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KAPITEL VI

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Das Ende des Krieges – Jubel im Morgenrot des Friedens – Neue Gefahren – Das Übel der Medikamente – Fürchterliche Visionen – Ein gemaltes Bild – In indianischen Gräbern nach Objekten graben – Das große Buch der Natur studieren – Die Verwüstungen der schrecklichen Krankheit Meningitis – Gebete und Medizin – Der Tod von vier Familienmitgliedern – Sind Medikamente ein Irrtum?

Der Krieg endete so wie jeder vernünftig denkende Mensch dies erschlossen hatte.22 Hass, Leidenschaft und Gier mögen für eine Weile vorgeherrscht haben, aber schließlich musste jener so feurige kleine Süden, der so galant gekämpft hatte, dem Norden nachgeben und sich ihm anschließen.

Zudem waren Geld und Männer so knapp geworden, dass der Kampf gar nicht länger hätte fortgeführt werden können. Kapitulation und Frieden waren vorprogrammiert, und damit endete die Sklaverei als Teil der Institutionen Amerikas. Alle beschlossen diesen Konflikt mit Freuden und gingen zu ihrem friedlichen Bürgerleben über. Ich brauchte allerdings nicht lange, um zu entdecken, dass wir Gewohnheiten, Gebräuche und Traditionen besaßen, die nicht besser als die Sklaverei in ihren schlimmsten Tagen, dabei aber weitaus tyrannischer waren. Mein Schlaf war nahezu ruiniert. Tag und Nacht sah ich Legionen von Männern und Frauen im ganzen Land hin und her taumelnd und nach Befreiung von Medikamentengebrauch und Trunksucht bettelnd. Mein Herz klopfte, meine Gedanken fanden Tag und Nacht keine Ruhe, wenn ich sah, dass die Menschen, die Bilder ihres Schöpfers, mit so wenig Respekt und Verstand von denen behandelt wurden, die es besser wissen mussten. Ich sah Männer und Frauen mit Medikamenten voll gepumpt, deren giftiger Fang der Schlange der Sucht gehörte, und die sich ihrer Opfer so sicher war, wie es bei einem Stein sicher ist, dass er auf die Erde zurückkehrt, nachdem er in die Luft geworfen wurde. Ich träumte vom Tod und vom Sterben jener, die Sklaven dieser Gewohnheit waren und noch immer sind. Ich versuchte die Ursache für so viel Tod, Fesseln und Elend in meiner Rasse herauszubekommen und fand die Ursache in der Unwissenheit unserer ‚medizinischen Schulen‘. Diejenigen, welche die erste überzeugende Dosis verabreichten, waren selbst ein Beispiel für die Gewohnheit des Konsums von Medikamenten und des Trinkens und damit eine erschütternd hoffnungslos eng mit der Schlange verknäuelte Form von taumelnder Menschenfreundlichkeit. Umsonst rief jemand:

„Wer kann mich von dieser Schlange befreien, die alle meine und meiner Geliebten Freiheiten und Freuden versklavt hat?“ In tiefer Seelennot rief er: „Ich wollte, ich wäre so frei wie der Schwarze, für den ich drei lange Jahre in den Krieg gezogen bin!“

„Oh“, sagte einer, der die Gewohnheit des Medikamentenkonsums und Trinkens kultivierte: „Ich kann meinen Herrn verlassen, wann immer ich will, aber der Nigger konnte das nicht, weil das Gesetz ihn mit rohlederner Peitsche, Bluthunden und Gewehren in der Sklaverei hielt und ihn zum Gehorsam zwang; ich dagegen bin frei Medikamente zu konsumieren oder nicht – ganz wie ich will.“

Wenn Du seinen Rücken mit einem Stück Kreide markierst, wirst Du ihn schon bald, über Unwohlsein klagend, in einer Apotheke vorfinden. Er ist erkältet und sagt:

„Meine Frau geht zur Kirche und die Treffen finden immer so spät abends statt und die Räume sind so heiß, dass ich mich auf dem Heimweg erkälte. Ich glaube, ich sollte was einnehmen.“

Der Apotheker sagt: „Professor, ich glaube ein kleiner Jamaika Ingwer und eine Unze alter Weizenschnaps ist genau das Richtige, um Sie wieder auf die Beine zu bringen.“

„Ja, ich glaube, ich werde das versuchen, obwohl ich es hasse in die Kirche zu gehen und dabei nach Whisky zu riechen.“

„Kauen Sie ein paar Nelken und Zimtsamen und niemand wird den Geruch nach Whisky bemerken“, sagt der Apotheker.

Schon bald finden die Abendsitzungen der Kirche nicht mehr statt, aber der Professor kommt mit Rückenschmerzen wieder und sagt:

„Ich war die letzte Nacht hinter einem Fuchs her und habe mich noch mehr erkältet“ und winkt dem Apotheker mit den Worten zu: „Machen Sie mir noch mal das Gleiche fertig wie letztes Mal und geben Sie mir einen weiteren halben Schoppen für Großmutter.“

So ein heuchlerischer Anspruch wurde mir mehr und mehr zuwider. Ich, der ich einige Erfahrung in der Erleichterung von Leiden hatte, fand die Medizin im Irrtum. Seit meiner Kindheit studiere ich das Buch der Natur. In meinen frühen Tagen im windgepeitschten Kansas hatte ich meine Aufmerksamkeit auf das Studium der Anatomie gerichtet und wurde zu einem Dieb im Namen der Wissenschaft. Indianergräber wurden entheiligt und die Körper der Entschlafenen im Namen der Wissenschaft exhumiert. Ja, ich wurde zu einem jener Geier mit dem Skalpell und studierte die Toten, damit die Lebenden davon profitieren konnten.

Ich besaß zwar gedruckte Bücher, kehrte jedoch immer wieder zum großen Buch der Natur als meinem Hauptlehrer zurück. Der Dichter sagt, ‚die größte Studie des Menschen ist der Mensch‘ und ich glaube, ich hätte es auch getan, wenn er es nicht gesagt hätte. Die beste Art den Menschen zu studieren, besteht darin ein paar Körper zu sezieren.

Meine Objekte waren die Körper aus den Indianergräbern. Tag und Nacht streunte ich über das Land, grub die toten Indianer bei Mondschein und bei Tageslicht mit einer Schaufel aus, und nutzte ihre Körper zum Wohl der Wissenschaft. Jemand sagte, der Zweck heiligt die Mittel. Diese Theorie nahm ich an, um meine Gewissensbisse zu beruhigen. Die toten Indianer hatten nie daran gedacht als Material für den Unterricht und das Fortkommen der Wissenschaft zu dienen. Ihre Verwandten hatten ebenfalls davon keine Ahnung. Denn, wo ‚Unwissenheit ein Glück ist, ist es verrückt wissend zu sein‘. Da das Wissen, das ich durch diese Forschung erarbeitete, mir geholfen hat Tausende von ihrem Leiden zu befreien und viele vor dem Tod zu bewahren, werde ich nicht erlauben, dass mein Gleichmut durch den Gedanken gestört würde, dass ich einst das Wissen von indianischen Knochen erworben hatte.

Meine Wissenschaft oder Entdeckung wurde in Kansas unter vielen schwierigen Umständen geboren: Während ich im Grenzland die Sklavereibefürworter, Schlangen und Dachse bekämpfte, und später auch während des Bürgerkrieges und danach – bis am 22. Juni 1874 das Morgenrot der ganzen Wahrheit meinem Verstand wie der Durchbruch der Sonne durch die Wolken erschien, dass ich mich durch Studium, Forschung und Beobachtung langsam einer Wissenschaft näherte, die einmal von großem Nutzen für die Welt sein sollte.

Mögen unsere College-verwöhnten Gentlemen ruhig fragen: „Ist das Grenzland ein Ort, um zu studieren?“ Henry Ward Beecher bemerkte einst, dass es nicht von Belang sei, wie jemand seine Bildung erworben habe, ob in den klassischen Schatten und freskoverzierten Hallen von Oxford oder Harvard oder an der Feuerstelle eines einsamen Blockhauses im Grenzland. Ja, es ist ein guter Ort, um die Wahrheit kennen zu lernen. Dort belästigt Dich niemand. Beecher war schon in reifen Jahren und wusste wovon er sprach. Er wusste aus lebenslanger Erfahrung, dass eine Collegeausbildung keinen guten Sinn in einen Kopf bekommt, in dem nicht schon ein Verstand sitzt.23

Das Grenzland ist das große Buch der Natur. Es ist der Ursprung des Wissens und die Naturwissenschaft wird hier von den ersten Prinzipien an gelehrt.24Wie lernt der Wissenschaftler etwas über die Gewohnheiten und die Gebräuche der Tiere, die er studieren möchte? Durch die Beobachtung der Tiere selbst. Der alte Grenzlandbewohner weiß mehr über die Gewohnheiten der wilden Tiere als ein Wissenschaftler jemals entdecken kann. Agassiz mit all seinem Wissen über die Naturgeschichte wusste nicht so viel von Nerz und Biber, wie der Fallensteller, dessen Lebensaufgabe es ist, sie zu fangen.

In der Abgeschiedenheit des Grenzlands, eingebettet in die Natur setzte ich meine Anatomiestudien mit mehr Eifer und zufrieden stellendem Erfolg fort als auf dem College. Ohne Lehrer, aber mit den Tatsachen der Natur vor Augen; ohne Mitschüler, sieht man vom Dachs, dem Kojoten und meinem Maulesel ab, saß ich in der Prärie und überprüfte, was ich in den medizinischen Schulen gelernt hatte. Mit dem festen Gedanken ‚die größte Studie des Menschen ist der Mensch‘ begann ich mit dem Skelett. Ich verbesserte mein anatomisches Wissen, bis ich ganz mit jedem einzelnen menschlichen Knochen vertraut war. Das Studium des Körpers war immer faszinierend für mich gewesen. Ich liebte diese Studien und habe sie immer mit großem Eifer betrieben. Indianer nach Indianer wurde exhumiert und seziert, aber ich gab mich nie zufrieden. An die 1.000 Experimente unternahm ich mit den Knochen, solange, bis ich die knöcherne Struktur ganz begriffen hatte.

Ich wäre vielleicht schneller in der Osteopathie vorangeschritten, wenn der Bürgerkrieg nicht meine Studien unterbrochen hätte. Wir können nie sagen, wie eine Sache aussieht, bis sie sich entwickelt hat. Oft stellen wir fest, dass das größte Gut einem großen Leid und großer Not folgt, denn – wie Ihr alle wisst – das Feuer ist die beste Probe für die Reinheit des Goldes.25 So mag es gut für Metall sein, doch für das Gold genügt es nicht. Erst als ich durch das Feuer geprüft wurde, ließ ich von der Dummheit der Medikamente ab. Erst als mein Herz von Not und Kummer zerrissen wurde, erkannte ganz ich die Unwirksamkeit der Medikamente. Manch einer mag sagen, dass dieses Leiden notwendig war, damit sich das Gute entwickeln konnte. Ich aber glaube, meine Not wurde durch die grobe Unwissenheit der medizinischen Profession verursacht.

Im Frühjahr 1864, die entfernten Donner des sich zurückziehenden Krieges waren noch gut zu vernehmen, trat ein neuer Feind auf. Der Krieg war im Vergleich zu ihm sehr nachsichtig mit mir gewesen. Der Krieg hatte meine Familie verschont, aber als die dunklen Schwingen der zerebrospinalen Meningitis das Land überzogen, schien sie meine Lieben als Beute auserkoren zu haben. Die Ärzte kamen und waren sich ihrer Behandlung sicher. Tag und Nacht kümmerten sie sich um meine Kranken und verabreichten ihre vertrauenswürdigsten Medikamente – alles ohne Erfolg. Die Geliebten wurden immer schwächer. Der Reverend kam und stand uns bei. Sicher würden meine Geliebten mithilfe der Männer Gottes, welche die göttliche Hilfe erflehen konnten und mithilfe der wissenschaftlich kunstfertigen Männer gerettet werden. Jeder hoffte, dass der Todesengel mittels Tabletten und Predigern von der Tür fern gehalten werden konnte. Er aber ist ein unerbittlicher Feind. Wenn er einem Opfer sein Siegel aufgedrückt hat, helfen Gebete und Tabletten nicht mehr. Ich hatte in jener Zeit großes Vertrauen in die Ehrbarkeit meines Predigers und jener Ärzte und ich habe dieses Vertrauen nicht verloren. Gott weiß, sie taten, was sie für das Beste hielten. Sie vernachlässigten ihre Patienten nie, sie dosierten, fügten hinzu und veränderten die Dosierungen und hofften genau das zu finden, was den Feind vertreiben würde, aber es half alles nichts.

Ich stand erstarrt vor meinen drei Familienmitgliedern: zwei meiner Kinder und ein adoptiertes Kind, alle an der zerebrospinalen Meningitis gestorben. Ich stellte mir selbst die ernste Frage: ‚Hat Gott den Menschen bei Krankheit in einer Welt des Ratens verlassen? Soll man raten, was der Fall ist? Was man geben soll, wie das Ergebnis sein wird? Und wenn sie gestorben sind, bleibt nur zu raten übrig, wo sie bleiben?‘

Ich entschied damals, dass Gott kein Gott des Ratens, sondern ein Gott der Wahrheit sei. Alle seine Werke, spirituelle und materielle, sind harmonisch. Sein Gesetz des animalischen Lebens ist absolut. Der weise Gott hat daher die Medikamente sicher in das materielle Haus gelegt, das der Geist des Lebens bewohnt.

Mit diesem Gedanken hisste ich das Segel und stieß mein Boot als Entdecker in die See. Wie Kolumbus fand ich Treibgut an der Oberfläche. Ich notierte die Richtung des Windes, woher er kam und steuerte mein Schiff entsprechend. Schon sah ich die grünen Inseln der Gesundheit überall im Meer des vernünftigen Schließens.26 Seitdem habe ich immer nach Treibholz und der Richtung des Windes Ausschau gehalten und immer die Herkunft des Treibholzes gefunden.

Ich glaubte, dass ein liebender intelligenter Schöpfer des Menschen die Medikamente in genügender Menge im menschlichen Körper an einem bestimmten Ort oder im ganzen System bereithielt, um alle Krankheiten zu heilen. Von jeder Erkundungsreise konnte ich eine Fracht unbestreitbarer Bestätigungen dafür mitbringen, dass alle für die Gesundheit notwendigen Medikamente im menschlichen Körper vorhanden waren. Sie können zum Einsatz kommen, wenn der Körper so angepasst wird, dass diese Medikamente sich natürlich miteinander verbinden, den Ruf nach Heilung wahrnehmen und den Leidenden erleichtern können. Es ist mir immer gelungen, diese Medikamente in den vorderen Regalen der Apotheke des Unendlichen, im menschlichen Körper zu finden.

Als ich als Entdecker auszog, entdeckte ich Medikamente in Flaschen und Töpfen weit oben und unten auf den Regalen, nicht so sichtbar wie die von allgemeiner Nachfrage. Aber eine nähere Studie zeigte mir, dass jene sich mit allen anderen Medikamenten vermischen würden und die ersehnte Erleichterung erbrächten.

So habe ich die Reise von Meer zu Meer fortgesetzt, bis ich herausfand, dass die Natur nie ohne alle notwendigen Medikamente daher kommt. Heute, nach 20 Jahren der Reise und genauer Beobachtung, bin ich besser vorbereitet, um zu erklären, dass Gott oder die Natur die einzigen Ärzte sind, die der Mensch respektieren sollte. Die Menschheit sollte die medikamentösen Verbindungen in ihrem eigenen Körper studieren und nutzen.

Das große Still-Kompendium

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