Читать книгу Zwischen Knast und Alltag - Anita B. - Страница 5
Männer...
ОглавлениеEs ist soweit: Endlich Samstag! Natürlich habe ich mir die letzten Tage schon x-mal meinen Traumprinzen geformt. In meinen Tagträumen stelle ich ihn mir als den perfekten, fürsorglichen Partner und liebevollen Papa vor, der nur auf uns und meine Anzeige gewartet hat, und mit dem wir schon ganz bald eine glückliche Familie sein werden.
»Holla die Waldfee!«, rufe ich erstaunt, als ich, neugierig wie ich bin, schon sehr früh am Morgen das erste Mal in meine Mailbox schaue. Es sind bereits mehrere Zuschriften eingetroffen. Ich bin begeistert, was da den Fotos nach zu urteilen für hübsche Männer antworten. Da frage ich mich doch, warum ich das Ganze nicht schon viel früher gestartet habe. Die darauffolgenden Tage sehe ich mich nur noch damit beschäftigt, den Richtigen auszuwählen.
Auch wenn diese Männer mich nicht kennen und ich nicht weiß, wer sie sind, fühle ich mich dennoch das erste Mal seit Jahren wirklich begehrt. Es macht Spaß wieder zu flirten, Komplimente zu bekommen und einfach neue Bekanntschaften zu machen, etwas, was ich seit meiner Collegezeit nicht mehr kannte.
Auch Tage später bekomme ich noch Zuschriften, mit denen ich nicht gerechnet hätte. Doch diese vielen E-Mails müssen auch irgendwann beantwortet werden. Wann immer die Kinder schlafen oder in der Kita sind, sitze ich am Computer und schreibe. Trotzdem komme ich mit dem Antworten kaum hinterher. Einen Großteil der Nachrichten lösche ich, denn leider gibt es unter den Interessenten viel zu viele »ältere Herrschaften«. Zum Teil schockt mich, wer da alles antwortet. Was glauben die eigentlich, wer sie sind? Denken die vielleicht, dass ich es nur auf ihr Geld abgesehen habe? Mir wird tatsächlich alles geboten, vom sorgenfreien Leben, über ein mögliches Haus am See, bis hin zum Ferienhäuschen auf Mallorca.
Dennoch, spätestens nach der zweiten oder dritten Antwort der Herren schwindet meine anfängliche Euphorie und die Liste der zu beantwortenden E-Mails wird kürzer und kürzer. Letztlich kristallisieren sich vielleicht noch drei oder vier interessante Männer heraus. Einer kommt aus München, ein Anderer wohnt in der Nähe von Starnberg, der Nächste ist aus Regensburg und unter anderem zeigt auch ein junger Wiener sehr starkes Interesse.
Nach nur wenigen E-Mails lege ich den Münchner ad acta. Der ist zwar vom Aussehen, Alter und Beruf durchaus attraktiv, legt jedoch keinen großen Wert auf schreiben. Auch auf die Kinder geht er so gut wie gar nicht ein. Somit sage ich unser für morgen geplantes Treffen kurzfristig ab. Erst da wird er plötzlich hartnäckig, schickt mir sogar noch seine Firmen-E-Mail und seine Handynummer. Aber zu diesem Zeitpunkt ist das Thema für mich bereits beendet. Vielleicht habe ich auch plötzlich Angst davor, jemanden gleich kennenzulernen. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, er will mich sofort treffen, ich bin dazu nach den wenigen Mails noch nicht bereit.
Länger schreibe ich dem Regensburger Matthias. Ihn würde ich sogar sehr gerne zeitnah kennenlernen. Auf seinen Fotos sieht er echt umwerfend aus. Ich glaube, ich habe mich direkt bei der ersten Mail in sein Foto verknallt. Das nächste kinderfreie Papa-Wochenende möchte ich für ein Treffen nutzen. Unsere E-Mails fliegen stetig hin und her und so wie er schreibt, klingt er wirklich in jeder Hinsicht attraktiv. Dieser Eindruck verfliegt allerdings fluchtartig, als ich ihn frage, warum so ein gutaussehender Mann wie er keine Freundin hat? Darauf antwortet er unter anderem: »Außerdem habe ich sehr hohe Ansprüche an mich selbst und eben auch an die Frau an meiner Seite. Ich möchte nicht nur eine Frau haben, um nicht allein zu sein. Insbesondere ist mir Sexualität sehr wichtig, ich bin kein Typ für nullachtfünfzehn!« Auf diese Ansage hin antworte ich nicht mehr.
Total klasse finde ich Harry aus Tutzing am Starnberger See. Wir chatten viele Stunden, Tage und Nächte auf Skype. Er ist super lustig, spontan, schlagfertig, kinderlieb, sieht gut aus und bringt mich selbst schriftlich ständig zum Lachen. Irgendwann fragt er mich, wann er uns kennenlernen darf. Ich könnte doch mit den Kindern einen Tag oder gerne ein ganzes Wochenende raus an den See kommen. Ich zögere… Da fragt Harry: »Oder schreckt dich etwa mein Alter ab?« Bisher hatte ich ihn nie nach seinem Alter gefragt. Dem Foto nach zu urteilen, welches nach eigenen Worten ganz aktuell sei, konnte er maximal Ende dreißig sein. »Wieso, wie alt bist du denn?« »Siebenundvierzig«, antwortet Harry. Ich kann es kaum glauben.
In dem Moment macht es bei mir Klick und ich bin ihm gegenüber wie verwandelt, nicht mehr locker flirtend, sondern von einer Sekunde auf die andere total verkrampft. Plötzlich möchte ich ihn auch nicht mehr treffen. Und das, obwohl er nur zehn Kilometer von meiner besten Freundin entfernt wohnt. Wann sollte ich so jemand noch mal finden? Wie schön es doch wäre, wenn unsere Kinder zusammen aufwachsen und so wie wir damals nach der Schule die Nachmittage gemeinsam verbringen könnten.
Trotzdem lasse ich unsere Chats langsam auslaufen, bin immer seltener online, habe jeweils schnell wieder etwas zu tun und Harry merkt sehr zeitnah, dass aus uns nichts werden soll. Er schreibt mir noch wie sehr er es bedauert, dass ich uns keine Chance gebe. Ich antworte ihm, dass es mir leid tut und fühle schon in diesem Moment, einen Riesenfehler zu machen. Bis aufs Alter stimmte bei ihm eigentlich alles.
Aber ich habe ja noch Franz aus Wien. Er verfasst liebevolle E-Mails, wir chatten wochenlang auf Facebook, verstehen uns prima und er ist sehr charmant – genauso, wie ich mir meinen Traummann zuvor ausgemalt hatte. Für ein erstes Date will er mich sogar zu den Salzburger Festspielen in ein Wellness-Hotel einladen. Ich freue mich tierisch und bin aufgeregt wie ein Teenager. Nach eigener Aussage hat er die Karten zu den Festspielen bereits besorgt und das Hotel gebucht. Daraufhin bitte ich meine Mom, am kommenden Wochenende als Babysitter für die Jungs einzuspringen.
Doch plötzlich, nur wenige Tage vorher, fängt Franz plötzlich an rumzudrucksen. Ihm geht das alles viel zu schnell, er braucht noch etwas Zeit und ich möchte bitte erst einmal für ein Wochenende nach Wien kommen. Ich bin schockiert. Wieso ich? Sollte er nicht eigentlich mir entgegenkommen?
Ich mache ihm klar, dass ich mit zwei Kleinkindern daheim unmöglich mal schnell für ein Date nach Wien fahren kann. Was denkt der sich eigentlich? Ziemlich kurzfristige Absage wie ich finde. Und woher kommt eigentlich diese abrupte Planänderung?
Langsam macht sich Ernüchterung breit. Vielleicht war die Annonce ja doch nicht so erfolgreich wie zunächst angenommen.
Die einzig willkommene Abwechslung in diesen Tagen ist eine liebe Nachricht von Katti. Und hey, die kommt schon fünf Wochen nach unserem Treffen. Ich freue mich sehr, dass sie sich erkundigt, wie es mir geht und ob ich auf die Anzeige hin meinen Traumprinzen gefunden habe. Kurz und knapp antworte ich, dass der Richtige leider nicht dabei war.
Somit stehe ich nach einigen recht emotionalen Wochen wieder da, wo ich schon am Frühlingsanfang stand – allein mit zwei Kindern in einer Wohngemeinschaft in Niederbayern.