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Auswirkungen der Corona-Pandemie für den Süden stärker und längerfristig

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Die Konzentration auf die hohen Infektions- und Todeszahlen in den USA und anderen reichen Industriestaaten des Nordens in den ersten zwölf Monaten der Corona-Pandemie sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass im weltweiten Vergleich die Mehrheit der unmittelbar betroffenen Menschen im globalen Süden leben. In den meisten Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas waren auch die Gesundheitssysteme noch viel weniger auf eine Pandemie derartigen Ausmaßes vorbereitet als in den USA, Italien und anderen nördlichen Industriestaaten. Wegen der Überlastung der Gesundheitssysteme durch die Corona-Pandemie mussten in einigen Ländern zudem Impfprogramme gegen Krankheiten wie Masern unterbrochen werden.

In den Ländern des Südens sind auch die indirekten negativen Auswirkungen der Pandemie sehr viel größer. Insbesondere in den fünfzig fast ausschließlich afrikanischen Staaten, die von der UNO wegen ihrer schwachen Wirtschaft und ihrer hohen Armutsraten offiziell als »am wenigsten entwickelte Länder (least developed countries, LDC) eingestuft werden. Durch die Corona-bedingten Einschränkungen für die Wirtschaft und weite Teile des öffentlichen Lebens haben Millionen Menschen, die auch bereits vor der Pandemie in prekären Verhältnissen lebten und ihr Geld im informellen Sektor verdienten, Arbeit und Einkommen verloren. Verschärfend kommt der Ausfall von Aufträgen und Bestellungen von Unternehmen aus den Industriestaaten hinzu, der zu einem Zusammenbruch globaler Lieferketten führte. Auch die für viele Familien überlebenswichtigen Geldüberweisungen von Verwandten, die im Ausland in besseren finanziellen Verhältnissen leben, gingen zurück. Die meisten Länder des Südens waren und sind nicht in der Lage, die Einkommensverluste ihrer Bürger und Bürgerinnen durch milliardenschwere staatliche Überbrückungshilfen zu kompensieren oder zumindest abzumildern, wie dies in den meisten reichen Staaten des Nordens 2020 möglich war und auch für 2021 beschlossen wurde. Am dramatischsten ist die Situation in Ländern und Regionen wie Jemen oder der syrischen Provinz Idlib, in denen 2020 weiterhin Krieg geführt wurde und Millionen Menschen nicht oder nur völlig unzureichend mit lebensnotwendigen Gütern versorgt werden konnten. Corona-Tests, die Quarantäne von Infizierten und die Versorgung von Erkrankten waren und sind in diesen Kriegsgebieten weiterhin nicht möglich.

Reform oder Blockade

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