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Zur Autorschaft der Baseler Buchholzschnitte

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Angesichts der überaus wirklichkeitsnahen Darstellungsweise des „Selbstporträts von 1493“ ist es schwer vorstellbar, dass Dürer zur gleichen Zeit jene große Anzahl von recht schematisch gestalteten Holzschnitt-Illustrationen geschaffen haben soll, die ihm als Hauptwerke aus der Zeit seiner Gesellenwanderung zugeschrieben werden. Zu diesen gehören der Titelholzschnitt der „Hieronymus-Briefe“ (1492), die Illustrationen der Exempelsammlung des „Ritters vom Turn“ (1493), Entwürfe für eine unvollendet gebliebene Terenz-Ausgabe sowie die Illustrationen im „Narrenschiff“ des Sebastian Brant (1494) – insgesamt über 250 Holzschnitte bzw. Holzschnittentwürfe.

Eine Zuschreibung würde nicht nur das zahlenmäßig recht magere Frühwerk bereichern, sondern es ermöglichen, die biographische Lücke während der Wanderjahre zu füllen. Dürer wäre demnach im Frühjahr 1492 von Colmar nach Basel gegangen, wo er bis zu seiner Abreise nach Straßburg im Frühjahr 1494 die Zeit mit dem Reißen von Holzschnitten verbracht und damit den Grundstein zu seiner späteren Tätigkeit als Druckgraphiker gelegt hätte. Allerdings gibt es weder einen zeitgenössischen Beleg noch eine spätere Quelle, welche auf Dürers Autorschaft an den Illustrationen hinweist. Dies verwundert vor allem bei den Illustrationen zum „Narrenschiff“, dem Bestseller der deutschen Literatur bis zur Veröffentlichung von Johann Wolfgang von Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ (1774). Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hat kein Bibliothekar, Buchhändler oder Bibliophiler die Holzschnitte jemals mit Dürer in Verbindung gebracht.

Erst der Fund und die Publikation (1892) des originalen Holzstocks zum Titelholzschnitt der „Hieronymus-Briefe“ durch den Baseler Kunsthistoriker Daniel Burckhardt lösten eine Welle von Zuschreibungen aus. Der Holzstock trägt auf der Rückseite die Aufschrift „Albrecht Dürer von nörmergk“. Sie wurde als authentische Signatur Dürers gedeutet, zumal der Holzblock sich im Besitz des Baseler Verlegersohnes Basilius Amerbach befand und in dessen Sammlungsinventar (1583) unter den Werken Dürers vermerkt ist.

Die Form der Aufschrift macht jedoch stutzig. Zum einen wäre es in dieser Zeit außergewöhnlich, dass ein Reißer (Zeichner) einen Holzblock signierte, wenn, dann zeichnete der Formschneider den Block mit einem Kürzel ab, um spätere Abrechnungen zu erleichtern. Zwar lässt sich nicht ausschließen, dass Dürer den Holzschnitt entworfen und selbst geschnitten hat, doch gibt es ansonsten keinen Beleg für eine Tätigkeit Dürers als Formschneider. Die nahe liegendste Erklärung für die höchst ungewöhnliche Aufschrift ist ihre spätere Hinzufügung. Die Schrift ähnelt zwar Dürers Handschrift, ist jedoch nicht identisch. Sie wurde sehr wahrscheinlich von einem späteren Besitzer, vielleicht Amerbach selbst, angebracht, um den Wert des Holzblocks zu steigern. Es wäre nicht der einzige Fall einer nachträglichen „Signierung“. Insbesondere Ende des 16. Jahrhunderts wurden unzählige Gemälde und Zeichnungen Dürers nachträglich „zertifiziert“, darunter zahlreiche Werke, die nicht von Dürer stammten. Wie eine sprachhistorische Analyse der Signatur durch Ramona Braun ergeben hat, ist die Formulierung „nörmergk“ statt „nörnberg“ oder „nornberg“ in keinem authentischen Schriftstück Dürers nachzuweisen (Braun, 2005). Die vermeintliche Signatur kann nur von einem Nicht-Nürnberger aufgebracht worden sein.

Die Inschriften-„Fälschung“ war indirekt Auslöser für eine der größten Zuschreibungsdiskussionen um Dürer. Tatsächlich haben namhafte Dürerforscher wie Heinrich Wölfflin (Wölfflin, 1905/1984, S. 48f.) aus stilistischen Gründen die Baseler Illustrationen abgelehnt, sich letztlich aber der Macht der Signatur gebeugt. Der überwiegend püppchenhafte Figurenstil der Holzschnitte, die mangelnde Perspektive wie die Bildkomposition insgesamt lassen sich weder vorher noch nachher mit dem Werk Dürers in Verbindung bringen. Zwar war Dürer während seiner Wanderschaft sowohl in Basel als auch Straßburg und hatte dort vermutlich Kontakt zu Druckern wie Verlegern. Nachweisbare Holzschnitte hat er in dieser Zeit jedoch nicht geschaffen.

Albrecht Dürer

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