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Der letzte Sieg der Ptolemäer: die Schlacht bei Raphia

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Im Jahr 221 v. Chr. fielen zentrale Führungspositionen im Mittelmeerraum in die Hände einer neuen Generation junger Männer. Der König von Makedonien, Antigonos Doson, starb, und ihm folgte Philipp V. nach, damals 18 Jahre alt. In Ägypten ließ der Tod Ptolemaios’ III. den 17-jährigen Ptolemaios IV. auf dem Thron zurück. Im Osten hatte Antiochos III., der 22 Jahre alt und vier Jahre zuvor der Nachfolger seines Bruders Seleukos’ II. geworden war, gerade eben den Usurpator Molon besiegt und seine Herrschaft in Kleinasien wiederhergestellt. Er machte sich diesen Sieg zunutze und setzte einen Feldzug gegen Ägypten ins Werk, mit dem Ziel, das verlorene Territorium von Koilesyrien zurückzugewinnen.

Dieser Vierte Syrische Krieg (219–217 v. Chr.) endete mit einer der größten Schlachten der hellenistischen Zeit, der Schlacht bei Raphia in der Nähe von Gaza am 22. Juni 217 v. Chr. Schenkt man den Angaben bei Polybios Glauben, so waren die beiden Armeen zusammen 150.000 Mann stark und wurden von 175 Kriegselefanten unterstützt. Zum ersten Mal bestand auch ein wesentlicher Teil der ptolemäischen Streitkräfte aus eingeborenen Ägyptern, die nach makedonischer Art ausgebildet worden waren – angeblich 20.000 Männer. Zu Beginn der Schlacht verfielen Ptolemaios’ afrikanische Elefanten, die den Geruch und die Geräusche von Antiochos’ indischen Elefanten nicht ertragen konnten, in Panik und verursachten Chaos in Ptolemaios’ Armee. Während Antiochos den linken Flügel der Kavallerie bezwang und im Glauben, er habe den Sieg errungen, zur Verfolgung des fliehenden Feindes ansetzte, führte Ptolemaios einen erfolgreichen Angriff im Zentrum. Als Antiochos bemerkte, dass seine Phalanx zurückgedrängt war, war es bereits zu spät. Der Besiegte zog sich nach Gaza zurück und bat um eine Waffenruhe, um seine Gefallenen bestatten zu können – angeblich ein Sechstel seiner Armee. Koilesyrien sollte weitere 20 Jahre lang ptolemäisch bleiben.

Doch trotz des Sieges hatte der Krieg negative Auswirkungen für Ägypten. Die hohen Kosten belasteten die königliche Staatskasse und, was von noch größerer Bedeutung war, der Beitrag der eingeborenen Ägypter zum Sieg steigerte deren Selbstbewusstsein. Nur zehn Jahre nach der Schlacht rebellierten die Eingeborenen gegen Ptolemaios; ihr Anführer Hugronaphor etablierte sich als Pharao in Oberägypten (im Süden des Landes). 20 Jahre lang, von ca. 205 bis 185 v. Chr., sollten die Ptolemäer über einen Großteil ihres Königreichs keine Kontrolle mehr haben. Polybios beschreibt diesen Konflikt als einen „Krieg, der, abgesehen von der Rohheit und Gesetzlosigkeit, mit denen beide Seiten einander begegneten, keine Feldschlacht, keine Seeschlacht, keine Belagerung oder irgendetwas anderes Erwähnenswertes beinhaltete“. Die Folgen für die ptolemäische Wirtschaft und die Akzeptanz der königlichen Herrschaft wogen schwer.

Auch wenn der Vierte Syrische Krieg hier als ein regionaler Krieg behandelt wurde, sollte doch auch erwähnt werden, dass er lose mit zwei anderen Kriegen verbunden war, die zwischen 222 und 217 v. Chr. gekämpft wurden: einer auf Kreta, der andere war der „Bundesgenossenkrieg“ zwischen Philipp V. von Makedonien und den Achäern auf der einen und den Ätolern auf der anderen Seite (s. S. 89f.). Dieses allen hellenistischen Kriegen gemeinsame Merkmal, das jede Darstellung hellenistischer Geschichte verwirrend macht, lässt sich an diesen Jahren beispielhaft beobachten. Um es verstehen zu können, müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf die an der Schlacht bei Raphia beteiligten griechischen Söldner richten: 6500 Griechen in Antiochos’ Armee und weitere 11.000 in Ptolemaios’ Heer. Von den Söldnern, die auf beiden Seiten dienten, kamen 5500 allein aus Kreta. Die Kreter, die Antiochos dienten, wurden von einem Mann aus Gortyn angeführt, während jene in Ptolemaios’ Armee dem Kommando eines Mannes aus Knossos unterstanden, Gortyns größtem Feind. Die Präsenz kretischer Söldner in den Armeen sowohl der Seleukiden als auch der Ptolemäer rührt von der politischen Spaltung Kretas her. 222 v. Chr. hatten sich Gortyn und Knossos gegen die einzige Stadt verbündet, die sich ihrer Vorherrschaft wiedersetzte: Lyttos. Doch trafen sie auf Widerstand, der vermutlich mit sozialen Konflikten in Verbindung stand. Der Krieg gegen Lyttos löste in mehreren Städten einen Bürgerkrieg aus und führte letzten Endes zum Auseinanderbrechen des Bündnisses zwischen Knossos und Gortyn. Und dieser kretische Konflikt spielte sich parallel zu und in Verbindung mit dem Krieg von Philipp V. und den Achäern gegen die Ätoler ab. Die Gortyner und ihre Verbündeten unterstützten Philipp V., während die Knossier mit den Ätolern verbündet waren.

Der zeitgenössische Historiker Polybios bezeichnete dieses Phänomen miteinander verbundener Kriege in Griechenland, Asien und Afrika als symploke (Verflechtung). Ab 217 v. Chr. kam zu den Verflechtungen im östlichen Mittelmeerraum ein weiterer Protagonist hinzu: Rom. Diese Entwicklung werden wir erst nach einem Überblick über die politische Organisation der hellenistischen Welt untersuchen.

Die Öffnung der Welt

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