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»Diese Pandemie ist erst zu Ende, wenn sie für alle zu Ende ist«

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Bei den Maßnahmen im Rahmen der »globalen Impfstrategie gegen die Corona-Pandemie«, deren Existenz seit der WHO-Generalversammlung im Mai 2020 vor allem von westlichen Regierungen behauptet wird, gab es nach Feststellung der Wissenschaftler der Johns-Hopkins-Universität zumindest bis Anfang 2021 »erhebliche Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage einerseits und dem medizinisch-ökonomisch Notwendigen andererseits«. Die Probleme bei der Verteilung, der Zulieferung und dem Zugang bestimmten, »wie effektiv diese Impfungen den Verlauf der Corona-Pandemie beeinflussen können«.

Das egoistische Verhalten, das die reichen Industriestaaten zumindest bis Anfang 2021 demonstrierten, stieß auf deutliche Kritik selbst bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der die 37 am weitesten entwickelten Industriestaaten der Erde angehören. »Einige Länder haben viel zu viel Impfstoff, andere haben gar nichts«, monierte Generalsekretär Angel Gurría Mitte Dezember 2020. »Warum denken wir nicht an die fünf Milliarden Menschen in ärmeren Ländern?«

Gurría, der vor seiner Funktion als OECD-Generalsekretär Außen- und Finanzminister in Mexiko war, forderte eine »gerechtere Verteilung« der Impfstoffe. »Das wäre klug für alle. Denn dieses Virus wird erst besiegt sein, wenn es überall auf der Welt besiegt ist.« Ähnlich äußerte sich die Nichtregierungsorganisation Medico International, die sich seit Jahrzehnten für eine global gerechtere und von wirtschaftlichen Profitinteressen unabhängigere Gesundheitspolitik engagiert. »Die Corona-Pandemie ist erst zu Ende, wenn sie für alle zu Ende ist«, erklärt Medico-Sprecherin Anne Jung Anfang Januar 2021 in einem Interview mit der Berliner tageszeitung (taz).

Doch Plädoyers für eine global solidarische und auch aus wohlverstandenem Eigeninteresse kluge Politik gingen Anfang 2021 zumindest in einigen EU-Staaten weitgehend in einem Chor nationalegoistischer Stimmen unter. Das lag auch daran, dass die Infektions- und Todeszahlen in der zweiten Corona-Welle ab Oktober 2020 wieder deutlich angestiegen waren. Trotz mehrfach verschärfter Lockdown-Maßnahmen war bis Mitte März 2021 keine relevante Entspannung absehbar. Und bei den ab Ende Dezember 2020 angelaufenen Impfmaßnahmen hatte es zahlreiche Pannen gegeben. Vor diesem Hintergrund gerieten selbst die Regierungen Deutschlands, Frankreichs und anderer Staaten, die wesentlich mitverantwortlich sind für das unsolidarische Verhalten der EU gegenüber ärmeren Ländern, innenpolitisch in die Kritik, sie hätten sich noch nicht nationalegoistisch genug verhalten, weil sie nicht schnell genug eine ausreichende Zahl von Impfdosen für die eigenen Bürger beschafft hätten. Wirtschaftsliberale Parteien und Politiker, die in der Vergangenheit die Vergabe von Lizenen für die Produktion preiswerter Generika zur Versorgung von Menschen in armen Ländern immer grundsätzlich als »Eingriff in den freien Markt« abgelehnt hatten, forderten auf einmal, einheimische Pharmaunternehmen zur Vergabe von Lizenzen für die Herstellung ihres Corona-Impfstoffs an andere Unternehmen zu verpflichten, um so die Gesamtproduktion zu erhöhen zwecks Versorgung der einheimischen Bevölkerung.

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