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Von Warlords zu Königen (322–306 v. Chr.)

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Die Unruhen in Griechenland waren nicht die einzige Bedrohung, mit der sich die Diadochen unmittelbar nach Alexanders Tod konfrontiert sahen. Große Teile Kleinasiens befanden sich nicht wirklich unter der Kontrolle ihrer Satrapen, und die erfolglosen Kriege der Diadochen in den folgenden Jahrzehnten führten zur Entstehung von Kleinkönigreichen (s. Karte 5). In Kappadokien wurde 322 v. Chr. der rebellierende König Ariarathes I. gekreuzigt, doch sein Neffe und Adoptivsohn Ariarathes II. besiegte 301 v. Chr. den makedonischen Satrapen und begründete eine Dynastie, die mehr als zwei Jahrhunderte Bestand haben sollte. In Bithynien verteidigte der lokale Herrscher Zipoites erfolgreich sein Reich gegen makedonische Armeen (326–301 v. Chr.) und nahm 297 v. Chr. den Königstitel an; das Königreich, das er gründete, sollte eines der bedeutendsten an der Peripherie der großen Reiche werden, die aus den Kriegen dieser Epoche hervorgingen.

Kaum waren die Auseinandersetzungen in Griechenland und Kleinasien zu Ende, brachen die Kriege der Diadochen untereinander aus. In den ersten Jahren, als Alexanders rechtmäßige Erben noch am Leben waren, richteten die Hauptakteure ihre Bemühungen darauf aus, militärische Stärke zu erlangen: und zwar durch Bündnisse mit griechischen Städten sowie durch die Kontrolle von Provinzen, die ihnen Tribut zahlten und als Rekrutierungsbasis für Söldner dienten. Der Verschiedenartigkeit ihrer Besitztümer entsprechend griffen die einzelnen Diadochen auf unterschiedliche Strategien zurück (s. Karte 3). Ptolemaios war klar im Vorteil durch seine Kontrolle über Ägypten, ein homogenes Gebiet mit unermesslichen Ressourcen und einer jahrhundertealten Tradition monarchischer Herrschaft. Kassander gründete seine Macht auf den Besitz von Makedonien und eines Großteils von Thessalien sowie auf die Kontrolle über eine Reihe von wichtigen Städten, einschließlich Athens, wo Garnisonstruppen stationiert und oligarchische Regimes und Tyrannen unterstützt wurden. Lysimachos’ Machtbasis war die strategisch wichtige Provinz Thrakien. Nach 312 v. Chr. kontrollierte Seleukos das Herz des Reiches, Babylonien und Mesopotamien, was ihm Zugang zu großem Reichtum und zur Reichsarmee verschaffte. Antigonos, der schon sehr früh deutlich machte, dass er den Ehrgeiz hatte, das gesamte Reich unter seiner Herrschaft zu vereinen, agierte an verschiedenen Fronten, von Babylonien bis Syrien und von Griechenland bis Kleinasien. Seine größten Vorteile waren seine Flotte, die Kontrolle über die Häfen sowie die Unterstützung der Griechen, die seinem Versprechen vertrauten, dass er ihre Städte befreien würde.

Immer wenn einer der Diadochen zu viel Macht zu gewinnen schien, schlossen sich die anderen gegen ihn zusammen. War er besiegt, wurden Abkommen geschlossen, die jedoch gleich wieder gebrochen wurden, sobald sich einem der Bündnispartner die Gelegenheit bot, seinen eigenen Machtbereich zu vergrößern oder sogar Kontrolle über das gesamte Reich zu erlangen. Dann war er es, der von seinen Verbündeten im Stich gelassen wurde, und es bildeten sich neue Bündnisse, bis der neue überehrgeizige Feldherr besiegt war. Es war eine Zeit von Ehrgeiz, Hoffnung und Verrat, von Abenteuern und abrupten Schicksalswendungen. Kein Wunder, dass die verschiedenen Darstellungen, die diese Zeit behandeln, plötzliche Kehrtwenden des Schicksals (peripeteiai) und unerwartete Entwicklungen (paradoxa) in den Mittelpunkt stellen. Die meisten der Protagonisten dieser Epoche wurden, einer nach dem anderen, ermordet, von ihren Offizieren verraten oder von ihren Verbündeten getötet – im besten Fall fielen sie in der Schlacht. 310 v. Chr. war die Argeadendynastie ausgelöscht, womit der Königstitel von nun an auch für Männer der makedonischen Elite außerhalb der alten Dynastielinie frei war.

Der erste große Wendepunkt dieses Zeitalters war der Krieg einer Koalition aus beinahe allen Diadochen gegen Perdikkas, der 320 v. Chr. in Ägypten eingefallen war. Eben dorthin hatte Ptolemaios, der Satrap dieser Provinz, Alexanders Leichnam gebracht, um ihn im Herbst 321 v. Chr. in Alexandria zu bestatten; damit hatte er sich eines der bedeutendsten Symbole der Kontinuität mit der Argeadendynastie angeeignet. Perdikkas wurde nun von seinen eigenen Offizieren ermordet, Krateros, der Vormund der Könige, fiel auf dem Schlachtfeld in Kleinasien. Die verbleibenden Diadochen schlossen im Sommer 320 v. Chr. in Triparadeisos in Nordsyrien ein Abkommen, das Antipatros als Regenten in Europa bestätigte und ihn zum Vormund der beiden Könige machte. Antigonos Monophthalmos folgte Perdikkas als Oberbefehlshaber des Heeres nach. Diese Position und die Heirat seines Sohnes Demetrios mit Antipatros’ Tochter Phila machten ihn zu einem der mächtigsten Männer im Reich. Ihm wurde auch die Mission übertragen, gegen die verbleibenden Perdikkas-Anhänger in Kleinasien Krieg zu führen. Das war zwar eine mühsame Aufgabe, aber sie verschaffte ihm immerhin das Kommando über große Armeen. Von den anderen Diadochen behielt Ptolemaios seine Provinz Ägypten und Lysimachos Thrakien, während Seleukos, einer der Offiziere, die Perdikkas verraten hatten, Babylonien erhielt, eine Region mit enormen Ressourcen. Niemand konnte vorhersehen, dass diese „Konferenz von Triparadeisos“ die Grundlagen für die Teilung des Reiches 40 Jahre später bereiten würde.

Antipatros starb ein Jahr später, nachdem er Polyperchon, einen makedonischen Adligen, zum Vormund der Könige ernannt hatte, und nicht seinen eigenen Sohn Kassander. Von den Maßnahmen seines Vaters enttäuscht, verbündete sich dieser mit Antigonos und anderen Diadochen gegen Polyperchon, dessen einziger Unterstützer in Kleinasien der der rechtmäßigen Herrschaft der Argeaden treu ergebene Eumenes war. Vier Jahre Krieg – während dieser Zeit ermordete Olympias König Philipp III., und 315 v. Chr. wurde Eumenes getötet – brachten Kassander dem Thron in Makedonien ein Stück näher. Indem er für das standesgemäße Begräbnis des ermordeten Königs und seiner Familie auf dem königlichen Friedhof von Aigai sorgte, erfüllte er die traditionelle Pflicht des Thronfolgers. Darüber hinaus war er der Vormund des verbleibenden Königs, Alexander IV., und er heiratete Alexanders Schwester Thessalonike und benannte eine neugegründete Stadt nach ihr. Die einzigen Hindernisse, die noch zwischen ihm und dem Thron standen, waren ein siebenjähriger Junge, der rechtmäßige König Alexander IV., und der Ehrgeiz der übrigen Diadochen. Der älteste von ihnen, Antigonos Monophthalmos, erwies sich nun als mächtigster Mann im zersplitternden Reich. Der jüngste der Diadochen war sein Sohn Demetrios, geboren 337 v. Chr. – seine Jugend und Schönheit, sein strategisches Geschick und sein Ehrgeiz ließen ihn wie einen neuen Alexander wirken. Antigonos vereinigte einen wesentlichen Teil der Gebiete in Asien unter seiner Macht. Selbst Seleukos, der Statthalter von Babylonien, bekam diesen Druck zu spüren und musste Zuflucht in Ägypten suchen.

Doch dann sah sich der mächtigste Diadoche dem Widerstand aller anderen gegenüber. Kassander, Ptolemaios, Seleukos und Lysimachos bildeten 314 v. Chr. ein neues Bündnis, stellten Antigonos ein Ultimatum und forderten eine Neuverteilung der Provinzen. Antigonos reagierte mit einem sorgfältig inszenierten Schauspiel: Er versammelte das Heer, das in der Tradition des makedonischen Königtums die Quelle zur Legitimierung wichtiger Entscheidungen war, in Tyros und ließ es per Akklamation ein Dokument bestätigen, das Kassander zum Staatsfeind erklärte und ihn dazu aufforderte, Alexander IV. freizulassen, die Garnisonen aus den griechischen Städten abzuziehen und diesen ihre Freiheit zu geben. Antigonos sprach damit einerseits die Loyalität der Armee gegenüber dem rechtmäßigen Argeadenkönig an und andererseits den Wunsch der griechischen Städte, frei und autonom zu bleiben. Polyperchon und sein Sohn Alexandros, der die Kontrolle über Teile Südgriechenlands innehatte, verbündeten sich mit Antigonos, und ein neuer Krieg begann. Antigonos und seine Verbündeten konnten in Griechenland einige Erfolge feiern, doch gelang es Seleukos 312 v. Chr., die Kontrolle über seine Provinz Babylonien zurückzugewinnen. 311 v. Chr. stellte ein Friedensabkommen den Status quo von 314 v. Chr. wieder her, doch war klar, dass dieser Friede nicht von Dauer sein würde. Kassander beseitigte das letzte Element der Kontinuität, indem er 310 v. Chr. die Ermordung Alexanders IV. in Auftrag gab. Auch Herakles, ein Jugendlicher, der als uneheliches Kind Alexanders von einer persischen Adligen und damit als nächster in der Thronfolge galt, wurde umgebracht.

Das „biologische Ende“ der Argeadendynastie hatte zur Folge, dass der Titel basileus (König) nun naturgemäß nicht mehr von einem Mitglied von Alexanders Familie getragen werden konnte; jeder konnte nun Anspruch darauf erheben. Überraschenderweise tat es niemand. Zu diesem Zeitpunkt wäre zu erwarten gewesen, dass Kassander, der einzige Diadoche, der durch seine Heirat mit Alexanders Schwester mit der Argeadendynastie verbunden war, seine Ausrufung als König ins Werk setzen würde. Zum König wurde man jedoch nicht durch die Ermordung von Jugendlichen, sondern durch einen militärischen Sieg. Dieser Sieg stand noch bevor, und er sollte einem anderen Diadochen vergönnt sein.

Die meisten Diadochen sahen in dem freien Platz auf dem Thron eine Einladung, die Teilung des Reiches zu besiegeln und zu versuchen, ihrem jeweiligen Anteil so viele Gebiete wie möglich hinzuzufügen. Antigonos nahm es als Herausforderung, das Reich unter seiner Alleinherrschaft wieder zu vereinen. Zunächst gelangen ihm beeindruckende Erfolge. Sein Sohn Demetrios befreite 307 v. Chr. Athen von den Garnisonstruppen Kassanders, was für die freiheitsliebenden Griechen ein Ereignis von großer symbolischer Bedeutung war. Kurz darauf besiegte Demetrios die Flotte des Ptolemaios bei Salamis auf Zypern (s. Abb. 3). Der Seesieg bei Salamis war strategisch gesehen nicht so bedeutsam wie sein früheres Pendant – der Sieg der Griechen über die Perser 480 v. Chr. bei Salamis in der Nähe von Athen –, doch markierte er einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte dieser Epoche, die Diadochen traten endgültig aus dem Schatten Alexanders heraus. Demetrios soll einen Gesandten, Aristodemos, losgeschickt haben, um seinem Vater den Sieg zu verkünden. Wahrscheinlich auf Demetrios’ Anweisungen hin – wir wissen, dass Demetrios ein Meister der Inszenierung war – ließ der Gesandte Antigonos und die versammelte Armee zunächst im Unklaren über den Ausgang der Schlacht. Plutarch beschreibt die dramatische Szene, die Erzählung eines zeitgenössischen Historikers zusammenfassend:

Aristodemos gab niemandem eine Antwort, sondern näherte sich Schritt für Schritt mit einer feierlichen Miene, ohne ein Wort zu sagen. Antigonos, der deswegen überaus besorgt war und sich nicht länger zurückhalten konnte, kam Aristodemos zur Tür entgegen; dieser wurde nun schon von einer großen Menschenmenge begleitet, die zum Palast eilte. Als er sich ihm genähert hatte, streckte er seine Hand aus und rief mit lauter Stimme: „Heil, König Antigonos, wir haben Ptolemaios in einer Seeschlacht besiegt und halten Zypern und haben 16.000 Soldaten als Kriegsgefangene.“

Abb. 3 Diese Silbertetradrachme von Demetrios Poliorketes erinnert an dessen Sieg bei Salamis; Avers: Nike steht mit einer Trompete auf dem Vorderdeck des Bugs einer Galeere; Revers: Poseidon. Münzstätte von Ephesos, ca. 301–295 v. Chr. Numismatisches Museum Athen.

Aristodemos’ Verkündigung erinnert an Schauspielerei. In seinen Bewegungen, seinem Gesichtsausdruck und seiner Körpersprache imitierte er die Rolle des Boten in der Tragödie, wie sie das Volk unzählige Male auf der Theaterbühne gesehen hatte. Erst nachdem er sich der Aufmerksamkeit seines Publikums vergewissert und Spannung erzeugt hatte, verkündete er den Sieg. Von größerer Bedeutung als die Verkündigung an sich war jedoch der Gruß „Heil, König Antigonos“. Die Jubelrufe der Offiziere und Soldaten am „Hof“ des Antigonos kamen der Akklamation eines Königs durch die makedonische Armee gleich und verliehen Antigonos’ Königtum somit den Anstrich von Legitimität. Der neue König gründete die nach ihm benannte neue Stadt Antigoneia am Fluss Orontes und nahm dort als Zeichen seines neuerworbenen Status das Diadem an. Auch seinem Sohn sandte er ein Diadem.

Als Antigonos und Demetrios den Königstitel angenommen hatten, zogen die anderen Diadochen rasch nach. 306 v. Chr. ließen sich Ptolemaios, Seleukos, Lysimachos und Kassander zu Königen ausrufen. Aber wovon oder von wem waren sie Könige? Waren sie Könige in der Nachfolge Alexanders? Waren sie Könige von Territorialkönigreichen? Weder bei ihnen noch bei ihren Nachfolgern wurde der Königstitel von einer ethnischen oder geographischen Bestimmung begleitet, wie dies beispielsweise beim „König der Epiroten“ der Fall war. Dieses Fehlen einer ethnischen oder geographischen Angabe impliziert, dass die Diadochen Könige all jener Länder waren, die sie würden erobern und in ihrem Besitz halten können. Zumindest zwei von ihnen, Antigonos und sein Sohn Demetrios, scheinen den Ehrgeiz besessen zu haben, eine „Universalherrschaft“ anzustreben. Das „Jahr der Könige“, wie 306 v. Chr. auch genannt wird, brachte keine Lösung für die Frage der Nachfolge Alexanders; es war lediglich der Beginn einer neuen Phase von Kriegen.

Die Öffnung der Welt

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