Читать книгу Adda Fried - Angelika Nickel - Страница 12

9 – Zum hintersten Nirgendwo

Оглавление

Adda wachte mit Kopfschmerzen auf. Sie hatten gestern Abend noch lange getagt, zusammen mit dem polnischen Kommissar.

Zudem hatte sie zu viel von dem leckeren Krimsekt getrunken, und ab einer gewissen Menge an Sekt, war sie sogar Kolasas Angebot mit dem Wodka nachgekommen, so dass sie sich über ihren Brummschädel nicht weiter zu wundern brauchte.

Der Tag fing, aus Addas Sicht, echt bescheiden an. Nicht genug, dass ihr der Schädel dröhnte, hatte sie auch noch Zahnschmerzen, die sich über die komplette rechte Seite ihres Zahnfleischs zogen.

Als sie aufstand, spürte sie kaum noch ihren Rücken. Überall schmerzte er. Klar, bei den alten Matratzen! Matratzen, dreigeteilt, wie sie meine Eltern noch in ihrem ersten gemeinsamen Ehebett gehabt hatten.

Sie suchte ihre Kleider zusammen und packte sie in einen Wäschesack. Heute Nacht hatte sie sie nur ausgezogen und achtlos auf den Boden geworfen, gerade da, wo sie sich ihrer entledigt hatte.

Aus der Reisetasche zog sie sich saubere Wäsche und schlappte zum Bad.

Von der Küche roch es hoch bis zu ihr. Der Geruch von gebratenem Speck stieg ihr in die Nase. Noch wusste sie nicht, ob sie sich darüber freuen, oder sich davor, angesichts ihres miserablen Zustands, ekeln sollte. Wie auch immer. Dennoch freute sie sich, dass Kolasa schon jetzt an ihre Mägen dachte, und zu solch früher Stunde, damit beschäftigt war, für seine Gäste Frühstück herzurichten.

Nach dem gemeinsamen Frühstück hatten sie vor, aufzubrechen.

Das Frühstück war reichlich, und Adda hatte sich nicht zurückhalten können und stattdessen, entgegen ihrem eigentlichen Vorsatz, mit gutem Appetit zugeschlagen, trotz ihrer Zahnschmerzen. Allerdings hatte sie es vorgezogen, auf der linken Seite zu kauen, und die andere zu schonen.

In Kolasas rotem Fiat Polski fuhren sie zur Leichenhalle. Dorthin, wo das Mordopfer hinter einer der Kühltüren lag, wie Adda sich vorstellte, die Tote vorzufinden.

»Sag, Kolasa, bist du sicher, dass wir die richtige Strecke fahren?«, fragte Braun verwundert, da sie sich, seiner Meinung nach, immer mehr von der Zivilisation entfernten. Um sie herum gab’s nur noch dichtes Baumgehölz, und auch die Straße erwies sich als immer holpriger, und verdiente Brauns Meinung nach, auch bei Weitem nicht mehr, mit Straße bezeichnet zu werden.

Der Major warf einen belustigten Blick zum Kommissar. »Vertrau‘ mir, Kollege deutscher Kommissar. Ich weiß schon, wohin wir müssen.«

»Also, wenn du mich fragst, Kollege Major, teile ich Edgars Meinung. Du fährst uns ja ins hinterste Nirgendwo«, meldete sich Adda zu Wort, die immer noch unter ihren Zahn- und Rückenschmerzen litt. Wenigstens hatte das Kopfweh nachgelassen.

»Ihr zwei habt gar keine Ahnung, was es bei uns im hintersten Nirgendwo, alles zu finden gibt«, lachte Kolasa und drehte das Radio an, um auch gleich beim erstbesten Song mitzusingen.

»All zu dolle wird’s schon nicht sein«, murmelte Adda und schaute wieder zum Fenster hinaus. Nur mehr, als Bäume über Bäume, und eine unasphaltierte Straße vor ihnen, gab das Bild nicht her.

Nach weiteren geschätzten dreißig Minuten, die Braun und Adda wie eine kleine Ewigkeit vorkamen, hatten sie ihr Ziel endlich erreicht.

Kolasa steuerte seinen Fiat auf eine große, kalt wirkende Halle zu, um auch gleich darauf, vor ihr anzuhalten. »Wir sind da«, rief er laut und löste seinen Sicherheitsgurt.

Vor dem Auto schauten die deutschen Kommissare sich verwundert um.

»Hier an diesem verlassenen Ort, habt ihr eure Leichenhalle?«, wunderte Braun sich.

»Warum nicht? Wer hat’s schon gerne mit Toten zu tun. Von daher hat es sich angeboten, das Leichenschauhaus nach hierher zu verlegen.« Dankend nahm er den angebotenen Zahnstocher an. »Vor einigen Jahren war’s noch mitten in der Stadt gewesen. Doch da haben sich die Leute beschwert, weil sie die Toten nicht in ihrem nahen Umfeld haben wollten. Hatten sogar eine Petition an den Bürgermeister geschrieben; und aus war’s mit den Toten in der Stadt. Der Bürgermeister schlug dieses, seinerzeit leerstehende Fabrikgebäude vor«, er zeigte auf die Halle vor ihnen, »und die Bevölkerung war zufrieden. Als er auch noch die finanziellen Mittel zur Verfügung stellte, um das Gebäude zur Leichenhalle, und allem, was es dazu brauchte, herzurichten und umzubauen, war das Ding unterm Hammer, und die Toten bekamen hier ihre letzte Anlaufstelle«, erklärte Kolasa ihnen. Wieder schlich sich ein breites Grinsen zu seinen Mundwinkeln hin. »Somit war jeder zufrieden, und den Toten kann es ohnehin gleich sein, wo man sie am Ende seziert, sofern dies vonnöten sein sollte. Ansonsten«, er winkte ab, »ist alles so, wie es sein muss, um dass auch jeder einigermaßen zufriedengestellt ist.« Mit einem Blick auf seinen Fiat, ergänzte er: »Was mich betrifft, mir ist es auf diese Art ohnehin lieber. An diesem Ort habe ich wenigstens keinen Stress mit dieser verdammten Parkplatzsucherei.«

Jetzt vergrub sich auch in Brauns Gesicht ein Lächeln, und er nickte Kolasa verständnisvoll zu. Ja, das mit dem Parkplatzsuchen, das kannte er nur zu gut. Auch ihm war es ein Graus, immer dann, wenn er zu einem neuen Tatort gerufen wurde. Nur weil er sein Kommissar im Einsatz Schild hinter die Frontscheibe klemmen konnte, garantierte dies ihm trotz allem keinen sicheren Parkplatz.

Adda Fried

Подняться наверх