Читать книгу Was wäre, wenn ... - Angelika Rohwetter - Страница 6

Vorwort

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Dieses Buch entstand im Verlauf meiner über dreißig Jahre langen praktischen Arbeit als Psychotherapeutin. Manche Ideen sind in schwierigen Therapiesituationen spontan aufgetaucht. Viele sind zusammengetragen aus dem reichen Schatz unterschiedlicher therapeutischer Methoden und Theorien. Dabei habe ich viel angehäuft, was mir in meiner professionellen Entwicklung begegnet ist. Meine Lebenswege waren nicht sehr gerade, auch nicht die Laufbahn als Psychotherapeutin. Ich habe meine Approbation durch die Übergangsbestimmungen des Therapeutengesetzes (1999) erhalten. Davor habe ich einige Jahre im Kostenerstattungsverfahren gearbeitet. Das war kein Problem, die Praxis füllte sich schnell mit Patientinnen. Interessant waren die unterschiedlichen Anforderungen, die die Krankenkassen an die Therapeuten stellten. Während die meisten Kassen Anträge und Berichte in einer zugelassenen Therapieform erwarteten, verlangte die Techniker Krankenkasse ausdrücklich eine methodenübergreifende Psychotherapie. So durfte ich – ganz legal – meine Kenntnisse aus allen möglichen Schulen der Humanistischen Psychologie einsetzen, als da waren: Körperpsychotherapie (Bioenergetische Analyse nach Alexander Lowen), Gestalttherapie, Psychodrama, Transaktionsanalyse und natürlich tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Mit diesen Methoden habe ich in meiner Arbeit in der psychologischen Beratungsstelle der Universität Bremen Erfahrungen gesammelt. Hinzu kamen einige Fortbildungen, zum Beispiel das Katathym-Imaginative Bilderleben nach dem Psychiater Hanscarl Leuner (1919–1996) und die Arbeit Imaginationen bei Traumafolgen nach der Ärztin und Psychoanalytikerin Luise Reddemann (*1943).

Heute sind nicht mehr alle diese Verfahren Teil meiner Arbeit. Zu Beginn meiner Kassenzulassung arbeitete ich streng tiefenpsychologisch. Nach und nach schlichen sich die alten Kenntnisse der humanistischen Psychologie wieder ein. Und ich freue mich daran. Manchmal sind es Augenblicke im therapeutischen Prozess, die einen kleinen Impuls brauchen, um aus einer Falle herauszukommen. Manche Interventionen benutze ich seit einem längeren Zeitraum und sie bilden einen Teil dieses Prozesses, so zum Beispiel das Schreiben oder die Arbeit mit Imaginationen. Dabei sehe ich nicht mehr die Notwendigkeit, streng nach den Richtlinien zu arbeiten. Alle Interventionen, die in diesem Buch beschrieben sind, lassen sich in jede Richtlinientherapie integrieren. Ihre Ergebnisse zeigen sich sowohl im Erfolg der einzelnen Übungen, im Widerstand, den die Patientin diesen Vorschlägen entgegenbringt als auch in Übertragungs- und Gegenübertragungsreaktionen.

Gerade das kleinere oder größere Abweichen von unseren – in der Regel erfolgreichen – Konzepten kann vieles in Bewegung setzen. Möglicherweise erhalten wir neue Diagnosekriterien, neue Einblicke in psychodynamische Zusammenhänge oder wichtige Hinweise auf den Stand der therapeutischen Beziehung.

Zu manchen Techniken, die ich beschreibe, gibt es ausführliche Falldarstellungen. Damit verbinde ich den Gedanken, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sich besser vorstellen können, wie ich diese Intervention einsetze. Im Idealfall entsteht bei Ihnen dann die Idee, zu welchem Patienten sie passen könnte. Natürlich dürfen Sie jeden Vorschlag verändern – und eigene Methoden und Techniken entwickeln. Es würde mich freuen, wenn ich Ihre Fantasie dazu angeregt habe. Ein Tipp: Viele inspirierende Ideen, die ich bei Fortbildungen erhalten habe, hatte ich schnell wieder vergessen. Darum habe ich mir angewöhnt, kleine Notizen während der Veranstaltung zu machen. Da steht dann zum Beispiel: »Mit Frau H. ausprobieren. Passt wunderbar zu Herrn M.«

Noch ein paar Hinweise: Dies ist ein Praxisbuch. Ich habe auf tiefgehende Darstellungen der zugrunde liegenden Theorien ebenso verzichtet wie auf wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweise. Manche Ideen sind in schwierigen Therapiesituationen spontan entstanden. Die erreichte Wirkung in der Praxis war mir Grund genug, dieses Buch so zu schreiben, wie es jetzt vor Ihnen liegt. Überhaupt bin ich der Ansicht, dass der Charakter des Therapeuten und eine funktionierende Arbeitsbeziehung die allerbesten Wirkfaktoren sind, und zwar in Gestalt von Geduld, Akzeptanz, Humor, Fantasie – und der aufmerksamen Präsenz des Therapeuten.

Vielleicht werden Ihnen manche meiner Erklärungen und persönlichen Gedanken in den einzelnen Kapiteln lang vorkommen und Sie sagen sich: »Das weiß ich doch alles!« Da haben Sie sicher recht. Was ich beschreibe, entspricht im Wesentlichen dem, was ich auch Patienten als Psychoedukation anbiete, deshalb schien es mir richtig, es aufzuschreiben.

Ich weiß, dass ich mich an verschiedenen Stellen wiederhole. Das ist kein Versehen. Manche Gedanken aus einem Kapitel sind in anderen Zusammenhängen einfach auch wichtig. Und ich wollte zu viele Verweise vermeiden. Dabei gehe ich davon aus, dass ein solches Buch nicht von Anfang bis Ende durchgelesen wird. Sie können sich punktuell aussuchen, was Ihnen im Moment hilfreich für Ihre Arbeit erscheint. Deshalb gibt es auch die ausführliche Inhaltsangabe.

Lassen Sie sich nicht erschrecken von den manchmal recht alten Buchtiteln in der Literaturliste. Die Schriften (vielleicht schon) verstorbener Praktiker können immer noch Schatzkisten mit anregenden Vorschlägen und hilfreichen Praktiken sein. Sie können unsere Handlungsimpulse stärken und uns Mut zu kreativer Therapiearbeit machen. Manche bieten nebenbei auch interessante Einblicke in die Geschichte, also in die Zeit, in der sie entstanden sind und in die Entwicklung psychologischer Paradigmen. Hierfür ist mein Lieblingsbeispiel das Buch Grundformen der Angst des Psychoanalytikers Fritz Riemann (1902–1979), das 1961 zum ersten Mal erschienen ist und ein interessantes Frauen- bzw. Rollenbild darstellt.

Wundern Sie sich bitte nicht, wenn nicht alle im Literaturverzeichnis aufgelistete Bücher im Text wiederzufinden sind. Manche dienten mir einfach als Anregungen für dieses Buch und für meine praktische Arbeit. Das ist ein weiteres Merkmal des hier vorlegenden Buches. Es ist kein theoretisches Fachbuch, sondern ein Praxisbuch.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, Freude und therapeutische Erfolge! Ich hoffe, dass das Buch ein wenig dazu beitragen kann.

Wichtig ist mir auch, mich bei einigen Menschen zu bedanken, zuerst bei Frau Annika Grupp, aus der Lektoratsleitung Psychologie des Kohlhammer Verlages, die mich gefunden und mir damit ermöglicht hat, dieses Buch zu schreiben. Ein Dank geht wie immer auch an meine Familie, meinen Sohn Florian, mit dem ich über den Titel diskutiert habe und dem ich die Metapher vom Deus ex Machina verdanke. Ich bedanke mich bei meinem Sohn David, der die Formatierung übernommen und das Literaturverzeichnis auf wissenschaftlich korrekte Form gebracht hat. Besonders wichtig bei der Entstehung aller meiner Bücher ist mein Mann Jens, der nicht nur ein Supertalent im Korrekturlesen ist, sondern mir auch im Alltag dabei hilft, Zeit fürs Schreiben zu haben.

Noch eine Bemerkung zu meinem Gebrauch des grammatischen Geschlechts: Ich habe mich vorwiegend des Femininums bedient, sowohl bei Patient*innen als auch bei Therapeut*innen, weil das nicht nur das Schreiben und Lesen leichter macht, sondern auch die Realität der psychotherapeutischen Arbeit spiegelt.

Ich freue mich über Berichte, Hinweise und Anregungen, Sie können mich über meine Website www.angelika-rohwetter.de erreichen.

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