meine Granny wäre beinahe gestorben, weil so ein Trottel Blacks eingeworfen und ihr im benebelten Zustand die falschen Medikamente ausgeteilt hat. Ich wollte Collister auf frischer Tat ertappen.« Sie schaute aus den Augenwinkeln zu Mason und zuckte die Schultern. »Wusste ja nicht, dass du auch reingelegt wurdest.«

»Na toll, die Gerüchtewelle schwappt schon durch ganz Barrington Cove. Und wir sind kein Stück weiter«, sagte er. »Danke für deine Hilfe, Olivia, aber ich muss wissen, wer mir diesen Mist eingebrockt hat. Wenn ich mir Thompkins vorgenommen hätte …«

»… hätte der dich platt gemacht«, entgegnete sie. »Macht das nächste Mal einen Plan und denkt nach, bevor ihr einfach so losschlagt. Die hätten euch zusammengeschlagen und keiner hätte einen Finger gerührt. Der Steinbruch ist Thompkins‘ Gebiet.«

»Führst du dich immer so auf?«, fragte Danielle. Eine ihrer Augenbrauen wanderte in die Höhe.

Olivia hätte das Weib am liebsten wieder mit einem Schubs in den Steinbruch befördert. »Wie führe ich mich denn auf, hm?«

»Na so … oberlehrerhaft. Hätte ich gar nicht erwartet.«

»Was soll das denn heißen?«

»Mädels …«, versuchte es Randy.

»Nein, lass sie«, unterbrach Olivia. »Ich will hören, warum sie es nicht erwartet hat. Ist Reife für die Reichen reserviert, hm?«

»Schluss damit«, sagte Mason. »Anstatt zu streiten, sollten wir gemeinsam nach einer Lösung suchen.«

»Collister, das ist die erste sinnvolle Idee aus deinem Mund«, bemerkte Olivia.

»Ja, finde ich auch.« Danielle warf Randy einen abschätzigen Blick zu. »Und du bist der Nerd, richtig?«

»Er heißt Randy«, sagte Mason.

»Du machst dir überall Freunde, oder?«, fragte Olivia ironisch.

»Ah, Beschützerinstinkt«, sagte Danielle in Richtung Mason. »Süß. Nette Idee, das mit der Polizeisirene, Nerd.«

»Also«, sagte Mason genervt. »Was machen wir jetzt?«

»Gut für euch, dass ich in der Regel nachdenke, bevor ich losrenne. Ich habe …«

Das Klingeln ihres Handys unterbrach Olivias Erklärung. Sie klappte es auf. Leider war es keines der neueren Smartphones, sondern ein schlichtes altes Modell mit einfarbigem Display und kleiner Tastatur. Da es mittlerweile schon einige Jahre auf dem Buckel hatte, würde es vermutlich bald den Geist aufgeben. »Okay, da muss ich ran. Moment.«

Sie trat zur Seite, wechselte ein paar kurze Sätze mit ihrem Anrufer und beendete schließlich das Gespräch. »Heute funktioniert auch gar nichts. Das war mein Redakteur. Ein kurzfristiger Auftrag.«

»Viel Spaß«, sagte Danielle.

»Was meintest du vorhin damit, dass du nachgedacht hast und so?«, fragte Mason.

Olivia seufzte. »Ich habe einen Sender an den Wagen von Thompkins geheftet. Sobald er sich mit seinem Auftraggeber trifft, können wir ihm folgen.« Sie deutete auf ihren schlammgrünen Dodge. »Den Sender habe ich mir aus der Redaktion geliehen. Der ist irgendwie mit dem Pad gekoppelt, das ich auch mitgenommen hab. Auf dem Display ist eine digitale Karte von Barrington Cove zu sehen.«

»Tolle Idee«, sagte Randy. »Genau wie mit dem Bluff übrigens.«

»Welcher Bluff?«

Randy grinste. »Was du da gerade verstaut hast, war eine analoge Spiegelreflex, oder nicht? Ich würde gerne mal sehen, wie du Bilder, die nicht digital gespeichert werden, über eine LTE-Verbindung in eine Cloud schickst. Selbst um das mit digitalen Bildern zu machen, müsstest du erst den Speicherchip aus der Kamera an einen Laptop anschließen, um das Material dann über diese Verbindung in die Cloud zu schicken.«

»Alter, du bist so ein Neek«, warf Mason ein.

»Nicht schlecht«, sagte Olivia. »Es war riskant, ja, aber der Kerl hätte euch sonst durch die Mangel gedreht.«

»Was ist ein Neek?«, fragte Danielle.

»Immer das Wesentliche im Blick, was Holt?«, stichelte Olivia.

»Ein Neek ist halb Geek, halb Nerd«, erklärte Mason schnell. »Das ist positiv gemeint.«

»Aha. Dann bleibe ich doch besser bei Nerd.«

»Wenn ihr diese, über unser aller Schicksal entscheidende Frage dann geklärt habt, können wir uns vielleicht den weniger wichtigen Dingen zuwenden«, sagte Randy. »Da war doch was, oder? Lasst mich nachdenken. Ah, richtig: Wie zur Hölle sollen wir Thompkins folgen?!«

Olivia hatte die Frage befürchtet. »Von mir aus können wir mein Auto nehmen. Vorher steht aber noch ein Auftrag an – ihr werdet euch also wohl oder übel anschließen müssen.«

Alle drei starrten sie an.

»Was für ein Auftrag?«, fragte Danielle neugierig.

»Ist das so ‘ne Modelsache?«, wollte Mason wissen. »Fotos am Strand?«

Olivia stand kurz davor auszuflippen.

Danielle lehnte mit verschränkten Armen am Auto, Randy saß auf dem Kofferraum. Mason stand ganz cool daneben und hatte vermutlich irgendwelche leicht bekleideten Models im Sinn, die am Strand entlang durch die Brandung hüpften.

»Billy Tarnowski ist tot«, sagte Olivia.

»Wer?«, fragte Danielle.

Bevor Olivia eine spitze Bemerkung abgeben konnte, warf Randy ein: »Ist das nicht der Autor? Der in dem alten Haus am Stadtrand wohnt? Ich hab mal einen Artikel über ihn gelesen. Er und ein paar seiner Freunde sind in den 80ern in die alte Schule eingebrochen.«

»Oh. Klar. Der.« Mason ging zum Kofferraum und schwang sich neben seinen besten Freund. Olivia hätte sie am liebsten beide an den Ohren gepackt und herunter gezogen. »In der Schule hat mal jemand von dieser Marietta King gesprochen. Ein Mädchen, das vor dreißig Jahren umgebracht wurde.« Er zuckte die Schultern. »Mein Dad wollte davon nichts hören, als ich nachgefragt habe.«

»Und dieser Tarnowski war damals dabei?«, fragte Danielle. »Als der Mord passiert ist, meine ich.«

Randy nickte. »Ich hab in der Richtung mal recherchiert. Damals war die ganze Stadt in Aufruhr. Der Mord war das Stadtgespräch.«

Olivia warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Wie auch immer. Tarnowski hat wohl zwei Bücher geschrieben, mit einem wurde er ziemlich berühmt. Die Gazette widmet ihm eine Sonderseite.«

»Oookay«, sagt Danielle. »Und was hat das mit dir zu tun?«

»Ich mache Fotos von seinem Anwesen. Die Redaktion hat sich beim Nachlassverwalter die Erlaubnis geholt, und da der Artikel am Montag erscheinen soll, ist jetzt Eile angesagt. Also springt rein. Wir holen die Schlüssel in der Redaktion ab, dann fahren wir dorthin. Das dauert nicht lange.«

Gemeinsam fuhren sie davon.


*


Randy bekam eine Gänsehaut, als sie vor dem abgelegenen Anwesen hielten. Trotzdem war er froh darüber, endlich aus dem Auto steigen zu dürfen. Olivia und Danielle hatten sich die ganze Fahrt über gekabbelt, es war nicht auszuhalten. Ab und an hatte Mason noch etwas eingeworfen, was alles nur noch schlimmer gemacht hatte. Hinzu kam Olivias Fahrstil, der nichts für schwache Nerven oder Mägen war.

Er musste jedoch zugeben, dass sie ihn beeindruckte. Olivia fuhr einen – wenn auch altersschwachen – Dodge, fotografierte für die Gazette und gab sich auch sonst ziemlich tough.

Der Frequenz nach zu urteilen, in der sich Mason sein mittellanges dunkelblondes Haar zurückgestrichen hatte, war auch er beeindruckt. Es war unschwer zu erkennen, dass Olivia nicht das geringste Interesse daran hatte, mit seinem Freund zu flirten, doch es würde vermutlich noch eine Weile dauern, bis Mason das kapierte.

Randy stieg aus, schlug die Autotür hinter sich zu und starrte auf das baufällige Herrenhaus. Ein Großteil der Dachschindeln war vom Wind abgedeckt worden oder dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen. Die Fenster starrten vor Schmutz, das Holz der Rahmen war morsch, die Farbe darauf abgeblättert. Vermutlich hatte der Vorgarten schon seit Jahren keinen Gärtner mehr gesehen, weshalb er sich in einen kleinen Urwald verwandelt hatte.

»Wow, hier könnte meine Mutter sich mal austoben«, sagte Mason. »Putzen ist ihr Hobby.«

»Wer macht so was freiwillig?«, fragte Danielle.

Olivia sah für einen Moment so aus, als wollte sie etwas Patziges erwidern, schwieg dann aber glücklicherweise.

Olivia fischte ihre Nikon aus dem Kofferraum. »Beeilen wir uns. Das Mittagslicht ist gerade perfekt, im Haus ist es nämlich eher dunkel.«

Gemeinsam traten sie vor das schmiedeeiserne Gartentor.

Es quietschte, als sie es öffneten. Der Weg bestand aus zwei Reihen quadratischer Steinplatten, die wie die Facetten eines Reißverschlusses versetzt nebeneinander angeordnet waren. Ihre Oberfläche war von Rissen durchzogen.

»Bist du sicher, dass das Haus nicht einstürzt, wenn wir uns gerade darin befinden?«, fragte Danielle spitz.

»Angst?«, gab Olivia zurück.

»Pff.« Danielles Nase wanderte in die Höhe.

Randy grinste.

Das Eingangsportal bestand aus einer wuchtigen Holztür. Ein altmodischer Messingklopfer mit der Form eines Gesichts hing auf Brusthöhe. Das Holz war einst sicher hübsch gewesen, wirkte jetzt aber nur noch alt und verfallen, der Lack blätterte auch hier ab.

Olivia friemelte die Schlüssel heraus und öffnete.

Ein lautes Knarzen erklang, gefolgt von einem Quietschen, das Randy durch Mark und Bein ging.

Als er die Eingangshalle betrat, schaute er sich ehrfürchtig um. Sie war fast leer. Hier und da stand ein verlassenes Möbelstück, bei einigen davon konnte Randy nicht einmal sagen, was es war. Als hätte sich ein verrückter Wissenschaftler am Schreinern versucht.

Im Reflex tastete er nach dem Smartphone in seiner Tasche. Es war noch da. Das war seine Welt: moderne Technologie. Computer, Smartphones, Platinen und Lötzinn, Roboter und Armaturen. Gleichzeitig faszinierte ihn aber auch das Alte.

Die Recherche im Stadtarchiv vor einiger Zeit hatte er genossen. Der Geruch des Papiers, das Gewicht des Wissens um ihn herum, die Aura einer längst vergangenen Zeit. Wer benutzte heute noch Papier, um wichtige Informationen festzuhalten?

»Aufwachen, Alter!« Masons Stimme holte ihn in die Wirklichkeit zurück. »Du stehst im Weg.«

Randy trat zur Seite.

Durch ein Deckenlicht fiel lediglich ein Schimmer, da es seit langem nicht mehr geputzt worden war. Alles um ihn herum war ins Zwielicht getaucht. Staubflocken tanzten wie Glitzerpartikel im Lichtstrahl.

»Okay, dann zieh mal dein Ding durch, damit wir uns um Thompkins kümmern können«, sagte Danielle gelangweilt und zog ihr iPhone aus der Tasche. »Hier ist fast kein Netz.« Genervt rollte sie mit den Augen. »Echt jetzt, der Kerl muss in den 80ern hängen geblieben sein.« Sie schob es wieder in die Hosentasche.

»Können wir dir irgendwie helfen?«, bot Randy an.

Olivia wirkte verblüfft. »Ähm, danke. Aber ich werde einfach ein wenig herumstreifen und ein paar Bilder schießen.«

»Dann teilen wir uns am besten auf«, sagte Mason. Schon war er auf dem Weg über die Treppenstufen nach oben, die der Eingangstür gegenüberlagen.

»Aber fasst nichts an«, rief Olivia ihnen hinterher.

»Klar.« Er wandte sich an Randy. »Komm schon.«

Während Danielle in einen Stuhl sank, die Arme verschränkte und augenscheinlich keine Lust mehr hatte, sich irgendwohin zu bewegen, verschwand Olivia in einem der angrenzenden Räume. Randy folgte Mason, immerhin musste ja irgendwer darauf aufpassen, dass der Freund keinen Unfug anstellte.

Der Gang im Obergeschoss war mit einem flauschigen Teppich ausgelegt, in dem man bei jedem Schritt versank. An den Wänden hingen irgendwelche scheußlichen Bilder, auf denen grelle Farben vorherrschten.

»Wer auch immer die gemalt hat, er muss auf ‘nem Trip gewesen sein«, sagte Mason. »Ich würde mir das Zeug nicht freiwillig ins Zimmer hängen.«

Randy konnte da nur zustimmen. Das ganze Haus wirkte wie ein aus verschiedenen Zeiten zusammengeschustertes Ding. »Wie alt war er eigentlich?«

»Tarnowski?« Ein Schulterzucken.

»Er muss gerade mal fünfzig gewesen sein, oder so. Und dann plötzlich tot, einfach so.« Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass Olivia gar nichts zu den Details erzählt hatte. »Wer weiß, vielleicht hat ihn ja etwas in diesem Haus umgebracht.«

Er grinste und ging davon.

»Ha, ha«, sagte Mason hinter ihm. Aber er klang gar nicht mehr ganz so selbstsicher wie noch ein paar Sekunden zuvor.


*


Mason glaubte zwar nicht an Randys Theorie, fühlte sich in dem alten Gemäuer aber trotzdem zunehmend unwohl. Es war weniger der Gedanke daran, wie Billy Tarnowski gestorben war, als die Tatsache, dass er hier noch vor wenigen Tagen gelebt hatte. Der Schatten des Mannes war überall.

Sie schlenderten weiter durch verschiedene Räume, die jedoch nichts Besonderes boten. Zuerst fanden sie ein Gästezimmer mit einem riesigen Himmelbett. Vermutlich hatte schon irgendein König von anno dazumal hier geschlafen, denn abgesehen von alten Gemälden, uralten Stofftieren und einer ur-uralten Blümchentapete gab es nichts zu finden außer Geschmacklosigkeit vom Innenausstatter.

Direkt daran schloss sich eine Bibliothek an, worauf Randy ganz aus dem Häuschen geriet. Irgendwie gab es bei ihm einen Kurzschluss im Oberstübchen, sobald Technik oder alte Bücher ins Spiel kamen. Mason schaute grinsend dabei zu, wie er zwischen den Büchern hin und her rannte, ständig »Ah« und »Oh« rief und etwas von »Erstausgabe« murmelte. Irgendwann wurde ihm dann aber doch langweilig. Gerade als sein Blick auf ein Buch zum Thema Basketball aus dem Jahr 1976 fiel, verschwand Randy natürlich im Durchgang zum nächsten Raum. Er folgte ihm, kehrte aber nach kurzer Zeit zurück auf den Gang, weil tatsächlich sogar im nächsten Raum ein Bücherregal stand.

»Alter, schau dir das an.« Mason deutete auf das Ende des Ganges, wo eine schmale Standuhr bis unter die Decke reichte.

Randys Wuschelkopf tauchte im Türrahmen auf. »Was hast du gesagt?« Dann sah er die Standuhr. »Das Ding ist echt das Tüpfelchen auf dem i«, sagte Randy. »Total geschmacklos.«

»Made in Germany«, las Mason. »Die wurde in deiner Heimat hergestellt.« Die Bemerkung war heraus, bevor er sie zurückhalten konnte.

»Trotzdem hässlich.«

»Tut mir leid, ich wollte nicht …«

»Schon gut.« Randy winkte schnell ab.

»Schau mal, was ist das?« Mason deutete auf einen Hebel, der an der Seite der Standuhr angebracht war. »Den hätte ich beinahe übersehen. Der ist in die Intarsien eingepasst.«

»Vermutlich zum Einstellen der Uhrzeit. Was machst du da? Nimm die Finger weg.«

Aber es war zu spät. Mason hatte den Hebel schon heruntergedrückt.

Was dann geschah, ließ Randys Mund sperrangelweit offen stehen. Mason machte gleichzeitig einen Satz zurück, als die Standuhr von einem unsichtbaren Mechanismus zur Seite geschoben wurde und den Blick auf eine Treppe freigab, die in die Tiefe führte. Gleichzeitig flammten Glühbirnen auf, die an den Wänden im Abstand von wenigen Schritten angebracht waren, immer im Wechsel links und rechts. Zwei davon starben im gleichen Moment an Altersschwäche und gingen mit einem leisen Zing wieder aus. Auf den übrigen war die Schicht aus Staub so dick, dass nur ein leichtes Glimmen durchkam.

Vorsichtig gingen sie näher heran. Da die Treppe nach unten um die Kurve führte, war nicht zu erkennen, wie weit der Gang reichte oder wo er endete.

Ein seichter Luftstrom wehte herauf.

»Das ist unglaublich«, hauchte Mason. »Was meinst du, wo führt die hin?«

»Eine vage Vermutung: nach unten.«

»Alter, du bist so tot.« Schon stürmte er auf den Freund zu, nahm ihn in den Schwitzkasten und rubbelte mit der geballten Faust über seine Haare. »Da sind sie gleich noch stärker verwuschelt, kannst mir später danken. Falls sie bis dahin nicht ausfallen.«

Sie kicherten beide.

»Jungs«, erklang die genervte Stimme von Danielle.

»Stören wir?«, fragte Olivia. Dann fiel ihr Blick auf den Eingang zum Geheimgang. »Was ist das? Was habt ihr angefasst?!«

Randy deutete blitzschnell auf Mason. »Das war er.«

»Verräter«, zischte er aus dem Mundwinkel.

Olivia hörte schon gar nicht mehr zu. Wie der Blitz war sie am Eingang zu den Treppen in die Tiefe und starrte nach unten. Erst nach und nach schien sie zu realisieren, dass Mason nicht die Standuhr kaputtgemacht, sondern einen Geheimgang freigelegt hatte.

»Wo der wohl hinführt?«, murmelte sie.

»Eine vage Vermutung: nach unten«, sagte Mason.

Olivia schenkte ihm nur einen bösen Blick, während Randy kicherte.

»Was genau machst du da?«, frage Danielle, als Olivia sich anschickte, in die Tiefe zu steigen.

»Nach was sieht es denn aus?«, kam es zurück. »Wir haben im Haus eines toten Schriftstellers einen Geheimgang entdeckt. Denkst du, ich stehe hier weiter nur rum?«

»Aber …«

Bevor irgendwer noch etwas dazu sagen konnte, war Olivia schon auf dem Weg. Mason schloss sich sofort an und bedeutete Randy, ihnen zu folgen. Der zuckte die Schultern und kam hinterher.

»Aber … Ihr … Ach, verdammt!«

Mason grinste, als Danielle ebenfalls die geheime Treppe betrat.


*


Die Stufen führten am Erdgeschoss vorbei, tief in den Untergrund. Mason konnte sich an einen erkerartigen Anbau erinnern, der außen am Herrenhaus angeflanscht war. An dieser Stelle führte die Treppe nach unten.

Er warf einen Blick zurück. Randy kam direkt hinter ihm, Danielle dichtauf. Olivia stieg unbeirrt weiter ins Dämmerlicht hinab, war so schnell, dass er sie nicht mehr im Blick behalten konnte.

Als er ein Gespinst auf seinem Gesicht spürte, zuckte Mason zusammen. Schnell streifte er die Spinnweben ab. Zwischen den Fäden der Netze hingen überall Spinnen – an den Wänden, zwischen Glühbirnen und Gestein, zwischen Maueröffnungen und an der Decke. Er hasste die Viecher.

Am unteren Ende der Treppe erwartete sie ein schmaler Durchgang, an dessen Oberseite eine Metallplatte eingelassen war. Im schlechten Licht der Glühbirnen, die auch hier unten überall hingen, konnte Mason nicht erkennen, was darauf stand.

»Oh, wow«, hauchte Olivia.

Mason schloss schnell zu ihr auf und sah sich um. »Krass.«

Er wusste nicht, was er erwartet hatte, doch sicher nicht das. Genau so hatte er sich immer die englischen Wohnungen aus dem 18. Jahrhundert vorgestellt – und irgendwie auch wieder nicht.

An der Decke hing ein riesiger Kronleuchter. Darunter standen Bücherregale aus dunklem Holz, mit edel geschnitzten Verzierungen, die bis unter die Decke ragten. Direkt daneben reihten sich alte Büroschränke aneinander, wie sie auch im Stadtarchiv zu finden waren.

Die Wand war bedeckt von einer tiefroten Tapete. Zwischen den Bücherregalen hingen Gemälde, die an Scheußlichkeit kaum zu überbieten waren. An die Seite der Aktenschränke hatte jemand Poster gepinnt, die irgendwelche Musiker zeigten. An Haaren und Kleidung konnte er festmachen, dass sie aus den 80ern stammten.

»Wer waren die ‚New Kids on the Block‘?«, fragte Randy.

»Keine Ahnung«, erwiderte Mason. Was seinen Blick sofort wie magisch anzog, war der Schreibtisch. Er war groß und wuchtig und schwarz. Auf der Oberfläche waren Dokumente verteilt, dazwischen stand eine New-York-Tasse, auf der eine goldene Freiheitsstatue abgebildet war.

»Cool«, sagte Randy.

Als Mason sich umblickte, hatte der Freund einen Rubik‘s-Zauberwürfel in der Hand und spielte damit herum, hinter ihm an der Wand hing eine Dartscheibe. Der Drehwürfel war aber sofort vergessen, als Randy einen alten Computer entdeckte. Eine klobige Tastatur schloss sich an einen riesigen Röhrenmonitor an.

Überhaupt wirkte der gesamte Raum, als hätte jemand die 80er-Jahre mit dem 18. Jahrhundert vermischt. Die Gemälde, die Tapete, der Teppich waren grässlich. Tüll und Verzierungen überall. Doch dazwischen gab es tolle Sachen.

An der Seite lag ein altes Skateboard, das sich Mason sofort schnappte. Olivia griff gerade nach einer alten Kamera, Danielle zog ein Buch über Pferde aus dem Regal.

Mason schaute sich um. »Was glaubt ihr, was das hier ist?«

»Ein geheimes Studierzimmer«, sagte Olivia.

»Schaut mal, hier.« Randy deutete auf den Stapel auf dem Schreibtisch.

Danielle nahm eines der gelblichen Papiere und hob es zwischen Daumen und Zeigefinger in die Höhe, als wäre es ein ekliges Insekt. »Ein Zeitungsausschnitt vom Herbst 1984. Es geht um diese getötete Schülerin, Marietta King.«

Randy studierte ein Blatt Papier. »Alles hier dreht sich nur um dieses Thema.«

»Ach du Scheiße«, entfuhr es Olivia.

Alle Köpfe ruckten in die Höhe.

Sie hatte einen Vorhang zur Seite gezogen. Dahinter hing ein gewaltiges Whiteboard an der Wand, an das Polaroids geklebt worden waren. Zwischen den vergilbten Fotografien gingen Striche hin und her, als hätte jemand ein riesiges Spinnennetz gewoben. In der Mitte hing das Bild eines braunhaarigen, sechzehnjährigen Mädchens, das mit traurigen Augen in das Aufnahmeobjektiv schaute.

»Er hat versucht, den Mord aufzuklären«, begriff Mason. »Da sind Bilder von anderen Jugendlichen aus der Zeit, aber auch Erwachsenen. Und hier sind ein paar neuere. Gott sehen die schrecklich aus, hatten die damals alle solche Haare und Schnurrbärte?«

»Schlechte Technik«, sagte Olivia. Sie studierte die Fotos mit Kennerblick. »Fotografie ist nicht seine Stärke gewesen.«

Randy wirkte erschüttert. »Dreißig Jahre. Er hat dreißig Jahre lang nach dem Mörder gesucht. Sie muss ihm sehr wichtig gewesen sein.«

Danielle setzte sich auf den Rand des Schreibtisches und schlug die Beine übereinander. »Vielleicht wollte er auch einfach nur einen Bestseller schreiben. Sooo erfolgreich waren seine Bücher bisher ja nicht.« Auf einen bösen Blick von Olivia fügte sie schnell hinzu: »Ich meine ja nur. Dreißig Jahre lang ’nem Mörder nachzujagen, das ist so …«

»… bemerkenswert«, sagte Randy. »Ich wette, die ganzen Aktenschränke sind voll mit Informationen. Er hat sein Leben dieser Aufgabe gewidmet.«

Für einen Moment herrschte Stille.

»Traurigerweise hat er es nicht geschafft«, bemerkte Mason. »Dreißig Jahre ohne ein Ergebnis.«

Allein der Gedanke machte ihn traurig.

»Aber warum versteckt er all das Zeug hier unten?«, überlegte Olivia. »Ich habe bisher keinen Internet- oder Telefonanschluss gefunden.« Sie zog einige Schubladen der Aktenschränke auf. »All das sind Fotokopien, keine Dateien. Es muss ein riesiger Aufwand gewesen sein, jede Akte zu kopieren, all das zusammenzutragen.«

»Es kann weder per Internet gestohlen werden noch gelöscht«, sagte Randy.

Olivia runzelte die Stirn und zog ihr Handy hervor. »Stimmt. Hier gibt es definitiv kein Netz. Tolle Sicherheit. Damit ist der Ausflug in die Vergangenheit für mich erst einmal vorbei. Ich habe alle Fotos, die ich brauche, und wenn ich heftig aufs Gas drücke, wird mir der Redax auch nicht den Kopf abreißen.«

»Du willst in die Redaktion? Jetzt?«, fragte Randy. »Aber das alles hier …«

»Ist später auch noch da.« Olivia deutete auf ihre Kamera. »Mein Redakteur allerdings will Feierabend machen. Und vorher braucht er die Bilder. Andernfalls wird er nämlich einfach welche aus dem Archiv hervorkramen und damit fällt meine Gage weg. Sorry, wenn ich hier etwas pragmatisch bin, aber ich brauche die Kohle.«

»Sorry, das sollte nicht beleidigend sein oder so. Ich würde es mir nur gerne noch genauer ansehen«, sagte Randy. »Ich meine, das ist doch einfach genial.« Er strahlte über das ganze Gesicht. »Ein geheimer Raum, alte Akten … Wie wär‘s: Du fährst in die Redaktion, holst uns danach hier ab und dann kümmern wir uns um Thompkins.«

Olivia überlegte einen Moment, dann zuckte sie die Schultern. »Von mir aus.«

»Ich komme mit dir mit«, sagte Mason. »Wenn der Dreckskerl sich bewegt, während wir auf Achse sind, will ich das sofort wissen.«

Er warf einen fragenden Blick zu Danielle.

»Ich bleibe hier«, erklärte sie. »Während unser Nerd hier in staubigen Unterlagen wühlt, schaue ich mir das Haus an.«

»Von mir aus.«

Olivia verließ den geheimen Raum mit Mason im Schlepptau.


*


Es dauerte nur ein paar Minuten, dann schlief Danielle auch schon tief und fest. Sie war in einen der Ohrensessel gesunken, hatte noch einmal an ihrem Handy gefummelt, dann aber aufgegeben.

Randy musste unweigerlich lächeln, als sie leichte Grunzlaute ausstieß und zu schnarchen begann. Im Schlaf wirkte sie gar nicht mehr so zickig.

Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die Umgebung.

Es war ungewohnt, ohne Technik zu arbeiten, sich durch altes Papier zu wühlen und nicht einfach einen Begriff in die Suchmaschine einzugeben.

Randy versuchte, den alten Rechner einzuschalten, wartete jedoch vergeblich darauf, dass ein Cursor auf dem Monitor aufblinkte. Eine derart alte Maschine war heute kaum noch zu gebrauchen. Trotzdem interessierte es ihn, was Billy Tarnowski darauf gespeichert hatte. Vermutlich reine Textdateien. Wenn er den Charakter des Mannes richtig einschätzte, hatte er sie aber auch alle ausgedruckt. Jemand, der sich dreißig Jahre einem einzigen Ziel verschrieb, würde nicht das Risiko eingehen, auf einem Computer gespeicherte Daten zu verlieren, wenn dieser aufgrund von Altersmüdigkeit schnell und leise den Betrieb einstellte.

Wo fange ich also an?

Randy entschied sich für das Offensichtliche: die Dokumente auf dem Schreibtisch. Da waren Zeitungsartikel, Notizzettel, handgeschriebene Zeilen, die sich lasen wie Tagebucheinträge, und alte Polaroids. Auf das Band am unteren Ende hatte jemand mit einem schwarzen Marker Namen, Orte und Zeiten geschrieben.

Auf einem der Bilder war die alte Schule abgebildet, in der vor dreißig Jahren der berühmte Marietta-King-Mord geschehen war. Ein Erdbeben hatte große Teile des Baus am Stadtrand zum Einsturz gebracht, die heutigen Räumlichkeiten lagen deshalb in der Nähe des Stadtzentrums.

Es war ein seltsames Gefühl, durch die Oberfläche eines vergilbten Fotos in die Vergangenheit zu blicken. Das Bild war am Tag aufgenommen worden. Am unteren Rand waren die Köpfe von Schülern zu sehen, die auf das Schultor zustürmten, es musste gerade Mittag sein. Genau in der Mitte war ein Fenster zu sehen, hinter dem eine Silhouette zu erkennen war. Am unteren Rand hatte jemand notiert: Der Graf?

»Was schaust du dir da an?«, erklang es plötzlich laut neben seinem rechten Ohr.

Randy zuckte zusammen. »Das ist nicht lustig!«

»Finde ich schon.« Danielle kicherte. »Ich geh mal nach oben. Meine Mum macht sich bestimmt langsam Sorgen. Sie mag es nicht so, wenn ich lange nichts von mir hören lasse. Vermutlich hab ich schon zehn SMS. Du kommst hier ja ganz gut alleine zurecht, Nerd.« Sie zwinkerte und tänzelte davon.

Bevor Randy eine passende Erwiderung eingefallen war, war sie auch schon verschwunden.

Wenigstens hatte er jetzt Ruhe.

Er studierte weiter die Polaroids und vergaß alles um sich herum.


*


Danielle legte den Schalter um und beobachtete fasziniert, wie die Standuhr lautlos zurück an ihren Platz glitt. Der Mechanismus an der Rückseite der Standuhr war ein Pendant zu jenem, der in die Intarsien eingearbeitet war. Damit war es ein Leichtes, den Ausgang von beiden Seiten zu öffnen und zu schließen. Ein Blick auf ihr Handydisplay und sie atmete auf.

Empfang.

Nicht unbedingt viel, aber genug, um eine kurze Nachricht an ihre Mum zu schicken. Sollte die sich nämlich Sorgen machen, würde sie Dad benachrichtigen. Danielle wollte an dieser Front keine schlafenden Hunde wecken. Allein der Gedanke an eine Schimpftirade ihres alten Herrn jagte ihr einen Schauer über den Rücken.

Den Blick auf das Display gerichtet, lief sie zum Treppenabgang. Als sie gerade auf die oberste Stufe treten wollte, hörte sie die Stimmen. Blitzschnell tauchte sie zur Seite weg, hinter das Geländer.

»… Abreibung verdient«, erklang die Stimme von Pratt Thompkins. »Wurde ja auch Zeit, dass wir endlich das ‚Go‘ kriegen.«

Der Dealer musste ihnen gefolgt sein. Während sie damit beschäftigt gewesen waren, Bilder zu machen und den Geheimraum zu untersuchen, hatte Thompkins die ganze Zeit in ihrer Nähe gelauert, um jetzt zuzuschlagen.

Angsterfüllt spähte Danielle über das Geländer nach unten.

»Ich nehm mir den Schlaksigen vor«, sagte eine andere Stimme. »Der hält sich wohl für einen ganz Schlauen.«

»Ist mir egal«, kam es von Pratt zurück. »Aber Collister gehört mir. Das Bürschchen war mir schon zuwider, als er noch den großen Helden auf dem Spielfeld gegeben hat. Wurde echt mal Zeit, dass er eine verpasst bekommt. Und wenn ich schon ’ne Abreibung vom Boss bekomme, weil die Einnahmen heute einbrechen, dann kann ich mich wenigstens vorher abreagieren.«

Danielle überlegte fieberhaft. Die zwei mussten zwar in der Nähe des Anwesens gelauert haben, doch sie hatten nicht bemerkt, dass Olivia und Mason davongefahren waren. Vermutlich würde es ihnen gar nicht schmecken, wenn sie die Wahrheit erkannten.

Sie musste Hilfe herbeiholen, und zwar schnell.

»Wen haben wir denn da?«, erklang eine dritte Stimme direkt neben ihr.

Sie schrie auf und fuhr herum. Das Handy entglitt ihren Fingern, fiel über die Balustrade und zerschellte am Boden.


*


Masons Magen knurrte. Langsam bekam er Hunger, während er an nichts anderes denken konnte, als seine Unschuld zu belegen. Er musste irgendwie nachweisen, dass Pratt hinter der Sache steckte.

Gemeinsam mit Olivia war er zuerst zu einem Schlüsseldienst gefahren, wo sie – verbotenerweise – die Hausschlüssel des Tarnowski-Anwesens hatten nachmachen lassen. Von dort ging es zur Redaktion. Olivia stieg mit einem »Fass nichts an« aus dem Auto und verschwand in der Redaktion.

Mason schaute aus dem Fenster und beobachtete die vorbeilaufenden Menschen. Mütter mit ihren Kindern, die auf dem Weg in die Shoppingmall waren. Pärchen, die gemeinsam an der Küstenstraße entlang joggten. Sogar eine Truppe Rentner sah er, die bewaffnet mit Decken in Richtung Strand marschierten.

Das Gebäude der Barrington Cove Gazette lag an einer dicht befahrenen Hauptstraße, gegenüber vom Strand. Es war ein großer Glasbau mit einem ringsum laufenden Grünstreifen. In der Lobby standen Sofas, bezogen mit schwarzem Leder, und kleine Tische, auf denen Magazine lagen. Ein grimmig dreinblickender Pförtner scheuchte die meisten Ankömmlinge davon.

Der Gazette gehörte das gesamte Gebäude. Im ersten Stock erkannte er zahlreiche Köpfe hinter den Fenstern, mehr war nicht auszumachen.

Komm schon, Olivia, beeile dich.

Es war längst Nachmittag. Wenn sie Pratt lückenlos überwachen wollten, mussten sie langsam damit anfangen. Vermutlich hing er noch immer in der Nähe des Steinbruchs herum.

Mason hätte es längst überprüft, nur leider hatte Olivia die Software zur Überwachung der Wanze auf einem Pad der Redaktion gespeichert. – Und das war gesperrt. Bedauerlicherweise hatte sie vergessen, den PIN ebenfalls auszuborgen.

Eine halbe Ewigkeit schien zu vergehen, bis sie wieder aus dem Redaktionsgebäude trat. Unweigerlich musste er daran zurückdenken, wie sie ihn am Strand fertiggemacht hatte. Damals hatte er sie für ein eingebildetes, arrogantes Miststück gehalten. Warum half sie ihm jetzt trotzdem? Es hatte eher so geklungen, als würde sie ihm am liebsten eine reinhauen.

»Ich bin überrascht, das Auto ist nicht in die Luft geflogen«, sagte Olivia. Sie schwang sich hinter das Steuer und startete den Motor.

»Haha.« Mason hielt ihr das Pad entgegen. »Wärst du so nett? Ich will prüfen, wo Pratt ist. Der Idiot scheint im Steinbruch zu wohnen.«

Sie zog einen Zettel hervor, studierte ihn einige Sekunden lang und gab dann mit fliegenden Fingern den PIN-Code ein. »Weißt du, dieser Tag entpuppt sich wirklich als … interessant. Eigentlich wollte ich mir meine Kamera schnappen, am Strand entlang spazieren und die Felsformationen fotografieren. Stattdessen spiele ich Babysitter.«

Sie sah sich kurz um, scherte aus und fuhr los.

»Du bist nur ein Jahr älter als ich«, sagte er, den Blick auf das Interface gerichtet, das sich viel zu langsam aufbaute. »Tu nicht so, als hättest du die Weisheit mit Löffeln gefressen.«

Olivia schnaubte nur und bretterte haarscharf an einer Omi mit Trolli vorbei. Die Südtangente war zu dieser Zeit dicht befahren, die Hälfte der Stadt wollte zum Strand. Glücklicherweise fuhren sie in die andere Richtung, sonst wäre längst kein Durchkommen mehr gewesen.

Sehnsüchtig blickte Mason in Richtung Strand, dann galt seine Aufmerksamkeit wieder der Software.

Eine Stadtkarte erschien auf dem Display. Gebäude waren gelbe Flächen, Straßen graue Striche. Er suchte den grünen Punkt, der den Standort von Thompkins markierte, wurde im Steinbruch aber nicht fündig.

»Er ist nicht mehr dort«, murmelte Mason.

»Oookay.« Olivia steuerte den Wagen in eine enge Kurve, die Bremsen quietschten.

»Oh, nein!«

»Jetzt stell dich nicht so an.«

»Ich spreche nicht von deinem Fahrstil, sondern Thompkins!« Er hielt ihr das Pad vor die Nase. »Der Dreckskerl ist im Tarnowski-Haus.«

Olivia riss entsetzt die Augen auf.

Dann drückte sie das Gaspedal bis zum Anschlag durch. »Halt dich fest.«


*


Ein bekannter fauliger Atem schlug Danielle ins Gesicht. Sie wollte sich abwenden, aber Pratt hielt sie fest. Er war ganz nah. Ihre Brust wurde eng.

»Wenn das nicht das kleine Püppchen aus dem Steinbruch ist«, sagte Thompkins. »Tja, wir sind nicht so blöd wie ihr dachtet. Einer meiner Männer hat euch verfolgt.« Er sah sich um. »Das ist doch die Bude vom alten Tarnowski. Hier gibt es nichts Wertvolles zu holen. Warum also seid ihr hier?« Er grinste sie an. »Wo sind deine kleinen Freunde, hm?«

Hinter ihr stand ein breitschultriger Typ mit Vollbart und Nasenpiercing, der sie erwischt und zu Thompkins gebracht hatte. Er hatte sie auf einen Stuhl im Zentrum der Eingangshalle gedrückt und sich vor ihr aufgebaut.

Danielle begriff in einem Moment des Entsetzens, dass sie Thompkins alle unterschätzt hatten. Er war nicht einfach ein kleiner Dealer, sondern ein waschechter Psychopath. Der Kerl wollte weit mehr, als Mason nur eine kleine Abreibung verpassen. Dieses gierige Funkeln in seinen Augen machte ihr Angst.

Mason und Olivia waren in Sicherheit, aber was war mit Randy? Wenn der kleine Nerd den Geheimraum verließ, würden diese Halbaffen ihn erwischen.

Der Schreck saß ihr noch immer in den Gliedern. Ihre Finger begannen zu zittern. Schnell ballte sie die Hände zu Fäusten, damit es nicht auffiel.

»Lass mich noch mal anders fragen«, sagte Thompkins.

Er ließ seine Fingergelenke knacken. Mit einem Lächeln schaute er auf die Überreste ihres Smartphones. Ein Tritt, und von dem Gerät mit dem durch den Fall zersprungenen Display blieben nur Einzelteile übrig. – Plastik, Aluminium, irgendwelche winzigen Platinen.

»Und jetzt stell dir vor, ich mache das gleich noch mal, allerdings mit deiner Hand.« Pratt lächelte schmierig. »Also, ich wiederhole meine Frage genau ein Mal: Wo sind deine kleinen Freunde? Wo ist Collister?«

»Ich bin alleine hier.« Danielle hatte schon recht früh gelernt, überzeugend zu lügen. Sie trug das Gesicht eines blonden Engels, wie man ihr als Kind immer wieder gesagt hatte, und einem solchen traute niemand Böses zu. Zugegeben, sie war manchmal eher ein kleines Teufelchen gewesen, allerdings hatte ihr Bruder ihr in nichts nachgestanden.

Leider glaubte Thompkins, der Schweinehund, ihr kein Wort.

»Na schön, dann eben anders.« Er griff nach ihrer Hand.

In diesem Moment erklang ein Keuchen am oberen Ende der Treppe.

»Danielle?!« Es war Randy.

»Verschwinde!«, rief sie. »Ruf den Sheriff.«

Glücklicherweise handelte Randy richtig, er warf sich herum und rannte davon. Wenn er schnell genug war, kam er vielleicht noch in das Geheimversteck.

»Na schön, dann erledige ich das eben selbst.« Thompkins streifte sich einen Schlagring über die Finger der rechten Hand. »Pass auf sie auf.«

»Was … du kannst doch nicht …« Danielle wollte aufstehen, aber eine unbarmherzige Hand drückte sie wieder in das Sitzkissen. »Und fessele sie ordentlich.«

»Mach ich, Boss.«

In ihrem Geist sah sie Randy, der unter dem Hieb eines Schlages zu Boden ging. Panik überfiel sie.

Lauf Randy. Bitte lauf, so schnell du kannst.


*

Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King

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