Читать книгу Die Frau vom Schwarzen See - Anna-Irene Spindler - Страница 7

20. Januar 1871

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Das wollene Kopftuch tief ins Gesicht gezogen eilte Agnes die vereiste Mulberry Street entlang. Ein schneidend kalter Wind pfiff durch die Häuserschluchten. Die Hand, die das Tuch unter dem Kinn zusammenhielt, war rot vor Kälte. Aber so spürte sie wenigstens nicht mehr die brennenden Schmerzen. Vom stundenlangen Schrubben in der scharfen Waschlauge, war die Haut ihrer Finger aufgesprungen und rissig. Die Fingerknöchel waren seit Monaten so wund, dass sie überhaupt nicht mehr heilten. Der Rücken schmerzte unerträglich. Täglich stand sie zwölf Stunden über Tröge mit fast kochend heißer, beißender Lauge gebeugt und rubbelte Hemden und Laken aus grobem Leinen und Arbeitshosen aus derber Baumwolle auf metallenen Waschbrettern sauber.

Jetzt war sie auf dem Weg von der Wäscherei in Chinatown nach Little Italy. Im größten Bordell des italienischen Viertels arbeitete sie zusätzlich noch von sieben Uhr abends bis nach Mitternacht als Kellnerin. So sah Agnes‘ Alltag aus, seit sie vor über neun Monaten in New York angekommen war.

Nichts, wirklich gar nichts, war so geworden, wie sie und Mariele es sich erträumt hatten. Schmerzlich hatten sie erfahren müssen, dass im Land der unbegrenzten Möglichkeiten arme Leute genauso ausgebeutet wurden wie in der alten Heimat jenseits des großen Ozeans. Der Arbeitsmarkt wurde von einigen wenigen mächtigen Banden beherrscht. Iren, Italiener und Chinesen hatten Manhattan unter sich aufgeteilt. Grundsätzlich bedeutete die Registrierung durch die Einwanderungsbehörde, dass man die Erlaubnis hatte in den Vereinigten Staaten zu leben und zu arbeiten. Aber nur auf dem Papier. Nahezu alle Arbeitsplätze, die in New York zur Verfügung standen, wurden über kriminelle Gangs vergeben. Die irischen Whyos und die italienische Five Points Gang hielten die arbeitsuchenden Einwanderer in ihren unbarmherzigen Klauen. An jede noch so unbedeutende Aushilfsarbeit kam man nur über eine der beiden Banden. Sie bestimmten wer bei wem arbeiten durfte und wie hoch der Lohn war.

Für die Arbeit in der Wäscherei bekam Agnes vom chinesischen Besitzer einen Dollar am Tag. Gab sie nicht acht und beschädigte ein Wäschestück, musste sie es umgehend flicken. Zusätzlich wurde noch der Lohn für drei Tage gestrichen. Die Chinesen kannten keinen Sonntag. Bei ihnen wurde sieben Tage in der Woche gearbeitet. Morgens um sechs Uhr ertönte ein Gong. Wer dann nicht an seinem Platz stand, wurde umgehend ersetzt. Die Schlange der Arbeitssuchenden, die draußen vor der Tür warteten, wurde nie kürzer. Freie Tage gab es nicht. Wenn alles gut lief, und Agnes kein Kleidungsstück zerriss, konnte sie so dreißig Dollar pro Monat verdienen. Die schäbige, wanzenverseuchte Kammer, die sie sich mit Mariele teilte, lag im Zentrum der Five Points. Sie kostete vierzig Dollar im Monat. Für jede von ihnen zwanzig. Einen Dollar extra in der Woche wollte die Hauswirtin noch von jeder Bewohnerin als Schutzgeld haben, um aufdringliche Männer fern zu halten. Dafür gab es aber auch jeden zweiten Tag einen Eimer sauberes Wasser. Selbstverständlich nicht für Beide, sondern nur pro Zimmer. Zum Leben blieben Agnes also bestenfalls sechs Dollar im Monat.

Mariele hatte im italienischen Viertel eine Putzstelle in einem Hotel ergattert. Bereits am ersten Abend wurde ihr klar, dass es sich beim Hotel Rosaria um ein Bordell handelte. Vier Wochen putzte Mariele Fenster, wischte Böden, lehrte Spucknäpfe und Nachttöpfe aus. Dann wurde eine der Bardamen im Verlauf einer wilden Schlägerei von einer Flasche getroffen. Eine fünfzehn Zentimeter lange wulstige Narbe verunzierte von nun an ihr Gesicht. Sie taugt nicht mehr dafür, hinter der Bar zu stehen und Gäste zum Trinken zu animieren. Also tauschte sie die Bordellmutter kurzerhand gegen Mariele aus. Von da an stand Mariele hinter der Bar im Salon im Erdgeschoss des Freudenhauses. Anstatt um sechs Uhr morgens begann ihr Arbeitstag um sechs Uhr abends. In der Regel kam sie am Morgen erst nach Hause, wenn Agnes schon wieder in der Wäscherei war.

Sie war es auch, die Agnes die Stelle als Kellnerin verschafft hatte. Eines der Serviermädchen hatte einem zudringlichen Gast eine Ohrfeige verpasst und war umgehend von der Puffmutter hinaus geworfen worden. Die Hintertür hatte sich noch nicht richtig hinter der unglücklichen Frau geschlossen, da stand Mariele schon parat und sagte, sie hätte eine bestens geeignete Ersatzkraft bei der Hand. Als Agnes am nächsten Abend bei der Bordellwirtin vorsprach, wurde sie vom Fleck weg als Kellnerin eingestellt. Fortan servierte sie jeden Abend ab sieben Uhr Getränke an den Tischen im Salon und ebenso in den Séparées. Diese befanden sich auf der Galerie, die sich oberhalb des Salons an allen vier Seiten entlang zog. Rote Samtvorhänge hielten dort neugierige Blicke fern. Genau wie Mariele trug Agnes zum Arbeiten ein blutrotes Korsett mit schwarzen Spitzen, das ihre schlanke Taille bestens zur Geltung brachte und ihren Busen nur notdürftig bedeckte. Unter dem schwarzen, knielangen Tellerrock lugte der Spitzenvolant des roten Taftunterrocks hervor. Schwarze Netzstrümpfe und knöchelhohe Schnürstiefel komplettierten ihre Arbeitskleidung. Zum Glück hatte sie die Kleidung nicht selbst besorgen müssen. Sie wurde von der Bordellmutter zur Verfügung gestellt. Pro Abend erhielt sie fünfzig Cent. Und sie durfte die Hälfte des Trinkgeldes behalten, das ihr von den Gästen zugesteckt wurde. Mariele hatte sie gewarnt, keinesfalls zu versuchen, Trinkgelder vor der Bordellmutter zu verstecken. Die zwei Türsteher, die für Ordnung sorgten, betrunkene Gäste hinaus beförderten oder ungebetene Gäste schon am Eingang abwimmelten, hatten ihre Augen überall. Ihnen entging Nichts. Sobald einer der Gäste Agnes Geld zusteckte, signalisierten sie es der Bordellmutter. Sie trat augenblicklich auf den Plan und knöpfte ihr das Geld wieder ab. Wenn ab Mitternacht nur noch an der Bar ausgeschenkt wurde, um die Gäste endlich von den Tischen weg in die Betten der Freudenmädchen zu bringen, war Agnes‘ Arbeit zu Ende. In einer winzigen Kammer zog sie wieder ihre normalen Kleider an. Danach bekam sie im Büro der Bordellwirtin den kargen Lohn und ihren Anteil am Trinkgeld ausbezahlt. Im italienischen Viertel wurde am Sonntag nicht gearbeitet. Das bedeutete sechs Arbeitstage pro Woche. In guten Wochen verdiente sie so sechs Dollar. Aber sehr oft blieben ihr für dreißig Stunden Arbeit als Kellnerin am Ende der Woche gerade einmal drei Dollar. Aber ohne dieses zusätzliche Geld wäre sie schon längst verhungert.

Bei Mariele verhielt es sich ein wenig anders. Sie bekam zwar pro Nacht, also in der Regel für zwölf Stunden Arbeit, auch nur einen Dollar Lohn. Aber sie war am Umsatz beteiligt. Je mehr Schnaps sie verkaufte, desto mehr verdiente sie. Trotzdem blieben auch ihr nicht mehr als fünfzehn Dollar im Monat zum Leben. Immerhin konnte sie hin und wieder Essensreste aus der Küche des Bordells mit nach Hause nehmen. An solchen Tagen konnten die beiden Frauen ihren Ersparnissen wieder ein paar Cent hinzu fügen. Unter Marieles eisernem Bettgestell hatten sie um einen Ziegelstein herum den Mörtel aus der Wand gekratzt. Hinter dem losen Stein steckte ein Leinenbeutel. Sie hüteten ihn wie ihren Augapfel. Er enthielt ihr so mühsam zusammen gekratztes Geld. In den neun Monaten war es ihnen gelungen durch eiserne Sparsamkeit fünf Dollar zur Seite zu legen. Am Sonntagabend, wenn Agnes aus der Wäscherei heimkam, setzten sie sich nebeneinander auf Marieles Bett, zählten die Münzen aus dem Beutel immer und immer wieder und machten Pläne, was sie mit dem Geld tun würden, wenn sie genügend gespart hätten.

Endlich hatte Agnes das Hotel Rosaria erreicht. Sie war vollkommen durchgefroren und ihre Zähne klapperten vor Kälte. Wie stets war sie froh das in der feuchten Hitze der Wäscherei völlig durchgeschwitzte Arbeitskleid ausziehen zu können. Zum Glück war es im Bordell immer schön mollig warm. Je wärmer es den Männern war, desto durstiger wurden sie. Und die Mädchen konnten in ihrer dünnen durchsichtigen Unterwäsche umherlaufen und die Männer zum Mitkommen animieren, ohne krank zu werden.

Als Agnes den Salon betrat, hallte ihr die fröhliche Stimme ihrer Freundin entgegen. Mariele stand schon seit einer Stunde hinter der Bar. Um diese Uhrzeit waren noch nicht viele Gäste im Salon. Sie hatten alle nebeneinander am Tresen Platz. Einen Fuß auf dem umlaufenden Messingholm abgestellt, damit genügend Platz für die unabdingbaren Spucknäpfe war, lachten sie anerkennend über Marieles anzügliche Scherze. Schnell hatte sie gelernt, worüber Männer nach getaner Arbeit gerne redeten und lachten. Mariele hatte sich deren derbe Sprache angeeignet und kannte die ordinärsten Witze. Die wüstesten irischen und italienischen Flüche kamen ihr wie selbstverständlich über die Lippen. Und während sie die Männer so bei Laune hielt, goss sie unentwegt die Gläser voll. Rosaria Tonelli, die Puffmutter, stand oben auf der Galerie und beobachtete Mariele mit großem Wohlwollen. Seit die hübsche junge Frau hinter dem Tresen stand, hatte sich der Whiskey Konsum beinahe verdoppelt. Früher hatten die Männer hauptsächlich über ihre Arbeit gesprochen, wenn sie das Etablissement nach Feierabend betraten, und kaum etwas getrunken. Jetzt standen sie an der Bar, amüsierten sich über Mariele und sprachen schon am frühen Abend mit großer Begeisterung dem Schnaps zu.

La Rosaria, wie sie von Allen im Bordell ehrfürchtig genannt wurde, besaß eine ausgezeichnete Menschenkenntnis. Sie hatte sofort erkannt, dass es die reinste Verschwendung wäre, Mariele den Boden schrubben zu lassen. Ihr hübsches Gesicht in Verbindung mit ihrer natürlichen Schlagfertigkeit war die ideale Kombination. Sie schien nicht auf den Kopf gefallen zu sein. Innerhalb kürzester Zeit hatte sie genügend Italienisch gelernt, um sich mit den Männern ohne Problem unterhalten zu können. Genau so jemanden hatte La Rosaria für die Bar immer gesucht. Auch an der neuen Kellnerin, die ihr Mariele vermittelt hatte, gab es nichts auszusetzen. Sie arbeitete flink und mit großer Umsicht. Hatte stets alle ihre Tische im Blick. Nie saßen Gäste länger als nur ein paar Minuten auf dem Trockenen. Auch wenn sie Tabletts voller Gläser zu den Séparées hinauftragen musste, geschah das schnell, diskret und sicher. Sie verschüttete so gut wie nie etwas. Selbst die aufdringlichsten Gäste wurden von ihr freundlich und charmant bedient. So etwas sprach sich schnell herum. Ja, die beiden Frauen waren ein echter Gewinn für ihr Haus. Jetzt konnte sich La Rosaria nicht nur rühmen die hübschesten Freudenmädchen zu beschäftigen, sondern auch die beliebteste Bar in ganz Little Italy zu führen.

Anfänglich war es Agnes von Herzen zuwider gewesen, ständig von den Männern betatscht zu werden. Es hatte all ihre Selbstbeherrschung erfordert, nicht um sich zu schlagen. Inzwischen hatte sie sich daran gewöhnt, dass die Männer ihre Hände nicht bei sich behalten konnten, wenn sie sich zwischen ihnen hindurch zwängte um Getränke zu den Tischen zu bringen. Solange sie ihr Scheine in den Ausschnitt steckten, durften sie im Gegenzug auch ihren Busen begrapschen. Wenn sie ihr unter den Rock fassten und die Hand über die Höhe des Strumpfbandes hinauf wanderte, befreite sie sich mit einer koketten Hüftbewegung von den aufdringlichen Fingern. Stets begleitete sie die Zurückweisung mit einem spitzbübischen Lächeln und verwies die Männer an die sehr viel hübscheren Mädchen in den oberen Stockwerken. Auf diese Weise waren die Kunden nicht beleidigt und sie hatte wieder für eine Weile Ruhe vor den Zudringlichkeiten.

Ihr ganzes Leben lang, hatte Agnes getan was getan werden musste. Sie war noch keine drei Jahre alt gewesen, als ihre Mutter sie mit einem Napf voller Küchenabfälle hinter das Haus geschickt hatte um die Hühner zu füttern. Seit diesem Tag hatte sich nie jemand darum geschert, ob sie ihre Arbeit gerne machte, ob sie müde oder krank war. Es wurde erwartet, dass sie funktionierte. Und das seit über zwanzig Jahren. Aber diese unglaublich harte, mitunter sogar grausame Schule, durch sie gegangen war, half ihr nun jegliche Arbeit zu erledigen, die von ihr verlangt wurde.

Ein fröhliches Lächeln im Gesicht, einen munteren Spruch auf den Lippen, so zwängte sie sich zwischen den Männern an der Bar hindurch, lud die Gläser auf ihr Tablett und trug sie zur Galerie hinauf. Vor jedem der Séparées blieb sie stehen, hüstelte vernehmlich und fragte ob Getränke gewünscht wurden. Kam das Animiermädchen heraus und nahm das Gewünschte in Empfang, vermerkte Agnes die Bestellung mit einem Bleistift auf einem Zettel, der neben dem Vorhang angebracht war. Hatte sie nicht das passende Getränk dabei, speicherte sie die Wünsche im Gedächtnis um es beim nächsten Mal mitzubringen. Blieb es hinter dem Vorhang still, ging Agnes diskret weiter. Bei ihrem nächsten Rundgang auf der Galerie würde sie wieder fragen.

Langsam füllte sich der Salon. Italiener, Iren, Polen, Deutsche, Spanier, Schweden, Russen – halb Europa war vertreten. Genau wie Mariele hatte sich Agnes im Laufe der Monate einen enormen Wortschatz angeeignet. Sehr stark irisch eingefärbtes Englisch sprach sie nahezu fließend, Italienisch ganz leidlich. Die Spanier verstand sie recht gut. Aber mit dem Sprechen tat sie sich noch schwer. Auch ein paar Brocken Schwedisch hatte sie schon aufgeschnappt. Es reichte zumindest aus, um die Bestellung der durstigen Männer zu verstehen. Nur mit den Polen und den Russen hatte sie ihre Probleme. Aber mit einem fröhlichen Lachen und ein bisschen Zeichensprache, kam sie auch mit diesen Kunden klar. An diesem Abend überwogen die Italiener. Die Werftarbeiter hatten ihren Wochenlohn bekommen. Das musste gefeiert werden! Viele von ihnen hatten eine Frau und einen ganzen Stall Kinder zuhause. Aber das hielt sie nicht davon ab, das sauer verdiente Geld unverzüglich bei Whiskey und leichten Mädchen wieder zu verjubeln. Mochten doch die Frauen daheim sehen, wie sie zurechtkamen. Sie hatten hart gearbeitet, also hatten sie auch das Recht sich zu amüsieren.

Für Agnes und Mariele waren die Zahltage die besten Tage der Woche. Nie saß das Geld der Männer so locker wie an diesen Abenden. Natürlich war Agnes klar, dass abgearbeitete Frauen und hungrige Kinder in eisigen Kämmerchen vergebens auf die Heimkehr der Männer warteten. Aber wenn ihr Geldscheine in den Ausschnitt gesteckt wurden, war es ihr vollkommen einerlei, dass für die Familien der Männer nichts übrig blieb. Mitleid war ein Luxus, den sich ein armes Mädchen in den New Yorker Five Points nicht leisten konnte. Um sie scherte sich niemand, warum also sollte sie sich um Irgendjemanden scheren. Im Gegenteil! Wenn sie die Gläser auf den Tisch stellte oder abräumte, beugte sie sich besonders weit nach vorn, damit die Männer einen ausgiebigen Blick in ihren tiefen Ausschnitt werfen konnten. Je weiter der Abend fort schritt und je mehr die Männer getrunken hatten, desto häufiger wanderten Dollarnoten und Münzen zwischen ihre Brüste.

„Heute läuft es ziemlich gut“, rief ihr Mariele durch den Lärm hindurch zu, als sie sich zwischen den Männern hindurch an den Tresen zwängte um Getränke zu holen.

„Das kannst du laut sagen“, schrie Agnes. Dann fasste sie in ihr Korsett, zog die Münzen und Geldscheine heraus. Auch die Scheine, die in ihren Strumpfbändern steckten, kramte sie unter ihrem Rock hervor und gab sie La Rosaria. Wenn im Salon so viel los war, stand die Bordellbesitzern höchst persönlich hinter der Bar und schenkte mit aus.

„Sehr gut mia Bella!“ Anerkennend nickte sie Agnes zu. „Jetzt geh nach oben. Trixie in Séparée vier hat schon zweimal gewunken. Und vergiss das Bier nicht für Nummer sieben.“

Agnes nickte kurz, schnappte sich das Tablett, das La Rosaria schon mit Bierkrügen und Whiskeygläsern beladen hatte und schob sich zwischen den lachenden und trinkenden Männern hindurch zur Treppe. Die Hände, die sich Gläser vom Tablett stibitzen wollten, wehrte sie geschickt ab. Vergnügt lachend versprach sie, unverzüglich wieder vorbei zu kommen und den ach so großen Durst der Männer zu stillen. Bei jedem Schritt wurde ihr von irgendjemandem auf den Hintern geklatscht, so dass sie Mühe hatte nichts zu verschütten. Bekäme sie für jeden Klaps auf den Hintern einen Dollar, würde sie heute Abend ein kleines Vermögen verdienen.

Als sie kurz vor ein Uhr morgens in La Rosarias Büro ihren Lohn abholte, zählte die Bordellwirtin fünfundzwanzig Dollar auf den Tisch. Die Hälfte des Trinkgeldes das Agnes bekommen hatte. Noch nie zuvor hatte sie an einem einzigen Abend so viel verdient.

„Keinen Tropfen verschüttet und kein Glas zerbrochen. Der Umsatz in den Séparées war auch ungewöhnlich hoch. Das hast du sehr gut gemacht.“

Ein Lob aus dem Mund der Puffmutter war etwas überaus Seltenes und deshalb umso höher zu bewerten.

„Es freut mich Ma’am, dass Sie mit meiner Arbeit zufrieden sind“, sagte Agnes. Sie war zum Umfallen müde, spürte kaum noch ihre Beine. Aber dieses unerwartete Lob zauberte dennoch ein dankbares Lächeln auf ihr Gesicht.

„Gute Nacht Ma’am.“

Ein kurzes Nicken war die einzige Reaktion. Dann beugte sich Rosaria Tonelli wieder über ihr Abrechnungsbuch.

Die Frau vom Schwarzen See

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