Читать книгу Ein Abgesandter der Götter - Anita Koschorrek-Müller - Страница 18

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Bettgeschichten

Normalerweise schlafe ich, zumindest tagsüber, in meinem Körbchen im Flur. Frauchen hat diese Lagerstatt mit viel Liebe zu einem wahren Himmelskörbchen ausgestattet, dessen Standort auch sehr günstig gewählt wurde. Da muss ich Frauchen wirklich loben. Das Körbchen steht im Flur, an der Ecke zur Küchentür, wo alle vorbeimüssen, die Hunger und Durst haben. Doch nachts ist hier nix los. Dann verlege ich meinen Schlafplatz in den Menschenschlafraum. Mein Herrchen und die Frau, die sich ja bekanntermaßen für das ranghöchste Rudelmitglied hält, haben ein eigenes Zimmer und schlafen dort in einem großen Bett. Das Bett ist so groß, dass auch ein netter Hund, so wie ich einer bin, mit hineinpasst. Doch die vermeintlich Ranghöchste im Rudel will davon nichts wissen und verteidigt diese Schlafstätte mit List und Tücke, bisweilen auch mit brutaler Gewalt.

Dass ich vor dem großen Bett auf dem Teppich liege, wird akzeptiert, doch sobald ich nur die Pfote auf die Bettkante lege, wird Frauchen grantig.

„Nein, nicht ins Bett! Geh in dein Körbchen“, befiehlt sie.

Ich tue erst mal, was sie anordnet und verschwinde im Flur. Ich höre noch, wie sie zu Herrchen sagt: „Siehste, das ist ganz einfach. Man muss nur konsequent sein.“

„Warten wir‘s ab“, meint Herrchen und gibt schon bald knurrende Geräusche von sich, die aber nichts mit Aggressivität zu tun haben. Diese Schlafgeräusche sind eine menschliche Eigenart, die bei Hunden unüblich ist.

Ich warte ab. Geduld ist ja eine meiner größten Tugenden. Nach einiger Zeit schleiche ich auf leisen Pfoten ins menschliche Schlafgemach. Herrchen knurrt und Frauchen scheint zu schlafen. Ganz langsam krabbele ich auf das große Bett und lege mich auf Frauchens Füße. Das mag sie bestimmt, weil sie doch immer klagt, die wären zu kalt. Ich glaube, ich habe es geschafft und das Bett erobert. Doch nix da. Plötzlich will sich Frauchen auf die andere Seite legen und kann die Füße nicht drehen. Sie wacht auf, zappelt herum und hat die Sachlage erfasst. Sie schubst mich aus dem Bett und ich lande unsanft auf dem Boden. Den Göttern sei Dank, hat der weiche Teppich meinen Fall etwas abgefedert.

„Was hab ich denn gesagt? Ab in dein Körbchen!“, zischt sie und schläft wieder ein. Ich versuche mit dieser Taktik noch einige Male das Bett zu erobern, aber es funktioniert nicht. Immer wieder schmeißt mich diese Frau gnadenlos raus.

Ich überlege mir eine andere Strategie und versuche im Nachbarzimmer mein Glück. Dort schläft der Junge, der inzwischen mein bester Freund geworden ist. Der Junge lässt mich anstandslos zu sich ins Bett, was mich sehr erfreut. Doch an Schlaf ist nicht zu denken, weil der Knabe dauernd herumzappelt und sogar die Decke vom Bett auf den Boden wirft. Diese Schlaferei entpuppt sich, gelinde gesagt, als mittlere Katastrophe. Daher suche ich schließlich mein Körbchen auf, aber es ist noch nicht aller Tage Abend.

Am nächsten Morgen beim Frühstück erzählt die vermeintlich Ranghöchste triumphierend dem restlichen Rudel, wie sie heute Nacht ihr Bett verteidigt hat.

Ich hingegen habe mir Herrchens Worte zur Bettbesetzung gemerkt: „Warten wir‘s ab.“

Es wird Nacht und mein Rudel zieht sich in die entsprechenden Betten zurück. Ich lege mich brav vor Frauchens Bett auf den Teppich. Die Frau, die sich immer noch für die Ranghöchste im Rudel hält, streichelt mir über den Kopf: „Braver Blacky.“

Ich warte ab und versuche dann einen Vorstoß über die andere Bettseite, auf der Herrchen liegt. Mein knurrendes Herrchen lässt es anstandslos zu, dass ich mich auf seinem Bett niederlasse. Doch der Mann ist sehr groß und breit und so bleibt nicht viel Platz für mich. Nach und nach rücke ich auf die andere Seite und Frauchen bemerkt es nicht. Doch dann steht sie auf und geht ins Badezimmer. Kurz darauf kommt sie zurück und legt sich wieder hin. Da bemerkt sie, dass ich vor Ort bin und fängt gleich an zu zetern:

„Machst du dich sofort aus meinem Bett! Ab mit dir!“ Mit dem Bein versucht sie, mich zum Bettrand zu schieben.

„Du dickfelliges Vieh, raus aus meinem Bett.“

Sie schiebt und schiebt, bis ich das Übergewicht bekomme und auf den Boden plumpse. Sie hat gewonnen – vorerst.

Jetzt ist Ausdauer gefragt. Nacht für Nacht wiederholt sich das gleiche Spiel. Ich steige über Herrchens Seite auf das Bett, robbe Stück für Stück rüber auf die andere Seite, bis Frauchen es merkt und mich rausschmeißt. Mit der Zeit macht Frauchen morgens einen erschöpften Eindruck. Da sie kein Mittagsschläfchen hält, fordert der fehlende Schlaf seinen Tribut. Ich hingegen ruhe mich tagsüber aus und bin somit fit für die nächtlichen Auseinandersetzungen.

Dann habe ich es geschafft. Frauchen pennt wie ein junger Hund und bemerkt nicht, dass ich mich zu ihren Füßen niedergelassen habe. Ich kann den ersten Erfolg verbuchen. Ich habe eine ganze Nacht in Frauchens Bett verbracht!

Am nächsten Morgen höre ich, wie sie grimmig ihre Niederlage eingesteht.

„Er hat‘s geschafft!“, sagt sie in der Küche am Frühstückstisch, während Herrchen hinter dem großen Stück Papier, das er morgens immer vors Gesicht hält, komische Geräusche von sich gibt, die einem Lachen ähnlich sind, aber auch ein wenig klingen, als würde er keine Luft kriegen.

Ich verbringe nun entspannte Nächte auf Frauchens Bett, bemerke jedoch, dass sie sich ihrem Schicksal noch nicht ergeben hat. Sie ist doch schlauer, als ich vermutet habe.

Neuerdings deckt sie mich zu, sobald ich meinen Platz im Bett zu ihren Füßen eingenommen habe. Dies hat zur Folge, dass es mir zu warm wird und ich binnen kürzester Zeit die Liegestatt verlasse, bin ich doch durch mein dichtes Fell für ein Leben auf den kalten Hochebenen Tibets ausgestattet. Solch tropische Temperatur, wie unter der Bettdecke, kann ich nicht aushalten. Hechelnd suche ich den kühlen Flur auf – Eins zu null für dich, Frauchen!

Ein Abgesandter der Götter

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