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Tagesschau

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Inhaltsverzeichnis

Es ist — eine Sage aus der Wirklichkeit . . . hier die Zeitungsausschnitte von jener Zeit (der Autor wird schweigen): zugleich mit Mitteilungen über Diebstähle, Vergewaltigungen, über das Verschwinden eines Schriftstellers haben wir eine Reihe interessanter Notizen: eine durchgehende Phantastik oder so was, vor der jeden Leser des Conan Doyle schwindeln müßte: kurz — hier die Zeitungsausschnitte.

»Tagesschau.«

»Erster Oktober. Wir geben einen höchst geheimnisvollen Vorfall wieder, der uns von der Kursistin N. N. mitgeteilt wurde. Am ersten Oktober ging die Kursistin N. N. in der Abendstunde an der Tschernyschow-Brücke vorbei. Dorten beobachtete sie ein sehr sonderbares Schauspiel: am Ufer des Kanals neben dem Brückengeländer tanzte in der nächtlichen Dunkelheit ein roter Atlasdomino, über dem Gesicht trug derselbe eine schwarze Spitzenmaske.«

»Zweiter Oktober. Nach Wiedergabe der Volkslehrerin M. M. teilen wir dem geehrten Publikum einen geheimnisvollen Vorfall mit, der sich neben einer der Vorstadtschulen zutrug. Die Volkslehrerin M. M. war gerade mit dem Vormittagsunterricht in der O.-Volksschule beschäftigt; die Fenster der Schule gehen auf die Straße; plötzlich begann sich auf der Straße vor den Fenstern ein mächtiger Staubwirbel zu drehen; natürlich stürzte die Lehrerin und mit ihr, die lustige Kinderschar zum Fenster; man denke sich aber die Bestürzung der Kinder und ihrer Klassenlehrerin, als der rote Domino, der sich im Zentrum des von ihm aufgewirbelten Staubes befand, sich dem Fenster näherte und seine schwarze Spitzenmaske gegen die Scheibe drückte. Der Unterricht in der O.-Volksschule wurde eingestellt . . .«

»Dritter Oktober. Während der spiritistischen Sitzung im Hause der ehrenwerten Baronin R. R. hatten die Anwesenden gerade eine spiritistische Kette gebildet, als ein roter Domino sich in die Kette mischte und im Tanzen mit der Falte seines Überwurfs die Nasenspitze des Geheimen Rates S. berührte. Der Arzt der G.-Klinik konstatierte eine starke Verbrennung: wie es heißt, wird die Nasenspitze lilafarbene Flecke bekommen. Kurz, überall — der rote Domino.«

Endlich: »Vierter Oktober. Die Bevölkerung des Vorortes I. ergriff einmütig vor dem roten Domino die Flucht; es wurden eine Reihe von Protestkundgebungen veranstaltet: in den Vorort N. ist eine Kosakenabteilung abgegangen.«

Der Domino, der Domino — was hatte es damit für eine Bewandtnis?

Ein würdiger Mitarbeiter einer sicher würdigen Zeitung, der fünf Kopeken für die Zeile bekam, hatte beschlossen, eine Geschichte als Stoff zu benutzen, die er in einem bekannten Hause gehört hatte; die Wirtin dieses Hauses aber war eine Dame. Es handelt sich also um einen würdigen Zeitungsreporter, der per Zeile honoriert war; und es handelte sich um eine Dame.

Von ihr wollen wir nun beginnen.

Eine Dame: hm! und eine hübsche . . . Was ist eine Dame?

Die Eigenschaften einer Dame hat noch nicht einmal der Chiromant zu entdecken vermocht; wie soll sich nun ein Psychologe — pfui! — ein Schriftsteller an dieses Geheimnis wagen? Das Geheimnis wird tiefer, wenn die Dame jung ist und wenn man von ihr sagt, sie sei hübsch.

Also: es war eine Dame; sie besuchte aus Langerweile Kurse; und wieder aus Langerweile vertrat sie zuweilen die Lehrerin der O.-Volksschule, wenn sie nicht am Abend vorher im Spiritistenzirkel gewesen war. Im Hause dieser Dame verbrachte der Zeitungsreporter seine Abende.

Diese Dame erzählte ihm lachend, sie habe soeben im dunklen Stiegenhaus einen roten Domino gesehen. Dieses harmlose Geständnis einer hübschen Dame, in die Rubrik »Tagesschau« gekommen, wuchs zu einer Serie ruhebedrohender, nie gewesener Vorfälle heran.

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