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Der letzte Abenteurer: Pyrrhus

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„Pyrrhussieg“ ist einer der zahlreichen Ausdrücke, die der Hellenismus der Nachwelt hinterlassen hat. Er hat seinen Ursprung in den Abenteuern des Pyrrhus (ca. 318–272 v. Chr.), der von 306 bis 302 und dann nochmals von 297 bis 272 v. Chr. König von Epirus war (s. Abb. 5). Pyrrhus ist uns bereits als einer von Alexanders charismatischsten Nachfolgern und siegreicher Gegner von Demetrios Poliorketes begegnet. Dem Beispiel anderer Diadochen folgend, übte er seine königliche Herrschaft in allen Gebieten aus, die er erobern konnte. 288 v. Chr. vertrieb er Demetrios aus Makedonien, doch war seine Herrschaft dort nur von kurzer Dauer, da er 284 v. Chr. von Lysimachos wieder verdrängt wurde. Als König von Epirus befehligte er die größte militärische Streitkraft östlich der Adria. Daher war es nur natürlich, dass sich die Griechen Italiens und Siziliens an ihn wandten, als sie den Druck der römischen Expansion zu spüren begannen.

Seit der Mitte des 4. Jahrhunderts hatten die römischen Adligen, die den Senat kontrollierten, eine Politik der Expansion betrieben. Aristokratischer Wettbewerb beförderte diesen Prozess, da Mitglieder der herrschenden Klasse begierig darauf waren, militärische Kommandos zu übernehmen und ihr eigenes Prestige sowie das ihrer Familien durch militärische Siege zu erhöhen. Am Ende dieses Jahrhunderts hatte die römische Expansion Süditalien erreicht und bedrohte die dortigen griechischen Kolonien. Die Bürger von Taras (heute Taranto) wussten, dass sie den Kürzeren ziehen würden, wenn sie einem Angriff von Rom ohne externe Unterstützung begegnen müssten. Wäre es ein Jahrhundert früher zu dieser Bedrohung gekommen, wäre ihr natürlicher Verbündeter und Beschützer Sparta gewesen, die Mutterstadt ihrer Kolonie. Doch die Zeiten hatten sich geändert, und im Jahr 281 v. Chr. baten sie Pyrrhus um Hilfe. Pyrrhus’ Motivation, diese Einladung zum Eingreifen anzunehmen, ist leicht nachvollziehbar: Lysimachos hatte seinen Ambitionen einer Ostexpansion ein Ende bereitet; eine Gelegenheit zur Erweiterung seines Machtbereichs nach Westen war ihm also durchaus willkommen, in einer Zeit, in der Königtum von erfolgreicher Kriegsführung und dem Erwerb neuer Territorien abhing. Als der Philosoph Kineas von Pyrrhus’ Plänen, nach Italien zu segeln, erfuhr, soll er ihn in folgende Diskussion verwickelt haben:

„Pyrrhus, die Römer sollen gute Soldaten und Herrscher über viele kriegerische Völker sein; wenn ein Gott uns nun gewährte, diese Männer zu besiegen, wozu sollen wir unseren Sieg nutzen?“ Pyrrhus antwortete: „Die Antwort auf deine Frage, Kineas, ist offensichtlich; wenn die Römer besiegt sind, gibt es dort weder eine Barbaren- noch eine Griechenstadt, die uns gewachsen wäre, wir aber werden sofort ganz Italien besitzen – und keiner weiß besser als du selbst um die Größe, den Wohlstand und die Macht dieses Landes.“ Nach einer kurzen Pause sagte Kineas: „Und wenn wir Italien eingenommen haben, was werden wir dann tun, oh König?“ Pyrrhus, der noch nicht begriff, worauf der andere hinauswollte, antwortete: „Sizilien ist nahe und streckt seine Hände nach uns aus, eine wohlhabende und menschenreiche Insel, und leicht einzunehmen; denn dort ist alles voller Bürgerkrieg, Kineas, und voller Anarchie in den Städten und und voll reizbarer Demagogen, nun da Agathokles fort ist.“ – „Was du sagst“, antwortete Kineas, „ist wahrscheinlich; aber wird die Eroberung von Sizilien für uns das Ende des Feldzugs sein?“ – „Möge Gott uns Sieg und Erfolg gewähren“, sagte Pyrrhus, „und wir werden dies als Vorbereitung auf große Unternehmungen verwenden. Denn wer könnte uns dann noch von Libyen und Karthago fernhalten, wenn sie in unsere Reichweite kommen, wenn Agathokles sie beinahe eingenommen hätte, als er heimlich aus Syrakus geflohen war und mit wenigen Schiffen übergesetzt hatte? Dass aber keiner unserer Feinde, die uns jetzt mit Verachtung begegnen, sich uns entgegenstellen wird, wenn wir diese bezwungen haben, wird wohl niemand bestreiten.“ – „Natürlich nicht“, sagte Kineas, „denn es ist klar, dass wir, mit einer so großen Macht ausgestattet, Makedonien zurückerobern werden und sicher über Griechenland herrschen können. Und wenn wir uns alles unterworfen haben, was werden wir dann machen?“ Daraufhin lachte Pyrrhus und sagte: „Dann werden wir viel Zeit zur Muße haben und jeden Tag Wein trinken, mein Bester, und uns mit Gesprächen gegenseitig unterhalten.“ Nun, da er Pyrrhus zu dieser Aussage gebracht hatte, sagte Kineas: „Was hindert uns denn jetzt daran, Wein zu trinken und miteinander mußevolle Stunden zu verbringen, wenn wir das wollen? Wenn dies jetzt schon möglich ist und wir es ohne Schwierigkeiten haben können, weshalb sollten wir es durch Blutvergießen und große Mühen und Gefahren zu erlangen suchen und dabei anderen großes Leid zufügen und selbst viel Schlimmes erdulden?“

Die Weltgeschichte wäre vielleicht anders verlaufen, wenn Staatsmänner und Könige einen Kineas als Gesprächspartner gehabt hätten – und verstanden hätten, worauf er hinauswollte. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Unterhaltung jemals tatsächlich stattgefunden hat, aber sie beschreibt die imperialistische Dynamik dieser Epoche gut.

Pyrrhus setzte 280 v. Chr. nach Italien über. Seine Stärken waren sein militärisches Genie, seine starke Kavallerie und seine Kriegselefanten. Sein Pech war, dass sein Feldzug mit Siegen begann (s. Karte 4). Doch diese Siege, bei Herakleia 280 und bei Asculum 279 v. Chr., brachten seinem Heer schwere Verluste bei, ohne den Krieg zu entscheiden. Nach Asculum sagte Pyrrhus angeblich: „Noch ein Sieg über die Römer und wir sind verloren.“ Wäre ihm das Glück einer Niederlage gleich am Anfang seines Feldzugs zuteilgeworden, hätte er der Nachwelt wohl nicht den Ausdruck „Pyrrhussieg“ hinterlassen; er hätte dann wohl die Möglichkeit gehabt, seinen Lebensabend damit zu verbringen, in aller Ruhe Wein zu trinken und sich an angenehmer Konversation zu erfreuen.

Zunächst brachte die Schwäche der Römer einheimische Volksstämme, die Lukaner und die Bruttier, sowie die griechischen Städte Kroton und Lokroi dazu, sich Pyrrhus anzuschließen. Ermutigt durch seine Erfolge kehrte er nicht in den Osten zurück, um aus dem Tod des Lysimachos und dem Chaos in Makedonien nach dem Einfall der Kelten(s. S. 73–80) Kapital zu schlagen. Anstatt Makedonien gegen die Barbaren zu verteidigen und Anspruch auf seinen Thron zu erheben, wandte er seine Aufmerksamkeit den Barbaren im Westen zu: den Karthagern in Sizilien. Das war ein Fehler – es gab Antigonos Gonatas, dem Sohn von Demetrios Poliorketes, die Gelegenheit, sich als Vorkämpfer der Griechen zu präsentieren.

Pyrrhus war zunächst erfolgreich und ernannte sich zum König von Sizilien. Als es ihm jedoch nicht gelang, die karthagische Festung in Lilybaion zu erobern, und er ein Friedensabkommen mit Karthago schloss, verlor er die Unterstützung der Griechen. Für sie war ein Monarch ein guter König, wenn er sie verteidigen konnte, und ein Tyrann, wenn ihm das nicht gelang. Der Aufstand der Griechen zwang Pyrrhus, nach Italien zurückzukehren, wo er 275 v. Chr. bei Maleventum ein letztes Mal den Römern gegenübertrat. Die Schlacht brachte keinen eindeutigen Sieger hervor, da aber seine Armee dezimiert war und seine finanziellen Ressourcen erschöpft waren, blies Pyrrhus seine italischen Abenteuer ab und kehrte nach Makedonien zurück.

Dort setzte er seine militärischen Unternehmungen fort. Er besiegte Antigonos Gonatas und erlangte kurzzeitig den Thron von Makedonien zurück, wobei er Antigonos die Kontrolle über die Küstenstädte überließ. Als Herrscher verlor Pyrrhus allerdings an Beliebtheit, besonders als seine gallischen Söldner die Königsgräber von Aigai entweihten. 272 v. Chr. willigte er ein, dem exilierten König von Sparta, Kleonymos, dabei zu helfen, seinen Thron zurückzugewinnen, vermutlich in der Hoffnung, die Kontrolle über Südgriechenland zu erlangen. Sein Angriff auf Sparta scheiterte jedoch, und sein Sohn kam dabei ums Leben. Pyrrhus zog unverzüglich nach Norden weiter, um in Argos, einer der wichtigsten Städte auf der Peloponnes, in einen Konflikt einzugreifen. Dort setzte ein Dachziegel, den eine Frau während eines Straßenkampfes auf ihn schleuderte, seinem Leben und seinen militärischen Abenteuern ein Ende.

Pyrrhus war es nicht gelungen, ein Königreich zu schaffen und eine Dynastie zu begründen. Alles, was er erreicht hatte, war sein Ruhm als großer Militärkommandant. Hannibal und Scipio, der römische General, der Hannibal besiegte, sollen einmal über große Feldherren diskutiert haben, und Hannibal soll dabei den ersten Platz Alexander zugewiesen haben, Pyrrhus den zweiten und sich selbst den dritten. Ironischerweise schuf keiner von ihnen ein Reich, das von Dauer war.

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