Читать книгу Was wäre, wenn ... - Angelika Rohwetter - Страница 19

Deutungen

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Oft haben wir Ideen oder spontane Einfälle zu den Problemen unserer Patienten. Wir hören die Erzählung eines Ereignisses, vielleicht zum wiederholten Male. Wir haben gelernt, uns zurückzuhalten. Für manche Mitteilungen ist es zu früh, auf manche Lösungen, die wir im Kopf haben, sollen ja die Patienten selbst kommen. Manchmal aber ist es gut und sinnvoll, Impulse zeitnah auszudrücken. Was richtig und falsch oder zu früh sei, das entscheidet dann eher unsere Intuition als unser Fachwissen.

Ich denke dabei an einen Patienten, der mich vor vielen Jahren aufsuchte. Er war 36 Jahre alt, hochbegabt, schwer depressiv und hatte keine Idee, worin sein Problem begründet sein könne. Es gelang ihm keine feste Partnerschaft, obwohl er sich sehr danach sehnte. Ich hörte mir seine Geschichte an. Er war bei einer alleinerziehenden Mutter groß geworden, mit sporadischen Besuchen bei seinem Vater. Der Kontakt zur Mutter sei immer noch eng, sie liebe ihn sehr und sei immer sehr stolz auf ihn gewesen. Ganz nebenbei erwähnte er, dass seine Mutter es gern gemocht habe, wenn er sich nackt vor ihren Freundinnen gezeigt habe. Diese haben ihn auch intim berührt. »Das ist sexueller Missbrauch!« entfuhr es mir. Er war sehr berührt und erleichtert. Nie hatte ihm ein Therapeut das gesagt (und er war in zwei Behandlungen, bevor er zu mir kam). Ohne diesen spontanen Satz hätten wir sicher viel länger gebraucht, um seine Depression und seine Bindungsschwierigkeiten bearbeiten zu können.

Sicher sind solche spontanen Einfälle selten und durchaus nicht immer hilfreich. Trotzdem: Denken Sie an meine These: Sie können (fast) nichts falsch machen.

Was wäre, wenn ...

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